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Koncovka ist eine in der Volksmusik der Slowakei verwendete Kernspaltflote ohne Fingerlocher die traditionell von Schafern gespielt wird Der Spieler kann bei der zu den Obertonfloten gehorenden koncovka durch Uberblasen und durch Schliessen der unteren Offnung eine Reihe von Obertonen uber dem Grundton erzeugen Koncovka bedeutet auf Slowakisch Endflote eine vom Ende gespielte Flote abgeleitet von konec Ende 1 Koncovka mit naturbelassener Oberflache Inhaltsverzeichnis 1 Herkunft und Verbreitung 2 Bauform und Spielweise 2 1 Koncovka 2 2 Verwandte slowakische Obertonfloten 3 Literatur 4 Weblinks 5 EinzelnachweiseHerkunft und Verbreitung BearbeitenVon den uber 200 Volksmusikinstrumenten die aus der Slowakei bekannt sind bilden die Schnabelfloten mit rund 35 unterscheidbaren Formen die grosste Gruppe Das charakteristischste slowakische Blasinstrument ist die uber 180 Zentimeter lange senkrecht gehaltene Kernspaltflote fujara mit drei Fingerlochern Ansonsten gibt es Flotentypen mit zwei drei funf und sechs Fingerlochern Obertonfloten ohne Fingerlocher und die gedoppelte Schnabelflote dvojacka aus zwei parallelen Spielrohren 2 Im Unterschied zu Endkantenfloten ohne Kopfstuck die frei gegen den oberen Rand angeblasen werden mussen sind die Kernspaltfloten leichter zu spielen Die haufigste europaische Form ist der Typus der Blockflote Eine franzosische Illustration aus dem 11 Jahrhundert ist der fruheste Beleg fur eine Kernspaltflote in Europa in einer byzantinischen Buchmalerei des 13 Jahrhunderts ist zum ersten Mal eine Kernspaltflote mit sieben Grifflochern zu sehen Die vertikal mit beiden Handen gespielten Kernspaltfloten stammen mutmasslich aus Asien und gelangten zum einen mit den Slawen nach Osteuropa und zum anderen Curt Sachs zufolge uber das islamische Nordafrika nach Sudwesteuropa wo aus dem Namen der orientalischen Langsflote schabbaba in al Andalus ajabeba wurde 3 Schnabelfloten aus der Kaukasusregion und Zentralasien die mit den osteuropaischen Floten in Verbindung stehen sind die in der tadschikischen Musik gespielte tulak die armenische tutak die aserbaidschanische tutek die georgische salamuri die russische swirel svirel die ukrainische sopilka sopilka und fur Osteuropa stellvertretend genannt die bulgarische swirka Eine spezielle Gruppe von Kernspaltfloten wurde als Zungenspaltflote englisch tongue duct flute klassifiziert Sie besitzen zwar eine Schneidenkante aber anstelle des Blockflotenkopfes ein offenes Ende in das die Zunge hineingesteckt wird um die Offnung zu einem geeigneten Windkanal zu verengen Dieser Typ kommt in der Slowakei vor 4 und ist ansonsten bei anderen Slawen und bei finno ugrischen Volkern bekannt In Finnland heisst diese seltene Flote mantihuilu bei den Mari in der russischen Republik Mari El shialtysh und im Westen Russlands dudka oder eine etwas grossere Variante gudilo 5 Zungenspaltfloten kommen mit Fingerlochern und ohne Fingerlocher als Obertonfloten vor In der Slowakei sind zwei Typen als Obertonfloten und ein Typ mit sechs Fingerlochern bekannt Alle drei werden seit alter Zeit von Schafern gespielt 6 nbsp Gerades oberes EndeZungenspaltfloten sind einfacher herzustellen als Schnabelfloten Kernspaltfloten mit gebogenem Mundstuck Zu den Obertonfloten ohne Fingerlocher gehoren neben Schnabelfloten auch die noch schlichteren Endkantenfloten die uber den Rand des offenen oberen Endes angeblasen werden Dieser Flotentyp ist in Osteuropa neben vielen anderen durch die rumanische tilincă und die ukrainische telenka telenka vertreten Der Verbreitungsschwerpunkt der grifflochlosen Kernspaltfloten liegt bei den slawischen Sprachgruppen in Osteuropa Ausser der koncovka zahlen hierzu die russische kalyuka und die moldawische csilinko Hinzu kommt die verwandte in Norwegen aus einem Weidenzweig angefertigte seljefloyte Weidenflote Die 60 Zentimeter lange seljefloyte wird quer angeblasen weil das Blasloch am Kern eigenartigerweise seitlich angeordnet ist und kann acht bis zehn Tone produzieren 7 Inwieweit eine Parallele zu den sudwesteuropaischen Einhandfloten gezogen werden kann die von einem Musiker zusammen mit einer Zylindertrommel tabor gespielt werden ist Gegenstand der Fachdiskussion 8 Einhandfloten haben ublicherweise drei Fingerlocher mit denen sich ein Tonumfang von mehr als zwei Oktaven erzielen lasst Jedoch erwahnte der franzosische Komponist Benjamin de Laborde 1780 eine jombarde genannte Einhandflote Tamburinpfeife ohne Fingerlocher 9 Das Mundstuck der jombarde war demnach mit dunnem Leder bezogen was zu einer aragonesischen Einhandflote allgemein Schwegel in Nordspanien und Sudfrankreich passt Grifflochlose Obertonfloten gab es vermutlich auch in der mittelalterlichen englischen Volksmusik wie eine Buchmalerei aus dem Anfang des 14 Jahrhunderts zeigt 10 Als Hirtenflote steht die koncovka in einer weiten Verbindung mit den von der Hohen Tatra uber den bis nach Rumanien reichenden Karpatenbogen fluier Flotentypen und bis zu den Sudslawen von Schafern zur privaten Unterhaltung gespielten Floten In Polen ist als Hirtenflote unter dem Namen fujarka eine Kernspaltflote mit funf bis acht Fingerlochern oder eine Doppelflote bekannt 11 und auf dem Balkan treffen die slawischen Flotentypen mit den turkischen Hirtenfloten kaval zusammen Bauform und Spielweise BearbeitenKoncovka Bearbeiten nbsp Verfugbare Obertone einer auf G gestimmten koncovka Die Tonreihe entsteht durch abwechselndes Verschliessen dargestellt als und Offnen dargestellt als o des unteren Endes Nach der Hornbostel Sachs Systematik ist die koncovka eine offene Innenspaltflote ohne Grifflocher 421 221 11 Fur die koncovka gibt es keine standardisierte Lange oder Tonhohe Ublich sind je nach gewunschtem Tonumfang Langen zwischen etwa 40 und 85 Zentimetern Zur Herstellung werden getrocknete Holunderzweige zylindrisch ausgebohrt wobei der naturliche leicht gekrummte Wuchs erhalten bleibt Etwa zwei Zentimeter vom oberen Ende wird ein Loch mit der Schneidenkante angebracht oblocik von Slowakisch oblok Fenster Der Winkel der Schneidenkante hat auf die Klangqualitat keinen nennenswerten Einfluss 12 Das gerade abgeschnittene obere Ende ist bis auf den Windkanal mit einem Holzpfropf verschlossen Die fein geschliffene Oberflache ist haufig mit eingebrannten oder schwarz gezeichneten geometrischen Mustern verziert Moderne Floten werden manchmal aus PVC Rohr hergestellt Ein sehr schwacher Blasdruck bringt den Grundton hervor Durch zunehmenden Blasdruck lasst sich aufsteigend eine Naturtonreihe produzieren Durch Schliessen der unteren Offnung mit dem Finger entsteht uber einem zweiten Grundton eine weitere Reihe von Obertonen Blast der Musiker abwechselnd mit geoffnetem und geschlossenem unteren Ende und mit unterschiedlichem Blasdruck so erhalt er eine vollstandige Tonleiter des in der Slowakei verbreiteten lydischen oder mixolydischen Modus 13 Die traditionelle slowakische Musik wird nach ihrer Entstehungszeit nach Genres und regionalen Besonderheiten eingeteilt Die zahlenmassig grosste Gruppe der slowakischen Volkslieder rund 30 Prozent gehoren zum Schaferstil der sich zwischen dem 14 und 18 Jahrhundert herausbildete und dessen melodisches Gerust von den Intervallen einer Quinte oder Terz und Quinte gebildet wird Geographisch wird der Schaferstil den zentral und nordslowakischen Berggebieten zugeordnet Knapp zwei Drittel dieser Melodien basieren auf dem Grundton F daneben kommen G C und D Tonleitern vor Typisch fur viele Dorfer in der Nordslowakei ist die Tonfolge d fis g a b c d e f welche der Obertonreihe der fingerlochlosen Floten entspricht 14 Mit dem Ruckgang der herkommlichen Weidewirtschaft im 19 Jahrhundert verloren die von Viehhirten tradierte Flotenmusik und die Herstellung dieser Floten ihre kulturelle Zugehorigkeit Bis zum Anfang des 20 Jahrhunderts waren die Schaferfloten nahezu aus dem Alltag verschwunden Die Wiederbelebung der Volksmusiktradition in der zweiten Halfte des 20 Jahrhunderts basiert auf geanderten kulturellen Vorstellungen Die Floten der Volksmusiktradition dienen auf lokaler und uberregionaler Ebene in erster Linie der Reprasentation der Nationalkultur 15 Verwandte slowakische Obertonfloten Bearbeiten Einige regionale Flotentypen in der Slowakei sind ebenfalls Kernspaltfloten ohne Grifflocher Die allgemeine slowakische Bezeichnung fur Floten einschliesslich der Obertonfloten ist pistala dialektale Schreibungen pistalka pistelka pistela piscela piscelka oder piscelka 16 Die Weidenrindenflote vŕhova pistala Weidenflote ist 40 bis 50 Zentimeter lang und besitzt ein schnabelformiges Mundstuck ebenso die nach ihrer Heimat bei den Goralen in der Nordslowakei benannte Goralenflote goralska pistalka die auch als tocena pistalka gedrehte gedrechselte Flote bekannt ist Sie besitzt eine zylindrische Holzrohre von 54 bis 80 Zentimetern Lange einen Aussendurchmesser von 2 4 bis 3 1 Zentimeter und einen Innendurchmesser zwischen 1 3 und 2 1 Zentimeter Fur die Goralenflote werden meist im Spatherbst Haselnusszweige seltener die verholzten Zweige der Heckenrose geschnitten Diese werden nach unten enger werdend konisch aufgebohrt indem zunachst fur das obere Drittel der Lange ein grosserer Bohrdurchmesser als fur die unteren zwei Drittel verwendet wird Mit einem im Kreis gedrehten gluhenden Draht wird anschliessend die Bohrung geglattet Als Kern dient ein trockenes Stuck Haselnussholz Der Spieler umschliesst das Schnabelmundstuck mit den Lippen und halt das Instrument etwas schrag zur Seite Die musikalisch verwendbare Tonfolge ist a f Die Goralenflote ist die einzige slowakische Obertonflote bei der offen geblasen der Grundton spielbar ist Mit geschlossenem unteren Ende ist erst der dritte Oberton zu gebrauchen Die Rohre der Unterflote podolka untere also Unterflote auch lieskova pistala Haselflote im Osten von Mahren heisst sie koncovka besteht aus zwei gespaltenen Halften eines Haselnusszweiges bei denen das Mark als Strang herausgedreht und in Richtung des oberen Endes erweitert wird Anschliessend werden die beiden Halbrinnen aufeinander gelegt und in ganzer Lange mit Hanf Bast oder Weidenrindenstreifen umwickelt 17 Die Bohrung der Unterflote ist stark konisch Ihr Innendurchmesser betragt am oberen Ende bis zum Zweifachen des Durchmessers am unteren Ende der obere Aussendurchmesser misst das Eineinhalbfache des unteren Durchmessers Mit einer Lange von 85 bis 95 Zentimetern gehort die Unterflote nach der fujara zu den langsten slowakischen Floten 18 Ahnlich aus zwei Halften bestehend und mit Rinde umwickelt ist die Ellenflote rifova pistala Ellenflote oder otacana pistala umwundene Flote Bei ihrer aussergewohnlich starken konischen Bohrung betragt der obere Innendurchmesser mehr als das Doppelte des unteren Die Fertigung von Haselnussfloten ist von der Jahreszeit und der Witterung abhangig ebenso nimmt bei den aus frischem Holz hergestellten Floten die Aufbewahrung einen Einfluss auf das sich stets leicht verandernde akustische Verhalten Bei geeigneter Behandlung konnen solche Floten mehrere Jahre verwendet werden 19 Literatur BearbeitenOskar Elschek Die Volksmusikinstrumente der Tschechoslowakei Teil 2 Die slowakischen Volksmusikinstrumente Ernst Emsheimer Erich Stockmann Hrsg Handbuch der europaischen Volksmusikinstrumente Serie 1 Band 2 Deutscher Verlag fur Musik Leipzig 1983 Marian Friedl Lidove fletny Beskyd a Javorniku na scene a mimo ni Kolloquium im Schloss Namest nad Oslavou Tschechien 28 29 Juli 2015 S 80 103 Koncovka In Laurence Libin Hrsg The Grove Dictionary of Musical Instruments Bd 3 Oxford University Press Oxford New York 2014 S 197Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Koncovka Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien Overtone Flute Koncovka in E Demo Youtube Video Michal Smetanka plays flute without the hole in India Youtube VideoEinzelnachweise Bearbeiten Oskar Elschek 1983 S 131 Oskar Elschek Slovakia II Traditional music In Stanley Sadie Hrsg The New Grove Dictionary of Music and Musicians Bd 23 Macmillan Publishers London 2001 S 519 Curt Sachs Handbuch der Musikinstrumentenkunde Georg Olms Hildesheim 1967 S 302 Anblasvorrichtung der Zungenspaltflote Slowakei Abbildung in Oskar Elschek Typologische Arbeitsverfahren bei Volksmusikinstrumenten In Studia instrumentorum musicae popularis I Stockholm 1969 S 23 40 Vgl Ernst Emsheimer A Finno Ugric Flute Type In Journal of the International Folk Music Council Bd 18 1966 S 29 35 Ernst Emsheimer Tongue Duct Flutes Corrections of an Error In The Galpin Society Journal Bd 34 Marz 1981 S 98 105 hier S 102 Reidar Sevag Seljefloyte In Laurence Libin Hrsg The Grove Dictionary of Musical Instruments Bd 4 Oxford University Press Oxford New York 2014 S 462f Hermann Moeck European Block and Duct Flutes In The Galpin Society Journal Bd 25 Juli 1972 S 147 Benjamin de Laborde Essai sur la Musique Paris 1780 S 268 zit nach Curt Sachs Real Lexikon der Musikinstrumente zugleich ein Polyglossar fur das gesamte Instrumentengebiet Julius Bard Berlin 1913 S 198b Hermann Moeck Ursprung und Tradition der Kernspaltfloten der europaischen Folklore und die Herkunft der musikgeschichtlichen Kernspaltflotentypen Dissertation Gottingen 1951 Nachdruck Moeck Verlag Celle 1996 S 203 Zbigniew J Przerembski Fujarka In Laurence Libin Hrsg The Grove Dictionary of Musical Instruments Bd 2 Oxford University Press Oxford New York 2014 S 360f Anna Danihelova Zuzana Danihelova Martin Culik The Timbre of an Experimental Edge Blown Pipe Slovak Koncovka Typical Simple Slovak Folk Flute Without Finger Holes when Changing the Geometry of the Tone Forming Part and Tube Wood In Euronoise European Acoustics Association Prag 2012 Martin Takac Overtone flute koncovka playing technique Oskar Elschek Slovakia II Traditional music In Stanley Sadie Hrsg The New Grove Dictionary of Music and Musicians Bd 23 Macmillan Publishers London 2001 S 517f Marian Friedl 2015 S 80 Oskar Elschek 1983 S 165 Ludvik Kunz Die Volksmusikinstrumente der Tschechoslowakei Teil 1 Ernst Emsheimer Erich Stockmann 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