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Messelobunodon ist eine heute ausgestorbene Paarhufergattung aus der Familie der Dichobunidae die anhand einiger vollstandiger Skelette aus der Grube Messel nachgewiesen ist und im Mittleren Eozan vor rund 47 Millionen Jahren lebte Die Vertreter der Gattung waren von eher kleiner Statur und besassen charakteristisch kurze Vorder und lange Hinterbeine und typisch fur fruhe Paarhufer einen ausserordentlich langen Schwanz Anhand fossiler Magenreste konnte eine bevorzugte Ernahrung von weichem Pflanzenmaterial und von Pilzen festgestellt werden Messelobunodon lebte Rekonstruktionen zufolge als eher scheuer Buschschlupfer in dichten Waldern MesselobunodonSkelett von MesselobunodonZeitliches AuftretenMittleres Eozan47 4 bis 46 3 Mio JahreFundorteGrube Messel GeiseltalSystematikHohere Saugetiere Eutheria LaurasiatheriaPaarhufer Artiodactyla DichobunidaeDichobuninaeMesselobunodonWissenschaftlicher NameMesselobunodonFranzen 1980 Inhaltsverzeichnis 1 Merkmale 2 Fossiluberlieferung 3 Palaobiologie 4 Systematik 5 Literatur 6 Einzelnachweise 7 WeblinksMerkmale BearbeitenMesselobunodon war ein vergleichsweise kleiner Vertreter der Paarhufer der mit einer Kopf Rumpf Lange von rund 42 cm 1 etwas kleiner war als das nahezu gleich alte Amphirhagatherium Zu den charakteristischen Merkmalen gehorten die kurzen Vorderbeine der markant nach oben gewolbte Verlauf des Ruckens und der ausserst lange Schwanz Der Schadel erreichte eine Lange von rund 10 cm Auffallend war sein in Seitenansicht keilformiger Umriss mit einem lang gestreckten Rostrum Unter dem etwas vorstehenden Nasenbein befand sich relativ grosser Naseninnenraum der wenigstens bis zur Hohe des ersten Pramolaren reichte Das Augenfenster befand sich relativ weit hinten im Schadel etwa auf Hohe des zweiten und dritten Molaren und war mit einem Durchmesser von 1 7 cm nicht ausgepragt gross Die Lage der Augen zeigte dass die Schnauzenpartie etwas mehr als die Halfte der Lange des Gesamtschadels einnahm Der Unterkiefer der rund 7 6 cm lang wurde war mit einem langen und flachen hinter dem letzten Molaren maximal 1 cm hohen Knochenkorper ausgestattet und wirkte dadurch eher grazil Das Gebiss entsprach dem der fruhen Hoheren Saugetiere und besass dementsprechend folgende Zahnformel 3 1 4 3 3 1 4 3 displaystyle frac 3 1 4 3 3 1 4 3 nbsp Die Schneidezahne besassen nur eine geringe Grosse und eine breite Gestalt und wirkten insgesamt schaufelformig Auffallig war der ebenfalls recht kleine Eckzahn der im Unterkiefer eher den Schneidezahnen glich im Oberkiefer aber eine hockerige Form besass Nachfolgend bestanden jeweils zum ersten zweiten und dritten Pramolaren ein markantes Diastema von je rund 5 mm Lange erst darauf war eine geschlossene Zahnreihe ausgebildet Die Backenzahne insgesamt wiesen niedrige Zahnkronen auf brachyodont und ein aus Zahnschmelz bestehendes Hockermuster bunodont wobei die Hocker zwei parallele Reihen bildeten bilophodont nur am letzten Molar war eine dritte ausgebildet Dieser erreichte im Unterkiefer etwa 6 mm Lange und stellte damit den grossten Zahn im Gebiss dar Den oberen Mahlzahnen fehlte aber noch einer der vier Haupthocker Hypoconus Im Aufbau der Kauoberflachen der Backenzahne war Messelobunodon eher generalisiert wie die meisten fruhen Paarhufer und glich dadurch heutigen Schweinen die typisch mondsichelartig geformten selenodonbte Kauoberflachen entstanden erst spater vor allem mit dem Aufkommen der Wiederkauer 2 3 4 Das Korperskelett ist weitgehend vollstandig uberliefert Die Wirbelsaule umfasste 7 Hals 13 Brust 6 Lenden mindestens 3 Kreuzbein und 24 Schwanzwirbel Vor allem der Schwanz war mit rund 30 cm Lange im Verhaltnis zur Korperlange und verglichen mit heutigen Paarhufern sehr lang Weitere Besonderheiten sind im Bewegungsapparat zu finden Charakteristisch waren vor allem die gegenuber den Hinterbeinen eher kurzen Vordergliedmassen Der Oberarmknochen erreichte rund 8 cm Lange die Elle war nur wenig kurzer Elle und Speiche wiesen dabei ungefahr die gleiche Starke auf insgesamt waren alle Knochen des Vorderbeins sehr schlank Demgegenuber besass der Oberschenkelknochen eine Lange von 10 cm das Schienbein etwas mehr Die Vordergliedmassen endeten in jeweils funf Zehen ein Merkmal das bei heutigen Paarhufern nicht mehr auftritt und auf den ursprunglichen Charakter von Messelobunodon verweist Dabei waren die mittleren drei Strahlen II bis IV am langsten entwickelt und besassen klauenartig geformte vorderste Zehenglieder Die Hinterbeine wiesen nur je vier Strahlen auf mit zwei starken mittleren Zehen III und IV die im Gegensatz zu den heutigen Paarhufern nicht miteinander verwachsen waren Sie endeten ebenfalls in spitze aber deutlich breitere Hufe Ebenso waren am Fuss das Wurfelbein und das Kahnbein abweichend von heutigen Paarhufern nicht fusioniert 2 4 Fossiluberlieferung BearbeitenMesselobunodon ist ein relativ seltenes Faunenelement des Eozan das vor allem in der mittleren Stufe dieser geologischen Epoche vor etwa 47 Millionen Jahren auftrat und nach heutigem Stand der Forschung den Beginn der lokalstratigraphischen Stufe Geiseltalium anzeigt 5 Bekannt ist es von einigen Skelettfunden aus der Grube Messel in Hessen von denen eines das erstgefundene und auf dem die Beschreibung der Gattung beruht nahezu vollstandig uberliefert jedoch leicht verdruckt ist 2 Einige wenige Gebissfunde stammen uberdies aus dem Geiseltal in Sachsen Anhalt 6 3 Palaobiologie BearbeitenHinweise auf Weichteilgewebe liegen vor allem vom ersten Messeler Fund vor allerdings ist dieses nicht selbst uberliefert sondern durch bakterielle Prozesse nachgezeichnet Bakteriographie Hauptsachlich im Ruckenbereich lasst sich ein durch die Anordnung der Ruckenwirbel vorgegebener nach oben gebogener Verlauf erkennen der auch bei anderen fruhen Paarhufern wie Amphirhagatherium ausgebildet war Allerdings sind die Form der Schnauze der Ohren und des Schwanzes nicht uberliefert Im Bereich des Magens konnten teils verdaute Nahrungsreste beobachtet werden Die Untersuchungen der Reste ergaben hauptsachlich Teile von Pilzen und bereits zersetzte Blatter aber auch vereinzelt Fruchte Dadurch kann angenommen werden dass Messelobunodon seine Nahrung am Boden suchte wobei es moglicherweise mit den Vorderbeinen in halbverrottetem Laub scharrte wo die Pilze gediehen Dabei konnten sich die gegenuber den Hintergliedmassen deutlich verkurzten Vordergliedmassen vorteilhaft ausgewirkt haben Unabhangig vom untersuchten Magenrest zeigen aber auch die niederkronigen Backenzahne mit ihren bucklig gestalteten Kauoberflachen eine derartige Nahrungsspezialisierung auf weiches Pflanzenmaterial an browsing Bei der Nahrungssuche wurde moglicherweise der Geruchssinn eingesetzt der aufgrund der lang gebauten Nasenregion recht gut entwickelt war 2 7 4 Insgesamt war Messelobunodon ein relativ schlankes Tier das mit seinen kurzeren Vorder und langeren Hinterbeinen in seinem Habitus anderen gleich alten Paarhufern etwa Amphirhagatherium glich und wie dieses im dichten Wald als Buschschlupfer lebte Dabei zeigen die langgestreckten hinteren Gliedmassen deren untere Partien gegenuber den oberen langer ausgebildet waren bereits typische Anpassungen an eine schnellere Fortbewegung Zudem lasst die Entwicklung des Kniegelenkes weniger dagegen das Ellenbogengelenk auf einen bereits ausgepragten parasagittalen Gang schliessen Allerdings sind die kurzeren Vorderbeine ein eher urtumliches Merkmal der Paarhufer und weisen auf eine noch nicht vollstandig entwickelte schnelllaufige Bewegung hin im Gegensatz zu zahlreichen moderneren Paarhufern mit ihren langeren Vorderextremitaten Jedoch war das Fersenbein gut ausgebildet und deutet in Verbindung mit den langgestreckten Fussknochen auf eine ausgepragte Sprungfahigkeit die den Charakter Messelobunodons als ein Fluchttier verstarkt Anhand der Grossen der Ohren und Augenregionen kann aber nicht darauf geschlossen werden ob die Tiere eher tag oder nachtaktiv agierten 2 8 Systematik BearbeitenMesselobunodon ist eine Gattung aus der ausgestorbenen Familie der Dichobunidae welche zu den fruhesten Vertretern der Paarhufer gehort Innerhalb der Familie wird die Gattung zur Unterfamilie der Dichobuninae gezahlt die gegenuber ihrer Schwestergruppe den Eurodexeinae etwas grosser gebaut waren Nahe verwandte Gattungen stellen Dichobune und Aumelasia dar letztere ist auch durch Fossilfunde in der Grube Messel reprasentiert Insgesamt stellt Messelobunodon zusammen mit anderen fruhen Vertretern wie Diacodexis aus der Gruppe der Diacodexeidae oder Amphirhagatherium aus der Gruppe der Choeropotamidae einen sehr archaischen Morphotyp der Paarhufer dar der durch kurze Vorder und lange Hinterbeine charakterisiert ist Dieser Morphotyp lasst darauf schliessen dass die bisher kaum bekannte Stammgruppe der Paarhufer moglicherweise eine eher springende Fortbewegung ausubte 8 Die Erstbeschreibung von Messelobunodon erfolgte 1980 durch Jens Lorenz Franzen anhand des ersten Skelettfundes aus der Grube Messel das gleichzeitig den Holotyp darstellt Exemplarnummer SMF ME 510 und im Naturmuseum Senckenberg aufbewahrt ist dieser Skelettfund stellte den ersten damals bekannten vollstandigen eines Dichobuniden dar Bereits zuvor im gleichen Jahr hatte Franzen den Gattungsnamen in einer Publikation zu den Funden aus dem Geiseltal erwahnt da sich die Drucklegung seiner Schrift mit der Erstbeschreibung aus technischen Grunden verschoben hatte Der Name Messelobunodon leitet sich vom Fundplatz der Grube Messel und den griechischen Wortern boynon bounon Hugel und ὀdoys odous Zahn ab die sich auf die charakteristische Gestaltung der hockerigen Kauoberflache der Backenzahne beziehen 2 Anerkannt ist nur eine Art M schaeferi Eine weitere Art M ceciliensis die ebenfalls 1980 anhand eines Schadels eines Jungtiers und weiterer Knochenfragmente aus der Oberen Mittelkohle des Geiseltales in Sachsen Anhalt beschrieben wurde 9 galt seit 1989 als synonym zu M schaeferi 6 Weiteres Fundmaterial darunter auch ein Skelett aus der Grube Messel das ursprunglich ebenfalls zu Messelobunodon gestellt worden war 10 gab aufgrund signifikanter Abweichungen Anlass dazu im Jahr 1996 die neue Gattung Eurodexis aufzustellen und ihr M ceciliensis als Typusart beizuordnen 11 3 Literatur BearbeitenJens Lorenz Franzen Das erste Skelett eines Dichobuniden Mammalia Artiodactyla geborgen aus mitteleozanen Olschiefern der Grube Messel bei Darmstadt Deutschland S Hessen Senckenbergiana lethaea 61 3 6 1980 299 353 Thomas Lehmann und Irina Ruf Das Aufkommen der Paarhufer In Stephan F K Schaal Krister T Smith und Jorg Habersetzer Hrsg Messel ein fossiles Tropenokosystem Senckenberg Buch 79 Stuttgart 2018 S 285 291Einzelnachweise Bearbeiten Heinz Tobien Zur Osteologie von Masillabune Mammalia Artiodactyla Haplobunodontidae aus dem Mitteleozan der Fossilfundstatte Messel bei Darmstadt S Hessen Bundesrepublik Deutschland Geologisches Jahrbuch Hessen 113 1985 S 5 58 a b c d e f Jens Lorenz Franzen Das erste Skelett eines Dichobuniden Mammalia Artiodactyla geborgen aus mitteleozanen Olschiefern der Grube Messel bei Darmstadt Deutschland S Hessen Senckenbergiana lethaea 61 3 6 1980 299 353 a b c Jessica M Theodor Jorg Erfurt und Gregoire Metais The earliest Artiodactyls In Donald R Prothero und Scott E Foss Hrsg The Evolution of Artiodactyls Johns Hopkins University Baltimore 2007 S 32 58 a b c Thomas Lehmann und Irina Ruf Das Aufkommen der Paarhufer In Stephan F K Schaal Krister T Smith und Jorg Habersetzer Hrsg Messel ein fossiles Tropenokosystem Senckenberg Buch 79 Stuttgart 2018 S 285 291 Jorg Erfurt Stratigraphische Bedeutung der Artiodactyla Mammalia im Palaogen Europas Jorg Erfurt und Lutz Christian Maul Hrsg 34 Tagung des Arbeitskreises fur Wirbeltierpalaontologie der Palaontologischen Gesellschaft 16 3 bis 18 3 2007 in Freyburg Unstrut Halle Saale 2007 S 175 182 a b Jorg Erfurt und Hartmut Haubold Artiodactyla aus den eozanen Braunkohlen des Geiseltales bei Halle DDR Palaeovertebrata 19 1 1989 S 131 160 G Richter Untersuchungen zur Ernahrung von Messelobunodon schaeferi Mammalia Artiodactyla Senckenbergiana lethaea 61 3 6 1980 355 370 a b Jorg Erfurt Rekonstruktion des Skelettes und der Biologie von Anthracobunodon weigelti Artiodactyla Mammalia aus dem Eozan des Geiseltales Hallesches Jahrbuch fur Geowissenschaften Reihe B Beiheft 12 2000 S 57 141 Jens Lorenz Franzen und Gunter Krumbiegel Messelobunodon ceciliensis n sp Mammalia Artiodactyla ein neuer Dichobunidae aus der mitteleozanen Fauna des Geiseltals bei Halle Saale Zeitschrift fur Geologische Wissenschaften 8 12 1980 S 1553 1560 Jens Lorenz Franzen Ein zweites Skelett von Messelobunodon Mammalia Artiodactyla Dichobunidae aus der Grube Messel bei Darmstadt Deutschland S Hessen Senckenbergiana lethaea 64 5 6 1983 403 445 Jorg Erfurt Taxonomie der eozanen Artiodactyla Mammalia des Geiseltales mit besonderer Berucksichtigung der Gattung Rhagatherium Hallesches Jahrbuch fur Geowissenschaften B 17 1995 S 47 58Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Messelobunodon Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Messelobunodon amp oldid 239251004