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Der Gatterer Apparat ist eine bedeutende Sammlung historischer Urkunden die nach dem Begrunder der Historischen Hilfswissenschaften dem Gottinger Professor Johann Christoph Gatterer benannt ist und sich seit 1997 im Landesarchiv Speyer befindet Inhaltsverzeichnis 1 Die Sammlung heute 1 1 Bedeutung fur das Landesarchiv 2 Geschichte des Apparates 2 1 Gatterers Lehrsammlung 2 2 Weiterfuhrung unter Gatterers Sohn 2 3 Verkauf nach dem Tod des Sohnes 2 4 Ankauf durch das Archiv Speyer 3 Einzelnachweise und Anmerkungen 4 Literatur 5 WeblinksDie Sammlung heute BearbeitenDie im Landesarchiv Speyer verwahrte Sammlung umfasst rund 4500 Originalurkunden Aus der Zeit vor dem Jahr 1400 stammen etwa 1100 Dokumente Das alteste Pergament ist eine Urkunde Konig Ludwigs des Jungeren aus dem Jahre 878 Zu den Archivalien gehoren 50 Konigsurkunden und 29 Papstbullen von vor 1400 Daruber hinaus gibt es bedeutende Schriftstucke der Neuzeit so beispielsweise Schreiben Friedrich Wilhelms I und Friedrichs II von Preussen Neben den Originaldokumenten umfasst die Sammlung auch Urkundenabschriften alte Schreibgeratschaften alte Kupferstiche von Urkunden und Siegeln 275 Originalsiegel 36 Siegelstempel Siegelnachzeichnungen und 40 Handschriften ab dem 13 Jahrhundert Es gibt auch eine vorlutherische Psalmenubersetzung aus dem Jahr 1470 Insgesamt beinhaltet der Bestand 8 600 Positionen 1 Neben deutschen Ausstellern der Dokumente finden sich auch Auslander wie Christina von Schweden oder Ludwig XV von Frankreich Ausser Papsten sind auch Kardinale Bischofe und papstliche Legaten unter den Ausstellern Empfanger der Urkunden waren zumeist Domkapitel Bistumer Kloster Stadte Gemeinden und Adlige Bedeutung fur das Landesarchiv Bearbeiten Aufgrund kriegerischer Ereignisse in den letzten Jahrhunderten im Sudwesten Deutschlands wie auch wegen des Verlustes vieler Pfalzer Archive durch Verlegung dieser nach Munchen 2 Darmstadt 3 Wiesbaden oder Karlsruhe besass das Landesarchiv Speyer verhaltnismassig wenige Dokumente zur reichen Geschichte im Oberrheingebiet Durch den Erwerb des Gatterer Apparates konnte der bis dahin vorhandene Bestand von rund 20 000 Urkunden nicht nur um weitere 4500 vergrossert werden besonders die Anzahl der Dokumente aus dem Fruh und Hochmittelalter konnte so verzwanzigfacht werden 4 Das gilt umso mehr als sich die Mehrzahl der im Gatterer Apparat zusammengefuhrten Unterlagen auf die Geschichte der Pfalz und Rheinhessens beziehen 5 Geschichte des Apparates BearbeitenDie Sammlung deren erste Teile in der ersten Halfte des 18 Jahrhunderts als Lehrmaterialien Sammlung Lehrapparat angelegt wurden wurde bis zum Ankauf durch das Landesarchiv Speyer im Jahr 1996 mehrfach verkleinert erweitert und veraussert Gatterers Lehrsammlung Bearbeiten Gatterer war von 1759 bis 1799 Professor an der Universitat in Gottingen In dieser Zeit baute er seinen Lehrapparat auf Grundstock bildete der von ihm ubernommene Nachlass seines Lehrers und Vorgangers in Gottingen Johann David Kohler der aus einer Sammlung zur Numismatik Diplomatik Heraldik und Geographie bestand 6 Gatterer wollte den Unterricht fur seine Studenten durch Anschauungsexemplare veranschaulichen Damals waren deutsche Archive anders als die franzosischen fur Wissenschaftler kaum zuganglich Gatterer erweiterte die ubernommene Sammlung betrachtlich durch Zukaufe bzw entsprechende Geschenke von seinen Studenten 1 wie auch Widmungen anderer Institutionen 1772 wurde dem osterreichischen Staatskanzler Wenzel Anton Kaunitz in Bezug auf Gatterers Lehrmethoden mitgeteilt von dem reichen Anschauungsmaterial seines diplomatischen Cabinets mit den hunderten von Urkunden im Original und den Kupferstichen mit Kanzlerszeichen und Monogrammen mit Siegeln und Wappen Schreibstoffen und Alphabeten worin alles nach der besten wissenschaftlichen Methode angelegt und abgetheilt sei 7 Bei Johann Stephan Putter 8 wird ebenfalls auf die Lehrmethode mit dem Diplomatischen Kabinett dem Ursprung des heutigen Gatterer Apparates eingegangen Bey Erklarung der Diplomatik sucht in Sonderheit der Professor Gatterer sein ziemlich vollstandiges diplomatisches Cabinett den Zuhohrern auf alle Weise brauchbar zu machen Er besitzt nehmlich nicht nur alle Hauptarten von Siegeln Monogrammen Canzlerszeichen Chrismen Alphabeten Schriften Schreibgerathschaften etc sondern er hat auch eine hinreichende Anzahl Urkunden sowohl im Original als in Kupfer gestochen gezeichnet u s f ausserdem sind ihm auch zum Behuf seiner diplomatischen Vorlesungen aus dem Koniglich Churfurstlichen Archive einige 20 Stuck besonders nutzlicher und zum Theil sehr alter Original Urkunden anvertraut worden 7 Gegen Ende von Gatterers Tatigkeit in Gottingen kam es zu Auseinandersetzungen mit jungeren Kollegen So baute sich der neue Professor des Lehrstuhls fur Hilfswissenschaften Carl Traugott Gottlob Schonemann 1765 1802 einen eigenen Diplomatischen Lehrapparat fur seine Vorlesungen auf Die Vorkommnisse sind vermutlich der Grund weshalb die Gatterer Sammlung nach dessen Tod nicht an die Gottinger Universitat fiel Der noch heute bestehende Diplomatische Apparat beim dortigen Institut fur historische Hilfswissenschaften beruht denn auch auf der Sammlung Schonemanns Putter schatzte die Sammlung bei Gatterers Tod auf rund 500 Originaldiplome neben vielen weiteren Unterlagen 9 1799 wurde die Sammlung vom Alleinerben Christoph Wilhelm Gatterer einem bedeutenden Universitatsprofessor in Heidelberg ubernommen Die Vererbung der Sammlung quasi als Privateigentum an den Sohn war umstritten und wurde spater als Gatterer Problem thematisiert 10 Weiterfuhrung unter Gatterers Sohn Bearbeiten Zum Zeitpunkt des Uberganges an den Gatterer Sohn bestand der Apparat aus vier Teilen Originalurkunden aus der Zeit von 877 bis 1828 aus Deutschland Osterreich Italien Frankreich England Schweden der Schweiz und Siebenburgen dem Lehrapparat zur Schriftkunde Palaographie mit Schriftproben Alphabeten Kupferstichen Siegel und Stempelabdrucken in Wachs Rinde Talg und Stanniol Monogrammen und Schreibgerathschaften einer Munzsammlung und einer grossen Fachbibliothek mit einschlagiger Literatur Der Sohn Gatterers baute die Sammlung erheblich und systematisch aus wobei er besonders von der im Reichsdeputationshauptschluss erfolgten Sakularisation der rheinischen Kloster profitierte 5 Er konnte wichtiges Archivgut wahrend der Wirren der franzosischen Revolution vor der Vernichtung bewahren 1 Es gab aber auch Verkaufsabsichten So ist bekannt dass Heinrich Friedrich Karl vom und zum Stein die Sammlung gerne fur die von ihm mitbegrundete Monumenta Germaniae Historica erworben hatte Mit einem Schreiben vom 22 August 1829 wurde ihm von seinem Freund Johann Friedrich Heinrich Schlosser mitgeteilt dass die Sammlung fur 3000 Gulden zu erwerben sei Mit Schreiben vom 26 Dezember 1829 antwortete Stein dass Preussen nicht am Erwerb interessiert sei Der Verkauf des gesamten Apparates kam nicht zustande Allerdings wurde wahrscheinlich ein Teil des Apparates an den franzosischen Grafen Charles de Graimberg der damals in Heidelberg lebte veraussert Dessen Sammlung fiel nach seinem Tode testamentarisch an die Stadt Heidelberg und befindet sich heute im Heidelberger Stadtarchiv Es wird vermutet dass ein grosser Teil des Graimberg Nachlasses ursprunglich aus dem Gatterer Apparat stammte so auch die vormals zweitalteste Urkunde des Apparats ein Dokument von Kaisers Arnulf von Karnten aus dem Jahr 896 Verkauf nach dem Tod des Sohnes Bearbeiten Nach dem Tode des Sohnes versuchten seine Witwe Amalia 1767 1863 und die Tochter Clementine 1800 1878 die Sammlung zu verkaufen Die Universitat Heidelberg konnte sich den angebotenen Ankauf nicht leisten Auch andere Interessenten in Deutschland verfugten nicht uber genugend Mittel erneut wurden 3000 Gulden verlangt Als Folge wurden zunachst die Bibliothek und die Munzsammlung von der Urkundensammlung abgetrennt Die Bibliothek wurde 1838 an einen Antiquar verkauft uber den Verbleib der Munzsammlung ist nichts bekannt Da sich fur die Kernsammlung in Deutschland keine finanzkraftigen Interessenten fanden wurde diese dem Luzerner Staatsarchivar Ludwig Keller einem Freund des verstorbenen Gatterer Sohns angeboten Das Archiv selbst konnte ebenfalls nicht die erforderlichen Mittel zu einem Kauf aufbringen Durch Vermittlung Kellers an den Stiftsarchivar Pater Urban Winistorfer und den Klosterabt Pralat Friedrich Pfluger von Solothurn erwarb jedoch die Zisterzienser Abtei St Urban die Sammlung Gegen eine Barzahlung von 2700 Gulden ging Gatterers Lehrapparat am 20 April 1839 in den Besitz des Klosters uber Am 13 April 1848 wurde das Kloster aufgelost Kunstschatze sowie die Klosterbibliothek mit der Gatterer Sammlung wurden in Staatsbesitz uberfuhrt Die verwaltende Kantonsbibliothek in Luzern konnte mit dem Gatterer Apparat jedoch nichts anfangen und bot ihn deshalb zu einem Preis von 12 000 Franken dem Britischen Museum in London an Der Verkauf kam nicht zustande ein noch von Gatterer angefertigter Katalog den man mit dem Angebot zusammen nach London geschickt hatte kam nie zuruck Georg Heinrich Pertz zu der Zeit Prasident der Monumenta Germaniae Historica lehnte ebenfalls ab Ein Kaufangebot des Mitherausgebers der Monumenta und spateren Berliner Professors Philipp Jaffe fur 3000 Franken lehnten die Schweizer wiederum als ungenugend ab So verblieb die Sammlung in Luzern und 1870 gelang es dem Staatsarchivar Theodor von Liebenau den wertvollen Urkundenbestand in das Staatsarchiv zu ubernehmen Dort fertigte er erstmals ein komplettes Verzeichnis des Bestandes 5 Ankauf durch das Archiv Speyer Bearbeiten Erstmals wurde uber einen moglichen Ankauf der Sammlung fur das Landesarchiv Speyer mit den Luzerner Archivaren 1986 am Rande einer Tagung gesprochen Die Luzerner Fachleute waren bereit das Archiv zu einem Preis basierend auf einer Mischkalkulation aus kollegialem Freundschaftspreis und am Antiquitatenhandel orientiertem Marktpreis von 1 Million Schweizer Franken zu verkaufen 1993 konnte die Sammlung erstmals komplett von den Archivaren aus Speyer gesichtet werden Das zustandige rheinland pfalzische Ministerium begrusste zwar den Anschaffungsplan ziemlich schnell zeigte sich allerdings dass es keine zur Beschaffung notwendigen finanziellen Mittel zur Verfugung stellen konnte In Folge gelang es als Hauptsponsoren die Kulturstiftung der Lander die Stiftung Rheinland Pfalz fur Kultur wie auch zwei Firmensponsoren 11 zu finden Daneben wurden rund DM 250 000 von verschiedenen Wirtschaftsverbanden Kirchen Kommunen und Privatpersonen fur den Erwerb gespendet Am 10 Oktober 1986 wurde der Kaufvertrag seitens der rheinland pfalzischen Regierung unterschrieben und am 18 Februar 1997 wurde der Gatterer Apparat ins Landesarchiv Speyer verbracht Einzelnachweise und Anmerkungen Bearbeiten a b c gem Abriss der Patromonia Ausgabe Nr 119 Der Gatterer Apparat 1 2 Vorlage Toter Link www kulturstiftung de Seite nicht mehr abrufbar festgestellt im April 2018 Suche in Webarchiven nbsp Info Der Link wurde automatisch als defekt markiert Bitte prufe den Link gemass Anleitung und entferne dann diesen Hinweis bei der Kulturstiftung der Lander 1778 im Rahmen der Residenzverlagerung der pfalz zweibruckischen Linie der Wittelsbacher von Mannheim nach Munchen Rheinhessens Archivalien wurden auf dem Wiener Kongress dem Grossherzogtum Hessen zugeschlagen Wegen des erwahnten Umzuges der pfalz zweibrucker Wittelsbacher waren bis Ende des 19 Jahrhunderts alle Urkunden von vor 1400 nach Munchen verbracht worden a b c gem Heidelberger Geschichtsverein e V Willi Morlock und Hansjoachim Rather Verantw Johann Christoph Gatterer Vater auch diese Sammlung war bereits alter und ursprunglich vom Rechtshistoriker und Diplomatiker Johann Heumann von Teutschenbrunn der Universitat Altdorf angelegt worden Gatterer hatte 1747 1752 bei Heumann in Altdorf studiert a b gem Hans Goetting Geschichte des Diplomatischen Apparats der Universitat Gottingen in Archivalische Zeitschrift Nr 65 1969 S 11 ff zitiert bei Karl Heinz Debus Der Gatterer Apparat siehe LitVerz Johann Stephan Putter Versuch einer academischen Gelehrtengeschichte von der Georg Augustus Universitat zu Gottingen Gottingen Vandenhoeck 1765 der Gatterer Biograf und Genealoge Wolfgang Ollrog beziffert die Zahl der Originalurkunden dagegen auf 5000 Exemplare gem Wolfgang Ollrog Johann Christoph Gatterer siehe LitVerz S 31 So stellte der Luzerner Staatsarchivar Theodor von Liebenau 1877 fest dass die Sammlung ursprunglich keineswegs unbeschranktes Eigenthum Gatterers gewesen sei und auch spater nicht wurde da sie unter anderem mit Schenkungen an das Koniglich historische Institut erweitert wurde Verlagsgruppe Medien Union und Fallot Versicherungsmakler GmbHLiteratur BearbeitenKarl Heinz Debus Der Gatterer Apparat Landesarchiv Speyer Kulturstiftung der Lander in Verbindung mit dem Landesarchiv Speyer Hrsg ISSN 0941 7036 Speyer 1998 Wolfgang Ollrog Bearbeitung Johann Christoph Gatterer der Begrunder der wissenschaftlichen Genealogie Eine Untersuchung der bisher bekannten Quellen und Veroffentlichungen uber seine Herkunft sein Leben und Werk sowie seine Nachkommen Im Auftrag der Genealogisch Heraldischen Gesellschaft mit dem Sitz in Gottingen Archiv fur Sippenforschung und alle verwandten Gebiete mit Praktischer Forschungshilfe 47 Jahrgang Heft 81 82 Februar 1981 C A Starke Verlag Hrsg Limburg Lahn 1981 S 30 ff Mark Mersiowsky Barocker Sammlerstolz Raritatenkabinette Strandgut der Sakularisation oder Multimedia der Aufklarung Diplomatisch palaographische Apparate im 18 und fruhen 19 Jahrhundert in Peter Worm Erika Eisenlohr Hgg Arbeiten aus dem Marburger hilfswissenschaftlichen Institut elementa diplomatica 8 Marburg 2000 S 229 241 Mark Mersiowsky so wohl ihr Auge zu uben als ihr Urtheil durch sichere Kenntnisse zu scharfen Aufklarung und Sammeln um 1800 in Evamaria Blattner Karlheinz Wiegmann Hgg Schatze aus dem Verborgenen Sammeln und Sammlungen in Tubingen Tubingen 2010 S 18 29Weblinks BearbeitenBestandsubersicht in der Archivdatenbank des Landesarchivs Speyer Literaturdatenbank Regesta Imperii bei der Akademie der Wissenschaften und der Literatur Mainz Patromonia Ausgabe Nr 119 bei der Kulturstiftung der Lander Bestellmoglichkeit Verweis auf Restbestande beim Staatsarchiv Luzern Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Gatterer Apparat amp oldid 238544079