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Dieser Artikel bezieht sich auf das Luxemburger Abkommen zwischen Deutschland Israel und der Jewish Claims Conference Zum Luxemburger Vertrag zwischen Deutschland und Frankreich siehe Vertrag von Luxemburg Das Luxemburger Abkommen auch Wiedergutmachungsabkommen genannt engl Reparations Agreement between Israel and West Germany Ivrit הסכם השילומים Heskem HaShilumim ist ein am 10 September 1952 geschlossenes Ubereinkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland auf der einen Seite sowie Israel und der Jewish Claims Conference JCC auf der anderen Nahum Goldmann bei der Unterzeichnung 1952 Inhaltsverzeichnis 1 Inhalt 2 Hintergrund 3 Kontroversen 4 Siehe auch 5 Literatur 6 Weblinks 7 EinzelnachweiseInhalt BearbeitenInhalt des Abkommens waren Zahlungen Exportguter und Dienstleistungen im Gesamtwert von 3 5 Milliarden D Mark um die Eingliederung mittelloser judischer Fluchtlinge zu unterstutzen sowie die Selbstverpflichtung der Bundesrepublik zur Ruckerstattung von Vermogenswerten Dieses Abkommen wurde vom Bundeskanzler Konrad Adenauer CDU im Bundestag mit den Stimmen auch der SPD gegen Teile seiner Regierungskoalition durchgesetzt 3 Milliarden DM waren fur den Staat Israel bestimmt 450 Millionen DM fur die ausserhalb Israels wohnenden vertriebenen Juden und 50 Millionen DM fur jene die keiner judischen Glaubensgemeinschaft mehr angehorten Fast gleichzeitig liefen die Verhandlungen zum Londoner Schuldenabkommen Die Ratifizierung beider Vertrage war die politische Vorbedingung um den Besatzungsstatus aufzuheben und die volle Souveranitat der Bundesrepublik herbeizufuhren Die Vereinbarungen wurden in einem formlichen Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Staate Israel und zwei sogenannten Protokollen schriftlich festgehalten nbsp Ein Triebwagen der Maschinenfabrik Esslingen geliefert in Folge des Luxemburger Abkommens im alten Bahnhof JerusalemIn der Praambel des Abkommens wurde anerkannt dass Israel erhebliche finanzielle Lasten auf sich genommen hatte um entwurzelte mittellose judische Fluchtlinge aus den ehemals von Deutschland beherrschten Gebieten anzusiedeln Darum sicherte die Bundesrepublik Deutschland dem Staat Israel eine globale Erstattung von Eingliederungskosten in Hohe von 3 0 Milliarden DM in heutiger Kaufkraft rund 8 55 Milliarden Euro zu die in Form von Warenlieferungen und Dienstleistungen innerhalb von 14 Jahren abgerufen werden konnten Im 1 Protokoll bekraftigte die Bundesregierung ihre Absicht ein Gesetzgebungsverfahren zur Ruckerstattung von Vermogen und zur individuellen Entschadigung der Verfolgten in Gang zu setzen In einem 2 Protokoll sagte die Bundesrepublik weitere Leistungen im Wert von 450 Millionen DM an Israel zu das diese Gelder weiterleiten sollte an die in der Conference on Jewish Material Claims against Germany zusammengeschlossenen Verbande Damit sollte notleidenden judischen Verfolgten ausserhalb des Staates Israel geholfen werden denen dadurch mittelbar Teile des geraubten erbenlosen Vermogens von Opfern des Holocausts zugutekommen sollten Die JCC sollte die Dringlichkeit ihrer Bedurfnisse beurteilen und die Betrage fur Unterstutzung Eingliederung und Ansiedlung judischer Opfer verwenden Die Bundesregierung sagte zusatzlich zu 50 Millionen DM fur jene Personen bereitzustellen die im Sinne der Nurnberger Gesetze als Juden galten und verfolgt worden waren sich aber nicht zum mosaischen Glauben bekannten Die JCC hatte es abgelehnt diese zu betreuen Die Verhandlungen fanden ab Marz 1952 im Kasteel Oud Wassenaar bei Den Haag statt die Bundesregierung beauftragte den Frankfurter Jura Professor Franz Bohm als Delegationsleiter die Verhandlungen auf deutscher Seite zu fuhren Die Unterschriften wurden von Bundeskanzler Adenauer als amtierendem Aussenminister und Aussenminister Mosche Scharett am 10 September 1952 im Rathaus von Luxemburg geleistet 1 Der Deutsche Bundestag stimmte am 18 Marz 1953 mit knapper Mehrheit zu Insgesamt wurden somit Zahlungen und Lieferungen im Wert von 3 5 Milliarden DM Bundeshaushalt im Vergleichsjahr 1953 27 85 Milliarden DM vereinbart in denen auch die individuelle Entschadigung fur korperliche und psychische Schaden in der Globalzahlung an Israel enthalten sein sollte soweit es die in Israel lebenden Hitleropfer betraf Die Zahlungen waren in einem Zeitraum von 14 Jahren abzuwickeln und sollten zum Grossteil durch Lieferung von Waren und Rohstoffen erfolgen Abgewickelt wurden die Zahlungen von der dafur eingerichteten Israel Mission 1953 1965 in Koln In Israel wurden die Zahlungen als Schilumim bekannt Dieses Wort hatte Aussenminister Scharet 1950 aus der Thora entlehnt das Wort sollte sowohl Vergeltungs oder Rachezahlung bedeuten wie auch aufgrund der Wurzel Shalom die Friedens und Ausgleichzahlung betonen 2 Aus westdeutscher Sicht handelte es sich nicht um Reparationen oder um die Befriedigung eines volkerrechtlichen Anspruches des Staates Israel sondern um eine zwingende moralische Verpflichtung des gesamten deutschen Volkes das von der Bundesrepublik Deutschland vertreten wurde Hintergrund Bearbeiten nbsp Menachem Begin spricht auf einer Kundgebung gegen die Verhandlungen unter dem Schriftzug Unsere Ehre soll nicht fur Geld verkauft werden unser Blut soll nicht mit Gutern beglichen werden wir werden die Schande ausloschen Dem Luxemburger Abkommen waren schwierige und teils geheime diplomatische Verhandlungen vorausgegangen Der junge Staat Israel musste zahlreiche Zuwanderer aufnehmen und stand vor dem Ruin scheute aber davor zuruck direkte Verhandlungen mit deutschen Regierungsstellen aufzunehmen Die Aufnahme von Verhandlungen mit der Bundesrepublik Deutschland loste in Israel erbitterte Auseinandersetzungen aus die sogar zu Strassenschlachten fuhrten Die Opposition unter Menachem Begin die Cherut und die linkssozialistische Mapam warf den Befurwortern vor die Wurde der Opfer zu missachten wenn sich die Morder mit Blutgeld von ihrer Schuld loskaufen wollten In der Folge kam es zu Briefbombenattentaten gegen verschiedene deutsche Beteiligte Die Regierung des jungen Staates unter David Ben Gurion benotigte dringend Finanzmittel und sah keinen anderen Ausweg Erst als die Alliierten sich weigerten die israelischen Forderungen an beide deutsche Staaten stellvertretend zu stellen sah sich Israel zu direkten Verhandlungen gezwungen Die DDR reagierte nicht auf das Ansinnen einen Anteil der Gesamtforderungen in Hohe von 1 5 Milliarden US Dollar zu begleichen Adenauer war bereit bilaterale Gesprache aufzunehmen und ging auf die Vorbedingung ein eine formliche Erklarung zur Wiedergutmachung abzugeben Am 27 September 1951 verkundete er in seiner Rede vor dem Bundestag 3 Im Namen des deutschen Volkes sind aber unsagbare Verbrechen begangen worden die zur moralischen und materiellen Wiedergutmachung verpflichten Die Bundesregierung ist bereit gemeinsam mit Vertretern des Judentums und des Staates Israel der so viele heimatlose judische Fluchtlinge aufgenommen hat eine Losung des materiellen Wiedergutmachungsproblems herbeizufuhren um damit den Weg zur seelischen Bereinigung unendlichen Leides zu erleichtern Adenauer traf am 6 Dezember 1951 mit Nahum Goldmann dem Prasidenten der Jewish Claims Conference in London zusammen und erklarte seine Bereitschaft fur die Bundesrepublik zwei Drittel der Gesamtforderung zu ubernehmen namlich eine Milliarde US Dollar damaliger Kurswert 4 2 Milliarden DM Ab Marz 1952 verhandelten deutsche Diplomaten mit den Delegationen Israels und der JCC Parallel dazu wurde in London um die deutschen Vor und Nachkriegsschulden verhandelt Wahrend die israelische Seite die Einzigartigkeit und Vorrangigkeit der Wiedergutmachungsleistungen betonte versuchte die von Hermann Josef Abs gefuhrte deutsche Delegation die Forderungen Israels in das allgemeine Abkommen uber deutsche Kriegsschulden aufzunehmen Dieser Versuch die Anspruche Israels und der Juden in der Welt mit den Anspruchen anderer Staaten zu vermischen und zu verknupfen stiess aber auch im deutschen Parlament auf Widerstand 4 Die Ratifizierung des Vertrags wurde im Deutschen Bundestag am 18 Marz 1953 mit 239 von 360 abgegebenen Stimmen beschlossen Nur die Fraktion der SPD stimmte geschlossen zu Zahlreiche Abgeordnete der CDU CSU verweigerten ihre Zustimmung obwohl Konrad Adenauer den Vertrag schon aus moralischen Grunden fur notwendig und als unerlassliche Vorbedingung fur die Westintegration bezeichnete Neben namhaften Finanzpolitikern wie Fritz Schaffer CSU befurchteten weitere Politiker das Abkommen werde das Verhaltnis zu den arabischen Staaten nachhaltig belasten da diese Israel okonomisch boykottierten 5 Offentlich durchgehend ablehnend sprachen Thomas Dehler Justizminister aus der FDP und Franz Josef Strauss MdB der CSU Nach einer Umfrage des Allensbacher Instituts befurworteten nur elf Prozent der Bevolkerung das Abkommen vorbehaltlos Eine Abordnung der Arabischen Liga unter Leitung des Libanesen Ahmed Danouk intervenierte in Bonn und insbesondere der agyptische Ministerprasident Muhammad Nagib drohte bis kurz vor der Ratifizierung im Bundestag 1953 die gegen Israel verhangten Wirtschaftssanktion auch auf die Bundesrepublik auszudehnen 6 Nach drei mehrstundigen Unterredungen forderte Staatssekretar Hallstein die Delegation sichtlich erregt auf die Bundesrepublik so schnell wie moglich zu verlassen 7 Der Auffassung von Volkerrechtlern es bestehe noch ein Kriegszustand zwischen Israel und den Staaten der Arabischen Liga das Abkommen verstosse folglich gegen die Neutralitatspflicht folgte die Bundesregierung nicht Die Deutsche Partei beschwor auf einem Parteitag in Goslar eine traditionelle deutsch arabische Freundschaft gegen die Plane die Formulierung gemeinsame deutsch arabische Interessen benutzte der ehemalige Grossmufti al Husseini der Adenauer dabei ein Werkzeug des Weltjudentums nannte Marion Grafin Donhoff eine fuhrende Journalistin der Wochenzeitung Die Zeit wollte das Abkommen hinauszogern und dem Konflikt mit den Arabern ausweichen indem sie forderte erst Geld zu geben nachdem Israel und die arabischen Staaten Frieden geschlossen haben 8 Tatsachlich halfen kostenlose deutsche Waffenlieferungen Ben Gurion die Friedensverhandlungen seines Nachfolgers Moshe Scharet mit Agyptens Prasident Gamal Abdel Nasser zu sabotieren 9 und Scharet zu sturzen Kontroversen BearbeitenDie Jewish Claims Conference wurde verschiedentlich zuletzt 2000 mit grosser Scharfe von Norman Finkelstein angegriffen weil sie die Gelder nicht an die judischen Opfer ausgezahlt habe Die JCC wies zu ihrer Rechtfertigung darauf hin dass es in diesem Falle nicht um individuelle Entschadigungsleistungen gegangen sei sondern um Globalzahlungen Es sei im Sinne der Vereinbarung und durch den Wortlaut gedeckt wenn sie kollektive Bedurfnisse durch Mittelvergabe an Krankenhauser oder Altersheime erfullt und die Eingliederung durch Zahlungen an Kultusgemeinden gefordert habe Die Zahlungen wurden zur Finanzierung der Lieferung von Infrastrukturgutern darunter Schiffe Eisenbahnen und Elektroturbinen nach Israel verwendet Dadurch wurde Israel zum grossten Abnehmer deutscher Waren Die Zahlungen waren daher auch ein Beitrag zum deutschen Wirtschaftswunder und die Grundlage fur einen bis heute bluhenden bilateralen Handel 10 Siehe auch BearbeitenDeutsche Wiedergutmachungspolitik Deutsch israelische Beziehungen Londoner Schuldenabkommen 1953 Raubgold auch Nazigold Tripartite Gold Commission 1946 gegr Literatur BearbeitenHermann Josef Brodesser Wiedergutmachung und Kriegsfolgenliquidation Beck Munchen 2000 ISBN 3 406 31455 4 Constantin Goschler Luxemburger Abkommen In Dan Diner Hrsg Enzyklopadie judischer Geschichte und Kultur EJGK Band 3 He Lu Metzler Stuttgart Weimar 2012 ISBN 978 3 476 02503 6 S 576 583 Yeshayahu A Jelinek Deutschland und Israel 1945 1965 Ein neurotisches Verhaltnis Studien zur Zeitgeschichte Bd 66 Oldenbourg Munchen 2004 ISBN 3 486 56764 0 Volltext Asher Ben Natan Brucken bauen aber nicht vergessen Droste Dusseldorf 2005 ISBN 3 7700 1210 0 Rolf Surmann Hrsg Das Finkelstein Alibi Holocaust Industrie und Tatergesellschaft PapyRossa Koln 2001 ISBN 3 89438 217 1 darin Auszug der Abkommen Protokolle Dan Diner Rituelle Distanz Israels deutsche Frage Deutsche Verlagsanstalt Munchen 2015 ISBN 978 3 421 04683 3 Weblinks Bearbeiten1000 Dokumente inkl Kommentar Informationen zum Vertrag auf hdg de Aus dem Schatten der Katastrophe Niels Hansen uber die deutsch israelischen Beziehungen abgerufen am 25 September 2012 Handelsblatt Bund soll mehr Geld fur Nazi Opfer geben Das Luxemburger Abkommen Wiedergutmachungsabkommen von 1952 und die innerisraelische Reaktion daraufEinzelnachweise Bearbeiten Ohne Handedruck Spiegel Online 17 September 1952 Yeshayahu Jelinek Deutschland und Israel 1945 1965 Ein neurotisches Verhaltnis Oldenbourg Munchen 2004 ISBN 978 3 486 59458 4 S 92 Digitalisat Regierungserklarung vor dem Deutschen Bundestag 27 September 1951 Carlo Schmid Erinnerungen Bern Munchen 1979 ISBN 3 442 11316 4 S 512 ff Deutscher Bundestag Hrsg Plenarprotokoll der 254 Sitzung der 1 Wahlperiode Bonn 18 Marz 1953 S 12273 12293 bundestag de PDF Yeshayahu Jelinek Deutschland und Israel 1945 1965 Ein neurotisches Verhaltnis Oldenbourg 2004 S 235 ff Eckart Conze u a Das Amt und die Vergangenheit Karl Blessing Verlag Munchen 2010 ISBN 978 3 89667 430 2 S 577 Am 15 Dezember 1952 Zur ganzen Obstruktion siehe Eckart Conze u a Das Amt und die Vergangenheit Karl Blessing Verlag Munchen 2010 S 577 ff Helmut Mejcher Der arabische Osten im zwanzigsten Jahrhundert In Ulrich Haarmann Hrsg Geschichte der Arabischen Welt Beck Munchen 1994 S 484 Deutsch israelische Beziehungen In Israelnetz de 31 Mai 2019 abgerufen am 21 Juni 2019 Normdaten Werk GND 1102381837 lobid OGND AKS VIAF 20146522426032392141 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Luxemburger Abkommen amp oldid 238068007