www.wikidata.de-de.nina.az
Maria Clementine Martin 5 Mai 1775 als Wilhelmine Martin 1 in Brussel 9 August 1843 in Koln war eine belgisch deutsche Unternehmerin Sie ist die Erfinderin des Klosterfrau Melissengeistes Statue Maria Clementine Martins am Rathausturm Koln Inhaltsverzeichnis 1 Leben 1 1 Umzug nach Koln 1 2 Melissengeist 1 3 Verwendung des preussischen Adlers 1 4 Abgrenzung von Wettbewerbern 2 Tod und Vermachtnis 3 Ehrungen und Auszeichnungen 4 Literatur 5 Weblinks 6 EinzelnachweiseLeben BearbeitenMaria Clementine Martin war die Tochter des kaiserlich koniglichen Offiziers Johann Heinrich de Martin und Christine de Martin von Mergenthal 1783 zogen ihre Eltern nach Jever Dort lebte sie bis sie am 2 Oktober 1792 mit 17 Jahren in das Annuntiatinnenkloster Sankt Anna in Coesfeld eintrat Nach dem Reichsdeputationshauptschluss von 1803 wurde das Kloster von der Sakularisation erfasst und aufgehoben Martin ging daraufhin ins Kloster Glane bei Gronau 2 Dieses Kloster teilten sich die Annuntiaten mit Franziskanerinnen Dadurch war es von einem Dekret Napoleons aus dem Jahr 1811 betroffen wonach alle franziskanischen Kloster aufzulosen seien Damit einher ging fur die Schwestern auch eine wirtschaftliche Verarmung Sie erhielten geringe Entschadigungsleistungen in Form jahrlicher Pensionen 3 Martin gelangte schliesslich uber ihre Geburtsstadt Brussel in die Paterskerk nach Tirlemont in Brabant Dort ist ein Aufenthalt bis ins Jahr 1815 nachweisbar Verschiedenen Quellen zufolge hat Martin nach der Schlacht bei Waterloo am 18 Juni 1815 die verwundeten deutschen Soldaten unter Generalfeldmarschall Blucher versorgt 4 moglicherweise auch in der Schlacht Der Rechtshistoriker Helmut Heckelmann ordnet Beschreibungen dieser Art eher den Legenden um Martin zu ist jedoch der Ansicht sie sei in den preussischen Lazaretten tatig gewesen und deswegen von Konig Friedrich Wilhelm III mit einer jahrlichen Leibrente von 160 Talern geehrt worden 5 Der Aufenthalt von 1815 bis 1821 ist nicht sicher belegt Nach eigenen zeitlich nicht genau bestimmten Angaben hat Martin acht Jahre in Brussel im Konvent der Karmelitinnen gelebt Es sind jedoch keine anderen Aufzeichnungen dazu uberliefert 6 Ein Aufenthalt in Munster von 1821 bis 1825 gilt dagegen als sicher Sie lebte dort in einem Haus des Munsteraner Domkapitels Uber ihre Arbeitstatigkeit dort ist wenig bekannt Allerdings wurde 1821 wegen medizinischer Pfuscherei und Quacksalberei gegen sie ermittelt In ihren Eingaben dazu schrieb sie aus ihrer Zeit in Coesfeld uber Erfahrungen des im dortigen Kloster vermittelten Heilverfahrens gegen Fistel und Krebsschaden zu verfugen und bat um Erlaubnis diese anwenden zu durfen Dies wurde ihr versagt und die Ermittlungen deren Ergebnis nicht bekannt sind wurden zunachst nicht eingestellt Es fanden sich keine Belege zu einem im Annuntiatinnenkloster Sankt Anna in Coesfeld angewandten Heilverfahren gegen fistulose und krebsartige Erkrankungen 7 Umzug nach Koln Bearbeiten Im Laufe des Jahres 1825 kam Martin nach Koln in das domnah gelegene Haus Auf der Litsch 1 Dort pflegte sie wahrscheinlich den kranken 86 jahrigen Domvikar Hermann Gumpertz 1739 um dessen Haus es sich handelte 8 9 In diesem Gebaude stellte sie mittels eines einfachen Destillationsverfahrens ein Kolnisch Wasser her das sie am 6 November 1825 in der Kolnischen Zeitung mit einem Inserat bewarb Ein sich selbst empfehlend achtes Kolnische Wasser ist zu haben auf der Litsch Nro 1 die grosse Flasche zu 6 Sgr 3Pf 10 Die Unternehmensgrundung erfolgte mit der Eintragung am 23 Mai 1826 im stadtischen Magistratsregister Handelsregister unter der Firma Maria Clementine Martin Klosterfrau 1827 zog Martin in ein Haus in der Domhofgasse 19 das sie vom Kolner Domkapitel mietete und in den 1830er Jahren kaufte Von dort aus warb sie erstmals fur einen von ihr hergestellten Karmelitengeist und zwar mit einer Annonce in der Kolnischen Zeitung vom 17 Juni 1827 Zugleich bot sie neben dem bereits erwahnten Kolnisch Wasser ein Lavendelwasser sowie einen Essig de quatres voleurs der vor pestartigen Krankheiten schutzen sollte an Diese Bezeichnung ging auf eine Schilderung zuruck nach der wahrend der franzosischen Kriege Diebe auf den Schlachtfeldern Leichen plunderten wobei die Einreibungen mit dem antiseptisch wirkenden Mittel sie vor Ansteckung durch die Pest und andere Krankheiten geschutzt haben soll 11 Melissengeist Bearbeiten Am 5 Juli 1828 wandte Martin sich schriftlich an die Kolner Regierung und bat um Prufung und Bescheinigung der Qualitat des von ihr verfertigten Melissenwassers durch die konigliche Medizinal Behorde 12 Dabei gab sie an sie sei uber einen langeren Zeitraum als Fabrikantin in einem Kloster tatig gewesen das sich durch Herstellung von Karmelitenwasser finanzierte Auch verfuge sie aus ihrem achtjahrigen Aufenthalt im Karmelitinnenkloster Brussel den Schlussel zu diesem Spezifikum so gut wie jedes Mitglied dieses Ordens 13 Heckelmann zweifelt diese Angaben an und fand keine Belege dafur dass in den Klostern Coesfeld und Glane jemals ein Karmeliten oder Melissengeist hergestellt wurde Auch gebe es keine Beweise fur eine Zugehorigkeit Martins zum Konvent der Brusseler Karmelitinnen ebenso wenig wie fur die Herstellung eines Melissengeistes in demselben Die Herkunft der Rezeptur fur den Melissengeist weicht insofern von Martins Angaben aber auch von verbreiteten Berichten 14 ab sie habe in einer westfalischen Klosterapotheke das Geheimrezept des echten spanischen Melissenwassers kennengelernt Unbestritten ist dagegen dass Maria Clementine Martin die Fahigkeit zur Herstellung eines Melissengeistes besass der mit dem damaligen in Koln ebenfalls verfugbaren und den Markt beherrschenden Karmelitengeist aus Regensburg vergleichbar war Dennoch lehnte die Koblenzer Medizinalbehorde an welche die Kolner Behorde den Fall zur Entscheidung abgegeben hatte die Prufung und Protektion ihres Produktes ab Eine chemische Analyse oder eine vergleichende Prufung gegenuber dem Regensburger Konkurrenzprodukt sei wegen der Ahnlichkeit derartiger Produkte nicht moglich Im Ubrigen konne jeder Apotheker das vergleichbare und auch als Heilmittel zugelassene Alcoolat de melissa compositum herstellen weshalb es fur die Beschaftigung der Behorde mit Rezepturen von Klostergeistlichen an der notwendigen Relevanz mangele 15 Verwendung des preussischen Adlers Bearbeiten Rund ein Jahr nach dieser abschlagigen Entscheidung wandte sich Martin an Konig Friedrich Wilhelm III den sie darum bat auf ihren Produkten den preussischen Adler fuhren zu durfen was sie unter anderem mit ihren Verdiensten im Einsatz nach der Schlacht von Waterloo unterstrich Dieses Privileg wurde ihr am 28 November 1829 gewahrt wodurch sie als eine der wenigen Kolner Betriebe in der Herstellung von Kolnisch Wasser das konigliche Wappen fuhren durfte 16 Das Unternehmen Johann Maria Farina gegenuber dem Julichs Platz beispielsweise hatte sich vergebens um den gleichen Wettbewerbsvorteil bemuht 17 In den folgenden Jahren fuhrte Farina mehrere Auseinandersetzungen und Beschwerden um Mitbewerber die ohne Genehmigung den preussischen Adler fur ihre Produkte verwendeten wobei die zustandigen Behorden zunachst aufgrund fehlender Rechtsgrundlagen nicht zu ihren Gunsten eingriffen Umgekehrt beschwerten sich die betroffenen Unternehmen uber Martin da diese nicht nur den preussischen Adler als Teil des preussischen Wappens sondern das gesamte Mittlere Wappen Preussens zur Auszeichnung von Geschaft und Waren verwende was durch ihre konigliche Genehmigung nicht abgedeckt sei Dieses Wappen enthielt neben dem eigentlichen Adler eine Krone auf dem Wappenschild sowie die preussischen Provinz und Territorialwappen Flankiert wurde es von zwei wilden Mannern als Schildtrager Es gelang Martin durch Erwiderung an die Kolner Regierungsbehorde sowie an den westfalischen Oberprasidenten Freiherr von Vincke im Juli 1830 jedoch die Zustimmung fur die Verwendung des vollstandigen Wappens zu erhalten wodurch sie ihren Wettbewerbsvorsprung erhalten konnte 18 Abgrenzung von Wettbewerbern Bearbeiten Obwohl ihr Hauptprodukt Melissengeist in seiner Zusammensetzung kein wesentliches Alleinstellungsmerkmal aufwies war Martin trotz einiger Ruckschlage sehr erfolgreich in der Etablierung und Verteidigung einer guten Marktposition ihres Unternehmens Am 17 Oktober 1831 hinterlegte sie beim Rat der Gewerbeverstandigen der Stadt Koln ihr Fabrikzeichen 1832 beantragte sie bei der preussischen Regierung das ausschliessliche Recht zu Herstellung und Vertrieb des Produktes Melissengeist sowie die Anerkennung als Arznei Bis dahin war nur ein Verkauf als Parfum zulassig Trotz wohlwollender und die Wettbewerber bereits im Vorfeld einer ausstehenden Ministeriumsentscheidung beschrankender Behandlung des Antrags durch die Kolner Behorden lehnte die Berliner Regierung das Gesuch nach langer Bearbeitungszeit am 15 Marz 1834 ab Erneut wurde auf die Unzulassigkeit einer Einschrankung der Apotheker hingewiesen die das Produkt auf Verordnung jederzeit zubereiten konnten und die abgesehen davon allein befugt seien Arzneimittel herzustellen So durfte der Melissengeist offiziell weiter nur als Kosmetikum vertrieben und der Wettbewerb in diesem Produktsegment nicht zu Gunsten von Martin reguliert werden 19 Da Melissengeist Produkte aber mehr oder weniger subtil durchaus unter Hinweis auf medizinische Anwendungen vertrieben wurden kam es dennoch zu Eingriffen gegen Wettbewerber nicht aber gegen Martin die nicht zuletzt aufgrund der Koniglichen Genehmigung zur Nutzung des Wappens eine gewisse Protektion genoss Martin selbst zeigte 1835 eine Mitbewerberin die in Koln den aus Regensburg eingefuhrten Karmelitengeist mit einem auf medizinische Anwendung abzielenden Beipackzettel vertreiben wollte erfolgreich an obwohl sie selbst ganz ahnliche Papiere benutzte 20 Um international bekannt zu werden nahm sie an der Kunst und Industrie Ausstellung teil die der Gewerbe Verein in Koln zwischen Mai und Juli 1838 auf dem Heumarkt ausrichtete Noch am 30 August 1842 erschienen Anzeigen in der Kolnischen Zeitung uber ihren Melissengeist Tod und Vermachtnis Bearbeiten nbsp Grabstein fur Maria Clementine Martin auf dem Melaten Friedhof in KolnKurz vor ihrem Tod verfasste sie am 5 April 1843 ihr Testament und machte darin ihren Gehilfen den bei mir wohnenden Peter Schaeben zum Erben meines gesammten Vermogens im Vertrauen dass derselbe die seither bewiesene fromme Gesinnung sein Leben hindurch treu bewahren werde 21 Martin starb am 9 August 1843 und wurde unter grosser Anteilnahme auf dem Kolner Melaten Friedhof beigesetzt 22 Ihr Grab steht unter Denkmalschutz Sie vererbte das Unternehmen an Schaeben 1815 1885 der es betrachtlich ausweitete und die Produkte weltweit vertrieb 23 Ehrungen und Auszeichnungen BearbeitenDer Melissengeist erhielt nach Martins Tod eine erste Auszeichnung auf der Londoner Weltausstellung die zwischen Mai und Oktober 1851 stattfand Die Stadt Koln hat Martin mit dem nach ihr benannten Platz im Rheinauhafen und mit der 1989 von der Bildhauerin Elisabeth Perger geschaffenen Figur am Kolner Rathausturm gewurdigt 24 Der Rat der Stadt Jever hat 2019 eine Strasse nach Martin benannt 25 Literatur BearbeitenPetra Witting Martin Maria Clementine In Neue Deutsche Biographie NDB Band 16 Duncker amp Humblot Berlin 1990 ISBN 3 428 00197 4 S 291 f Digitalisat Tanja Schurkus Schwester Melisse Die Klosterfrau von Koln Biografischer Roman Giessen 2013 ISBN 978 3 7655 1804 1 Helmut Heckelmann Maria Clementine Martin 1775 1843 Verlag Monsenstein und Vannerdat MV Wissenschaft Forschungen zur Volkskunde Heft 62 Munster 2015 ISBN 978 3 95645 480 6 Inhaltsverzeichnis zugleich Dissertation der Rechtswissenschaftlichen Fakultat Universitat Regensburg 2014 26 Georg Schwedt Helmut Heckelmann Kolnisch Wasser und Melissengeist Die Geschichte der Klosterfrau Maria Clementine Martin 1775 1843 Eine kritische Ruckschau Personlichkeit im Zeitgeschehen Band 10 LIT Berlin Munster Wien 2019 ISBN 978 3 643 14365 5 eingeschrankte Vorschau in der Google Buchsuche Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Maria Clementine Martin Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien Die Unternehmensgeschichte der Klosterfrau In Klosterfrau Healthcare Group Ursula Kohler Lutterbeck Mit Gott und den Preussen In Die Zeit 8 Mai 2003 Nr 20 Helmut Heckelmann Maria Clementine Martin Ordensfrau und Unternehmerin 1775 1843 Internetportal Rheinische Geschichte abgerufen am 30 Januar 2023 Einzelnachweise Bearbeiten Helmut Heckelmann Maria Clementine Martin 1775 1843 Forschungen zur Volkskunde Heft 62 Verlag Monsenstein und Vannerdat Munster 2015 ISBN 978 3 95645 480 6 zugleich Dissertation der Rechtswissenschaftlichen Fakultat Universitat Regensburg 2014 S 30 Heckelmann S 48 Heckelmann S 48ff Bernd Dreher und Claudia Valder Knechtges Leben und Legenden der Ratsturmfiguren in Hiltrud Kier Bernd Ernsting Ulrich Krings Hrsg Koln Der Ratsturm Seine Geschichte und sein Figurenprogramm Stadtspuren Denkmaler in Koln Band 21 Bachem Koln 1996 ISBN 978 3 7616 1156 2 S 373 653 S 514 Heckelmann Maria Clementine Martin 1775 1843 S 56 Heckelmann Maria Clementine Martin 1775 1843 S 57 58 Heckelmann Maria Clementine Martin 1775 1843 S 59 66 Die kleine Gasse Auf der Litsch lag in Domumgebung und fuhrte bergab an der Westfassade des Kolner Doms in Nord Sud Richtung vorbei und verband Trankgasse und Domkloster Heckelmann S 75 Heckelmann S 68 Heckelmann S 79ff zitiert nach Heckelmann S 91 zitiert nach Heckelmann S 92 Bedeutende Wirtschaftsunternehmen des Kolner Raumes in Hundertfunfzig Jahre Regierungsbezirk Koln Landerdienst Verlag Berlin West 1966 S 422 DNB 457248386 Heckelmann S 93 94 Heinz Kurt Wahren Erfolgsfaktor Innovation Ideen systematisch generieren bewerten und umsetzen Springer Verlag Berlin u a 2011 ISBN 978 3 642 17033 1 S 226 eingeschrankte Vorschau in der Google Buchsuche Heckelmann S 96 Heckelmann S 107 112 Heckelmann S 143 155 Heckelmann S 156 175 Heiko Hunemeyer Hrsg Schaebens Jubilaumsbuch 75 Jahre Haus Schaeben amp 175 Jahre A Moras amp Comp Koln 2007 ISBN 978 3 940371 00 3 S 16 PDF 4 29 MB aufgerufen am 22 Marz 2020 Ursula Kohler Lutterbeck Mit Gott und den Preussen In Die Zeit 8 Mai 2003 Nr 20 Petra Witting Martin Maria Clementine In Neue Deutsche Biographie NDB Band 16 Duncker amp Humblot Berlin 1990 ISBN 3 428 00197 4 S 292 Digitalisat Helmut Heckelmann Maria Clementine Martin Ordensfrau und Unternehmerin 1775 1843 Internetportal Rheinische Geschichte abgerufen am 30 Januar 2023 Strassenbenennungen im Neubaugebiet An den Schofelwiesen Pressemitteilung der Stadt Jever 11 April 2019 abgerufen am 29 Januar 2023 Louisa Knobloch Mit 77 macht Rechtsanwalt Helmut Heckelmann an der Uni Regensburg seinen Doktor das Thema beschaftigt ihn seit 1975 In Mittelbayerische Zeitung 21 Januar 2015 Normdaten Person GND 137362102 lobid OGND AKS VIAF 81563164 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Martin Maria ClementineALTERNATIVNAMEN Martin WilhelmineKURZBESCHREIBUNG Erfinderin des Klosterfrau MelissengeistesGEBURTSDATUM 5 Mai 1775GEBURTSORT BrusselSTERBEDATUM 9 August 1843STERBEORT Koln Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Maria Clementine Martin amp oldid 230463929