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Feuchtbodensiedlungen sind Ansammlungen von Holzbauten auf dauerfeuchtem oder intermittierendem Untergrund wie er sich an Seeufern und in Moorgebieten findet Inhaltsverzeichnis 1 Bauweise 1 1 Fundament 1 2 Baukorper 2 Geschichtliche Entwicklung 3 Verbreitung 4 Siedlungsstrukturen 5 Nutzungsdauer 6 Wichtige Fundorte 7 Literatur 8 EinzelnachweiseBauweise Bearbeiten nbsp Ausgrabung der Feuchtbodensiedlung im Umfeld des Kleinen Hafners ZurichseeFundament Bearbeiten Grundsatzlich bestehen zwei unterschiedliche Bauformen An kleinen Seen insbesondere mit Verlandungszonen die Niedermoorcharakter aufweisen wurden Hauser ohne oder mit einfachen Fundamentstrukturen errichtet In Einzelfallen wurde Lehmestrich direkt auf den Moorboden aufgebracht in den meisten Fallen gab es sogenannte Prugelboden auf einer oft mehrlagig gitterformig verlegten Reisigunterlage An den grossen Alpen und Voralpenseen ist die Bauweise eine andere weil dort mit einem intermittierenden Wasserspiegel gerechnet werden musste Hier ist die Befundlage allerdings oft durch die Wirkung des Wassers stark beeintrachtigt Daher sind Rekonstruktionen methodisch schwierig Die Interpretationen reichen von ebenerdigen Konstruktionen uber Blockhaussockel verschiedener Form bis zum Pfahlbau Pfahle wurden entweder bis auf tragende Schichten im Untergrund gesetzt oder lediglich schwimmend gegrundet d h sie wurden durch Reibung in den weichen Sedimenten gehalten Baukorper Bearbeiten Alle Hauser weisen rechteckige Grundrisse auf Typisch ist die zweischiffige Bauweise ein und dreischiffige Konstruktionen kommen selten vor Die Grosse reicht von 6 bis 75 m An Wandformen kommen Flechtwerk zwischen Standern senkrechte Bohlen sowie horizontale Stangen und Bretterwande vor Mehrfach finden sich auch die verschiedenen Formen an ein und demselben Gebaude Wande waren entweder mit Lehm verputzt oder mit Moos ausgestopft Im Inneren der Hauser sind Herdstellen und vereinzelt auch Backofen nachgewiesen Quer und Langswande zur Unterteilung der Bauten in einzelne Raume sind haufig erhalten ebenso wie lang ausgezogene Dacher die einen Vorplatz schutzen Die Dacher waren in der Regel einfache Satteldacher bei kleinen Bauten ohne Mittelstander kommen auch Sparrendacher in Frage Schindeln aus Nadelholz sind mehrfach als Dachbedeckung nachweisbar Funde von Rindenstreifen werden ebenfalls als Material zum Decken von Dachern interpretiert Bei vermuteten Dachern aus Reet und Gras sind keinerlei Spuren erhalten oder zu erwarten In den Hausern uberwiegt die Wohnnutzung Hinzukommen Lagerflachen und vereinzelt die Kleintierhaltung Auf Niedermoorstandorten mit ebenerdiger Bauweise sind gelegentlich auch Wohnstallhauser mit Grossviehhaltung nachgewiesen Geschichtliche Entwicklung BearbeitenVorganger der Feuchtbodensiedlungen finden sich an Binnengewassern der Mittelmeerraums und in Mazedonien sowie moglicherweise auch an den Brackwasserlagunen der sudfranzosischen Kuste 1 Die ersten echten Feuchtbodensiedlungen entstehen Mitte des 5 Jahrtausends v Chr beinahe zeitgleich in der Cardial oder Impressokultur und der Vasi a bocca quadrata Kultur in Norditalien wahrend nordlich der Alpen die Bandkeramische Kultur keine vergleichbaren Bauten errichtet Hier setzen sie mit der Egolzwiler Kultur sowie um 4250 v Chr in der Aichbuhler und Schussenrieder Gruppe ein Es folgen Nachweise in Slowenien und am Keutschacher See in Karnten Im Endneolithikum um 3500 v Chr ist das zirkumalpine Phanomen bereits zwischen der Franche Comte und Slowenien uber weitere Kulturen in Deutschland der Schweiz und Osterreich verbreitet Nach einem Ruckgang zur Zeit der Glockenbecherkultur etwa 2500 v Chr lebt es um 1750 v Chr in dem Gebiet ausgenommen Bayern und Osterreich wieder auf verebbt nach kurzer Zeit erneut und erreicht seine letzte Phase mit der Urnenfelderkultur in der Endbronzezeit Verbreitung BearbeitenDer Siedlungstyp ist vom Neolithikum durch die Bronzezeit bis in die Eisenzeit nachgewiesen Die mit Abstand grosste Verbreitung findet sich rund um die Alpen mit Schwerpunkten im nordlichen Alpenvorland dem Salzkammergut der Bodenseeregion und Norditalien mit der Po Ebene wo sie als Terramare bezeichnet werden 1 Vereinzelte Funde sind aus anderen Teilen Europas bekannt Im zircumalpinen Raum sind rund 500 Siedlungen nachgewiesen die zumeist mehrere Straten aufweisen so dass von weit uber 1000 Einzelsiedlungen ausgegangen werden kann 1 Siedlungsstrukturen BearbeitenSiedlungsstrukturen sind wegen der besonderen Funddichte nur in der Schweiz und Sudwestdeutschland gut erforscht Siedlungen entstanden zunachst aus nebeneinander angeordneten Einzelbauten in der Egolzwiler Kultur und der Cortaillod Kultur Die Hauser waren mit dem Giebel zum Ufer hin ausgerichtet und in einer manchmal auch zwei Zeilen hintereinander platziert In der Aichbuhler und Schussenrieder Kultur wurde dieselbe Anordnung etwas weniger dicht und streng aufgenommen Die Pfyner Kultur ordnet die Einzelhauser mit der Traufseite zum See und wesentlich dichter an Ab etwa 3500 v Chr treten auch Strassendorfer auf die sich beidseitig an einem Weg aufreihen Diese Siedlungsweise verbreitet sich vom Bodensee uber die Zentralschweiz bis zum Lac de Chalain im franzosischen Departement Jura Mit wenigen Ausnahmen sind die Siedlungen sehr dicht bebaut Haufig sind sie von Zaunen oder Palisaden umgeben Die Siedlungsgrosse schwankt von Streusiedlungen mit nur zwei oder drei Hausern bis zur protourbanen Siedlung mit uber 100 gleichzeitig genutzten Hausern An den grossen Voralpenseen lassen sich Ketten gleichzeitig genutzter Siedlungen im Abstand von zwei bis drei Kilometern nachweisen Im Endneolithikum lasst sich auch die Anordnung mehrerer aufeinander bezogener Siedlungen in sogenannten Siedlungskammern nachweisen Hier entstehen wohl auch Haupt und Nebensiedlungen Nutzungsdauer BearbeitenTypisch ist eine nur kurze Nutzungsdauer der Hauser und haufige Neukonstruktion Dendrochronologische Untersuchungen ergaben ein typisches Alter der Bauten im Jungneolithikum von nur 4 20 Jahren Die Siedlungen wurden 5 40 Jahre genutzt in Ausnahmefallen 40 80 Jahre Spater nimmt die Stabilitat der Bauten und die Nutzungsdauer zu jetzt sind Reparaturen an Hausern statt Abriss und Neubau haufiger nachzuweisen Gebaude werden nun bis zu 60 und in Einzelfallen 120 Jahre genutzt Wichtige Fundorte BearbeitenAlle Pfahlbauten im Umkreis der Alpen wurden 2011 unter dem Namen Prahistorische Pfahlbauten um die Alpen in das UNESCO Welterbe aufgenommen Dabei handelt es sich um 111 direkt benannte Siedlungsorte sowie alle weiteren bekannten oder noch entdeckten Pfahlbausiedlungen als Assoziierte Stationen Siehe auch Liste der Fundorte von PfahlbautenLiteratur BearbeitenPierre Corboud Ufersiedlungen In Historisches Lexikon der Schweiz Sabine Deschler Erb Elisabeth Marti Gradel Jorg Schibler Bukranien in der jungsteinzeitlichen Siedlung Arbon Bleiche 3 Status Kult oder Zauber In Archaologie der Schweiz 25 2002 4 S 25 33 doi 10 5169 seals 19565 Helmut Schlichtherle Hrsg Pfahlbauten rund um die Alpen Theiss Stuttgart 1997 ISBN 3 8062 1146 9 Archaologie in Deutschland Sonderheft 1997 Helmut Schlichtherle Seeufersiedlungen In Reallexikon der Germanischen Altertumskunde 2 Auflage Band 28 Einzelnachweise Bearbeiten a b c Helmut Schlichtherle Seeufersiedlungen In Reallexikon der Germanischen Altertumskunde 2 Auflage Band 28 Seiten 54 68 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Feuchtbodensiedlung amp oldid 231378481