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Die Glockengiesserei Josef Pfundner war eine Glockengiesserei in Wien und ist heute als Industriemuseum eine der grossten Glockensammlungen weltweit Gebaude der ehemaligen Glockengiesserei Pfundner in der Senefeldergasse 70Glocke 1 Bischofsglocke des Domes zu Eisenstadt3183 kg Ton b0 gegossen von Pfundner 1960 Inhaltsverzeichnis 1 Inhaber 2 Unternehmen 3 Innovationen und Patente 4 Glockenproduktion 5 Glockenzier 6 Glockenforschung 7 Glockensammlung 8 Siehe auch 9 Literatur 10 Weblinks 11 EinzelnachweiseInhaber BearbeitenJosef Pfundner sen 6 Juni 1874 in Eichenbrunn in der Nahe von Mistelbach 22 Februar 1949 in Wien grundete 1906 einen Giessereibetrieb in Wien Favoriten in dem ab 1923 auch Glocken hergestellt wurden Josef Pfundner jun 31 Mai 1902 in Wien 15 Oktober 1983 in Wien trat 1936 als Gesellschafter in den vaterlichen Betrieb ein und ubernahm gleichzeitig die Geschaftsfuhrung Wegen sinkender Nachfrage stellte er 1971 die Giesserei ein widmete sich aber weiterhin der Glockenforschung Martin Pfundner 1930 in Wien 18 April 2016 1 fuhrte seit 1971 die fruher der Giesserei angeschlossene Glockensammlung als Glockenmuseum weiter Laut Stadt Wien ist dieses dauerhaft geschlossen Unternehmen BearbeitenDie Giesserei wurde im Jahr 1906 von Josef Pfundner der Buntmetallgiesser war gegrundet Der Betrieb arbeitete nach dem herkommlichen Sandformverfahren In den ersten Jahren wurden noch keine Glocken gegossen und Pfundner hatte auch gar keine Erfahrung mit dem Glockenguss Erst nach dem Ersten Weltkrieg nahm das Unternehmen auch die Herstellung von Glocken auf da der Bedarf nach dem Krieg besonders hoch war Den Anstoss zur Herstellung von Glocken gab ein Missverstandnis der Burgermeister seiner Heimatgemeinde bat Pfundner fur diesen Ort eine Glocke zu giessen obwohl sich dieser noch gar nicht mit dem Guss von Glocken beschaftigte Trotz seiner fehlenden Erfahrung im Glockenguss ging Pfundner das Risiko ein und goss 1926 seine erste Glocke Die Glockenrippe dafur konstruierte sein Sohn Josef Pfundner junior der zu dieser Zeit noch Student der Technischen Chemie an der Technischen Hochschule Wien war Pfundner junior beschaftigte sich lange Jahre intensiv mit dem Klangverhalten von Glocken und entwickelte die nach ihm benannte Pfundner Rippe immer weiter auch in Zusammenarbeit mit der Abteilung fur Kirchenmusik der Wiener Musikakademie Sie ahnelt der Glockenrippe der beruhmten Gloriosa im Erfurter Dom und ist wie diese vom Oktavtyp d h die einzelnen Teiltone der Glocke sind perfekt gestimmt wobei der tiefste Teilton Unterton eine Oktav unter dem Nominal liegt Andere Giessereien in Osterreich verwendeten zu dieser Zeit noch vorwiegend die klanglich weniger gunstigen Septimrippen Unterton eine Septim unter dem Nominal wie sie seit der Barockzeit ublich waren und stellten erst spater auf Oktavrippen um Abweichend vom traditionellen Lehmformverfahren entwickelte Pfundner senior eine Sandform Methode fur den Glockenguss die er auch patentieren liess Damit war er in der Lage innerhalb kurzerer Zeit zu liefern und mehr Glocken zu produzieren als die Konkurrenz Bis 1938 wurden insgesamt 1465 Glocken gegossen darunter das Gelaut fur die Stiftskirche St Peter in Salzburg Wahrend des Zweiten Weltkrieges wurde der Glockenguss auf Grund des Rohstoffmangels verboten Die Giesserei musste sich auf ihr zweites Standbein den industriellen Schwer und Leichtmetallguss zuruckziehen In dieser Zeit entstanden beispielsweise Gussteile aus Aluminium fur Flugzeugmotoren Ab dem Jahr 1941 mussten die Kirchen bei der sogenannten Glocken Aktion ihre Glocken grossteils abgeben Nur historisch besonders wertvolle Glocken waren davon ausgenommen In der Regel verblieb jeder Kirche nur eine Glocke meist die kleinste Der Grossteil der abgelieferten Glocken wurde eingeschmolzen und fur Kriegszwecke verwendet Nur wenige Glocken kehrten nach Kriegsende aus den Sammellagern zuruck Dies bewirkte einen grossen Bedarf an neuen Glocken nach Ende des Krieges Zu dieser Zeit gossen etwa 150 Mitarbeiter im Dreischichtbetrieb Das Sandformverfahren bot Pfundner dabei einen grossen Wettbewerbsvorteil Nach 1945 wurden insgesamt ca 5150 Glocken gegossen darunter als bedeutendstes Werk das 11 stimmige Hauptgelaute des Wiener Stephansdoms nbsp Grosse Glocke Christkonigglocke der Wiener Rochuskirche 2 150 kg Ton c gegossen 1955Nachdem in Osterreich der grosste Bedarf gedeckt war wandte sich Pfundner dem Export zu und lieferte unter anderem nach Finnland z B Dom von Turku und Jugoslawien aber auch nach Ubersee Weiters betrieb die Giesserei den Kunstguss fur Kunstler wie Fritz Wotruba oder Herbert Boeckl Im Jahr 1970 wurden jedoch die letzten Glocken gegossen und die Firma geschlossen Die selbst entwickelten Technologien Glockenrippen Modeln fur die Glockenzier etc wurden an die Glockengiesserei Grassmayr verkauft wo sie zum Teil heute noch verwendet werden Das letzte Familienmitglied des Unternehmens war Martin Pfundner Der 1930 geborene Sohn von Josef Pfundner trat nach seinem Chemiestudium an der Technischen Hochschule Wien in die Firma ein wo er bis 1971 Prokurist war 2 Innovationen und Patente BearbeitenSandformverfahren fur den Glockenguss patentiert Dauerschablonen fur die Glockenrippe Wiederverwendbare Schablonen fur jeden Ton der chromatischen Tonleiter die noch auf die genaue Tonhohe justiert werden konnten Im Gegensatz dazu wird beim traditionellen Lehmformverfahren jede Schablone nur fur eine Glocke verwendet Stimmen Durch Abschleifen an bestimmten Stellen konnte Pfundner den Ton seiner Glocken noch nach dem Guss korrigieren Nachstimmen von Nominal und Teiltonaufbau Schweissung von Glocken Als erstem Betrieb in Osterreich gelang Pfundner ab ca 1960 die Schweissung von gesprungenen Glocken Dadurch konnten kaputte Glocken wiederhergestellt werden Dieses Verfahren wurde bei wertvollen Glocken angewendet um sie zu erhalten anstatt sie neu zu giessen Verbesserungen an elektrische Lautmaschinen mehrere Patente Sonderlegierungen und Gemischte Gelaute Direkt nach 1945 war die Beschaffung von Glockenbronze schwierig und teuer speziell das benotigte Zinn Anteil ca 20 an der Legierung war Mangelware Wie andere Glockengiessereien goss Pfundner bis 1950 daher einige hundert Glocken auch aus Sonderlegierungen mit reduziertem Zinnanteil Da die Klangqualitat von Glocken aus Sonderlegierung nicht an die von Bronzeglocken heranreicht kombinierte Pfunder beim Guss ganzer Gelaute beide Arten zu gemischten Gelauten um mit minimalen Kosten einen moglichst guten Klang zu erzielen In der Regel wurde nur die grosste Glocke aus Bronze gegossen da diese den Klang des Gelauts dominiert Das Musterbeispiel dafur war das 5 stimmige Gelaute der Pfarrkirche Jennersdorf von 1948 das aber 1996 ausgetauscht wurde Glockenproduktion Bearbeiten auszugsweise Im Zweiten Weltkrieg wurden vor allem neuere Glocken als Metallreserve konfisziert die meisten von ihnen eingeschmolzen Daher haben sich nur wenige Pfundner Glocken aus der Zeit vor 1945 erhalten meist kleine Exemplare Durch gluckliche Umstande ist aber das bedeutendste Werk aus dieser Zeit erhalten Stiftskirche St Peter in Salzburg 6 stimmiges Gelaute auf as0 mit einem Gesamtgewicht von 12 693 kg gegossen 1927 die grosse Petersglocke ist mit einem Gewicht von 5 698 kg und einem Durchmesser von 204 cm die grosste Glocke die in dieser Giesserei jemals hergestellt wurde Aus der Zeit nach 1945 stammen in zeitlicher Reihenfolge unter anderem folgende bedeutende Werke Pfarrkirche Perchtoldsdorf 6 Glocken auf h0 gegossen 1946 als Erganzung zu einer alteren Glocke heute Glocke 4 Glocke 3 ist gesprungen und wurde 1978 von der Glockengiesserei Grassmayr neu gegossen 3 Dom von Wiener Neustadt 4 Glocken auf h0 gegossen 1950 und 1951 grosse Glocke als Erganzung zu einer alteren Glocke heute Glocke 2 Dom von Eisenstadt 6 stimmiges Gelaut auf b0 gegossen 1956 Glocken 2 bis 6 bzw 1960 grosse Glocke Glocke der Friedhofskirche zum heiligen Karl Borromaus Luegerkirche am Wiener Zentralfriedhof die einzige Glocke dieser Kirche ist klanglich besonders schon besitzt den Ton cis1 und wurde 1956 gegossen Wiener Votivkirche 4 Glocken auf b0 gegossen 1956 als Erganzung zu einer alteren Glocke heute Glocke 5 Glocke 2 wurde nach einem Sprung 1962 von Pfundner neu gegossen Schottenfelder Kirche 4 Glocken auf h0 gegossen 1958 Glocken 2 und 4 bzw 1963 Glocken 1 und 3 als Erganzung einer alteren Glocke heute Glocke 5 Eine andere alte Glocke sprang 1963 sie wurde von Pfundner durch die heutige Glocke 3 ersetzt geschweisst und befindet sich heute im Glockenmuseum Wiener Stephansdom 11 stimmiges Gelaut auf g0 mit einem Gesamtgewicht von 11 394 kg gegossen 1960 die grosse Stephanusglocke wiegt 5 221 5 kg und hat einen Durchmesser von 198 7 cm Altlerchenfelder Pfarrkirche 6 stimmiges Gelaut auf a0 gegossen 1961Weitere einzelne Werke Auswahl 1947 und 1949 Maria Taferl 4 Bischofs Jubilaumsglocke Ton d1 1 409 kg Marienglocke Ton e1 1 100 kg 2 weitere kleinere Glocken 1947 Poysbrunn Ersatz fur die Zwolferin Sie wurde 1959 umgegossen Ton fis1 730 kg 1958 Spitalkirche Perchtoldsdorf Stiftung durch Steinbruchbesitzer Karl Maier Ton a2 61 9 kg Durchmesser 45 cm 3 siehe auch Pfarrkirche SchongrabernGlockenzier BearbeitenBis ca 1930 waren Pfundner Glocken reich mit historistischem Zierrat versehen Fur die Glocken der Stiftskirche St Peter in Salzburg wurde erstmals in Osterreich moderne Glockenzier verwendet entworfen vom bekannten Kunstler Jakob Adlhart Fur Pfundner Glocken typisch ist das einfache moderne Dekor ein Relief sowie das Giesserzeichen am Mantel und eine Inschrift am Hals Dazu eine Scheibenkrone mit vier Wappen Alle Glocken sind aussen poliert Glockenforschung BearbeitenJosef Pfundner jun erwarb auch besondere Verdienste um die Glockenkunde in Osterreich Speziell wahrend der Glockenablieferungen im Zweiten Weltkrieg fuhrte er Bestandsaufnahmen und Klanganalysen durch Diese Forschungen bildeten die Grundlage seines Buches Tonendes Erz das er 1961 zusammen mit dem Musikwissenschaftler und Glockenexperten Andreas Weissenback veroffentlichte und in dem erstmals der historische Glockenbestand Osterreichs bis ca ins Jahr 1900 dargestellt wird Glockensammlung BearbeitenDa bereits der Firmengrunder gesprungene Glocken die irreparabel aber historisch interessant waren nicht einschmolz sondern bewahrte konnten einige Glocken bis zum Zweiten Weltkrieg insgesamt 17 Stuck erhalten werden Ein Grossteil davon wurde jedoch im Krieg konfisziert lediglich vier blieben ubrig Nach dem Krieg wuchs die Sammlung wieder an sodass diese heute nicht nur 84 alpenlandische Glocken sondern auch eine japanische Glocke umfasst Gegossen wurden diese Glocken grossteils in den Kronlandern der Monarchie sowie in der Schweiz Die alteste Glocke stammt aus dem Jahr 1242 Die grosste wiegt 1331 kg und stammt aus dem Jahr 1498 aus Basel Alle Glocken die fruher nicht reparabel waren konnten ab den 1960er Jahren durch das Elektroschweissverfahren das von Pfundner fur Glocken weiterentwickelt wurde wiederhergestellt werden So sind alle bis auf zwei Glocken wieder repariert Siehe auch BearbeitenListe von GlockenmuseenLiteratur BearbeitenDie Glockensammlung Pfundner Memento vom 9 Marz 2012 im Internet Archive PDF 7 5 MB in der Zeitschrift Denkma i l herausgegeben durch die Initiative Denkmalschutz Ausgabe 7 2011 S 22 ff Jorg Wernisch Glockenkunde von Osterreich Journal Verlag Lienz 2006 Andreas Weissenback Josef Pfundner Tonendes Erz Die abendlandische Glocke als Toninstrument und die historischen Glocken in Osterreich Herausgegeben vom Institut fur Osterreichische Kunstforschung des Bundesdenkmalamtes Bohlau Verlag Graz Koln 1961Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Glockengiesserei Pfundner Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien Biographie von Martin Pfundner in der Auto RevueEinzelnachweise Bearbeiten Siegfried Adlberger Martin Pfundner letzter Glockengiesser von Wien verstorben In Osterreichische Kirchenmusikkommission Hg Singende Kirche 2 2016 S 124 Martin Pfundner auf OAMTC abgerufen am 30 August 2011 a b Glocken der Kirchen in Perchtoldsdorf abgerufen am 30 August 2011 Glocken Memento vom 2 September 2010 im Internet Archive in Maria Taferl abgerufen am 30 August 2011 48 169297222222 16 373352777778 Koordinaten 48 10 9 5 N 16 22 24 1 O Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Glockengiesserei Pfundner amp oldid 236734444