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Die Bruder Hermann Paul Max 1 3 Januar 1891 in Kopenick 30 Juni 1938 in Plotzensee und Max Arthur Walter 2 Gotze 14 November 1902 in Oberschoneweide 30 Juni 1938 in Plotzensee waren ein auf Autofallenraub spezialisiertes Berliner Kriminellen Duo Der Kriminalfall war Anlass fur das Gesetz gegen Strassenraub mittels Autofallen Reichsautofallengesetz vom 22 Juni 1938 das im nationalsozialistischen Sinne und in Abkehr von rechtsstaatlichen Prinzipien demonstrativ ruckwirkend zur scharferen Aburteilung der Tater erlassen wurde Das Gesetz ging in die Jurisprudenz und Kriminalgeschichte als Lex Gotze oder lex Goetze ein Lex Gotze im Reichsgesetzblatt von 1938 Teil I S 651 Inhaltsverzeichnis 1 Herkunft 2 Verbrechen 3 Lex Gotze 4 Nachwirkung 5 Filmische Verarbeitung 6 Siehe auch 7 Literatur 8 Weblinks 9 EinzelnachweiseHerkunft BearbeitenDie Bruder Max und Walter Gotze waren die Sohne des Fuhrherrn Hermann Gotze 1859 1920 und dessen Ehefrau Auguste geb Niegel 1865 1932 Die Eltern stammten aus dem Kreis Beeskow Storkow und hatten 1886 in Kopenick geheiratet 3 Zwischen 1886 und 1904 wurden dem Ehepaar 17 Kinder geboren von denen 6 die Kindheit uberlebten 4 Die Familie zog oft um Max wurde in der Rudower Strasse 13 heute Nr 34 in Kopenick geboren 1 Walter wurde in der Siemensstrasse 23 2 in Oberschoneweide geboren Max der Maurer wurde heiratete 1928 in Adlershof die Spinnerin Maria Muller 5 Der Arbeiter Walter heiratete 1926 in Niederschoneweide die Arbeiterin Hedwig Bullack 6 Zum Zeitpunkt ihrer Eheschliessungen lebten die Bruder beide in der Luisenstrasse 26 heute Plonzeile 23 in Oberschoneweide Max letzte Anschrift war die Arrasstrasse 110 7 heute Florian Geyer Strasse 110 in Adlershof Walter lebte zuletzt in der Wilhelminenhofstrasse 14 in Oberschoneweide 8 Verbrechen BearbeitenDie Strassen am Kleinen Stern im Berliner Grunewald waren zu Beginn der 1930er Jahre ein beliebter nachtlicher Treff fur Liebespaare in ihren Autos In der Nacht vom 1 zum 2 November 1934 uberfielen zwei maskierte Manner mehrere abgestellte Autos und raubten die Insassen mit vorgehaltener Pistole aus Weitere Raububerfalle dieser Art erfolgten im Fruhjahr 1935 Nachdem im Juni 1935 die Zahl der Uberfalle rapide zugenommen hatte und sich fast taglich Geschadigte bei der Polizei meldeten untersagte Reichspropagandaminister Goebbels den Medien die Berichterstattung uber die Raubserie da sie die Reichshauptstadt im Jahr vor den Olympischen Spielen hatte in Verruf bringen konnen Als es bei einigen Uberfallen zu Schusswechseln mit Verletzten gekommen war bildete die Polizei die Sonderkommission Grunewald setzte erfolglos Lockvogel ein und liess den Grunewald durchkammen Sie konnte lediglich Patronenhulsen aus der Waffe der Tater sicherstellen Die Tater wechselten das Revier und suchten sich ihre Opfer am anderen Ende der Stadt im Juli 1935 fand der erste Uberfall im Wald bei Grunau statt Um den Muggelsee und im Wald zwischen Grunau und Schmockwitz wurden weitere Liebespaare ausgeraubt Inzwischen begnugten sich die Tater nicht mehr mit den Barschaften und Wertgegenstanden von Liebespaaren sie uberfielen Tankstellen und raubten die Kassen der S Bahnhofe Grunewald Hirschgarten und Rahnsdorf aus Wenig spater kam es in den sudostlichen Randgebieten der Hauptstadt zu nachtlichen Autofallen bei denen Lieferfahrzeuge durch Aste und Balken angehalten und ausgeraubt wurden Am 2 November 1935 misslang ein Uberfall auf den Nachtbus nach Kopenick Um eine Flucht ihrer vorgesehenen Opfer zu unterbinden wurden die Fallen spater aus gespannten Drahtseilen und letztlich aus gefallten Baumen errichtet Auf der Fernstrasse Berlin Kustrin wurde am 23 Dezember 1936 ein SS Oberfuhrer ausgeraubt Auf der Strasse zwischen Hangelsberg und Neu Hartmannsdorf fuhr am 12 Januar 1937 ein Konvoi mehrerer Fahrzeuge mit bewaffneten NS Funktionaren in eine Baumfalle Wahrend dem ersten Wagen noch die Flucht gelang blieben die nachfolgenden an dem Hindernis hangen Die Insassen darunter ein SS Fuhrer ein Gauamtsleiter ein NSDAP Kreisleiter und ein Regimentskommandeur aus Furstenwalde Spree wurden ausgeraubt ohne dass sie Widerstand leisteten Die gebildete Sonderkommission Autofallen blieb bei ihrer Suche nach den Tatern zunachst erfolglos ein Zusammenhang mit den Raububerfallen auf Liebespaare wurde nicht in Betracht gezogen Da die Uberfalle mit Hilfe von Baumfallen inzwischen zu vielen Kraftfahrern bekannt geworden waren suchten die Tater nach neuen Methoden Fahrzeuge zum Halten zu bringen Als Lockmittel erschien ihnen eine auf die Strasse gelegte ausgestopfte Geldtasche geeignet Eine solche hatten sie nach einem fruheren Uberfall bei Grunau vergraben Am Abend des 24 Marz 1937 wurde im Wald am Adlergestell zwischen Grunau und Schmockwitz der Leichnam des Oberwachtmeisters der Schutzpolizei Artur Herrmann 1903 1937 gefunden der als Fahrradstreife im Einsatz gewesen war Die Ermittlungen der Mordkommission unter Ernst Gennat ergaben dass Herrmann einen Fussganger mit Geldtasche angehalten hatte und dabei sofort durch einen Schuss in die linke Brusthalfte todlich verletzt worden war Bevor er starb hatte Herrmann den fluchtenden Tater etwa 30 Meter in den Wald hinein verfolgt und einen Schuss aus seiner Dienstwaffe abgegeben 9 Gennat erkannte mit Hilfe mehrerer Gutachten zum todlichen Geschoss dass es aus der auch bei den Autofallenuberfallen benutzten Waffe stammte Wenig spater ereignete sich im Grunewald ein weiterer Mord der 20 jahrige Maurer Bruno Lis wurde am 29 Marz 1937 erschossen als er sich bei einem Raububerfall auf ihn und seine Freundin zur Wehr setzte Da sich die Tatwaffe als dieselbe wie beim Mord am Streifenpolizisten Herrmann erwies wurde der Zusammenhang zwischen beiden Verbrechensserien erkannt die bislang unterschiedlichen Tatergruppierungen zugeordnet worden waren Zudem war der Polizei seit dem Fruhjahr 1937 bekannt dass einer der Tater einen verunstalteten Finger hatte Den entscheidenden Hinweis auf die Tater erhielt die Polizei am 5 Marz 1938 durch eine Gastwirtin aus Schoneweide Diese zeigte an dass der arbeitslose Transportarbeiter Walter Gotze und sein Bruder der Maurer Max Gotze die sie schon zuvor wegen des Uberfalls auf den S Bahnhof in Hirschgarten verdachtigt hatte freigiebig mit grosseren Geldbetragen waren Max Gotze der der Polizei gegenuber den biederen Ehemann gab war vorerst keinerlei Beteiligung an der Verbrechensserie nachweisbar Sein Bruder Walter war zunachst nicht auffindbar Er wurde am 18 Marz 1938 nach einem Diebstahl in einer Gartenkolonie festgenommen und anhand seines Fingers als einer der Tater identifiziert Bei seiner Vernehmung legte Walter Gotze ein umfassendes Gestandnis ab wodurch auch sein Bruder Max als Mittater festgenommen werden konnte Lex Gotze BearbeitenNach seinem Gestandnis der beiden Morde war Walter Gotze die Todesstrafe gewiss Max Gotze hatte eine langjahrige Zuchthausstrafe zu erwarten Das Verfahren gegen die Gebruder Gotze wurde am 13 Juni 1938 am Sondergericht II des Landgerichts Berlin eroffnet Die Anklage legte ihnen Raub in 157 Fallen mit einer Gesamtbeute von 13 000 Reichsmark 16 Falle schwerer Korperverletzung und zweifachen Mord zur Last Fur den nationalsozialistischen Staat stand jedoch ausser Frage dass auch Max Gotze hingerichtet werden musse Nachdem Staatsanwalt Henkel den Staatssekretar im Reichsjustizministerium Roland Freisler informiert hatte dass die Rechtslage wenig Sicherheit fur eine Todesstrafe fur Max Gotze hergab wurde im Eilverfahren am 22 Juni 1938 ein Gesetz gegen Strassenraub mittels Autofallen Reichsautofallengesetz geschaffen das entgegen rechtsstaatlichen Grundsatzen Ruckwirkungsverbot ruckwirkend zum 1 Januar 1936 in Kraft gesetzt wurde Es bestand aus einem Paragraphen mit dem Wortlaut Wer in rauberischer Absicht eine Autofalle stellt wird mit dem Tode bestraft 10 Wahrend der Verhandlung stellte sich heraus dass Max Gotze auch ohne die Lex Gotze zum Tode hatte verurteilt werden konnen Er hatte bei einem Raububerfall auf den Bahnhof Hirschgarten auf einen uniformierten Bahnbeamten wahrend dessen amtlicher Tatigkeit geschossen und damit gegen das Gesetz zur Gewahrleistung des Rechtsfriedens vom 13 Oktober 1933 verstossen 11 Am 24 Juni 1938 wurde Walter Gotze wegen zweifachen Mordes davon je einmal in Tateinheit mit schwerem Raub sowie mit Verbrechen gegen 1 Abs 1 Nr 1 des Gesetzes zur Gewahrleistung des Rechtsfriedens des gemeinschaftlichen Verbrechens gegen das Gesetz gegen Strassenraub mittels Autofallen in Tateinheit mit schwerem Raub und versuchtem schweren Raub in acht Fallen und wegen schweren Raubes und rauberischer Erpressung elfmal zur Todesstrafe verurteilt Zudem wurde gegen ihn wegen weiteren schweren Raubes in acht Fallen versuchten Mordes und schwerer Korperverletzung noch eine Zuchthausstrafe von 15 Jahren ausgesprochen Gegen Max Gotze wurde am selben Tag ein neunfaches Todesurteil sowie eine 15 jahrige Zuchthausstrafe ausgesprochen Die beiden Bruder wurden am 30 Juni 1938 in Plotzensee durch das Fallbeil hingerichtet Nachwirkung BearbeitenDer Alliierte Kontrollrat hob das nationalsozialistische Gesetz gegen Strassenraub mittels Autofallen am 30 Januar 1946 auf In veranderter Form wurde der Tatbestand am 19 Dezember 1952 als 316a StGB in das deutsche Strafgesetzbuch aufgenommen Filmische Verarbeitung BearbeitenDer Fall bildete die Grundlage fur Erich Engels Kriminalfilm Im Namen des Volkes aus dem Jahr 1939 Siehe auch BearbeitenLex van der LubbeLiteratur BearbeitenMatthias Niedzwicki Das Gesetz gegen Strassenraub mittels Autofallen vom 22 Juni 1938 und der 316a StGB in ZJS 4 2008 S 272 273 PDF 65 kB Ulrich Zander Ein Gangster Paar als Dorn im Auge der Nazis In Freie Presse 7 Juni 2013 S B4 Primarquellen Landesarchiv Berlin A Pr Br Rep 030 03 Zentralkartei fur Mordsachen und Lehrmittelsammlung online Findbuch PDF 1 7 MB Nr 1979 Mord in Berlin Schmockwitz Grunau am 24 Marz 1937 Opfer Polizei Oberwachtmeister Artur Herrmann 25 10 1903 Tater Walter Gotze 14 11 1902 in Oberschoneweide Nr 1737 u 1738 Raubmord Mord Raububerfalle und Diebstahl in Berlin Grunau und Umgebung zwischen November 1934 und Januar 1938 Opfer Polizei Oberwachtmeister Artur Herrmann 25 10 1903 24 03 1937 und Arbeiter Bruno Lis 02 02 1916 in Berlin 29 03 1937 Tater Transportarbeiter Walter Gotze 14 11 1902 in Oberschoneweide und Bruder Maurer Max Gotze 03 01 1891 in Kopenick beide zum Tode verurteiltWeblinks Bearbeiten nbsp Wikisource Gesetz gegen Strassenraub mittels Autofallen Quellen und Volltexte Bilder von den Brudern auf nordkurier de Memento vom 26 Juni 2013 im Webarchiv archive today Einzelnachweise Bearbeiten a b StA Kopenick Geburtsurkunde Nr 6 1891 a b StA Oberschonweide Geburtsurkunde Nr 359 1902 StA Kopenick Heiratsurkunde Nr 40 1886 Vergleiche Geburts und Sterberegister der Standesamter Kopenick Oberforsterei Kopenick und Oberschonweide im Landesarchiv Berlin StA Adlershof Heiratsurkunde Nr 63 1928 StA Schonweide Heiratsurkunde Nr 71 1926 StA Charlottenburg 4 Sterbeurkunde Nr 245 1938 StA Charlottenburg 4 Sterbeurkunde Nr 244 1938 Ausfuhrliche Schilderung des Mordfalls Herrmann bei Michael Stricker Letzter Einsatz Im Dienst getotete Polizisten in Berlin von 1918 bis 2010 Verlag fur Polizeiwissenschaft Frankfurt 2010 ISBN 3 86676 141 4 Schriftenreihe der Deutschen Gesellschaft fur Polizeigeschichte Band 11 S 120 122 Hitler Gurtner Seyss Inquart 199 Kundmachung des Reichsstatthalters in Osterreich wodurch das Gesetz gegen Strassenraub mittels Autofallen vom 22 Juni 1938 bekanntgemacht wird In Gesetzblatt fur das Land Osterreich Nr 67 28 Juni 1938 S 580 alex onb ac at abgerufen am 26 Februar 2015 Dieses Gesetz welches im Reichsgesetzblatt unter I S 651 verlautbart ist ist im Lande Osterreich am 24 Juni 1938 mit Wirkung vom 1 Januar 1936 in Kraft getreten Siehe Matthias Niedzwicki Das Gesetz gegen Strassenraub mittels Autofallen vom 22 Juni 1938 und der 316a StGB S 372 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Gebruder Gotze amp oldid 236083403 Lex Gotze