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Mathematik im Alten Agypten bezieht sich auf die Geschichte und Anwendung der taglichen Berechnungsformeln Mathematisches Papyrus Rhind Inhaltsverzeichnis 1 Uberblick 2 Quellen 3 Zahlen 4 Grundrechenarten 4 1 Multiplikation 4 2 Division 5 Algebra 6 Geometrie 7 Bedeutung der agyptischen Mathematik im Altertum 8 Siehe auch 9 Literatur 10 Anmerkungen und EinzelnachweiseUberblick BearbeitenDie fruheren Annahmen dass sich die altagyptische Mathematik erst sehr spat entwickelte sind heute nicht mehr haltbar Nahezu gleichzeitig mit den altesten Schriften in Mesopotamien und Vorderasien entstand etwa um 3000 v Chr in Agypten die Hieroglyphenschrift aus der Notwendigkeit heraus mit dem Entstehen des Zentralstaates den Anforderungen an das Festhalten von Vorgangen in Verwaltung und Wirtschaft durch Aufzeichnungen gerecht werden zu konnen Damit entstanden auch die Zeichen fur Zahlen und es begann sich die Mathematik zu entwickeln Bereits im ausgehenden 4 Jt v Chr besassen die Agypter mathematische Kenntnisse und Methoden zur Bewaltigung taglicher Anforderungen welche die quantitativen Verhaltnisse und raumlichen Beziehungen in der objektiven Realitat betrafen So sind zugleich mit den ersten Belegen fur die Benutzung der Hieroglyphenschrift auch die ersten Zahlenzeichen nachweisbar Nach der Reichseinigung wurden etwa bis zur 3 Dynastie aufgrund der Anforderungen der Staatsverwaltung die fur die agyptische Mathematik erforderlichen Entdeckungen gemacht und die entsprechenden Rechenverfahren bildeten sich heraus Spater erfolgten nur noch Verfeinerungen Ohne mathematische Kenntnisse ware der Pyramidenbau ab ca 2650 v Chr nicht moglich gewesen Die exakt berechneten Pyramiden sind ein deutliches Anzeichen fur die weitreichenden mathematischen Kenntnisse im Alten Agypten Agyptische Zahlen beruhten wie romische Zahlen auf einem additiven System das fur die Null kein eigenes Zeichen und keine Positionswertbeschreibung kannte Neben Addition und Subtraktion waren auch Stammbruche und das Losen von Gleichungen mit einer Variablen bekannt Auch fur die Multiplikation und Division haben die alten Agypter Verfahren gekannt wie Rechenaufgaben des Papyrus Rhind zeigen Im Gegensatz zu Funden derselben Epoche aus Mesopotamien sind aus Agypten aus dem Alten Reich nur wenige mathematische Berechnungen belegt So ist in einer Grabinschrift aus dem Grab des Metjen in Saqqara aus der Ubergangszeit von der dritten zur vierten Dynastie die Berechnung der Flache eines Rechtecks uberliefert 1 Gefundene Zahlen in Tempeln und auf Steindenkmalern geben jedoch wenig Einblick in die vorgenommenen Rechenarten Grunde liegen in der umstandlichen und muhsamen Schreibung von mathematischen Gleichungen auf nicht geeignetem Untergrund Mit Einfuhrung der Papyri erweitern sich ab der zweiten Halfte des Mittleren Reiches die Befunde fur mathematische Nachweise Quellen BearbeitenDas heutige Wissen uber die altagyptische Mathematik ist hauptsachlich durch mathematische Papyri uberliefert Dabei handelt es sich um sehr ahnlich aufgebaute Ubungs oder Lehrbucher die mathematische Grundregeln und praktische Ubungsbeispiele fur Schuler enthalten Die Papyri sollten Schreibschuler auf die Bewaltigung von praktischen Problemstellungen vorbereiten die sie im spateren taglichen Arbeitsleben erwarteten 2 Die altesten und bekanntesten der mathematischen Papyri stammen aus dem Mittleren Reich und der Zweiten Zwischenzeit Reisner Papyri um 1970 v Chr Holztafelchen aus Achmim um 1950 v Chr Papyrus Moskau 4676 um 1850 v Chr Papyrus Berlin 6619 um 1800 v Chr Mathematische Papyri aus Lahun um 1700 v Chr Mathematische Lederrolle um 1650 v Chr Papyrus Rhind um 1550 v Chr angefertigt Abschrift aus 12 Dynastie Aus dem Neuen Reich und spaterer Zeit stammen Papyrus Anastasi I Ramessidenzeit Ostrakon Senmut 153 Ostrakon Turin 57170 Ostraka aus Deir el Medina beinhalten verschiedene Volumenberechnungen fur das Ausheben von Grabern Zahlen Bearbeiten Hauptartikel Agyptische Zahlen Die Agypter verwendeten das Dezimalsystem im Gegensatz zu den Babyloniern die mit dem Sexagesimalsystem Basis 60 rechneten Sie hatten allerdings kein Positionssystem sondern schrieben die Zahlzeichen additiv nebeneinander Fur die Zahl 1 zogen sie einen senkrechten Strich und bis zur Zahl 9 wurde der Strich neunmal geschrieben Beim zehnfachen nahm man das nachsthohere Zeichen und wendete dieselbe Methode nochmal an Fur den praktischen Gebrauch wurden nicht mehr als sieben verschiedene Hieroglyphenzeichen benotigt Auch ein Symbol fur die Null gab es 3 Im Hieroglyphensystem findet keine Stellennull Verwendung Das Zeichen war notig um Ergebnisse Kontenbilanz oder einen Bezugspunkt anzugeben Bau Hieroglyphische Zahlzeichen 0 1 10 100 1 000 10 000 100 000 1 000 000 Fur die Bruchrechnung wurde eine eigene Schreibweise verwendet die auf der Addition von Stammbruchen beruhte So wurde der Bruch 4 15 displaystyle tfrac 4 15 nbsp z B als 1 5 1 15 displaystyle tfrac 1 5 tfrac 1 15 nbsp dargestellt Die Bildung von agyptischen Bruchen beruht auf drei einfachen Grundregeln 4 Finden des grossten Stammbruches der in dem gegebenen Bruch enthalten ist Bilden der Differenz dieser beiden Bruche Solange Schritt 1 und 2 fur die Differenz wiederholen bis der Rest ein Stammbruch ist Die Darstellung der Stammbruche erfolgte mit der Hieroglyphe die man uber die entsprechende Zahl setzte Fur einige haufig gebrauchte Bruche wie 2 3 displaystyle tfrac 2 3 nbsp und 3 4 displaystyle tfrac 3 4 nbsp gab es als Ausnahme besondere Zeichen Besondere Zeichen fur Bruche 1 2 displaystyle tfrac 1 2 nbsp 1 3 displaystyle tfrac 1 3 nbsp 2 3 displaystyle tfrac 2 3 nbsp 1 4 displaystyle tfrac 1 4 nbsp 3 4 displaystyle tfrac 3 4 nbsp Die Zahlendarstellung auch mit zusammengesetzten Bruchen ermoglichte viele Teilungsmoglichkeiten und so auch die Darstellung kleiner Masseinheiten und Winkelunterschiede Die mit der damaligen Rechentechnik gefundenen Losungen sind bewundernswert Grundrechenarten BearbeitenMultiplikation Bearbeiten Hauptartikel Agyptisches Multiplizieren Auch wenn das Verfahren fur uns heute fremd ist kannten die alten Agypter eine Methode um schriftlich zu multiplizieren Sie nutzen dabei die Eigenschaft aus dass jeder Multiplikator als Summe von 2er Potenzen dargestellt werden kann 5 Bsp 13 12 156 rechneten die alten Agypter wie folgt 13 12 Unter den Multiplikator wird eine 1 geschrieben 1 12 der Multiplikand unverandert daneben Dann werden 2 24 beide Zahlen verdoppelt bis der Multiplikator 4 48 in diesem Fall 13 zusammen addiert werden kann 8 96 Hier 8 4 1 13 Addiert man die rechten Zahlen derselben Zeilen so erhalt man das Ergebnis Hier 12 48 96 156 13 156 Division Bearbeiten Ganz ahnlich funktioniert auch die Division 6 Bsp 143 11 13 Die alten Agypter machten daraus folgende Aufgabe Rechne mit 11 bis du 143 findest Umgekehrte Multiplikation 143 11 Unter den Dividend wird die 1 geschrieben der 1 11 Divisor unverandert daneben 2 22 Diesmal muss jedoch sooft verdoppelt werden bis auf der 4 44 rechten Seite die Zahl des Dividenden zusammen addiert 8 88 werden kann Hier 11 44 88 143 Addiert man die linken Zahlen der entsprechenden Zeilen erhalt man das Ergebnis 13 143 Hier 1 4 8 13 Algebra BearbeitenNeben einfachen arithmetischen Rechenaufgaben bilden solche mit Verteilen von Waren Lebensmitteln Bier Futter etc an eine bestimmte Zahl von Menschen bzw Tieren die am haufigsten auftretenden Themenstellungen So wird in Aufgabe 5 des Papyrus Rhind nach einer Verteilung von 8 Broten auf 10 Personen gefragt 7 Geometrie BearbeitenDurch die alljahrlich sich wiederholende Nilschwemme und die dadurch verursachte Verwischung der Feldbegrenzungen durch den abgelagerten Nilschlamm sowie den Zwang zur Neueinteilung der Felder nach Ablaufen der Flut waren die alten Agypter zur Vermeidung endloser Bodeneigentums und Bodennutzungsstreitigkeiten darauf angewiesen planimetrische Berechnungen der Flacheninhalte von Dreiecken Rechtecken und Trapezen zu entwickeln Durch diese Praxisbezogenheit spielte die Geometrie eine wesentlich grossere Rolle als die Arithmetik Die mathematischen Kenntnisse beruhten nahezu ausschliesslich auf Erfahrungswerten Es wurden nicht irgendwelche abstrakten Figuren sondern dreieckige oder quadratische Felder berechnet Den Agyptern ging es nicht um mathematische Beweise sondern immer nur um Rechenvorschriften um Rechenrezepte mit mehr oder weniger guten Naherungswerten als Ergebnis Die Entwicklung der Geometrie war eng mit den Bedurfnissen der Praxis verknupft und an den Erforderungen der Feldeinteilung und vermessung der Architektur und des Bauwesens sowie an der Messung von Rauminhalten orientiert 8 Sesostris I entwarf das Modell des Nilometers Hinsichtlich der Erbauung von Grabpyramiden entwickelten sie im Laufe der Zeit die Berechnung der Grundflache des Mantels des Volumens eines quadratischen Pyramidenstumpfs durch V a 2 a b b 2 h 3 displaystyle V a 2 ab b 2 h 3 nbsp Bei den Pyramiden gab es auch Spekulationen uber die Rolle von Pi Cheopspyramide oder dem goldenen Schnitt bei deren Konstruktion oder der Verwendung pythagoreischer Tripel Der Naherungswert 16 9 fur die Kreiszahl p pi wurde bei der Berechnung der Kreisflache angewendet so im Papyrus Rhind Problem 48 Auch im alteren Moskauer Papyrus gibt es eine Stelle Problem 10 wo dieser Wert in der Berechnungsvorschrift fur eine gekrummte Oberflache verwendet wird doch ist deren Interpretation unsicher Bedeutung der agyptischen Mathematik im Altertum BearbeitenDie agyptische Mathematik und Rechentechnik haben einen beachtlichen Einfluss auf die Herausbildung einer mathematischen Wissenschaft in der griechischen Welt ausgeubt Sie wurden von den griechischen Historikern hoch geruhmt und als Quelle ihrer eigenen Kenntnisse betrachtet Bereits Herodot berichtete im 5 Jh v Chr dass die Griechen die Geometrie von den Agyptern und die Arithmetik von den Babylonern erlernten Auch Platon sprach im 4 Jh v Chr nach einem monatelangen Aufenthalt in Heliopolis von den mathematischen Kenntnissen im damaligen Agypten voller Hochachtung Siehe auch BearbeitenGeschichte der Mathematik Literatur BearbeitenHelmuth Gericke Mathematik in Antike Orient und Abendland 9 Auflage Marixverlag Wiesbaden 2005 ISBN 3 925037 64 0 Richard J Gillings Mathematics in the time of the pharaos MIT Press 1972 Dover 1982 Annette Imhausen Agyptische Algorithmen Eine Untersuchung zu den mittelagyptischen mathematischen Aufgabentexten Harrassowitz Wiesbaden 2003 ISBN 3 447 04644 9 Adel Kamel Eine Glanzleistung Mathematik im Alten Agypten In Gabriele Hober Kamel Hrsg Kemet Heft 2000 4 Kemet Verlag 2000 ISSN 0943 5972 S 31 37 Sybille Kramer Symbolische Maschinen Die Idee der Formalisierung in geschichtlichem Abriss Wissenschaftliche Buchgesellschaft Darmstadt 1988 ISBN 3 534 03207 1 Johannes Lehmann So rechneten Agypter und Babylonier 4000 Jahre Mathematik in Aufgaben Urania Leipzig Jena Berlin 1994 ISBN 3 332 00522 7 Marianne Michel Les mathematiques de l Egypte ancienne Numeration metrologie arithmetique geometrie et autres problemes Connaissance de l Egypte ancienne Band 12 Editions Safran Brussel 2014 ISBN 978 2 87457 040 7 Frank Muller Romer Mathematikunterricht im Alten Agypten In Kemet 2011 Band 20 Heft 4 S 26 30 ISSN 0943 5972 doi 10 11588 propylaeumdok 00001169 Volltext als PDF Andre Pichot Die Geburt der Wissenschaft von den Babyloniern zu den fruhen Griechen Parkland Verlag Koln 2000 ISBN 3 88059 978 5 Kurt Vogel Vorgriechische Mathematik Band 1 Vorgeschichte und Agypten Schoningh Paderborn 1958 B L van der Waerden Erwachende Wissenschaft Agyptische babylonische und griechische Mathematik Birkhauser Basel 1966 Armin Wirsching Die Pyramiden von Giza Mathematik in Stein gebaut 2 Auflage Books on Demand Norderstedt 2009 ISBN 978 3 8370 2355 8 Anmerkungen und Einzelnachweise Bearbeiten Wolfgang Helck Wolfhart Westendorf Hrsg Lexikon der Agyptologie Band 4 Megiddo Pyramiden Haarowitz Wiesbaden 1982 ISBN 3 447 02262 0 Spalte 118 Adel Kamel Eine Glanzleistung Mathematik im Alten Agypten In Kemet Heft 2000 4 S 31 George Gheverghese Joseph The Crest of the Peacock Non European Roots of Mathematics Third Edition Princeton 2011 ISBN 978 0 691 13526 7 S 86 Adel Kamel Eine Glanzleistung Mathematik im Alten Agypten In Kemet Heft 2000 4 S 32 Adel Kamel Eine Glanzleistung Mathematik im Alten Agypten In Kemet Heft 2000 4 S 33 Adel Kamel Eine Glanzleistung Mathematik im Alten Agypten In Kemet Heft 2000 4 S 33 34 Andre Pichot Die Geburt der Wissenschaft Parkland Verlag Koln 2000 ISBN 3 88059 978 5 S 177 Frank Muller Romer Mathematikunterricht im Alten Agypten In Kemet Heft 2011 20 4 S 26 30 ISSN 0943 5972 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Mathematik im Alten Agypten amp oldid 230192118