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Das Cournot Oligopol ist in der Volkswirtschaftslehre ein nach Antoine Augustin Cournot benanntes Marktmodell bei dem die Marktstrategie die Angebotsmenge eines Unternehmens in den Vordergrund stellt Es taucht in der Fachliteratur auch unter den Namen Cournot Dyopol und Nash Cournot Gleichgewicht auf Cournot Nash Gleichgewicht das sich als Schnittpunkt zweier Reaktionsfunktionen ergibt Inhaltsverzeichnis 1 Allgemeines 2 Grundlagen 3 Grundmodell Cournot Duopol 3 1 Ausgangssituation 3 2 Mathematische Herleitung des Marktergebnisses 3 3 Verbale Erlauterung des Ergebnisses 4 Verallgemeinerung auf das Oligopol 5 Interpretation des Oligopolmodells 6 Weitere Oligopolmodelle 7 Literatur 8 EinzelnachweiseAllgemeines BearbeitenIn der Mikrookonomie gibt es drei verschiedene Wettbewerbsformen den Preiswettbewerb Qualitatswettbewerb und das Cournot Oligopol Mengenwettbewerb 1 Im Preiswettbewerb steht der Marktpreis im Qualitatswettbewerb die Produkt oder Dienstleistungsqualitat als Entscheidungsparameter im Vordergrund Im Cournot Oligopol wird das Marktverhalten zweier oder mehrerer Konkurrenten auf einem unvollkommenen Markt beschrieben auf dem die Angebotsmenge die strategische Variable darstellt Beim Bertrand Wettbewerb ist dagegen der Preis die strategische Variable Das Cournotsche Oligopolmodell ist ein einfaches und grundlegendes Modell in der Markt und Preistheorie das sich dadurch auszeichnet dass es die Marktformen des Monopols und des Polypols als Grenzfalle mit einschliesst Grundlagen BearbeitenIm Vordergrund steht die Angebotsmenge eines Unternehmens wobei das gesamte Marktvolumen von den Angebotsmengen aller Wettbewerber abhangt so dass der Gewinn eines einzelnen Unternehmens von den Produktionsmengen auch der anderen Unternehmen abhangig ist 2 Dabei konnen die Unternehmen ihre Angebotsmengen gleichzeitig simultan oder nacheinander sequenziell verandern oder sie bilden ein Mengenkartell wie die OPEC Der simultane Mengenwettbewerb fuhrt zu einem hoheren Marktvolumen sinkenden Preisen und sinkenden Gewinnen Beim sequenziellen Mengenwettbewerb erzielt nur der Pionier englisch First Mover einen hoheren Gewinn als beim simultanen Wettbewerb Beim Mengenkartell ist der Gewinn fur alle Anbieter hoher als bei den anderen Wettbewerbsformen Antoine Augustin Cournot stellte sein Modell erstmals im Jahre 1838 vor 3 Er geht von nur wenigen Anbietern aus wie es fur ein Oligopol typisch ist Es handelt sich um ein zweistufiges Modell bei dem auf der ersten Stufe jeder Hersteller seine Angebotsmenge bestimmt bis das Marktvolumen feststeht Dann setzt auf der zweiten Stufe ein Preisanpassungsprozess ein bei dem durch den Gleichgewichtspreis Angebot und Nachfrage ausgeglichen werden 4 Auf der ersten Stufe wird der Marktpreis nicht als Datenparameter gegeben betrachtet sondern als Reaktionsparameter wegen der Mengenveranderung auf den Gleichgewichtspreis Grundmodell Cournot Duopol BearbeitenVarianten des Modells richten sich nach der Anzahl der Anbieter zwei Anbieter bilden das Cournot Duopol gibt es nur einen Anbieter spricht man vom Cournot Monopol 5 Ausgangssituation Bearbeiten Man betrachte einen Markt mit folgenden Eigenheiten Duopol Es gibt auf dem Markt nur zwei Anbieter I und J Homogene Guter Die angebotenen Produkte dieser beiden Anbieter sind von identischer Beschaffenheit und Qualitat Vollkommene Information Die Nachfrager sind zu jedem Zeitpunkt uber die Angebotspreise der Anbieter informiert und versuchen beim billigsten Anbieter zu kaufen Unendlich schnelle Reaktionszeiten Jeder der beiden Anbieter hat zu jedem Zeitpunkt Kenntnis uber seinen eigenen Angebotspreis und den seines Konkurrenten und kann unendlich schnell auf Preisanderungen reagieren Weiterhin kennt jeder Anbieter zu Beginn des Marktes die Ausgangssituation in vollem Umfang insbesondere auch die Grenzkosten seines Konkurrenten Maximierungskalkul Beide Anbieter wollen ihren Gewinn Verkaufspreis Grenzkosten displaystyle cdot nbsp Angebotsmenge maximieren und wissen dass ihr Konkurrent dies ebenfalls will Simultane Entscheidung Beide Anbieter entscheiden simultan uber ihre Angebotsmengen ohne dass sie Kenntnis von der Angebotsmenge des Konkurrenten haben Sie tun dies uber Beste Antwort Funktionen auch Reaktionsfunktionen genannt Die Nachfrage folgt einer bekannten linearen Preis Absatz Funktion Preis K Angebotsmenge Beide Anbieter haben identische und konstante Grenzkosten Bereitstellungskosten je Einheit des Produkts es gibt keine Fixkosten Die Angebotsmengen werden von den beiden Anbietern vor Beginn des Marktes festgesetzt und konnen wahrend der betrachteten Zeitspanne nicht geandert werden Nicht verkaufte Waren sind nach Ende des Marktes wertlos Anderungen des Angebotspreises sind jederzeit beliebig moglich Die Anbieter werden ihre Preise solange variieren bis die Nachfrage genau dem Angebot entspricht d h sie wahlen schliesslich genau denjenigen Preis zu dem sie alles verkauft bekommen Somit ist die Angebotsmenge die strategische Variable deren Wahl das Marktergebnis und somit auch den Marktpreis determiniert Mathematische Herleitung des Marktergebnisses Bearbeiten Die Nachfragefunktion sei p a b x i x j displaystyle p a b x i x j nbsp mit p Marktpreis x i x j displaystyle x i x j nbsp Angebotsmengen der Anbieter I und J a und b seien Konstanten gt 0 Die Gewinnfunktionen der Anbieter seien G n p x n c x n displaystyle G n px n cx n nbsp mit G n displaystyle G n nbsp Gewinn des Anbieters n displaystyle n nbsp I oder J x n displaystyle x n nbsp sei die Angebotsmenge des Anbieters n displaystyle n nbsp und c displaystyle c nbsp seien die variablen Kosten je Mengeneinheit Grenzkosten Die Nachfragefunktion lasst sich in die Gewinnfunktionen der Anbieter einsetzen indem man p displaystyle p nbsp ersetzt G i a b x i b x j x i c x i displaystyle G i a bx i bx j x i cx i nbsp und G j a b x i b x j x j c x j displaystyle G j a bx i bx j x j cx j nbsp Nun werden die Gewinnfunktionen abgeleitet G i displaystyle G i nbsp nach x i displaystyle x i nbsp und G j displaystyle G j nbsp nach x j displaystyle x j nbsp und gleich 0 gesetzt um das Maximum der Gewinnfunktionen zu ermitteln G i x i a 2 b x i b x j c 0 x i a b x j c 2 b displaystyle frac partial G i partial x i a 2bx i bx j c 0 iff x i frac a bx j c 2b nbsp analog kommt man auf x j a b x i c 2 b displaystyle x j frac a bx i c 2b nbsp Ein Gleichgewicht ist dann erreicht wenn beide Gleichungen erfullt sind also kann man einsetzen x i a b a b x i c 2 b c 2 b x i a c 3 b displaystyle x i frac a b frac a bx i c 2b c 2b iff x i frac a c 3b nbsp analog erhalt man x j a c 3 b displaystyle x j frac a c 3b nbsp Dies gilt nur falls a gt c displaystyle a gt c nbsp ist da sonst die Stuckkosten hoher sind als der hochste erzielbare Absatzpreis Prohibitivpreis wird naturlich nichts angeboten Im Gleichgewicht bieten also beide Anbieter die gleiche Menge an Diese Menge wird beim Vergleich verschiedener Modelle fur oligopolistische Marktsituationen Cournot Menge genannt In die Preis Absatz Funktion eingesetzt ergibt sich als Marktpreis p a b x i x j a 2 c 3 displaystyle p a b x i x j frac a 2c 3 nbsp Anmerkung Das mathematische Modell kann sowohl mit einfacherer als auch mit allgemeinerer Ausgangssituation durch Normierung bestehender oder Hinzunahme zusatzlicher Variablen aufgestellt werden In Lehrbuchern existieren vielerlei anderer Darstellungen die i A Verallgemeinerungen oder Spezialfalle der hier genannten Formulierung sind Verbale Erlauterung des Ergebnisses Bearbeiten Die beiden Konkurrenten wissen voneinander dass sie die Handlungsmoglichkeiten des jeweils anderen in ihre Kalkulation mit einbeziehen Deshalb versuchen sie diejenige Angebotsmenge zu wahlen welche die beste Antwort auf die antizipierte Angebotsmenge des Konkurrenten darstellt Die einzige Kombination von Angebotsmengen bei denen beide jeweils die beste Antwort auf die Angebotsmenge des Gegners sind sind oben beschriebenen Mengen Wahlt einer der Anbieter die Cournot Menge so ist es fur den Gegner auch wenn ihm die Mengenentscheidung seines Gegners bekannt ist optimal ebenfalls die Cournot Menge zu wahlen Wahlte er mehr als die Cournot Menge wurde er uber den sinkenden Marktpreis mehr verlieren als er uber den steigenden Absatz gewinnen wurde Wahlte er weniger wurde er uber die gesunkene Absatzmenge mehr verlieren als er uber den dann hoheren Marktpreis gewanne Es handelt sich also um ein stabiles Gleichgewicht das ein Nash Gleichgewicht darstellt also J F Nashs Anforderungen an ein stabiles Gleichgewicht in strategischen Entscheidungssituationen genugt Verallgemeinerung auf das Oligopol BearbeitenWir betrachten nun einen Markt mit n N displaystyle n in mathbb N nbsp Anbietern und setzen zur Vereinfachung b 1 displaystyle b 1 nbsp Die Preis Absatz Funktion lautet nun p a i 1 n x i displaystyle p a sum i 1 n x i nbsp die Gewinnfunktion eines Anbieters i displaystyle i nbsp lautet G i a x i j 1 j i n x j x i c x i displaystyle G i a x i sum j 1 j neq i n x j x i cx i nbsp deren Ableitung nach x i displaystyle x i nbsp ist G i x i a 2 x i j 1 j i n x j c 0 x i a j 1 j i n x j c 2 displaystyle frac partial G i partial x i a 2x i sum j 1 j neq i n x j c 0 iff x i frac a sum j 1 j neq i n x j c 2 nbsp Daraus und aus der Uberlegung dass in einem Gleichgewicht gleicher Spieler die Mengen der Spieler gleich sein mussen kann man die Gleichgewichtsangebotsmengen herleiten x i a n 1 x i c 2 x i a c n 1 displaystyle x i frac a n 1 x i c 2 iff x i frac a c n 1 nbsp Setzt man in diese Gleichung die Anbieterzahl n 2 displaystyle n 2 nbsp ein ergibt sich die oben errechnete Cournot Duopol Menge bei einer Anbieterzahl von n 1 displaystyle n 1 nbsp einem Monopol also erhalt man die Cournot Monopol Menge die Cournot in seiner Preistheorie des Monopols Cournotscher Punkt beschrieben hat Fur eine gegen unendlich gehende Anbieterzahl konvergiert das Modell gegen das von der Theorie vorhergesagte Marktergebnis des Polypols Die folgende Tabelle liefert einen Uberblick uber die Marktergebnisse bei verschiedenen Anbieterzahlen mit a 1 displaystyle a 1 nbsp und b 1 displaystyle b 1 nbsp Anbieterzahl und Marktergebnisse Anbieterzahl 1 2 3 unendlichAngebotsmenge je Anbieter 1 c 2 displaystyle frac 1 c 2 nbsp 1 c 3 displaystyle frac 1 c 3 nbsp 1 c 4 displaystyle frac 1 c 4 nbsp nahe 0Gesamtangebotsmenge 1 c 1 2 displaystyle 1 c cdot frac 1 2 nbsp 1 c 2 3 displaystyle 1 c cdot frac 2 3 nbsp 1 c 3 4 displaystyle 1 c cdot frac 3 4 nbsp 1 c 1 displaystyle 1 c cdot 1 nbsp Marktpreis c 1 c 2 displaystyle c frac 1 c 2 nbsp c 1 c 3 displaystyle c frac 1 c 3 nbsp c 1 c 4 displaystyle c frac 1 c 4 nbsp cErkennbar ist dass der Absatz des einzelnen Anbieters mit zunehmender Anbieterzahl schwindet sich die Marktversorgung Gesamtangebotsmenge mit zunehmender Anbieterzahl verbessert der Marktpreis mit steigender Anbieterzahl in Richtung Grenzkosten sinkt Interpretation des Oligopolmodells BearbeitenEinige weitere Ergebnisse des Modells bzw von Erweiterungen des Modells Die Gesamtmenge der Unternehmensgewinne ist maximal bei einem Anbieter Monopol Schon bei zwei Anbietern sinkt die Summe der Unternehmensgewinne betrachtlich und diese teilt sich auch noch auf zwei Anbieter auf Schon bei 4 5 Anbietern sinkt der Gewinn je Unternehmen auf einen kleinen Bruchteil des Monopolgewinnes Bei unendlich vielen Anbietern sinken die Unternehmensgewinne auf Null Die Konsumentenrente Mass fur die Wohlstandsgewinne der Konsumenten durch den Markt entspricht im Monopolfall dem Unternehmensgewinn des Monopolisten Mit steigender Anbieterzahl nimmt sie zu und zwar starker als die Unternehmensgewinne abnehmen Der volkswirtschaftlich gunstigste Fall Summe aus Unternehmensgewinnen und Konsumentenrente ist maximal ist das Polypol unendlich viele Anbieter Sind die Grenzkosten der Unternehmen unterschiedlich unterscheiden sich die Gewinne der Unternehmen Es kann dabei vorkommen dass der Marktpreis vor allem bei hoher Anbieterzahl unter die Grenzkosten einzelner Unternehmen sinkt Diese stellen den Verkauf ein und verlassen den Markt Fur ein einzelnes Unternehmen kann es deshalb auf zweierlei Weise gunstig sein seine Grenzkosten zu senken Erstens steigt die Spanne zwischen Marktpreis und Kosten durch die gesunkenen Kosten selber und dadurch der Gewinn Zweitens ist es bei gestiegener Gewinnspanne fur dieses Unternehmen optimal seine Angebotsmenge auf dem Markt etwas zu erhohen Dadurch sinkt der Marktpreis weshalb u U konkurrierende Unternehmen ihre Angebotsmenge senken oder ganz aus dem Markt ausscheiden konnten Sind infolgedessen weniger Anbieter auf dem Markt verteilt sich der Gewinn auf weniger Unternehmen Haben die Unternehmen fur die Marktteilnahme jeweils Fixkosten zu tragen kann es sein dass die Unternehmensgewinne nicht ausreichen um die Fixkosten zu decken Sind den Unternehmen die Fixkosten nicht schon vorher entstanden versunkene Kosten wird nur eine begrenzte Zahl an Unternehmen den Markt betreten In diesem Fall ist es auch volkswirtschaftlich optimal dass nicht unendlich viele Unternehmen auf dem Markt tatig sind da ab einer gewissen Anbieterzahl der Anstieg der Konsumentenrente bei einer Erhohung der Anbieterzahl nicht mehr ausreicht die sinkenden Unternehmensgewinne auf dem Markt und die Fixkosten des zusatzlichen Unternehmens zu decken Es sind Extremfalle denkbar und auch realistisch in denen es aus Grunden sehr hoher Fixkosten volkswirtschaftlich optimal ist wenn nur ein Unternehmen den gesamten Markt bedient also Monopolist ist Weitere Oligopolmodelle BearbeitenEs gibt fur einige andere Marktsituationen sehr bekannte Grundmodelle der Stackelberg Wettbewerb nach Heinrich von Stackelberg in dem die Marktteilnehmer ihre Mengenentscheidungen nicht simultan sondern sequenziell treffen 6 der Bertrand Wettbewerb nach Joseph Bertrand in dem der Preis und nicht die Menge die strategische Variable ist das Kreps Scheinkman Modell nach David M Kreps und Jose Scheinkman in dem Preis und Mengenwettbewerb durch Entscheidungen uber den Aufbau von Produktionskapazitaten kombiniert werden 7 das Hotelling Standortmodell nach Harold Hotelling das sich mit Preisunterschieden aufgrund von raumlichen Entfernungen oder Produktdifferenzierung beschaftigt Literatur BearbeitenAugustin A Cournot Recherches sur les principes mathematiques de la theorie des richesses L Hachette Paris 1836 gallica bnf fr Wilhelm Pfahler Harald Wiese Unternehmensstrategien im Wettbewerb Eine spieltheoretische Analyse Springer Verlag Heidelberg zweite Auflage 2006 ISBN 3 540 28000 6 Einzelnachweise Bearbeiten Christian Homburg Marketingmanagement 2017 S 235 f Christian Homburg Marketingmanagement 2017 S 236 Antoine Augustin Cournot Recherche sur les principes Mathematiques de la theorie des richesses 1838 passim Helmut Bester Theorie der Industrieokonomik 2012 S 81 Ralf Dewenter Jurgen Rosch Einfuhrung in die neue Okonomie der Medienmarkte 2015 S 64 ff Frank Leibbrand Ulrich Blum Entrepreneurship und Unternehmertum 2001 S 209 Sebastian Friese Implikationen von Versicherungszyklen fur eine wertorientierte Steuerung von Ruckversicherungsunternehmen 2013 S 148 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Cournot Oligopol amp oldid 235265489