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Kufr arabisch كفر Unglaube bezeichnet im Islam die Ablehnung des Glaubens an Gott Allah die Leugnung der Prophetie Mohammeds und des Koran als Gottes Offenbarung Ein solcher Unglaubiger ist ein Kafir كافر Plural kuffar und kafirun Folglich werden auch die Anhanger anderer monotheistischer Religionen Juden und Christen als kafir kuffar bezeichnet Das Antonym zu Kufr ist Iman der islamische Glaube an Gott Bei asch Schafiʿi erscheint der Begriff al kafir al kitabi الكافر الكتابي d h der unglaubige Schriftbesitzer von dem ein Muslim erben kann aber nicht umgekehrt 1 Die Buchbesitzer ahl al kitab werden schon in der fruhen Koranexegese als Unglaubige kuffar genannt Der Korankommentator Muqatil ibn Sulaiman 767 in Basra 2 begrundet dies wie folgt denn die Juden und die Christen in ihren Gebeten in den Tempeln und Kirchen Gott andere Gotter beigesellen Der Unglaube der Buchbesitzer kufr ahl al kitab ist allerdings so der Rechtsgelehrte Ibn Qayyim al Dschauziya 1350 nicht so schwerwiegend wie der Unglaube der Polytheisten d h der Anhanger der altarabischen Gottheiten 3 Der andalusische Rechtsgelehrte der malikitischen Rechtsschule Ibn ʿAbd al Barr 1071 in Jativa definiert die Gruppe der Zahlungspflichtigen der Dschizya entsprechend Die muslimische Obrigkeit nimmt die Dschizya von jedem kafir kitabi d h von Juden und Christen ferner vom Zoroastrier dem Gotzenanbeter und von allen anderen Arten der Unglaubigen ahl al kufr seien sie Araber oder Nichtaraber Von Apostaten also von denjenigen die als Muslime von der Religion abgefallen sind treibt man diese Steuer nicht ein sondern sie werden nach anderen islamrechtlichen Aspekten behandelt und bestraft d h sie sind nach einer Wartefrist zu toten s Kafir 4 Im zeitgenossischen arabischen Sprachgebrauch ist die Bezeichnung kafir fur die Anhanger der Buchreligionen kitabi in dieser Form ublich 5 Inhaltsverzeichnis 1 Kufr im Koran 2 Kufr und die anderen Religionsgemeinschaften 3 Kufr im islamischen Recht 4 Siehe auch 5 Literatur 6 EinzelnachweiseKufr im Koran BearbeitenDas arabische Verb mit dem Konsonantenbestand k f r kafara كفر hat sowohl in der altarabischen Poesie als auch im Koran unterschiedliche Bedeutungen Die Grundbedeutung ist bedecken verbergen verhullen In einer Nacht deren Wolken die Sterne bedeckten kafara heisst es in einem Gedicht von Labid b Rabiʿa fruhes 7 Jahrhundert Die Hauptbedeutung des Verbs in der Sprache des Koran ist unglaubig sein oder werden nicht glauben etwas leugnen vom Glauben abfallen und steht damit im Gegensatz zum Verb amana glauben In Sure 2 Vers 253 heisst es entsprechend Aber sie wurden uneins Die einen von ihnen waren glaubig amanu die anderen unglaubig kafaru So auch in Sure 61 Vers 14 bezogen auf die Kinder Israels Diese Gegenuberstellung zwischen glauben und unglaubig sein wird deutlich in der Sure 16 Vers 106 Diejenigen die an Gott nicht glauben kafara nachdem sie glaubig waren baʿda imani hi uber die kommt Gottes Zorn und sie haben eine gewaltige Strafe zu erwarten Mit der Praposition bi heisst dann kafara an etwas an jemanden nicht glauben In Sure 18 Vers 37 heisst es Glaubst du denn nicht an den der dich aus Erde hierauf aus einem Tropfen Sperma geschaffen und dich hierauf zu einem Mann geformt hat Kufr und die anderen Religionsgemeinschaften BearbeitenIn der ausserkoranischen Literatur erfullt das Verb dieselbe Funktion Man dient dem einzigen Gott und leugnet den Gotzenkult und die Gotzen Derjenige der nach seinem Glauben und der Annahme des Islam kafara baʿda imani hi islami hi unglaubig wird kafara d h die Religionslehre nicht befolgt an den Koran und an den Gesandten Gottes nicht glaubt kafara bi ist ein Unglaubiger kafir Part Aktiv Wer kufr dadurch begeht dass er vom Islam abfallt nimmt im islamischen Gesetz eine Sonderstellung ein diese Art von kufr gilt als Ridda Apostasie und wird mit dem Tode bestraft Die sog Schriftbesitzer ahl al kitab d h die Juden und Christen werden mehrfach sowohl im Koran als auch in der Rechtsliteratur als kuffar kafirun Pl von kafir genannt Eine wichtige Koranstelle hierzu ist Sure 5 Vers 44 Diejenigen die nicht nach dem entscheiden was Gott in der Schrift herabgesandt hatte sind die wahren Unglaubigen kafirun Die Koranexegese bezieht die Stelle ubereinstimmend auf die Schriftbesitzer und differenziert nicht zwischen Juden und Christen da beide Religionsgemeinschaften ihre Schriften nicht entsprechend ihrer ursprunglichen Offenbarung benutzen In der Offenbarung werden sie an mehreren Stellen in ahnlichem Sinn angegriffen und in ihrem Glauben hinterfragt Entsprechend heisst es in Sure 5 Vers 17 Unglaubig sind diejenigen la qad kafara ʾllaḏina die sagen Gott ist Christus al masiḥ der Sohn der Maria Und in Sure 5 Vers 73 Unglaubig sind diejenigen die sagen Gott ist einer von dreien Das Schicksal derjenigen die unglaubig sind kafaru beschreibt Sure 2 Vers 161 wie folgt Auf denen die unglaubig sind und in diesem Zustand sterben liegt der Fluch Gottes und der Engel und der Menschen insgesamt Die Koranexegese versteht unter den hier genannten Unglaubigen diejenigen welche die Prophetie von Mohammed abstreiten ihn der Luge bezichtigen d h die Juden und Christen die Angehorigen anderer Religionsgemeinschaften ferner die Polytheisten unter den Gotzendienern d h die Araber auf der Arabischen Halbinsel kurz alle die ausserhalb der muslimischen Gemeinschaft stehen In der Rechtslehre sind Juden und Christen Unglaubige d i kuffar allerdings ist kufr der Polytheisten d h Anhanger der Idolatrie der al musrikun so Ibn Qayyim al Ǧauziyya im 14 Jahrhundert schwerwiegender wie eingangs erwahnt als kufr der Unglaube der Buchbesitzer d i der Juden und Christen 6 Kufr im islamischen Recht BearbeitenIm modernen Rechtsverstandnis stehen somit folgende Begriffe fur kufr Apostasie Polytheismus ischrak die Leugnung der Existenz Gottes ilhad Ketzerei 7 Der Begriff kufr heisst daher in koranischer und nachkoranischer Zeit sowohl in der Traditionsliteratur sunna als auch im Fiqh bis in die Gegenwart hinein Unglaube Im islamischen Rechtsverstandnis ist ublich unter kufr Unglaube drei Gruppen zu verstehen Judentum Christentum und all jene Gemeinschaften die kein von Gott offenbartes Buch besitzen 8 Letztere werden auch Polytheisten muschrikun genannt die Eheschliessung mit ihnen ist im Koran untersagt Und heiratet nicht heidnische Frauen solange sie nicht glaubig werden Eine glaubige Sklavin ist besser als eine heidnische Frau auch wenn diese euch gefallen sollte Und gebt nicht glaubige Frauen an heidnische Manner in die Ehe solange diese nicht glaubig werden Ein glaubiger Sklave ist besser als ein heidnischer Mann auch wenn dieser euch gefallen sollte Sure 2 Vers 221 Die Rechtslehre des Hanbaliten Abu Yaʿla im spaten 10 Jahrhundert stellt kufr in diesem noch heute gultigen Sinne dar Kufr umfasst drei Gemeinschaften das Judentum al yahudiyya das Christentum an naṣraniyya und diejenigen die darin ubereinstimmen dass sie keine offenbarte Schrift besitzen 9 asch Schafiʿi 820 sieht bei Religionswechsel Apostasie eines Christen zum Zoroastrismus oder beim Ubertritt eines Zoroastriers zum Christentum keine Strafe vor wir fordern diese Person zur Reue nicht auf und toten sie auch nicht denn sie verliess Unglauben kufr und trat einem anderen Unglauben bei 10 Dieses Verstandnis von kufr durch Koranzitate und durch die Rechtslehre belegt wird fur die Gegenwart durch die Enzyklopadie des islamischen Rechts herausgegeben vom Ministerium fur Waqf und islamische Angelegenheiten Kuwait 1995 Band 35 S 14 29 bestatigt Der hanafitische Jurist und Theologe al Kasani st 1189 Lehrer in der Madrasa al Ḥalawiyya in Aleppo 11 unterscheidet vier Arten von kufr Leugnung der Existenz des Schopfers die Atheisten ad dahriyya Anerkennung der Existenz des Schopfers bei Leugnung der Einheit tauhid Gottes d h die Zoroastrier und Gotzenanbeter Anerkennung sowohl der Existenz als auch der Einheit Gottes bei Leugnung der gottlichen Botschaft d h die Philosophen Anerkennung der Existenz der Einheit und der Botschaft Gottes bei Leugnung der Prophetie Mohammeds d h die Juden und Christen 12 Entsprechend bezeichnet man in religiosen Kreisen der Moderne die ausserislamische Welt als bilad al kuffar Lander der Unglaubigen Im allgemeinen Sprachgebrauch bezeichnet man heute einen Nichtmuslim als Kafir In der islamischen Umma beschuldigte man religios politische Abweichler ebenfalls des Kufr deren Bekampfung im Rahmen des Ǧihad im von der Religion sanktionierten Kampf erfolgen musste Der Kampf von Muslimen gegen Muslime letztere als kuffar apostrophiert begegnet uns bereits in der Position der Ḫariǧiten in der fruhislamischen Geschichte 13 Die Almohaden fassten ihren Kampf gegen die Almoraviden als Dschihad auf da letztere als Haretiker die Lehre von den menschlichen Eigenschaften Gottes taǧsim vertraten Muḥammad ibn Tumart der Begrunder der Bewegung der Almohaden rief seine Anhanger in zwei Schreiben auf gegen die Unglaubigen kuffar innerhalb der islamischen Umma zu kampfen 14 Siehe auch BearbeitenKaffer Schirk Muschrik Liste islamischer Begriffe auf ArabischLiteratur BearbeitenW Bjorkman Kafir In Encyclopaedia of Islam New Edition Band 4 Brill Leiden 1997 S 407 409 Yohanan Friedmann Tolerance and Coercion in Islam Interfaith Relations in the Muslim Tradition Cambridge University Press 2003 ISBN 0 521 82703 5 Rudi Paret Der Koran Ubersetzung Kommentar und Konkordanz W Kohlhammer 1979 ISBN 3 17 005102 4 M J Kister Do not assimilate yourselves La tashabbahu In Jerusalem Studies in Arabic and Islam JSAI 12 1989 S 321 353 Mit einem Appendix von Menahem Kister S 354 371 Manfred Ullmann Bearbeitung Worterbuch der klassischen arabischen Sprache Band I ك Otto Harrassowitz Wiesbaden 1970 ISBN 3 447 01276 5 Fuat Sezgin Geschichte des arabischen Schrifttums Band II Poesie bis ca 430 H Brill Leiden 1975 ISBN 90 04 04376 4 S 126 127 al Mausu a al fiqhiyya Band 35 Ministerium fur Waqf und religiose Angelegenheiten Kuwait 1995 OCLC 65059556 S 14 29 Einzelnachweise Bearbeiten K al Umm Band 6 S 170 Beirut Dar al maʿrifa 1393 d H Fuat Sezgin Geschichte des arabischen Schrifttums Band 1 S 36 37 Brill Leiden 1967 M J Kister Do not assimilate yourselves La tashabbahu In Jerusalem Studies in Arabic and Islam JSAI 12 1989 S 321 353 hier S 321 Anm 1 ein ursprunglicher Unglaubiger konnte im klassischen islamischen Recht in Kriegsgefangenschaft entweder getotet oder versklavt werden s ebenfalls Kafir Ibn ʿAbd al Barr al Kafi Beirut 1407 1987 Band 1 S 217 Maǧallat ash shariʿa wa ʾl lugha al ʿarabiyya Umm al Qura Mekka Band 13 Nr 22 M J Kister 1989 S 321 Anm 1 al mausuʿa al fiqhiyya Band 35 S 15 Yohanan Friedmann Classification of Unbelievers in Sunni Muslim Law and Tradition In Jerusalem Studies in Arabic and Islam Band 22 1998 S 163 ff hier 166 mit weiteren Quellenangaben Yohanan Friedmann 2003 S 57 und 1998 S 166 Yohanan Friedmann Charadscha min kufrin ila kufrin 2003 S 56 Anm 6 The Encyclopaedia of Islam New Edition Brill Leiden Band 4 S 690 al mausuʿa al fiqhiyya Band 35 S 18 19 Julius Wellhausen Die religios politischen Oppositionsparteien im alten Islam Weidmann Berlin 1901 S 12 ff E Levi Provencal Documents inedits d histoire Almohade Paris 1928 S 1ff Albrecht Noth Das Ribaṭ der Almoraviden In Wilhelm Hoenerbach Hrsg Der Orient in der Forschung Festschrift fur Otto Spies zum 4 April 1966 Wiesbaden 1967 S 509 511 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Kufr amp oldid 235148564