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Kara Mustafa Pascha geb 1634 35 1 2 in Marinca bei Merzifon Eyalet Sivas gest 25 Dezember 1683 in Belgrad war unter der Regentschaft des Sultans Mehmed IV Grosswesir des Osmanischen Reiches und Oberbefehlshaber bei der Zweiten Belagerung Wiens zu Beginn des Grossen Turkenkrieges Grosswesir Kara Mustafa Gemalde aus dem 17 Jahrhundert Inhaltsverzeichnis 1 Leben politische und militarische Laufbahn 2 Hinrichtung und Beerdigung 3 Charakter 4 Kara Mustafas Stiftungen 5 Literatur 6 Weblinks 7 EinzelnachweiseLeben politische und militarische Laufbahn BearbeitenKara Mustafa war ein Sohn des Sipahi Oruc Bey Nach dem Tod seines Vaters wurde er Schutzling des Grosswesirs Mehmed Koprulu Pascha wuchs zusammen mit Mehmeds Sohn Ahmed Koprulu auf und heiratete dessen Schwester Er wurde am 22 Februar 1660 Beylerbey Provinzgouverneur ein Jahr danach Wesir Unter seinem Schwager dem Grosswesir Ahmed Koprulu Pascha wurde er am 23 Dezember 1661 Kapudan Pascha Grossadmiral der turkischen Flotte Im April 1663 wurde er fur mehrere Jahre Kaymakam Stellvertreter des Grosswesirs und nach dem Tode Ahmed Koprulus am 6 November 1676 selbst Grosswesir 2 3 nbsp Handfeste Tughra ahnliche Unterschrift Kara Mustafas auf der Aufforderung zur Kapitulation an WienIm Jahr 1668 kommandierte er bei der Belagerung der von den Venezianern besetzten Stadt Candia auf der Insel Kreta einen Teil der Truppen Gegen Polen Litauen fuhrte er 1672 im Gefolge des Sultans erfolgreich einen Feldzug an der 1676 im Waffenstillstand von Zurawno die territorialen Annexionen der Osmanen aus dem Praliminarfrieden von Buczacz endgultig bestatigte Der Krieg 1676 1681 im Gebiet der Saporogerkosaken in der Ukraine gegen die prorussischen Kosaken aus dem Hetmanat linksufrige Ukraine ein Gebiet ostlich des Dnepr und das Zarentum Russland verlief letztlich erfolglos obwohl Kara Mustafa einen militarischen Erfolg erzielen konnte Bei der Belagerung der Kosakenstadt Tschyhyryn 1678 nahm er die Stadt ein und wehrte gleichzeitig ein Entsatzheer unter dem russischen Fursten Grigori Romodanowski ab Dies glaubte er vor Wien wiederholen zu konnen Der weitere Vorstoss nach Norden war hingegen ein Fehlschlag 1 1678 erhoben sich die Ungarn unter dem Magnaten Imre Thokoly im Kuruzenaufstand gegen die Herrschaft der Habsburger und ersuchten die Osmanen um Hilfe Kara Mustafa sagte seine Unterstutzung zu Er hoffte die Gebiete des Konigreichs Ungarn die 1526 an die Habsburger gegangen waren zu erobern und eventuell dort als Lokalherrscher regieren zu konnen Nach der schnellen Eroberung Ungarns setzte er sich die Einnahme der habsburgischen Hauptstadt Wien zum Ziel ohne die Genehmigung des Sultans Nachdem die turkischen Truppen das Burgenland und Niederosterreich uberrannt hatten begann er im Juli 1683 mit der Belagerung und Ersturmung der Stadt Er versaumte es jedoch genugend schwere Geschutze zum Beschiessen der gut ausgebauten Stadtbefestigungen mitzunehmen So konnten die Verteidiger unter dem Oberkommando von Ernst Rudiger von Starhemberg die Stadt bis zum Eintreffen des polnisch deutschen Entsatzheeres unter dem polnischen Konig Jan III Sobieski und Karl von Lothringen halten Kara Mustafa versuchte nicht der Entsatzarmee den Weg uber die Donau zu verlegen und er versaumte es auch rechtzeitig den Kahlenberg zu besetzen So konnte das Entsatzheer von dort aus die Belagerungstruppen angreifen und in die Flucht schlagen Damit wurde sein ehrgeiziger Plan vereitelt teilweise durch seine eigenen taktischen Fehler Hinrichtung und Beerdigung BearbeitenAm 25 Dezember 1683 nach dem islamischen Kalender der 6 Muharram des Jahres 1095 nach der Hidschra wurde Kara Mustafa in Belgrad wegen der verlorenen Schlacht am Kahlenberg auf Befehl Sultan Mehmeds IV mit einer Seidenschnur erdrosselt Kara Mustafas Schutzling und Kaymakam Kara Ibrahim Pascha unterstutzt vom obersten Haremswachter dem schwarzen Eunuchen Jusuf Aga und von Sari der Gelbe Suleyman Aga dem Imrahor Grossstallmeister intrigierte erfolgreich beim Sultan um ihn zu sturzen und sein Amt als Grosswesir einzunehmen 4 Der Zeremonienmeister der hohen Pforte seine Person ist historisch nicht einwandfrei fassbar doch wird vermutet dass es sich um jenen Ahmed handelt dessen Sohn Mehmed den Beinamen Tesrifatizade auf Deutsch Sohn des Zeremonienmeisters trug schreibt in seinem Tagebuch der Belagerung 5 Der Grosswesir Mustafa Pascha hatte bereits den Gebetsteppich fur das Mittagsgebet ausbreiten lassen als er da den Janitscharen Agha und hinter ihm den Oberstkammerer und den Hofmarschall herankommen sah Was gibt s fragte der Grosswesir und der Oberstkammerer antwortete Unser erlauchter Padischah fordert dir das dir anvertraute Reichssiegel und die Heilige Fahne und den Schlussel zur Kaaba ab Dann fragte er Ist mir der Tod bestimmt Gewiss es muss sein antwortete der Oberstkammerer Und da nun die Henker hereinkamen und ihre Stricke bereit machten hob er mit eigenen Handen seinen Vollbart hoch und fugte sich dem Verhangnis mit den Worten Legt mir die Schlinge auch richtig an Die Henker legten ihm die Schlinge um zogen zweimal oder dreimal zu und dann hatte er seinen Geist aufgegeben nbsp Flugblatt mit Spottschrift auf Kara Mustafa um 1683Dass Kara Mustafa das Reichssiegel als Zeichen der Wurde des Grosswesirs die Heilige Fahne turk sancak i serif ein Fahnentuch in das ein Stuck des Banners Mohammeds eingenaht war und der Schlussel zur Kaaba als Wurdezeichen des Ser askers des Oberbefehlshabers der Feldarmee abverlangt wurden betont seine bedingungslose Degradierung Kara Mustafas Wunsch dass sein Leichnam mit Staub besudelt sei und er als Martyrer sterben konne wurde stattgegeben Dazu wurde sein Gebetsteppich entfernt und der Strangulierte konnte auf den staubigen Boden fallen Der Leichnam wurde entkleidet und gewaschen Der Schadel wurde abgehautet und die ausgestopfte Kopf und Gesichtshaut wurde dem Sultan als Nachweis nach Edirne gesandt und dort anschliessend beerdigt Rumpf und Schadel Cranium erhielten ihr Grab in Belgrad Dieses Grab ist verschollen 6 Laut einem Echtheitszertifikat Authentik des Wiener Kardinals Leopold Karl Graf Kollonitsch von 1696 entnahmen Grabrauber den Schadel Kara Mustafas der Grablege die sich im Aussenbereich einer 1688 in eine Kirche umgewandelten Moschee befand Kollonitsch beglaubigte der Schadel sei in die Hande der die Kirche betreuenden Jesuiten geraten und von ihnen nach Wien an ihn gesandt worden Kollonitsch ubergab den Schadel dem Burgerlichen Zeughaus fur das er das Echtheitszertifikat von 1696 ausstellte Vom Zeughaus gelangte der Schadel in das Historische Museum der Stadt Wien heute Wien Museum wo er noch bis 1975 ausgestellt wurde 2006 wurde er mit naturwissenschaftlichen Methoden untersucht und in Wien aus Pietatsgrunden okumenisch beerdigt 7 Ob dieser Schadel aus dem Wien Museum tatsachlich aus Belgrad stammte und Kara Mustafa angehoren konnte lasst sich allerdings weder belegen noch widerlegen 6 Turkische Wissenschaftler vertreten den Standpunkt der gesamte Kopf Kara Mustafas sei in Belgrad vom Rumpf getrennt nach Edirne gesandt und dort beerdigt worden Daher konne der in Wien zunachst verwahrte und spater beerdigte Schadel nicht von Kara Mustafa stammen Der Rumpf sei nach Istanbul uberfuhrt und bei der Kara Mustafa Pascha Medrese beigesetzt worden 8 Charakter BearbeitenDie abendlandischen Geschichtsschreiber wie Zygmunt Abrahamowicz aus Krakau 9 oder Abraham a Sancta Clara 10 berichten von Kara Mustafas Gier Prahlsucht und Unfahigkeit Er benehme sich mit Anmassung gegenuber auslandischen Botschaftern von denen er hohe Bestechungsgelder Geschenke erpresse Auch die osmanischen Berichterstatter waren ihm nach der militarischen Katastrophe nicht gewogen zum Beispiel der Verfasser der Geschichte des Silahdar der Waffentrager des Sultans Silahdar Findiklili Mehmed Aga 11 Doch er wird auch als freundlich wurdevoll streng religios fleissig und gewissenhaft in seinem Amte und tapfer in der Schlacht wenn auch manchmal jahzornig trunksuchtig und grausam den Unglaubigen gegenuber beschrieben 3 12 Kara Mustafas Stiftungen BearbeitenKara Mustafa tatigte mehrere Stiftungen unter anderem in Istanbul Galata Edirne Dschidda und Merzifon 13 In seiner Heimatstadt Merzifon stiftete er eine zwischen 1666 und 1678 79 errichtete Kulliye die eine Moschee eine Bibliothek eine Grundschule eine in Stein gebaute Herberge einen gedeckten Basar Geschafte einen Brunnen und zwei Bader umfasst 14 Der zur Istanbuler Stiftung gehorende Baukomplex um die dortige Kara Mustafa Pascha Moschee wurde erst 1690 nach Kara Mustafas Tod von dessen altestem Sohn Yusuf Bey vollendet 6 Literatur BearbeitenBertrand Michael Buchmann Osterreich und das Osmanische Reich Eine bilaterale Geschichte WUV Universitatsverlag Wien 1999 ISBN 3 85114 479 1 Richard Franz Kreutel Karl Teply Hrsg Kara Mustafa vor Wien 1683 aus der Sicht turkischer Quellen Ubersetzt und erlautert von Richard F Kreutel Stark vermehrte Ausgabe besorgt von Karl Teply Styria Graz Wien Koln 1982 erste Auflage erschien 1955 ISBN 3 222 11435 8 Osmanische Geschichtsschreiber Hedda Reindl Kiel The Must Haves of a Grand Vizier Merzifonlu Kara Mustafa Pasha s Luxury Assets In Wiener Zeitschrift fur die Kunde des Morgenlandes Bd 106 2016 S 179 221 englisch Stephan Vajda Die Belagerung Bericht uber das Turkenjahr 1683 Orac Pietsch Wien 1983 ISBN 3 85368 921 3 Robert Waissenberger Historisches Museum der Stadt Wien Hrsg Die Turken vor Wien Europa und die Entscheidung an der Donau 1683 Residenz Salzburg Wien 1982 ISBN 3 7017 0312 4 Simon Winchester Skulls Die faszinierende Schadelsammlung des Alan Dudley Fackeltrager Koln 2013 S 224 ISBN 978 3 7716 4531 1 Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Kara Mustafa Pasha Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien Literatur von und uber Kara Mustafa Pascha im Katalog der Deutschen NationalbibliothekEinzelnachweise Bearbeiten a b Stephan Vajda Die Belagerung Bericht uber das Turkenjahr 1683 Verlag Orac Pietsch Wien 1983 ISBN 3 85368 921 3 S 28 a b Richard Franz Kreutel Ubersetzer Kara Mustafa vor Wien Das turkische Tagebuch der Belagerung Wiens 1683 verfasst vom Zeremonienmeister der Hohen Pforte Aus der Reihe Osmanische Geschichtsschreiber Verlag Styria Graz Wien Koln 1955 Erste Auflage S 189 a b Bertrand Michael Buchmann Osterreich und das Osmanische Reich Eine bilaterale Geschichte WUV Universitatsverlag Wien 1999 ISBN 3 85114 479 1 S 136 Zygmunt Abrahamowicz Kara Mustafa Pascha In Historisches Museum der Stadt Wien Robert Waissenberger Herausgeber Die Turken vor Wien Europa und die Entscheidung an der Donau 1683 Residenz Verlag Salzburg Wien 1982 ISBN 3 7017 0312 4 S 249 Richard Franz Kreutel Ubersetzer Kara Mustafa vor Wien Das turkische Tagebuch der Belagerung Wiens 1683 verfasst vom Zeremonienmeister der Hohen Pforte Aus der Reihe Osmanische Geschichtsschreiber Verlag Styria Graz Wien Koln 1955 Erste Auflage S 20 121 123 132 185 a b c Richard Franz Kreutel Der Schadel des Kara Mustafa Pascha In Jahrbuch des Vereines fur Geschichte der Stadt Wien Band 32 33 1976 9177 S 63 77 Notiz des Instituts fur Architektur und Kunstgeschichte Bauforschung und Denkmalpflege Memento des Originals vom 12 Januar 2012 im Internet Archive nbsp Info Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht gepruft Bitte prufe Original und Archivlink gemass Anleitung und entferne dann diesen Hinweis 1 2 Vorlage Webachiv IABot baugeschichte tuwien ac at abgerufen am 11 September 2009 Nizameddin Berin Tasan Merzifonlu Mustafa Pasa nin Mezari ve Viyana Muzesindeki Kafatasi In Zeki Dilek Hrsg Merzifonlu Kara Mustafa Pasa Uluslararasi Sempozyumu Merzifon 2001 S 287 295 Zygmunt Abrahamowicz Kara Mustafa Pascha In Historisches Museum der Stadt Wien Robert Waissenberger Herausgeber Die Turken vor Wien Europa und die Entscheidung an der Donau 1683 Residenz Verlag Salzburg Wien 1982 ISBN 3 7017 0312 4 S 241 250 Werner Welzig Appell wozu In Historisches Museum der Stadt Wien Robert Waissenberger Herausgeber Die Turken vor Wien Europa und die Entscheidung an der Donau 1683 Residenz Verlag Salzburg Wien 182 ISBN 3 7017 0312 4 S 190 Silihdar Findiklili Mehmed Aga Geschichte des Silihdars in Silihdar Tarihi Istanbul 1928 2 Bande in Richard Franz Kreutel Kara Mustafa vor Wien Das turkische Tagebuch der Belagerung Wiens 1683 verfasst vom Zeremonienmeister der Hohen Pforte Aus der Reihe Osmanische Schriftsteller Verlag Styria Graz Wien Koln 1955 Erste Auflage S 135 169 Stephan Vajda Die Belagerung Bericht uber das Turkenjahr 1683 Verlag Orac Pietsch Wien 1983 ISBN 3 85368 921 3 S 27 C J Heywood Kara Mustafa Pasa In Encyclopaedia of Islam Second Edition Leiden 1954 2004 Merzifonlu Kara Mustafa Pasa Kulliyesi In Islam Ansiklopedisi Bd 29 S 252 Online Abgerufen am 28 Dezember 2016VorgangerAmtNachfolgerKoprulu Fazil Ahmed PaschaGrosswesir des Osmanischen Reiches 19 Oktober 1676 bis 25 Dezember 1683Kara Ibrahim PaschaNormdaten Person GND 118585975 lobid OGND AKS LCCN n84179770 VIAF 74645312 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Kara Mustafa PaschaKURZBESCHREIBUNG Grosswesir des Osmanischen ReichsGEBURTSDATUM zwischen 1626 und 1636GEBURTSORT bei MerzifonSTERBEDATUM 25 Dezember 1683STERBEORT Belgrad Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Kara Mustafa Pascha amp oldid 237247900