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Ein Konvergenzbereich ist in der Analysis einem Teilgebiet der Mathematik einer Funktionenfolge oder haufiger Funktionenreihe zugeordnet und bezeichnet eine oft auch die im Sinne der Inklusion maximale Menge von Punkten im Definitionsbereich in denen die Funktionenreihe punktweise konvergiert Konvergenzgebiete sind Gebiete also offene zusammenhangende Teilmengen von Konvergenzbereichen Die Begriffe Konvergenzbereich und gebiet verallgemeinern die Begriffe Konvergenzintervall bzw Konvergenzkreisscheibe aus der elementaren reellen Analysis und der elementaren Funktionentheorie Konvergenzkriterien fur Funktionenfolgen und reihen werden aus historischen Grunden gelegentlich als verallgemeinerte Cauchy Hadamard Formeln bezeichnet Der klassische Satz von Cauchy Hadamard formuliert solche Kriterien fur komplexe Potenzreihen Inhaltsverzeichnis 1 Haufig gebrauchte Funktionenreihen 2 Verallgemeinerung fur metrische Raume 3 Der klassische Satz von Cauchy Hadamard 4 Majoranten und Minorantenkriterium 5 Beispiele 6 Literatur 6 1 Lehrbucher 6 2 Zur Geschichte des Satzes von Cauchy Hadamard 7 EinzelnachweiseHaufig gebrauchte Funktionenreihen BearbeitenDie im Folgenden betrachteten Reihen sind immer als komplexe Reihen zu verstehen das heisst ihre Koeffizienten sind komplex die unabhangige Variable ist komplex die Glieder der Reihen sind auf einer Teilmenge von C displaystyle mathbb C nbsp definierte Funktionen und ihre Konvergenzgebiete und bereiche sind Teilmengen von C displaystyle mathbb C nbsp Die Reihen selbst stellen naturlich nur dann Funktionen dar wenn ihr maximaler Konvergenzbereich nicht leer ist Fur eine Potenzreihe ist das maximale Konvergenzgebiet eine offene Kreisscheibe um den Entwicklungspunkt z 0 displaystyle z 0 nbsp deren Radius Konvergenzradius r R displaystyle rho in mathbb R cup lbrace infty rbrace nbsp genannt wird oder fur r 0 displaystyle rho 0 nbsp ihr maximaler Konvergenzbereich ist z 0 displaystyle lbrace z 0 rbrace nbsp dann besitzt sie kein Konvergenzgebiet Fur eine Laurentreihe ist das maximale Konvergenzgebiet ein offener Kreisring um den Entwicklungspunkt oder es gibt kein Konvergenzgebiet Fur eine Dirichletreihe ist das maximale Konvergenzgebiet H displaystyle H nbsp eine rechte Halbebene die in der komplexen Zahlenebene durch H z C Re z gt s 0 displaystyle H lbrace z in mathbb C operatorname Re z gt sigma 0 rbrace nbsp gegeben ist Die Zahl s 0 R displaystyle sigma 0 in mathbb R cup lbrace infty rbrace nbsp heisst die Konvergenzabszisse der Dirichletreihe Auch im Falle s 0 displaystyle sigma 0 infty nbsp spricht man von einer formalen Dirichletreihe mit dieser Konvergenzabszisse allerdings konvergiert diese in keinem Punkt von C displaystyle mathbb C nbsp daher besitzt sie auch keine Konvergenzgebiete und ihr einziger und maximaler Konvergenzbereich ist die leere Menge Sofern uberhaupt ein Konvergenzgebiet existiert gilt in all diesen drei Fallen Es existiert genau ein maximales Konvergenzgebiet das Konvergenzgebiet Die Reihe konvergiert auf jedem Konvergenzgebiet kompakt Der maximale Konvergenzbereich ist eine Teilmenge der abgeschlossenen Hulle des maximalen Konvergenzgebietes und also ist das maximale Konvergenzgebiet genau das Innere des maximalen Konvergenzbereiches Die Reihe divergiert in jedem Punkt der nicht in der abgeschlossenen Hulle des maximalen Konvergenzgebietes liegt Es gibt Reihen die in einigen aber nicht in allen Punkten die auf dem Rand des maximalen Konvergenzgebietes liegen konvergieren Die Konvergenz in einem solchen Randpunkt kann auch absolut sein ohne dass sich daraus direkt auf das Konvergenzverhalten in anderen Randpunkten schliessen lasst Verallgemeinerung fur metrische Raume BearbeitenSei M d displaystyle M d nbsp ein metrischer Raum und E displaystyle E cdot nbsp ein Banachraum Es sei eine Folge von stetigen Funktionen f n M E displaystyle f n colon M to E nbsp gegeben Dann konvergiert die Reihe n 0 f n displaystyle textstyle sum n 0 infty f n nbsp im Punkt x M displaystyle x in M nbsp falls die Folge der Partialsummen S k x n 0 k f n x displaystyle textstyle S k x sum n 0 k f n x nbsp die eine Punktfolge im Wertebereich E displaystyle E nbsp ist konvergiert konvergiert die Reihe n 0 f n displaystyle textstyle sum n 0 infty f n nbsp absolut im Punkt x M displaystyle x in M nbsp falls die Zahlenreihe uber die Normen der Summanden n 0 f n x displaystyle textstyle sum n 0 infty f n x nbsp konvergiert Jede Menge von Punkten x M displaystyle x in M nbsp in denen Konvergenz vorliegt wird Konvergenzbereich genannt Jede Zusammenhangskomponente des Inneren der Menge aller Punkte in denen die Folge konvergiert ein maximales Konvergenzgebiet Bemerkung In Randpunkten eines Konvergenzgebietes oder eines Konvergenzbereiches muss keine absolute Konvergenz vorliegen die entsprechende Reihe kann im Wertebereich sogar divergent sein Der klassische Satz von Cauchy Hadamard BearbeitenDie folgenden Aussagen uber die Konvergenzbereiche von komplexen Potenzreihen wurden im Wesentlichen zunachst von Augustin Louis Cauchy 1821 formuliert 1 aber allgemein kaum zur Kenntnis genommen Bernhard Riemann verwendete sie allerdings 1856 in seinen Vorlesungsnotizen 2 3 bis sie von Jacques Hadamard wiederentdeckt wurden 4 Dieser veroffentlichte sie 1888 5 Daher werden sie und einige moderne Verallgemeinerungen als Formel oder auch Satz von Cauchy Hadamard bezeichnet Modern aber noch ohne Verallgemeinerungen auf andere als Potenzreihen formuliert besagt der Satz von Cauchy Hadamard Sei M C displaystyle M mathbb C nbsp E C displaystyle E mathbb C nbsp und f n x c n x n displaystyle f n x c n cdot x n nbsp mit c n C displaystyle c n in mathbb C nbsp fur jedes n N displaystyle n in mathbb N nbsp d h die Funktionenreihe n 0 f n x n 0 c n x n displaystyle textstyle sum n 0 infty f n x sum n 0 infty c n x n nbsp sei eine komplexe Potenzreihe Dann gilt Die offene Kreisscheibe B 0 r displaystyle B 0 r nbsp um den Nullpunkt mit Radius r gt 0 displaystyle r gt 0 nbsp gehort zum maximalen Konvergenzbereich falls c n r n lt 1 displaystyle left c n right cdot r n lt 1 nbsp fur alle bis auf endlich viele n N displaystyle n in mathbb N nbsp erfullt ist Das Komplement der abgeschlossenen Kreisscheibe B 0 R displaystyle B 0 R nbsp schneidet den maximalen Konvergenzbereich nicht wenn c n R n gt 1 displaystyle left c n right cdot R n gt 1 nbsp fur unendlich viele n N displaystyle n in mathbb N nbsp gilt Es gibt einen Radius bei dem sich die beiden vorgenannten Aussagen treffen Als Konvergenzradius wird r lim sup n c n n 1 displaystyle textstyle rho limsup n to infty sqrt n c n 1 nbsp bezeichnet falls der limes superior als reelle Zahl also im eigentlichen Sinn existiert und nicht 0 ist Ist der limes superior 0 dann ist der Konvergenzradius r displaystyle rho infty nbsp ist der limes superior displaystyle infty nbsp dann ist der Konvergenzradius r 0 displaystyle rho 0 nbsp Der maximale Konvergenzbereich der Potenzreihe enthalt die offene Kreisscheibe um 0 mit Radius r displaystyle rho nbsp Im Falle r 0 displaystyle rho 0 nbsp ist dies die leere Menge sonst das maximale Konvergenzgebiet Die Potenzreihe konvergiert in allen Punkten deren Abstand zur Null kleiner als der Konvergenzradius r displaystyle rho nbsp ist Ausserdem divergiert sie in allen Punkten deren Abstand grosser r displaystyle rho nbsp ist Uber die Konvergenz in Punkten deren Abstand zum Nullpunkt genau r displaystyle rho nbsp ist d h die Kreislinie mit diesem Radius kann keine allgemeine Aussage gemacht werden Die letzte Aussage gilt sinngemass ebenso fur die Randpunkte der maximalen Konvergenzbereiche von Laurent und Dirichletreihen Auch deren maximales Konvergenzgebiet kann durch geeignete limites superiores berechnet werden Majoranten und Minorantenkriterium Bearbeiten Hauptartikel Weierstrasssches Majorantenkriterium Die folgenden Konvergenzkriterien wurden ursprunglich fur Potenzreihen formuliert und auf ihnen beruht die klassische Form des Satzes von Cauchy Hadamard Sie gelten in der hier gegebenen Formulierung jedoch auch allgemeiner unter den oben im Abschnitt Verallgemeinerung fur metrische Raume formulierten Bedingungen Majorante Gibt es eine konvergente Reihe n 0 a n displaystyle textstyle sum n 0 infty a n nbsp mit positiven reellen Gliedern und ein Gebiet G M displaystyle G subseteq M nbsp mit f n x a n displaystyle f n x leq a n nbsp fur alle x G displaystyle x in G nbsp und alle bis auf endlich viele n N displaystyle n in mathbb N nbsp so ist G displaystyle G nbsp Teilmenge eines maximalen Konvergenzgebietes Die Konvergenz ist auf G displaystyle G nbsp absolut gleichmassig und kompakt damit ist die durch die Reihe auf G displaystyle G nbsp definierte Grenzfunktion F displaystyle F nbsp auf G displaystyle G nbsp stetig falls dies fur alle bis auf endlich viele Partialsummen gilt Minorante Ist n 0 b n displaystyle textstyle sum n 0 infty b n nbsp eine divergente Reihe mit positiven reellen Gliedern und gilt auf einem Gebiet H M displaystyle H subseteq M nbsp die Ungleichung f n x gt b n displaystyle f n x gt b n nbsp fur alle x H displaystyle x in H nbsp und fur alle bis auf endlich viele n N displaystyle n in mathbb N nbsp so ist H displaystyle H nbsp im Komplement des maximalen Konvergenzbereiches als Teilmenge enthalten Limitierung Ist das Majorantenkriterium auf einem Gebiet G displaystyle G nbsp erfullt und sind alle Partialsummen der Funktionenreihe stetig auf G displaystyle G nbsp und ist das Majorantenkriterium auch noch fur einen Randpunkt x 0 G displaystyle x 0 in partial G nbsp gegebenenfalls nach stetiger Fortsetzung der auf G displaystyle G nbsp stetigen Partialsummen erfullt dann konvergiert die Funktionenreihe auch in x 0 G displaystyle lbrace x 0 rbrace cup G nbsp gleichmassig und die Grenzfunktion F displaystyle F nbsp ist stetig bzw stetig fortsetzbar auf x 0 G displaystyle lbrace x 0 rbrace cup G nbsp und fur die Grenzfunktion bzw ihre Fortsetzung giltF x 0 lim N lim x x 0 x G n 0 N f n x lim x x 0 x G lim N n 0 N f n x displaystyle F x 0 lim N to infty lim x to x 0 atop x in G sum n 0 N f n x lim x to x 0 atop x in G lim N to infty sum n 0 N f n x nbsp dd Beispiele BearbeitenDie Potenzreihe der naturlichen Exponentialfunktion exp z n 0 z n n z C displaystyle textstyle exp z sum n 0 infty frac z n n z in mathbb C nbsp konvergiert uberall absolut ihr Konvergenzradius ist also r displaystyle rho infty nbsp Die Konvergenz auf C displaystyle mathbb C nbsp ist absolut kompakt und lokal gleichmassig aber nicht gleichmassig Die formale Potenzreihe n 0 a a 1 a n 1 n z n z C displaystyle textstyle sum n 0 infty frac a a 1 dots a n 1 n z n z in mathbb C nbsp konvergiert im Inneren der Einheitskreisscheibe absolut gegen 1 z a displaystyle 1 z a nbsp Fur a N 0 displaystyle a in mathbb N 0 nbsp ist ihr maximales Konvergenzgebiet die Menge der komplexen Zahlen r displaystyle rho infty nbsp ansonsten genau dieser Einheitskreis r 1 displaystyle rho 1 nbsp Die formale Dirichletreihe der Riemannschen Zetafunktion z s n 1 n s s C displaystyle textstyle zeta s sum n 1 infty n s s in mathbb C nbsp hat die Konvergenzabszisse s 0 1 displaystyle sigma 0 1 nbsp Fur den Randpunkt s 1 displaystyle s 1 nbsp des maximalen Konvergenzgebietes G s C Re s gt 1 displaystyle G lbrace s in mathbb C operatorname Re s gt 1 rbrace nbsp ist diese Dirichletreihe die divergente harmonische Reihe Literatur BearbeitenLehrbucher Bearbeiten Heinrich Behnke Friedrich Sommer Theorie der analytischen Funktionen einer komplexen Veranderlichen Studienausgabe der 3 Auflage Springer Berlin u a 1976 ISBN 3 540 07768 5 Harro Heuser Funktionalanalysis Theorie und Anwendung 3 durchgesehene Auflage Teubner Stuttgart 1992 ISBN 3 519 22206 X Inhaltsverzeichnis Harro Heuser Lehrbuch der Analysis 14 aktualisierte Auflage Band 2 Vieweg und Teubner Wiesbaden 2008 ISBN 978 3 8351 0208 8 Inhaltsverzeichnis Zur Geschichte des Satzes von Cauchy Hadamard Bearbeiten Umberto Bottazzini The Higher Calculus A History of Real and Complex Analysis from Euler to Weierstrass Translated by Warren van Egmond Springer New York NY u a 1986 ISBN 0 387 96302 2 italienisch Jacques Hadamard Sur le rayon de convergence des series ordonnees suivant les puissances d une variable In Comptes Rendus Hebdomadaires des Seances de l Academie des Sciences Band 106 1888 ISSN 0001 4036 S 259 262 franzosisch Digitalisat Einzelnachweise Bearbeiten Augustin Louis Cauchy Cours d analyse de l ecole Royale polytechnique Partie 1 Analyse algebrique Debure Paris 1821 Digitalisat Detlef Laugwitz Die Formel von Cauchy Hadamard in Riemanns Nachlass Mathematische Semesterberichte Band 40 1993 S 115 120 Detlef Laugwitz Erwin Neuenschwander Riemann and the Cauchy Hadamard formula for the convergence of power series Historia Mathematica Band 21 1994 S 64 70 Bottazzini The Higher Calculus 1986 S 115 ff Hadamard Sur le rayon de convergence des series ordonnees suivant les puissances d une variable 1888 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Konvergenzbereich amp oldid 230836512