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Die Diplomatik Urkundenlehre von altgriechisch diplwma diploma deutsch Gefaltetes aus diplwos diploos doppelt ist eine der grundlegenden Disziplinen der historischen Hilfswissenschaften Sie beschaftigt sich mit der Einteilung den Merkmalen der Ausstellung beteiligte Personen Geschaftsgang der Kanzleien Hilfsmittel wie Formelbucher der Uberlieferung der Echtheit und dem historischen Wert von Rechtsurkunden Forschungsschwerpunkte deutschsprachiger Forscher waren zunachst vorwiegend die europaischen Urkunden des Mittelalters und der Fruhen Neuzeit Es gibt aber auch eine umfangreiche Forschung uber Tibetische Mongolische Osmanische 1 oder Arabische Urkunden 2 Die Wissenschaftler die sich mit diesem Forschungsgebiet befassen werden als Diplomatiker bezeichnet Inhaltsverzeichnis 1 Ursprung des Begriffs 2 Urkundenkritik als Teildisziplin 3 Siehe auch 4 Literatur 5 Weblinks 6 AnmerkungenUrsprung des Begriffs Bearbeiten nbsp De re diplomatica Der Begriff Diplomatik geht wohl auf die Schrift De re diplomatica lateinisch Uber die Urkunden Paris 1681 des Benediktiners Dom Jean Mabillon 1632 1707 zuruck Er war von seinem Orden beauftragt worden eine Verteidigungsschrift zu erstellen die die historisch begrundeten Besitzanspruche gegen Angriffe des Jesuitenordens verteidigen sollte Insbesondere sollte sie eine Antwort auf die Zweifel des belgischen Jesuiten Daniel Papebroek liefern die dieser an der Echtheit der altesten merowingischen Urkunden der Abtei Saint Denis geaussert hatte Mabillon entwickelte wissenschaftliche also nachprufbare Methoden zur Feststellung von Echtheit und Falschung der fraglichen Urkunden und schuf damit die Grundlage der modernen Urkundenlehre Der Nachweis der Authentizitat von Schriftstucken war zunachst der Hauptzweck der Diplomatik lateinisch discrimen veri ac falsi Unterscheidung des Wahren vom Falschen Die Ganzfalschung oder die Veranderung von Urkunden letztere durch Uberschreiben zum Beispiel Palimpsest Ausradieren oder Hinzufugen negative oder positive Interpolation diente vor allem im Mittelalter dazu nicht existierende Rechte zu begrunden oder Rechte die bisher nicht durch Urkunden dokumentiert waren zu sichern Die Zuordnung zu den historischen Hilfswissenschaften erfolgte erst im 19 Jahrhundert da im Zentrum der Diplomatik somit zunachst die Bekampfung von Falschungen stand und sie eher als ein Teil der Rechtswissenschaft zu sehen war Bei der Untersuchung von Urkunden werden ihre palaographischen sprachlichen und inhaltlichen Merkmale sowie ihre Uberlieferung und Typologie ausgewertet Begrunder der wissenschaftlichen Beschaftigung mit den Urkunden sind im deutschsprachigen Raum die osterreichischen Benediktinermonche Bernhard Pez und Hieronymus Pez der bayerische Benediktiner Karl Meichelbeck der Schwabe Magnoald Ziegelbauer sowie Johann Heumann von Teutschenbrunn Im Laufe des 19 Jahrhunderts wurde die Diplomatik in Deutschland sehr intensiv betrieben weshalb manche deutsche Fachbegriffe auch internationale Bedeutung haben Kern der Spezialdiplomatik wie sie Theodor von Sickel in der Mitte des 19 Jahrhunderts begrundet hat ist die Frage nach der Kanzleimassigkeit einer einzelnen Urkunde Der Urkundenforscher versucht die inneren und ausseren Merkmale der Urkunde in anderen zeitgenossischen Urkunden wiederzufinden um daraus auf die Praxis der Personengruppe zu schliessen die fur einen Furst Geistlichen oder eine Institution Urkunden erstellten Kanzlei Im Zentrum der Untersuchung stehen dabei derjenige der den Urkundentext entworfen hat Diktator und derjenige der die Urkunde tatsachlich auf das Pergament geschrieben hat Mundant Mit der Diplomatik verbundene Teilgebiete sind die Sphragistik oder Sigillographie Siegelkunde die Chronologie Lehre von der Zeit und die Heraldik Wappenkunde Urkundenkritik als Teildisziplin BearbeitenDie Urkundenkritik ist die wichtigste Teildisziplin der Diplomatik Ihre Funktion ist die Feststellung der quellenkundlichen Qualitat einer Urkunde Ziel ist die Feststellung der Aussagefahigkeit einer Urkunde Grundlegende Methode ist dabei der Vergleich wobei durch Untersuchung ausserer und innerer Merkmale Echtheit Kanzleimassigkeit und sonstige Besonderheiten einer Urkunde festgestellt werden die fur die historische Interpretation von Belang sein konnen Im Rahmen der Urkundenkritik werden aussere und innere Merkmale untersucht Aussere Merkmale sind Beschreibstoff Format Urkundenschrift Schriftart Siegel Zeichen auf der Urkunde z B Monogramm Rekognitionszeichen Rota Chrismon Faltung oder Verschluss und aussere Erhaltung Innere Merkmale sind Urkundenformular die formelhaften Bestandteile einer Urkunde Diktat die individuellen Formulierungen der Urkunde rechtliche und sachliche Inhalte der Urkunde Zur Gestaltung des Diktats gehort auch die Analyse rhythmischer Satzabschlusse cursus die insbesondere in der Papstkanzlei als Methode zur Falschungssicherung eingesetzt worden sind Mit Hilfe der Urkundenkritik konnten viele Urkunden vor allem Urkunden des Mittelalters und der Fruhen Neuzeit mittlerweile als Urkundenfalschung identifiziert werden so z B die beruhmte Konstantinische Schenkung Deperdita entziehen sich der traditionellen Urkundenkritik doch wird ihr Wert in der neueren Forschung betont etwa hinsichtlich quellenarmer Zeit wie dem Fruhmittelalter und sie werden in neueren Editionen auch berucksichtigt Siehe auch BearbeitenListe bekannter Diplomatiker Kontext Urkundenlehre Literatur BearbeitenHarry Bresslau Handbuch der Urkundenlehre fur Deutschland und Italien 3 Bande 2 Auflage Leipzig u a 1911 1960 Nachdruck de Gruyter Berlin 1968 1969 ISBN 3 11 001281 2 Bd 1 ISBN 3 11 001282 0 Bd 2 ISBN 3 11 003163 9 Bd 3 Theo Kolzer Diplomatik In Archiv fur Diplomatik 55 2009 S 405 424 Leo Santifaller Urkundenforschung Methoden Ziele Ergebnisse 4 Auflage Bohlau Wien u a 1986 ISBN 3 412 06585 4 Thomas Vogtherr Urkunden und Akten In Michael Maurer Hrsg Aufriss der historischen Wissenschaften Reclams Universal Bibliothek 17030 Band 4 Quellen 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