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Maurice Sachs 16 September 1906 in Paris 14 April 1945 bei Wittorferfeld eigentlich Maurice Ettinghausen war ein franzosischer Schriftsteller Abenteurer und Kollaborateur in der Zeit des Nationalsozialismus Maurice Sachs 1937 Inhaltsverzeichnis 1 Leben 1 1 Jugend 1 2 Aufenthalt in den USA 1 3 In der Pariser Kulturszene 1 4 Als Gestapo Spitzel in Hamburg 1 5 Sein Tod 2 Schriften 3 Biographien 4 Maurice Sachs in der Literatur 5 Maurice Sachs im Film 6 Weblinks 7 EinzelnachweiseLeben BearbeitenJugend Bearbeiten Maurice Sachs wurde 1906 als Sohn des judischen Juweliers Herbert Ettinghausen in Paris geboren Seine Mutter Andree Sachs war die Tochter von George Sachs und dessen Frau Alice die in zweiter Ehe mit Jacques Bizet verheiratet war Sachs Eltern liessen sich 1912 scheiden Seine Kindheit wurde durch standige Wechsel von Bezugspersonen Wohnsitzen und Internatsschulen gepragt Im Mai 1923 floh seine Mutter aufgrund eines ihr vorgeworfenen Betrugsdeliktes nach London Damit war Sachs im Alter von 17 Jahren auf sich allein gestellt Er schloss sich Jean Cocteau an und wurde dessen Sekretar Bei Cocteau lernte er den charismatischen Theologen Jacques Maritain kennen Unter dessen Einfluss konvertierte er 1925 vom Judentum zum Katholizismus Cocteau wurde sein Taufpate Er legte zudem den Namen seines judischen Vaters ab und nahm den Geburtsnamen seiner Mutter an Sachs trat am 2 Januar 1926 in das Priesterseminar St Joseph des Carmes in Paris ein doch verursachte er mehrere Affaren so dass er die Institution im November desselben Jahres wieder verlassen musste 1 Aufenthalt in den USA Bearbeiten Im September 1930 ging Sachs in die USA 1932 moderierte er fur die National Broadcasting Company NBC eine Radiosendung Mit der Aussicht auf Geld und eine politische Karriere konvertierte er erneut diesmal zum Protestantismus und heiratete am 22 Juni 1932 Gwladys Matthews die Tochter eines Priesters der presbyterianischen Kirche Die Ehe scheiterte binnen kurzem und wurde im Januar 1933 geschieden Sachs begann einen Handel mit Buchern und Bildern eine von ihm eroffnete Galerie geriet allerdings schon bald in finanzielle Schwierigkeiten Er reiste als Vortragsredner mit Referaten uber europaische Wirtschaftsfragen durch die USA Im Sommer 1933 lernte er den jungen Kalifornier Henry Wibbels kennen mit dem er eine Beziehung einging die als grosse Leidenschaft bezeichnet wurde Mit ihm zusammen kehrte er noch im selben Jahr nach Frankreich zuruck 2 In der Pariser Kulturszene Bearbeiten Am 16 Oktober 1933 nahm Sachs eine Stelle als Sekretar von Andre Gide an Uber Gide gelang es ihm zu zahlreichen Grossen des franzosischen Kulturlebens wie Max Jacob und Coco Chanel in Verbindung zu treten Bei einem Parisaufenthalt 1932 hatte er bereits die Schriftstellerin Violette Leduc kennengelernt mit der er eine innige platonische Verbindung entwickelte Sachs wurde zu einem respektierten allerdings kommerziell wenig erfolgreichen Mitglied der franzosischen Kulturszene 1935 veroffentlichte er seinen ersten Roman Alias Eine gewisse Aufmerksamkeit erregte er auch mit der 1939 erschienenen Schrift Au temps du Boeuf sur le toit 3 1939 wurde Sachs unmittelbar nach Kriegsbeginn zum Militardienst eingezogen und arbeitete vorubergehend als Dolmetscher an einer Militarakademie in Caen Aufgrund eines arztlichen Attestes gelang es ihm einige Monate spater aus den Diensten entlassen zu werden Im Mai und Juni 1940 war er fur den Rundfunksender Radio Mondial in Paris tatig und verlas Ansprachen die die USA zum Kriegseintritt bewegen sollten Als die Deutschen im Juni 1940 Paris besetzten floh er vorubergehend nach Bordeaux kehrte jedoch schon bald wieder zuruck Im Juli 1942 wahrend der Massenfestnahmen der Juden in Paris arbeitete er fur eine Organisation die ausreisewillige Juden gegen Barzahlung aus dem Land schleuste Den Herbst 1942 verbrachte Sachs gemeinsam mit Violette Leduc uberwiegend in Anceins einer Ortschaft in der Basse Normandie im November kehrte er abermals nach Paris zuruck 4 Als Gestapo Spitzel in Hamburg Bearbeiten Im November 1942 eine Woche nach seiner Ruckkehr nach Paris meldete er sich bei den deutschen Besatzern fur einen freiwilligen Arbeitseinsatz als Fremdarbeiter nach Hamburg Ungeklart blieb ob er bereits als angeworbener Gestapo Spitzel nach Hamburg ubersiedelte oder ob er diese Tatigkeit erst im Jahr 1943 vor Ort aufnahm In Hamburg war Sachs zunachst als Kranfuhrer im Hafen fur die Deutsche Werft tatig und lebte in einem Barackenlager in Finkenwerder 5 Nach dem Bericht eines ehemaligen Werftarbeiters aus dem Jahr 1988 ist Sachs daran beteiligt gewesen geheime U Boot Plane und Materialien zur Beschaffenheit von Bunkeranlagen an die Englander zu ubermitteln Demselben Bericht zufolge sei Sachs von der Gestapo verhaftet und nach einem Gestandnis wieder freigelassen und als Spitzel eingesetzt worden 6 Ab Mai 1943 wohnte Sachs in einer Pension in der Alten Rabenstrasse im teuren Stadtteil Rotherbaum und verfugte offensichtlich uber bessere Kleidung und Geld 5 Nach Etienne Gueland und Henri Perrin hatte sich Sachs fur eine Entlohnung von 80 Reichsmark pro Woche bei der Gestapo verdingt und wurde unter der Nummer G 117 gefuhrt 7 Im selben Haus lebten die beiden homosexuellen Kollaborateure Philippe Monceau und Paul Martel Monceau war ein Werber der Legion des volontaires francais contre le bolchevisme und versuchte franzosische Zwangsarbeiter in Hamburg zum Kriegseinsatz im Osten zu uberreden Martel wiederum stand in den Diensten der Gestapo 8 Sachs Aufgabe war es zunachst die in Hamburg lebenden Franzosen zu bespitzeln und Kontakt zu den in Hamburg agierenden intellektuellen Widerstandskreisen herzustellen Er mietete zu diesem Zweck einen Keller im Haus des Kunsthandlers Friedrich Huelsmann in den Hohen Bleichen richtete ihn als Versammlungsstatte ein und organisierte Diskussionen zu weltanschaulichen Fragen Dem Franzosen gelang es engeren Kontakt zu dem Widerstandskreis der Weissen Rose in Hamburg um Heinz Kucharski Margaretha Rothe und Reinhold Meyer zu knupfen Im August 1943 nahm er an deren Diskussionen in der Buchhandlung der Agentur des Rauhen Hauses am Jungfernstieg teil Die jungen Leute hofften uber ihn Kontakt zur Resistance aufnehmen zu konnen Auch im weiteren Sinne regimekritische oder eher regimeferne Autoren wie Manfred Hausmann Hans Erich Nossack und Egon Vietta lernte Sachs in der Agentur des Rauhen Hauses kennen 5 Im Herbst 1943 setzte eine Verhaftungswelle gegen die Mitglieder der Weissen Rose in Hamburg ein fur einige der Verhaftungen und Erkenntnisse der ermittelnden Gestapobeamten uber die Aktivitaten der Gruppe wurde Maurice Sachs verantwortlich gemacht 9 So schrieben Gueland und Perrin Sein Meisterstuck war die Verhaftung einer Anzahl von Mitgliedern der Weissen Rose 10 Am 16 November 1943 wurde auch Maurice Sachs von der Gestapo festgenommen und in das Polizeigefangnis Fuhlsbuttel verbracht Auch dort war er weiterhin als Spitzel tatig und wurde mit mehreren Gefangenen zusammengebracht Da den Gefangenen sein Verrat nicht bekannt war gingen sie nach wie vor davon aus dass er ein Verfolgter wie sie selber war So gelangten Informationen aus Gesprachen zwischen ihm und Heinz Kucharski mit dem er auf einen Transport geschickt wurde und Albert Suhr mit dem er sechs Wochen in einer Zelle zusammengelegt war an die Gestapo und in die Gerichtsakten 11 Im Fall von John Gluck handelte er als Agent Provocateur indem er diesen vorgeblich bei einem Fluchtversuch aus dem KZ Fuhlsbuttel unterstutzte und ihn zugleich an die Gestapo verriet 12 Sachs hatte im Gefangnis das Privileg der Lese und Schreiberlaubnis er arbeitete in dieser Zeit an dem Manuskript der posthum 1952 veroffentlichten Schrift Derriere cinq barreaux Sein Tod Bearbeiten Sachs blieb bis zum April 1945 als Schutzhaftling in Fuhlsbuttel Am 12 April 1945 wurde er zusammen mit 5000 Gefangenen auf einen sogenannten Todesmarsch in ein Auffanglager nach Kiel Hassee geschickt Dabei wurde er am 14 April 1945 in Wittorferfeld in der Nahe von Neumunster von einem flamischen SS Mann namens Vouth erschossen Das Standesamt Gadeland heute Boostedt stellte seinen Tod urkundlich fest Vermutet wird dass er auf einem Friedhof in Neumunster begraben wurde 13 Zum Beleg gibt der Biograph Emmanuel Pollaud Dulian die Grabnummer mit Gc 54 an 14 Ungeklart blieb ob die Exekution aufgrund eines Fluchtversuchs erfolgte oder ob man sich seiner da er zuviel wusste entledigen wollte 15 In einer Biografie uber Sachs hatte Philippe Monceau 1950 behauptet Sachs ware bei Kriegsende von Mitgefangenen durch Lynchjustiz ums Leben gekommen und sein Leichnam ware den Hunden zum Frass vorgeworfen worden 16 Ebenfalls bis Anfang der funfziger Jahre hielten sich Geruchte Sachs sei die Flucht aus Deutschland gelungen Schriften BearbeitenErst posthum erschien sein bekanntestes Werk Le Sabbat souvenirs d une jeunesse orageuse 1946 seine bis 1939 reichende Autobiographie auf Deutsch zuerst veroffentlicht unter dem Titel Mein Leben ist ein Argernis Verlag der Europaischen Bucherei Bonn 1950 1967 wurde das Buch neu ubersetzt unter dem Titel Der Sabbat Ubersetzer war Herbert Schluter Es folgten Chronique joyeuse et scandaleuse 1948 La Chasse a courre 1949 und Derriere cinq barreaux 1952 Auch diese Werke sind autobiographisch gepragt The Decade of Illusion Paris 1918 1928 Alfred A Knopf New York 1933 Alias Gallimard 1935 Maurice Thorez et la victoire communiste Denoel amp Steele 1936 Andre Gide Denoel amp Steele 1936 Honore Daumier Pierre Tisne 1939 Au temps du Boeuf sur le Toit Nouvelle Revue Critique 1939 Le Sabbat souvenirs d une jeunesse orageuse Correa 1946 deutsche Fassungen siehe oben Chronique joyeuse et scandaleuse Correa 1948 La Chasse a courre Gallimard 1949 La Decade de l illusion Gallimard 1950 Abracadabra Gallimard 1952 Derriere cinq barreaux Gallimard 1952 Tableau des moeurs de ce temps Gallimard 1954 Histoire de John Cooper d Albany Gallimard 1955 Le Voile de Veronique roman de la tentation Denoel 1959Biographien BearbeitenAndre du Dognon Philippe Monceau Le Dernier Sabbat de Maurice Sachs Sagittaire 1979 Claude Schmitt Le Double Jeu de Maurice Sachs Grasset Paris 1979 Jean Michel Belle Les Folles Annees de Maurice Sachs Grasset Paris 1979 Henri Raczymov Maurice Sachs ou les travaux forces de la frivolite Gallimard Paris 1988 Emmanuel Pollaud Dulian Les Excentriques Maurice Sachs 1998 online einsehbar unter excentriques com sachs index html Alias ou La Vie Joyeuse et Scandaleuse de Maurice Sachs Histoire sans morale Thomas Clerc Maurice Sachs le desœuvre Allia Paris 2005 Bernd Ulrich Hergemoller Hg Mann fur Mann Biographisches Lexikon zur Geschichte von Freundesliebe und mannlicher Sexualitat im deutschen Sprachraum Reihe Lexika Mitw Nicolai Clarus Jens Dobler Klaus Sator Axel Schock Raimund Wolfert Neub und erg Bd 2 Lit Munster 2010 S 1013f in Google books einsehbar Mit weiterer LiteraturMaurice Sachs in der Literatur BearbeitenSachs wurde mehrfach Gegenstand literarischer Werke So wird er eingehend portratiert von seiner platonischen Lebensgefahrtin Violette Leduc in deren Autobiographie La Batarde 1964 In Hans Erich Nossacks Roman Der Fall d Arthez 1968 ist die Figur des Rene Schwab alias Sulkowski deutlich an Sachs angelehnt Im selben Jahr hat Patrick Modiano in seinem Roman Place de l Etoile 1968 ihn neben anderen Kollaborateuren verschlusselt zu einem Gegenstand der Erzahlung gemacht Maurice Sachs im Film BearbeitenUnterschiedliche Perioden seines Lebens werden in folgenden Filmen thematisiert In Violette Frankreich 2013 Regie Martin Provost wird Sachs von Olivier Py gespielt im Film Opium Frankreich 2013 Regie Arielle Dombasle ist der Darsteller Niels Schneider Weblinks BearbeitenLiteratur von und uber Maurice Sachs im Katalog der Deutschen NationalbibliothekEinzelnachweise Bearbeiten Emmanuel Pollaud Dulian Les Excentriques Maurice Sachs 1998 Kapitel 2 abgerufen am 27 Dezember 2010 Emmanuel Pollaud Dulian Les Excentriques Maurice Sachs 1998 Kapitel 6 abgerufen am 27 Dezember 2010 Emmanuel Pollaud Dulian Les Excentriques Maurice Sachs 1998 Kapitel 7 abgerufen am 27 Dezember 2010 Emmanuel Pollaud Dulian Les Excentriques Maurice Sachs 1998 Kapitel 9 abgerufen am 27 Dezember 2010 a b c Hanns Grossel Sachs in Hamburg 1967 abgedruckt in Ursel Hochmuth Candidates of Humanity Dokumentation zur Hamburger Weissen Rose anlasslich des 50 Geburtstages von Hans Leipelt Hg Vereinigung der Antifaschisten und Verfolgten des Naziregimes Hamburg 1971 S 35 f Angetippt Ben Witter DIE ZEIT 43 21 Oktober 1988 abgerufen am 20 Dezember 2010 Etienne Gueland Henri Perrin Le Fin de Maurice Sachs Vorwort in Maurice Sachs Derriere cinq barreau Gallimard Paris 1952 S 7 11 hier S 8 Sie beriefen sich dabei auf einen entsprechenden Ausweis der wie das Skript zu der Schrift Derriere cinq barreau im Nachlass aufgefunden wurde Emmanuel Pollaud Dulian Les Excentriques Maurice Sachs 1998 Kap 10 abgerufen am 27 Dezember 2010 Ursel Hochmuth Gertrud Meyer Streiflichter aus dem Hamburger Widerstand S 416 f Etienne Gueland Henri Perrin Le Fin de Maurice Sachs S 8 Albert Suhr Begegnungen mit Maurice Sachs 1968 abgedruckt in Ursel Hochmuth Candidates of Humanity Dokumentation zur Hamburger Weissen Rose anlasslich des 50 Geburtstages von Hans Leipelt S 42 ff Schriftliche Zeugenaussage John Gluck zum 2 Fuhlsbuttel Prozess im September 1947 vor dem britischen Militargericht im Hamburger Curiohaus kommentiert von Ursel Hochmuth abgedruckt in Ursel Hochmuth Candidates of Humanity Dokumentation zur Hamburger Weissen Rose anlasslich des 50 Geburtstages von Hans Leipelt S 39 f Uwe Fentsahm Der Evakuierungsmarsch von Hamburg Fuhlsbuttel nach Kiel Hassee 12 15 April 1945 S 86 ff PDF 352 kB abgerufen am 27 Dezember 2010 Emmanuel Pollaud Dulian Les Excentriques Maurice Sachs 1998 Kapitel 11 abgerufen am 27 Dezember 2010 Karl Ludwig Schneider Das Ende eines Literaten und Abenteurers 1951 in Ursel Hochmuth Hrsg Candidates of Humanity S 26 Philippe Monceau Andre Du Dognon Le dernier sabbat de Maurice Sachs Hambourg 1943 1945 Amiot Dumont Paris 1950 Normdaten Person GND 118750585 lobid OGND AKS LCCN nr88005799 VIAF 59220531 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Sachs MauriceALTERNATIVNAMEN Ettinghausen Maurice wirklicher Name KURZBESCHREIBUNG franzosischer Schriftsteller Abenteurer und Kollaborateur in der Zeit des NationalsozialismusGEBURTSDATUM 16 September 1906GEBURTSORT ParisSTERBEDATUM 14 April 1945STERBEORT Wittorferfeld Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Maurice Sachs amp oldid 227541007