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Als Krankenpflegeorden werden Orden und ordensahnliche Gemeinschaften insbesondere der romisch katholischen Kirche bezeichnet deren Mitglieder sich besonders der Krankenpflege und der Fursorge fur Pflegebedurftige widmen 1 Vinzentinerinnen mit ihrer charakteristischen Kopfhaube gehoren zu den bekanntesten Krankenpflegegemeinschaften Inhaltsverzeichnis 1 Geschichte und Hintergrund 1 1 Grundungskontext mannlicher Pflegeorden 1 2 Wandlung zur Fraueninstitution 1 3 Schweizer Krankenpflegeorden 1 4 Das Mutterhaussystem 1 5 Statistik 2 Siehe auch 3 EinzelnachweiseGeschichte und Hintergrund BearbeitenGrundungskontext mannlicher Pflegeorden Bearbeiten Bereits nach der Regula Benedicti galten die Kranken als Glieder des Leibes Christi denen im Klosterleben besondere Aufmerksamkeit und Fursorge geschenkt wurde Krankenpflege entwickelte sich in den Klostern zu einem eigenen Dienst und erhielt zunehmend institutionellen Rang wobei die leibliche Sorge cura corporis fur kranke und alte Menschen den gleichen Stellenwert wie die Seelsorge cura animae besass In den Klostern gab es Krankenstationen Apotheken und Krankenkuchen die neben Monchen oft von Laienbrudern gefuhrt wurden und auch Patienten ausserhalb des Klosters zugutekamen 2 Klosterliche und weltliche Spitalbruderschaften Hospitaliter die in Pilgerhospitalern Siechenhausern oder Leprosorien wirkten schlossen sich zu Orden zusammen die historisch als Hospitalorden bezeichnet werden und teils zu den bis heute existierenden Krankenpflegeorden gehoren oder auf die bis heute bedeutende Wohlfahrtsorganisationen wie Johanniter Unfall Hilfe oder Malteser Hilfsdienst zuruckgehen Zu den bekannten mittelalterlichen Hospitalorden zahlen der Antoniter Orden 1095 der Johanniterorden 1099 der Heilig Geist Orden 1170 und der Lazarus Orden 1198 3 Einige Hospitalorden wandelten sich im Kontext der Kreuzzuge in geistliche Ritterorden darunter die Johanniter und der Deutsche Orden 4 Aus Kanonikerstiften Hospital Bruderschaften Bettelorden und mit ihnen verbundenen Drittorden Beginen und Begardengemeinschaften entstanden seit dem 13 Jahrhundert neue Krankenpflegeorden wie Jesuaten 1360 Alexianer 1468 Hospitalbruder des Johannes von Gott 1571 oder Kamillianer 1582 die nach der Augustinusregel lebten und dabei Hospitaler fuhrten und Kranke Pflegebedurftige oder Kriegsversehrte betreuten Wandlung zur Fraueninstitution Bearbeiten Weibliche Klostergemeinschaften konnten aufgrund der fur Nonnen verpflichtenden Klausur dem Ideal der Vita activa tatiges Leben ausserhalb des Klosters lange Zeit nicht oder nur mit Schwierigkeiten nachgehen Dennoch gab es bereits im Mittelalter bedeutende Vorbilder wie die hl Elisabeth von Thuringen die mit anderen Frauen in dem von ihr gegrundeten Hospital lebte und auf deren Verehrung spatere Krankenpflegeorden wie die Elisabethinnen 1622 und weitere Franziskanerinnen zuruckgehen Der hl Vinzenz von Paul 1576 1660 grundete zusammen mit Luise von Marillac 1634 die Genossenschaft der Tochter der christlichen Liebe vom heiligen Vinzenz von Paul Vinzentinerinnen der grosste und bekannteste Krankenpflegeorden der Neuzeit und die erste Gesellschaft apostolischen Lebens in der katholischen Kirche Als ein zweiter bedeutender weiblicher Krankenpflegeorden aus Frankreich wurden am 18 Juni 1652 in Nancy mit Unterstutzung von Emanuel Chauvenel die Borromaerinnen gegrundet 5 Besonders im 19 Jahrhundert entstanden zahlreiche neue uberwiegend weibliche Kongregationen deren Hauptaufgabe die Krankenpflege war 6 darunter Graue Schwestern 1842 und weitere als Barmherzige Schwestern bezeichnete Gemeinschaften von Ordensschwestern Auch einige im 19 Jahrhundert errichtete Bruderorden wirken in der Krankenpflege bekannt sind die Barmherzigen Bruder von Maria Hilf und die Barmherzigen Bruder von Montabaur Bedingt durch die Expansion des Krankenhauswesens und den wachsenden Bedarf an qualifiziertem Pflegepersonal entwickelten die katholischen Frauenkongregationen die Pflege kranker Menschen im 19 Jahrhundert zu ihrem zentralen Arbeitsfeld 7 Sie leisteten dabei einen entscheidenden Beitrag zur Ausgestaltung der stationaren Krankenpflege 8 Die Kommunen unterstutzten die Arbeit der religiosen Frauengemeinschaften 9 Ebenso wie den vergleichbaren protestantischen Diakonissen gelang es den katholischen Frauenkongregationen auch in Deutschland ihre Position im Pflegebereich im Laufe des 19 Jahrhunderts immer starker auszubauen weil sie in der Lage waren sehr gut qualifiziertes und gleichzeitig kostengunstiges Personal in grosser Zahl bereitzustellen 10 Borromaerinnen und Vinzentinerinnen hatte grossen Einfluss auf die Krankenpflege in Preussen 11 Wahrend des Kulturkampfes wurden in Preussen samtliche katholischen Ordensgemeinschaften verboten mit Ausnahme der reinen Krankenpflegeorden 12 Schweizer Krankenpflegeorden Bearbeiten Auch in der Schweiz entstanden im Laufe des 19 Jahrhunderts auf katholischer wie auf protestantischer Seite sozial tatige Schwesterngemeinschaften nachdem das von Klostern seit dem Hochmittelalter aufgebaute Fursorge und Spitalwesen durch die Reformation einen Einbruch erlitten hatte Spitalschwestern wurden zunachst von auslandischen Mutterhausern in die Schweiz gesandt in erster Linie aus Frankreich Die wichtigsten Grundungen weiblicher Kongregationen in der Schweiz waren die Mutterhauser in Baldegg 1830 Menzingen 1844 Ingenbohl 1856 Cham 1865 und Ilanz 1865 die sich im Spitalwesen sowie im Erziehungsbereich engagierten Die Entstehung dieser Fraueninstitute wurde wie in anderen Landern vornehmlich durch mannliche Grunderfiguren initiiert und gepragt auf katholischer Seite besonders der Kapuziner Theodosius Florentini der die beiden bedeutendsten schweizerischen Kongregationen der Menzinger und Ingenbohler Schwestern grundete und sich dabei am Modell der Schwestern von der Gottlichen Vorsehung von Ribeauville im Elsass orientierte 13 Das sozial karitative Wirken der Ordensfrauen besass eine konfessionelle Ausstrahlung und diente der Festigung des Milieukatholizismus da die Schwestern sowohl in katholischen Stamm als auch in Diasporagebieten als zuverlassige Reprasentantinnen des praktizierten Katholizismus wahrgenommen wurden 14 Das Mutterhaussystem Bearbeiten Als effektive konkurrierenden offentlichen Modellen der Pflegepersonalbildung und fuhrung lange Zeit uberlegene Organisationsform der religiosen Krankenpflegegemeinschaften erwies sich das in den weiblichen Krankenpflegeorden entwickelte Mutterhaussystem Zumeist aus landlichen Gegenden stammende junge Madchen fur die das Ordensleben in einer tatigen Gemeinschaft nicht zuletzt wegen der von den Schwesternkongregationen gebotenen hohen sozialen Sicherheit attraktiv war wurden im Mutterhaus gemeinsam allgemeinbildend und pflegerisch angelernt und anschliessend zentral vom Mutterhaus in den Krankenhausern eingesetzt Durch den internen Austausch und Zusammenhalt der Schwestern waren Wissenstransfer und Ausbildungsniveau im Vergleich zu freien Pflegekraften hoher und die starke Stellung der Mutterhauser gegenuber Kommunen und Krankenhaustragern trug zum Einfluss der Orden und zum Ansehen der Schwestern deren Leistungen sozial anerkannt und honoriert wurden bei Allerdings wurde im Arbeitsalltag von Krankenhausdirektoren Arzten Klosterrektoren und Oberinnen wenig auf die personlichen Bedurfnisse der Schwestern Rucksicht genommen und vielfach kam es zu starker Arbeitsuberlastung und ungeschutzter Exposition gegenuber Infektionsrisiken mit schwer wiegenden Gesundheitsfolgen was zur erhohten Sterblichkeit katholischer Krankenpflegeschwestern gegenuber dem Gesamtbevolkerungsmittel fuhrte 15 16 Das Mutterhaus Modell wurde ebenfalls von Gemeinschaften angewandt die sich auf die Altenpflege oder andere pflegerische und soziale Aufgabenfelder spezialisiert hatten etwa auch Schulschwestern Es wurde auch von zahlreichen weltlichen Organisationen wie dem Roten Kreuz oder kommunalen Tragern ubernommen bestimmte die Krankenpflege in Deutschland bis zum Ersten Weltkrieg und hielt sich bis in die Mitte des 20 Jahrhunderts 17 Statistik Bearbeiten Von insgesamt 90 000 deutschen Ordensfrauen waren 1969 rund 35 000 knapp 39 Prozent als Krankenschwestern tatig 18 2011 waren in Deutschland noch insgesamt 1 370 Ordensfrauen als Krankenschwestern in Krankenhausern Pflegediensten oder Pflegeeinrichtungen beschaftigt das sind 6 3 Prozent aller weiblichen Ordensangehorigen 7 Prozent entfallen auf Pflegeberufe insgesamt 19 In Osterreich waren 2018 noch 264 romisch katholische Ordensangehorige Frauen und Manner im Gesundheitsbereich tatig das sind etwa 5 Prozent 20 Siehe auch BearbeitenGeschichte der KrankenpflegeEinzelnachweise Bearbeiten Krankenpflegeorden In Duden online laut DWDS verzeichnet im GWDS 1999 Abrufe im Marz 2019 Heinrich Schipperges Krankheit In Lexikon des Mittelalters LexMA Band 5 Artemis amp Winkler Munchen Zurich 1991 ISBN 3 7608 8905 0 Sp 1473 f Hospitaliter In Lexikon des Mittelalters LexMA Band 5 Artemis amp Winkler Munchen Zurich 1991 ISBN 3 7608 8905 0 Sp 137 Vgl etwa Christian Tenner Die Ritterordensspitaler im suddeutschen Raum Ballei Franken Ein Beitrag zum fruhesten Gesundheitswesen Mathematisch naturwissenschaftliche Dissertation LMU Munchen 1969 Kongregation der Barmherzigen Schwestern vom hl Karl Borromaus Profil auf der Internetprasenz des Erzbistums Koln abgerufen im Marz 2019 Relinde Meiwes Katholische Krankenpflegekongregationen und die Krankenpflege im 19 Jahrhundert In Ute Gerhard Karin Hausen Hrsg Sich sorgen Care L Homme 19 2008 Heft 1 Bohlau Koln u a 2008 S 39 60 hier S 41 Relinde Meiwes Katholische Krankenpflegekongregationen und die Krankenpflege im 19 Jahrhundert Koln 2008 S 45 Relinde Meiwes Katholische Krankenpflegekongregationen und die Krankenpflege im 19 Jahrhundert Koln 2008 S 51 Relinde Meiwes Katholische Krankenpflegekongregationen und die Krankenpflege im 19 Jahrhundert Koln 2008 S 46 Relinde Meiwes Katholische Krankenpflegekongregationen und die Krankenpflege im 19 Jahrhundert Koln 2008 S 53 Relinde Meiwes Katholische Krankenpflegekongregationen und die Krankenpflege im 19 Jahrhundert Koln 2008 S 52 Birgitta Negel Tauber Die Grunderin der Liebesschwestern Pauline von Mallinckrodt starb am 30 April 1881 In Katholisch de 3 Juni 2017 abgerufen im Marz 2019 Esther Vorburger Bossart Ordensschwestern in der Ostschweiz im 20 Jahrhundert Theologischer Verlag Zurich Zurich 2018 ISBN 978 3 290 18143 7 S 9 11 Esther Vorburger Bossart Ordensschwestern in der Ostschweiz im 20 Jahrhundert Zurich 2018 S 23 25 Philipp Herder Dorneich Werner Kotz Zur Dienstleistungsokonomik Systemanalyse und Systemkritik der Krankenhauspflegedienste Duncker amp Humblot Berlin 1972 ISBN 3 428 02775 2 S 99 103 Relinde Meiwes Katholische Krankenpflegekongregationen und die Krankenpflege im 19 Jahrhundert Koln 2008 S 53 55 Heidi Oschmiansky Zwischen Professionalisierung und Prekarisierung Altenpflege im wohlfahrtsstaatlichen Wandel in Deutschland und Schweden PDF 3 7 MB Onlineveroffentlichung Diss FUB Berlin 2013 S 121 Nonnen noch im Jahr 2000 In Der Spiegel 40 1969 30 September 1969 S 49f Frauenorden in Deutschland Meldung der fowid vom 1 Marz 2017 abgerufen im Marz 2019 Ordensgemeinschaften in Osterreich 2018 Meldung der fowid vom 27 Marz 2019 abgerufen im Marz 2020 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Krankenpflegeorden amp oldid 229460514