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Das Kloster St Urban ist eine ehemalige Zisterzienserabtei auf dem Gebiet der Gemeinde Pfaffnau im Kanton Luzern Schweiz Kloster St UrbanWestseiteLage Schweiz SchweizKanton LuzernKoordinaten 47 13 55 N 7 50 24 O 47 231944444444 7 84 Koordinaten 47 13 55 N 7 50 24 O CH1903 630395 231302Ordnungsnummernach Janauschek 514Grundungsjahr 1194Jahr der Auflosung Aufhebung 1848Mutterkloster Kloster LutzelPrimarabtei Kloster Morimond Inhaltsverzeichnis 1 Geschichte 2 Klosterleben und Musikkultur im 18 Jahrhundert 3 Liste der Abte von Sankt Urban 4 Weitere Bilder 5 Chorgestuhl 6 Siehe auch 7 Literatur 8 Weblinks 9 EinzelnachweiseGeschichte BearbeitenAuf Veranlassung der Freiherren von Langenstein aus dem Oberaargau grundeten 1194 Monche der Abtei Lutzel aus dem Elsass das Kloster im Tal der Rot Die Klostergemeinschaft gehorte damit der Filiation der Primarabtei Morimond an Im spaten 13 Jahrhundert produzierte das Kloster in grosser Menge Backsteine aus denen die zweite Klosteranlage bestand 1 Die Backsteine wurden in zwei Versionen hergestellt die einfachen rechteckigen Backsteine die fur Wande verwendet wurden und die verzierten Formstucke Diese verzierten Werkstucke wurden fur Turrahmen als Turpfosten Torbogen Fensterumrahmungen Sturze und Gesimse verwendet Auch Bodenfliesen wurden hergestellt Durch den Formenreichtum dieser Ziersteine und der keramischen Technik der aufgepressten Ornamente wurden diese Steine zu Zeugen eines beachtenswerten schweizerischen Kunsthandwerks des 13 Jahrhunderts 2 Seit 1991 hat Richard Bucher im ehemaligen Kloster wieder eine Werkstatt fur Handziegel Herstellung eingerichtet 3 Der heutige Klosterbau wurde in der ersten Halfte des 18 Jahrhunderts vom Vorarlberger Baumeister Franz Beer errichtet und ist eines der eindrucklichsten Beispiele barocker Baukunst in der Schweiz Eine Sehenswurdigkeit in der 1711 bis 1715 erbauten Klosterkirche ist das Chorgestuhl aus den Jahren 1700 bis 1707 Bedeutend ist auch die von Joseph und Viktor Ferdinand Bossard erbaute Orgel aus dem Jahre 1721 4 Der St Urbanhof in Zofingen bzw sein Pendant in Sursee dienten als Verwaltungsgebaude fur die Lehen des Klosters Am 13 April 1848 verfugte der Kanton Luzern nach dem Tod des Abts Friedrich Pfluger zur Tilgung der Kriegsschulden an die siegreichen Kantone des Sonderbundskriegs die Aufhebung des Klosters und den Verkauf der Klosterguter Kunstschatze sowie die Klosterbibliothek mit der Gatterer Sammlung wurden in Staatsbesitz uberfuhrt Darunter fiel auch das kunstlerisch wertvolle Chorgestuhl das erst im 20 Jahrhundert wieder zuruckgekauft und 1911 erneut aufgestellt werden konnte Die ebenfalls zunachst verramschten Klosterraumlichkeiten wurden zuruckgekauft und hier 1873 eine kantonale Irrenanstalt eingerichtet Noch heute besteht hier eine kantonale Psychiatrische Klinik Luzerner Psychiatrie Klosterleben und Musikkultur im 18 Jahrhundert Bearbeiten nbsp Inneres der Klosterkirche nbsp Hochaltar der Klosterkirche nbsp Inneres der KlosterkircheKlosterleben Das Klosterleben von St Urban manifestierte sich auf verschiedenen Gebieten Religion Erziehung Kultur Wirtschaft und Politik In wirtschaftlicher Hinsicht betatigten sich die Monche und Laienbruder im Wiesen und Ackerbau mit teilweise kunstlichen Bewasserungstechniken Die Arbeitsgebiete befanden sich im Kloster in der Nahe davon aber auch in der weiteren Umgebung Der Rebenbau des Klosters war zum Beispiel am Bielersee Die Klosterziegelei produzierte ihre Produkte auch fur den Export Furstabtei Wie sich das Kloster im 18 Jahrhundert politisch prasentierte vermittelt das nachstehende Zitat aus der Publikation von Wilhelm Jerger Eine der reinsten hofischen Buhnen besass wohl St Urban dessen furstliche Abte Ehrenburger von Solothurn und Bern waren und unter erstaunlichem furstlichem Geprange nach der Wahl jeweils zur Burgerrechtserneuerung nach Solothurn und Bern zogen Zu dieser Zeit bestand eine Tendenz zu klosterlicher Territorialherrschaft Durch das Eingreifen der eidgenossischen Orte konnte sich diese jedoch nicht durchsetzen Erziehung Auf dem Gebiet der Erziehung ist belegt dass die Klosterschule schon um 1470 existierte In den darauffolgenden Jahrzehnten entstand ein erster Hohepunkt in der Zeit des Humanismus und der Reformschriften Spater unter der Leitung von Abt Benedikt Pfyffer von 1768 bis 1781 entwickelte sich St Urban zu einer Musterschule 1780 war sie das erste Lehrerseminar der Schweiz In dieser padagogischen Bildungsanstalt fur Volksschullehrer wurden die folgenden Facher unterrichtet moderne Sprachen freie Kunste Musik Tanzen Reiten Fechten Zeichnen usw Die erzieherische und vor allem die musikalische Blutezeit des 18 Jahrhunderts dauerte bis zur Resignation von Abt Karl Ambros Glutz in 1813 Danach wurde die Schule in angepasster Form weitergefuhrt bis zur Aufhebung des Klosterbetriebs in 1848 Musikpflege Uber die Musikpflege im 18 Jahrhundert schrieb Wilhelm Jerger In St Urban bestand einstmals eine bedeutsame ortliche Musikpflege von der man selbst in der Schweiz nur wenig weiss Schon bei der Grundung des Klosters besass St Urban eine reichhaltige Bibliothek auch mit Schriften fur Musik und Gesang In der Folge wurden Musikalien und Instrumente regelmassig ausgetauscht mit andern Klostern Zusammen mit der Bevolkerung der umliegenden Dorfer Sursee Willisau etc entstand im Kloster die Tradition des sogenannten Neujahrssingens Das war ein Musikwettstreit mit Preisen an dem sich auch die benachbarten Schulmeister mit ihren Schulern beteiligten Hohepunkt der Musikkultur im 18 Jahrhundert Die Fertigstellung der Barock Bauten bildete den Rahmen fur eine intensive Musikpflege Die neue Orgel aus dem Jahr 1721 von Josef Bossard 40 III P galt damals als die prachtvollste Orgel der Schweiz 1993 wurde sie von Orgelbau Kuhn fachgerecht restauriert Neben der Barockkirche hatte das Kloster auch einen stattlichen und uberaus prunkvollen Festsaal der selbst den sogenannten Furstensaal von Einsiedeln an Reichtum ubertraf Der Festsaal war fur theatralische und konzertante Auffuhrungen Bei den Inaugurationen der Abte wurden Singspiele aufgefuhrt mit Themen aus der griechischen Mythologie Apollo Homer Orakel von Delphi etc Als Urheber des Singspiels in der deutschen Schweiz wird der Komponist und Sinfoniker Constantin Reindl 1738 1798 gesehen der sowohl in St Urban wie auch in Luzern tatig war Als der junge Schweizer Musiker Xaver Schnyder von Wartensee 1786 1868 seinen Onkel und Komponist Benignus Schnyder von Wartensee 1754 1834 im Kloster St Urban besuchte stellte er 1802 fest dass sich unter den Monchen so viele Musiker befanden dass das zur Messe notige Orchesterpersonal aus ihnen besetzt werden konnte Weitere bekannte Musiker in St Urban waren der Schweizer Komponist und Zisterziensermonch Johann Evangelist Schreiber 1716 1800 und der aus der Oberpfalz stammende Komponist und Organist Martin Vogt 1781 1854 Uber seinen Aufenthalt von 1808 bis 1811 schrieb Martin Vogt Durch die vielen Gaste die immer nach Sankt Urban kamen wurden nun meine Kompositionen in der Schweiz bekannt und hatte ich alle Bestellungen befriedigen wollen so hatte ich Tag und Nacht schreiben mussen Liste der Abte von Sankt Urban BearbeitenKonrad von Biederthan 1196 Otto von Salem 1212 Konrad von Tennenbach 1223 Marcellinus 1226 1240 Heinrich 1241 R 1242 Werner 1246 Ulrich von Burgdorf 1247 48 1249 Ulrich von St Gallen 1249 1263 Johannes von Wangen 1268 Markward 1274 1286 Julian von Frienisberg 1287 Rudolf von Hauenstein 1296 1302 Ulrich von Buttikon 1304 1308 resigniert Werner Husler 1311 1315 Heinrich von Iberg 1316 1322 Johann Rapplin 1325 1335 Nikolaus Bischof 1337 1349 Konrad zum Brunnen 1350 Hermann von Frohburg 1356 1367 Johann Kolb 1369 1370 Johann Jakob Spariolus 1378 1383 Ulrich Kundig 1282 1398 Rudolf Frutiger 1402 1408 Heinrich Hauptring 1413 1422 Johann Marti 1422 1441 Niklaus Hollstein 1441 1480 Johann Kuffer 1480 1487 Heinrich Bartenheim 1487 1501 resigniert Johannes Renzlinger 1501 1512 Erhard Kastler 1512 1525 Walther Thori 1525 1534 Sebastian Seemann 1535 1551 Jakob Wanger 1551 1558 Jakob Kundig 1558 1572 Leodegar Hofschurer 1572 1585 Ludwig von Mettenwil 1585 1588 Ulrich Amstein 1588 1627 Beat Goldlin 1627 1640 Edmund Schnider 1640 1677 Karl Dulliker 1677 1687 Ulrich Glutz Ruchti 1687 1701 Josef zur Gilgen 1701 1706 Malachias Glutz 1706 1726 Robert Balthasar 1726 1751 Augustin Muller 1751 1768 Benedikt Pfyffer von Altishofen 1768 1781 Martin Balthasar 1781 1787 resigniert Karl Ambros Glutz Ruchti 1787 1813 resigniert Friedrich Pfluger 1813 1848Weitere Bilder Bearbeiten nbsp Westseite nbsp Westseite nbsp Klosterkirche mit Turmen nbsp Ostseite nbsp Eingang Sud nbsp Eingang Nord Unteres Tor Gasthaus Lowen nbsp Wappen Abt Karl Dulliker 1677 1687Chorgestuhl BearbeitenIn der Klosterkirche befindet sich das wohl um 1700 1707 unter der Leitung des Bildhauers Johann Peter Frolicher 1661 1723 von Solothurn durch einheimische Kunstler geschaffene Chorgestuhl Der Formenreichtum die kunstlerische Qualitat der Bildhauerarbeit und das reiche ikonographische Programm erheben das Gestuhl von St Urban zu einem der grossartigsten und bedeutendsten Chorgestuhle des Barock 5 Nach der Klosteraufhebung im Jahr 1853 wurde das Chorgestuhl an einen St Galler Bankier dann an einen Irlander und danach nach Schottland verkauft Nach jahrelangen Verhandlungen gelang der Gottfried Keller Stiftung 1911 der Ruckkauf des Gestuhls unter der Bedingung des Verkaufers dass es wieder an seinem ursprunglichen Ort aufgestellt werde Die Ruckwand des Gestuhls ist mit Saulen gegliedert Sie stellen den kunstlerisch wertvollsten Teil dar und sind das Werk des Hauptmeisters Johann Peter Frolicher Zwischen den Saulen befinden sich in drei Zonen ubereinander angeordnet Relieftafeln in unterschiedlicher Grosse Die unterste Reliefzone schildert Themen aus dem Alten Testament die mittlere Szenen aus dem Neuen Testament und die oberste besonders Gleichnisse und Begebenheiten aus der Lehrtatigkeit von Christus 6 nbsp Detail eines Klappsitzes mit Miserikordie zum Abstutzen beim Stehen Chorgestuhl St Urban nbsp Linker Flugel des Chorgestuhls von St Urban nbsp Hochrelief aus der mittleren Relief Reihe der Dorsale Chorgestuhl St Urban nbsp Figurative Saulen Chorgestuhl St Urban nbsp Saulen in der Ecke Chorgestuhl St Urban nbsp Hochreflief Flucht nach Agypten Chorgestuhl St Urban Siehe auch BearbeitenListe der Kulturguter in Pfaffnau Gerichtsherrenstand im Thurgau Petermann I von GrunenbergLiteratur BearbeitenZur Geschichte des Klosterbaues von St Urban In Anzeiger fur schweizerische Alterthumskunde Band 4 Heft 16 3 1880 1883 S 437 444 Digitalisat Alois Hafliger Hrsg Sankt Urban 1194 1994 Ein ehemaliges Zisterzienserkloster Benteli Verlag Bern 1994 ISBN 3 7165 0924 8 Andre Meyer Das ehemalige Zisterzienserkloster St Urban Schweizerischer Kunstfuhrer Nr 545 Hrsg Gesellschaft fur Schweizerische Kunstgeschichte GSK Bern 1994 ISBN 978 3 85782 545 3 Friedrich Jakob Die Orgeln der Klosterkirche St Urban Das Meisterwerk und das Werkstattbuch des Orgelbauers Joseph Bossart 1665 1748 243 Veroffentlichung der Gesellschaft der Orgelfreunde Verlag Orgelbau Kuhn Mannedorf 2011 ISBN 978 3 033 02914 9 Wilhelm Jerger Die Musikpflege in der ehemaligen Zisterzienserabtei St Urban In Die Musikforschung 4 1954 Barenreiter Kassel S 386 Martin Vogt Erinnerungen eines wandernden Musikers Autobiografie der ersten Halfte seines Lebens von 1781 bis 1821 Basel 1971 S 84 Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Kloster St Urban Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien Homepage des Klosters St Urban Chorgestuhl auf der Webseite des Klosters St Urban Waltraud Horsch Sankt Urban In Historisches Lexikon der Schweiz Einzelnachweise Bearbeiten Bodenplatten auf lwl ch Fritz Junker St Urban Eine Monographie der ehemaligen Abtei Raeber Verlag Luzern 1975 ISBN 3 7239 0033 0 S 21 23 Vera Ruttimann berichtet uber die Klosterziegelei von Bucher in der Katholischen Sonntagszeitung des Bistums Augsburg vom 15 Juli 2018 Portrat des Instruments auf der Website von Orgelbau Kuhn abgerufen am 26 September 2011 Andre Meyer Das ehemalige Zisterzienserkloster St Urban Hrsg Gesellschaft fur schweizerische Kunstgeschichte Bern 1994 ISBN 3 85782 545 6 S 34 Andre Meyer Das ehemalige Zisterzienserkloster St Urban Hrsg Gesellschaft fur Schweizerische Kunstgeschichte Bern 1994 ISBN 3 85782 545 6 S 35 36 Normdaten Korperschaft GND 1086699386 lobid OGND AKS LCCN n97057327 VIAF 293273013 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Kloster St Urban amp oldid 236067505