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Dvojacka auch dvojacky dvojanka ist eine in der Volksmusik der Slowakei gespielte gedoppelte Kernspaltflote die aus zwei parallelen Spielrohren besteht Zwei Formen werden unterschieden In der zentralen Slowakei ist die Doppelflote aus zwei miteinander verbundenen einzelnen Spielrohren zusammengesetzt von denen eine als Melodierohre dient und einer Hirtenflote mit sechs Fingerlochern entspricht Die andere Rohre gleicht einer grifflochlosen koncovka und erganzt zur Melodie einen Bordunton Bei der dvojacka in der Nordslowakei Region Orava sind beide Rohren in einen Holzblock gebohrt Inhaltsverzeichnis 1 Herkunft und Verbreitung 2 Bauform 3 Spielweise 4 Literatur 5 Weblinks 6 EinzelnachweiseHerkunft und Verbreitung Bearbeiten nbsp Links zwei Doppelfloten aus der Schweiz um 1800 und Deutschland Ende 18 Jahrhundert rechts zwei dvojnice aus dem Gebiet des ehemaligen Jugoslawien 19 Jahrhundert Metropolitan Museum of Art New YorkDoppelblasinstrumente mit Rohrblattern sind seit dem 3 Jahrtausend v Chr aus dem Alten Agypten und aus Mesopotamien bekannt im antiken ostlichen Mittelmeerraum war der aulos mit Einfach oder Doppelrohrblatt das am haufigsten abgebildete Blasinstrument In Europa werden seit dem Mittelalter Doppelfloten gespielt erwahnt beispielsweise im 14 Jahrhundert von Guillaume de Machaut in seinem Gedicht La Prise d Alexandrie und um 1484 von Johannes Tinctoris der von Doppel tibiae spricht Tibia war bei den Romern eine Bezeichnung fur den aulos wahrend Tinctoris im 15 Jahrhundert die Flote tibia und die Leier als die beiden bedeutendsten Musikinstrumente beschreibt 1 Im Unterschied zum antiken aulos dessen separate Spielrohren in einem spitzen Winkel angeblasen wurden sind die mittelalterlichen europaischen Blasinstrumente parallel verbundene Floten ublicherweise mit Kernspalt Als Elisabeth die Tochter des Landgrafen Moritz von Hessen Kassel 1596 getauft wurde gab es einen theatralischen Aufzug mit 47 Musikern darunter Spielern von Doppelfloten Aus dem 16 Jahrhundert blieben zwei doppelte Kernspaltfloten erhalten Die eine besteht aus einem einzelnen Holzstuck mit zwei unterschiedlich langen Rohren und einem gemeinsamen Anblasloch aufbewahrt im All Souls College Oxford die andere besitzt zwei Rohren mit der gleichen Anzahl von Fingerlochern im Landesmuseum Zurich Weitere Doppelfloten mit gleichen und ungleichen Rohren sind in Westeuropa aus dem 18 Jahrhundert uberliefert Anfang des 18 Jahrhunderts fertigte Christian Schlegel in Basel Doppelblockfloten Akkordfloten aus einem flachen Holzstuck unter dem Namen Plattfloten an 2 Im Jahr 1805 entwickelte der Instrumentenbauer William Bainbridge in London Doppel und Dreifachfloten mit einem gemeinsamen Anblasloch aus einem Holzstuck und mit angesetzten Spielrohren Diese in vielen Instrumentensammlungen vorhandenen Floten wurden bis zur Mitte des 19 Jahrhunderts auch in Dublin Deutschland und in den Vereinigten Staaten angefertigt 3 Auf zwei der Rohren wurde die Melodie bevorzugt in parallelen Terzen geblasen die dritte diente als Bordunpfeife 4 In Westeuropa sind Doppelblockfloten praktisch verschwunden sie sind heute vor allem in der Volksmusik der Sudslawen beliebt wo sie traditionell als Hirteninstrumente dienen Ihre Spieltechniken durften denen des Mittelalters ahnlich sein Zu ihnen gehort die namentlich mit der dvojacka verwandte dwojanka im Westen und Suden Bulgariens die aus zwei zylindrischen Bohrungen in einem Holzstuck besteht Die Melodierohre besitzt sechs Fingerlocher die Bordunrohre ein Loch an der Seite 5 Eng verwandt hiermit sind die dvojanka dvoyanka in Serbien und die dvojnice von Bosnien Kroatien Mazedonien und Serbien Weitere Namen fur aus einem Holzblock gefertigte Doppelfloten in den Landern des ehemaligen Jugoslawien sind dvojenice im Westen Serbiens dvojkinje und vidulice in Kroatien und slagarka in Mazedonien In Kroatien kann diple die Doppelte eine Doppelflote oder Rohrblattinstrumente mit zwei Spielrohren bezeichnen Die genannten Doppelfloten haben meist vier Fingerlocher auf der einen Seite und drei Fingerlocher auf der anderen manche Instrumente besitzen funf und vier Fingerlocher In der Ukraine kommt die dwodenziwka ukrainisch dvodencivka mit vier und drei Fingerlochern oder mit funf Fingerlochern und einer fingerlochlosen Bordunpfeife vor Die in Rumanien und Moldawien gespielte fluier gemănat ist eine einteilige Doppelflote mit zweimal sechs Fingerlochern oder sechs Lochern im Melodierohr und einem im Bordunrohr Die Zahl der Fingerlocher bei der ungarischen kettos furulya schwankt ebenfalls Im Suden Albaniens in der Region Laberia eignet sich die cyla diare auch curle dyjare zur Wiedergabe des dortigen iso polyphonen Gesangsstils In der Slowakei wurden 103 typologisch unterscheidbare Aerophone gezahlt von denen die Kernspaltfloten mit rund 35 Typen einschliesslich der langsten Flote fujara die grosste Gruppe bilden Die traditionellen Rohrblattinstrumente zu denen die seltene drcek gehort sind mit zwolf Typen vertreten 6 Die allgemeine slowakische Bezeichnung fur Floten ist pistala Doppelfloten sind ausser als dvojacka auch als dvojanka duplovka dvojka zwei bezogen auf die Zahl der Spielrohren valaska dvojka und valaska pistela bekannt wobei mit valaska walachisch hier die Hirtentradition des Musikinstruments gemeint ist 7 Die mundlich uberlieferte Kenntnis der slowakischen Doppelfloten reicht bis in die Mitte des 19 Jahrhunderts zuruck und in den Museen sind Instrumente ab Anfang des 20 Jahrhunderts erhalten Das Liedrepertoire der dvojacka ahnelt demjenigen der fujara das sich im 18 Jahrhundert herausbildete Die fujara erhielt spatestens im 17 Jahrhundert ihre heutige Form die auf altere Dreilochfloten zuruckgeht weshalb die dvojacka ebenfalls deutlich alter als die bekannte Uberlieferung sein konnte 8 Bauform Bearbeiten nbsp Zweiteilige zentralslowackische dvojacka nbsp Dwojanka aus Bulgarien entspricht dem einteiligen nordslowakischen Typ der dvojacka Beim zentralslowakischen zweiteiligen Typ der Doppelflote sind eine Kernspaltflote mit sechs Fingerlochern auf der Oberseite typische Hirtenflote und einer gleich langen Flote ohne Fingerlocher koncovka durch Bander miteinander verbunden Ihre Lange betragt durchschnittlich 43 Zentimeter 9 mit einem Grossenbereich von 40 bis 50 Zentimeter Die gemessenen Maximalwerte betragen 32 7 und 55 4 Zentimeter Die Verbindung kann durch Messingblechstreifen oder Lederbander an beiden Enden erfolgen Die Bohrungen sind in beiden Rohren zylindrisch und haben denselben Durchmesser Die bevorzugt aus Zweigen vom Schwarzen Holunder 10 angefertigten Rohren sind ublicherweise mit floralen oder geometrischen Strichmustern in schwarzer Farbe oder mit Schnitzereien verziert Geschnitzte Floten besitzen haufig sechseckige Enden sodass die Rohren an den abgeflachten Seiten zusammengefugt werden konnen ansonsten werden die Verbindungsstreifen mit Kork unterfuttert um einen festen Kontakt zu gewahrleisten Die einteiligen Floten des nordslowakischen Typs sind mit durchschnittlich 38 5 Zentimeter und einem Schwankungsbereich zwischen 30 und 40 Zentimeter etwas kurzer In den Querschnitt von 30 40 15 25 Millimetern werden zwei parallele zylindrische Kanale mit einem Durchmesser zwischen 10 und 15 Millimeter gebohrt Die Wandstarke der Rohren betragt 2 bis 3 Millimeter zwischen beiden Rohren verbleibt ein Abstand von 4 bis 6 Millimetern Bei beiden Typen befindet sich die Fingerlochreihe an der vom Spieler aus gesehen rechten Seite Die Fingerlocher sind aquidistant mit einem Abstand von 15 Millimeter angeordnet bei hochstens 2 Millimeter Abweichungen Ihre kreisrunde Form ist innen zu einer Ellipse erweitert Fruher wurden die Locher durch einen entsprechend schrag gefuhrten gluhenden Draht eingebrannt Die Schneidenkanten entsprechen denen des ersten Typs sind jedoch etwas schmaler und kurzer Zur Herstellung der einteiligen Floten dient meist getrocknetes Ahornholz das an der Oberflache glatt geschliffen aber im Unterschied zu den zweiteiligen Floten nur selten mit eingeritzten Ornamenten verziert wird 11 Spielweise BearbeitenDie Tone der Melodiefloten werden bei beiden Typen wie bei der Hirtenflote mit sechs Fingerlochern gegriffen Die Grundtone sind bei der zweiteiligen Flote nicht zu verwenden dafur werden Obertone bis zum funften gelegentlich bis zum sechsten Oberton erzeugt Auf der Bordunrohre wird uberwiegend der erste Oberton manchmal auch der zweite oder dritte geblasen Die jeweiligen Obertone der Bordunflote entstehen zwangslaufig gemass dem Spiel der Melodieflote da in beide Rohren praktisch immer mit demselben Blasdruck eingeblasen wird Bei der einteiligen Flote spielt man auf der Melodierohre nur die erste oder zweite Obertonreihe und auf der Bordunrohre den ersten Oberton oder selten den Grundton Das Spiel auf der Doppelflote ist schwierig zu erlernen Nur ein geubter Spieler kann eine Melodie mit einem in der Tonart passenden Bordunton erganzen Die dvojacka ist traditionell ein Instrument der Schaf und Kuhhirten die es in den Bergen zur eigenen Unterhaltung spielen Mit der dvojacka werden die in ihrer Verbreitungsregion vorherrschenden Melodien im lydischen oder mixolydischen Modus gespielt Am haufigsten kommen Dur Tonleitern kleine Terz und ubermassige Quarte vor Die Melodien gehoren zu den seit dem 14 Jahrhundert entstandenen Genres der Hirten Rauber und Tanzlieder die instrumental vorgetragen werden Die im 17 und 18 Jahrhundert hinzugekommenen Rauberlieder stehen in der Tradition der Hirtenlieder sind aber musikalisch unabhangig von den Brauchtumsliedern Die Gesangsstimme wird haufig von Instrumentalstucken auf der einfachen Hirtenflote oder der Doppelflote unterbrochen 12 In der Mittelslowakei sind die Melodien und Rhythmen relativ fixiert wahrend der Spieler in der Nordslowakei die Melodien starker ornamentiert und abwandelt 13 Literatur BearbeitenOskar Elschek Die Volksmusikinstrumente der Tschechoslowakei Teil 2 Die slowakischen Volksmusikinstrumente Ernst Emsheimer Erich Stockmann Hrsg Handbuch der europaischen Volksmusikinstrumente Serie 1 Band 2 Deutscher Verlag fur Musik Leipzig 1983 Ivan Macak Dvojacka In Laurence Libin Hrsg The Grove Dictionary of Musical Instruments Bd 2 Oxford University Press Oxford New York 2014 S 124Weblinks BearbeitenMichal Smetanka plays Double Six Hole Flute Youtube VideoEinzelnachweise Bearbeiten Anthony Baines Fifteenth century Instruments in Tinctoris s De Inventione et Usu Musicae In Timothy J McGee Hrsg Instruments and their Music in the Middle Ages Music in Medieval Europe Routledge London 2009 S 53 55 Curt Sachs Handbuch der Musikinstrumentenkunde Georg Olms Hildesheim 1967 S 305 William Waterhouse The Double Flageolet Made in England In The Galpin Society Journal Bd 52 April 1999 S 172 182 Sibyl Marcuse A Survey of Musical Instruments Harper amp Row New York 1975 S 586f Vergilij Atanassov Dvoyanka In Laurence Libin Hrsg The Grove Dictionary of Musical Instruments Bd 2 Oxford University Press Oxford New York 2014 S 124 Oskar Elschek Slowakei In Ludwig Finscher Hrsg Die Musik in Geschichte und Gegenwart Sachteil 8 Kassel Stuttgart 1998 Sp 1528 Oskar Elschek 1983 S 190 Oskar Elschek 1983 S 164 193 Seit den 1970er Jahren wird eine fujara dvojka Doppel Fujara mit zwei gleich langen Spielrohren hergestellt Ivan Macak 2014 S 124 Martin Culik Black Elder Wood for the Slovak Folk Wind Musical Instruments Making In Proceedings of the Acoustics High Tatras 2009 34th International Acoustical Conference EAA Symposium Oskar Elschek 1983 S 191f Oskar Elschek Slowakei In Ludwig Finscher Hrsg Die Musik in Geschichte und Gegenwart Sachteil 8 Kassel Stuttgart 1998 Sp 1523 Oskar Elschek 1983 S 192f Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Dvojacka amp oldid 226584604