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Der Begriff Kirgisistandeutsche ist ein Sammelbegriff fur deutschstammige Menschen die im heutigen Kirgisistan lebten oder heute noch dort leben Inhaltsverzeichnis 1 Anzahl 2 Religion 3 Geschichte 3 1 Erste Siedlungen im Talas Tal 3 2 Einwanderungs und Siedlungsphase 3 3 Die Dritte Welle 3 4 Mailuusuu 4 Ruckwanderung nach 1970 5 Personlichkeiten 6 Siehe auch 7 Literatur 8 EinzelnachweiseAnzahl BearbeitenDie meisten Kirgisistandeutschen sind seit Mitte der 1970er Jahre und vor allem nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion und der Unabhangigkeit Kirgisistans im Jahre 1991 nach Deutschland bzw Russland ausgewandert da mit dem Zusammenbruch der Kolchosen und staatlichen Industriebetriebe ein Grossteil ihrer Arbeitsplatze verlorenging Im Jahre 1989 lebten etwa 110 000 Kirgisistandeutsche in Kirgisistan heute bildet der verbliebene Rest von ca 20 000 nur noch eine Minderheit von ungefahr 0 4 in dem zentralasiatischen Land Religion BearbeitenDie Kirgisistandeutschen sind zumeist Evangeliumschristen Baptisten und Mennoniten zum Teil auch Lutheraner zum kleinen Teil auch Adventisten und Katholiken Geschichte BearbeitenErste Siedlungen im Talas Tal Bearbeiten Erste deutsche Spuren in Kirgisistan gehen auf die Jahre um 1860 zuruck als Russland die zentralasiatischen Khanate eroberte Damals liessen sich vereinzelt auch einige Deutsche meist Lutheraner aus dem Baltikum als Fachleute in Mittelasien nieder 1880 bekamen strengglaubige Russlandmennoniten aus dem Wolgagebiet und der Sudukraine die Erlaubnis aus St Petersburg nach Turkestan auszuwandern Grosstenteils wollten sie aus religiosen Motiven nicht mehr im europaischen Russland bleiben da ihnen dort die Wehrpflicht drohte Zwei Jahre Wanderung nahmen sie auf sich und kamen dann endlich in das Heilige Land wie sie es selbst nannten Der russisch deutsche Gouverneur Turkestans Konstantin von Kaufman lud die Siedler ein und sicherte ihnen eine steuerfreie Ansiedlung und 25 Jahre Befreiung vom Wehrdienst zu Das Versprechen der Steuerbefreiung wurde jedoch nicht eingehalten weshalb 73 Familien unter Jakob Janzen in das Talas Tal weiterwanderten 1 Zwischen den Talas Zuflussen Urmaral und Kumuschtak grundeten sie vier kleine Dorfer Koppental Nikolaipol Gnadental und Gnadenfeld 1 Bei der Eintragung in das Verzeichnis russischer Ansiedlungen in Zentralasien 1893 wurden die deutschen Namen aber nicht anerkannt und drei der vier Dorfer erhielten russische Namen Koppental wurde Romanowka Gnadental wurde Andreewka und Gnadenfeld wurde Wladimirowka Nur Nikolaipol behielt seinen alten Namen Gnadenfeld Wladimirowka bestand zu der Zeit aus sieben Gehoften und bekam daher von den Kirgisen einen zweiten Namen Djetykibit kirgisisch fur Sieben Hauser Mit der Ankunft weiterer Ansiedler in das Talas Tal wurde 1890 das Dorf Orlowka angelegt spater das Dorf Nonnendorf 1909 ubersiedelten Mennoniten aus Ak Metschet bei Chiwa in das Talas Tal und grundeten 6 km von Dimitrowka das Dorf Hohendorf mit damals 18 Hausern auf russisch hiess es Chiwinka Einige Jahre spater grundeten weitere Zuwanderer Johannesdorf im Talas Tal Anfang der 1920er Jahre grundeten deutsche Siedler das Dorf Kalinowka Kalininskoje Etwa 18 km von Aule Ata befand sich ein weiteres von Deutschen angelegtes Dorf Bogoslowka neben dem russischen Dorf Serafimowka 1926 lebten im Talas Tal circa 2 800 Deutschstammige etwa ein Drittel der Gesamtbevolkerung in der Region 1 Im Talas Tal lebten die meisten Deutschen in Dorfgemeinschaften kompakt zusammen deshalb wurde hier gegen Ende der 1920er Jahre sogar eine deutsche Wolostj Bezirk geschaffen Auch der Schulunterricht wurde bis 1938 in deutscher Sprache gehalten Einwanderungs und Siedlungsphase Bearbeiten 1920 lebten bereits 4 000 Deutsche in Kirgisistan und in den 1930er Jahren wurden es nochmals mehr wegen der Hungersnot in Russland der Ukraine und Kasachstan Kirgisistan blieb davon verschont und der Deportation von deutschen Grossbauern an der Wolga Diese wurden im Rahmen der Zwangskollektivierung unter Stalin als Kulaken diffamiert enteignet und zwangsausgesiedelt Zum grossten Teil waren die in Kirgisistan ansassigen Deutschen Ackerbauern Die Kirgisistandeutschen litten weniger unter dem Stalinismus als ihre Verwandten im europaischen Teil der Sowjetunion 1925 wurde Land im Talas Tal knapp und viele Neuankommlinge konnten nur als landlose Tagelohner Arbeit finden Die Regierung gab daher zusatzliches Land im Tschui Tal zur Ansiedlung frei Daraufhin wurde zunachst das Dorf Grunfeld angelegt eine Tochterkolonie der vier ursprunglichen Dorfer im Talas Tal Einige Jahre spater bekam diese Ansiedlung den Namen Jurjewka 1927 teilte die Regierung der Sowjetrepublik Kirgisien weiteres Land zur Ansiedlung zu und Siedler aus dem Talas Tal grundeten das Dorf Bergtal wo auch Landlose aus Bogoslowka eine neue Heimat fanden 1931 wurde Bergtal mit Gruntal zur Kolchose Ragaduga zusammengefuhrt und nach der Auftrennung der Kolchose 1936 in Rot Front umbenannt 1 Heute ist Rot Front Bergtal neben der Mennonitensiedlung Solnzewka in Russland das einzige mehrheitlich deutsche Dorf in den Landern der GUS Die deutschen Dorfer Luxemburg und Friedenfeld in der Tschui Ebene wurden ebenfalls in den 1920er und 1930er Jahren gegrundet Die Siedler kamen mehrheitlich aus Sibirien und von der Wolga zumeist als Fluchtlinge vor der dortigen Hungersnot Viele Deutsche lebten auch in russischen Dorfern in Iwanowka Wodnoje Pokrowka Talas Tokmok usw Die Dritte Welle Bearbeiten Die nachste grosse Einwanderungswelle fand von Sibirien und Kasachstan aus statt Viele Deutsche die von Stalin aufgrund der Auflosung der Wolgadeutschen Republik im Jahre 1941 nach Kasachstan deportiert worden waren zogen nach Stalins Tod nach Kirgisistan da das Klima dort ertraglicher war als in der kasachischen Steppe Die Sonderkommandantur fur Deutsche war 1956 abgeschafft worden In ihre ursprungliche Heimat aus der sie vor und wahrend der Kriegsjahre ausgesiedelt worden waren durften die Deutschen nicht zuruckkehren Viele von ihnen versuchten daher aus dem kalten Sibirien und Kasachstan in eine warmere Gegend zu ziehen In Kirgisistan gab es zu der Zeit keine gesetzliche Begrenzung der Einreise und Ansiedlung sodass es sich anbot dorthin umzusiedeln In 15 Jahren verdoppelte sich daher die Zahl der in Kirgisistan lebenden Deutschen Mailuusuu Bearbeiten Die Ansiedlung Deutscher in der im Suden des Landes liegenden Bergarbeiterstadt Mailuussuu hat eine andere Geschichte Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden von 1946 bis 1948 viele Deutsche aus der gesamten Sowjetunion hierher geschickt Viele wurden auch als sogenannte Repatrianten aus dem besetzten Deutschland deportiert um in der Gegend um Mailuusuu im Uranbergbau zu arbeiten Nach einer Studie aus dem Jahre 2006 gilt Mailuusuu als eine der gefahrlichsten und verseuchtesten Stellen der Erde Ruckwanderung nach 1970 BearbeitenNach der Anderung der Gesetze 1986 als ein Antrag zur Ausreise aus der Sowjetunion moglich wurde und besonders nach dem Untergang der Sowjetunion wanderten die meisten Deutschen in die Heimat ihrer Vorfahren aus Antragsteller die keine Genehmigung zur Einreise nach Deutschland erhalten konnten gingen nach Sibirien in die dort wiedergegrundeten Nationalkreise Asowo bei Omsk und Halbstadt in der Region Altai oder in das Gebiet Kaliningrad Der weitaus grosste Teil der Kirgisistandeutschen entschloss sich jedoch zur Aussiedlung nach Deutschland In kurzer Zeit verliessen Kirgisistan fast 100 000 Deutsche 2019 lebten noch etwa 8 300 Deutschstammige in Kirgisistan 2 Personlichkeiten BearbeitenProminente Kirgisistandeutsche allesamt in Kirgisistan geboren und nach Deutschland emigriert sind die Leichtathletin Lilli Schwarzkopf die ehemalige Radsportlerin Kristina Vogel der ehemalige Fussballprofi Vitus Nagorny die Kunstlerin Erika Hock die Tanzerin Christina Luft sowie Aleksandra Nagel Teilnehmerin an der sechsten Germany s Next Topmodel Staffel 2011 Siehe auch BearbeitenBakaiata Kant Kirgisistan Kasachstandeutsche Russlanddeutsche Deutsche in Russland Aussiedler und SpataussiedlerLiteratur BearbeitenRobert Friesen Auf den Spuren der Ahnen 1882 1992 Die Vorgeschichte und 110 Jahre der Deutschen im Talas Tal in Mittelasien 2 Auflage R Friesen Minden 2001 ISBN 3 9805205 5 2 Einzelnachweise Bearbeiten a b c d Ricarda Arens Fischer Bonifaz Burger Anna Rachel Daxner Paul Wohlfahrt Das Mennoniten Dorf Rot Front im Tschu Tal PDF 2 67 MB Entwicklung eines deutschen Kolonistendorfes in Kirgistan seine mediale Darstellung und Kontakte in die Welt Universitat Tubingen 26 Februar 2023 S 15 16 abgerufen am 23 April 2023 Andrew Higgins A Mennonite Town in Muslim Central Asia Holds On Against the Odds In The New York Times 12 Mai 2019 ISSN 0362 4331 nytimes com abgerufen am 12 Juli 2022 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Kirgisistandeutsche amp oldid 236343107