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Joachim Westphal 1510 in Hamburg 16 Januar 1574 ebenda war ein lutherischer Reformator und Kontroverstheologe Er ist nicht zu verwechseln mit dem gleichnamigen und zeitgenossischen Eislebener Theologen Joachim Westphal Jonas Haas Kupferstich von 1748 Inhaltsverzeichnis 1 Leben 2 Wirken 3 Werke in Auswahl 4 Literatur 5 Weblinks 6 EinzelnachweiseLeben BearbeitenAls Sohn eines armen Zimmermanns geboren konnte Westphal durch die Hilfe wohlhabender Nachbarn die Nikolaischule seiner Heimatstadt und spater die Klosterschule in Luneburg besuchen Versehen mit einem Stipendium seiner Vaterstadt immatrikulierte er sich am 7 Juni 1529 an der Universitat Wittenberg Er studierte bei Martin Luther und Philipp Melanchthon Melanchthon empfahl ihn noch bevor er am 30 Januar 1532 den akademischen Grad eines Magisters der sieben freien Kunste erworben hatte als Lehrer am Hamburger Johanneum 1 Westphal kehrte nachdem er zwei Jahre Konrektor der Anstalt gewesen war mit einem weiteren Hamburger Stipendium zuruck nach Wittenberg um sein Studium fortzusetzen wo er auch zu den Tischgenossen Luthers gehorte Als 1535 die Pest ausbrach verliess er Wittenberg um andere Universitaten zu besuchen Von 1535 bis 1537 unternahm er eine Studienreise durch den deutschsprachigen Raum Dabei besuchte er die Universitaten in Erfurt Heidelberg Strassburg und Tubingen Er kehrte nach Wittenberg zuruck und hielt Vorlesungen an der Artistenfakultat Aber schon bald bot ihm die Universitat Rostock auf Empfehlung von Melanchthon 2 und Johannes Bugenhagen hin eine Professur der Theologie an Er schlug dieses Angebot aus um in seiner Heimatstadt die Nachfolge des am 23 Oktober 1540 verstorbenen Hauptpastors an St Katharinen Stephan Kempe anzutreten Denn er fuhlte sich Hamburg durch die erhaltenen Stipendien verpflichtet Am 19 April 1541 wurde er von Superintendent Johannes Aepinus in sein Amt eingefuhrt Obwohl er schon seit 1562 die Geschafte von Paul von Eitzen gefuhrt hatte wurde er erst 1571 nach dessen endgultigen Weggang von Hamburg als Superintendent am Hamburger Dom ernannt Dass der Senat zogerte ihm dieses Amt zu ubertragen ist nach Irene Dingel moglicherweise dadurch begrundet dass Westphal sich publizistisch als ausgesprochener Kontroverstheologe hervortat 3 Westphal nahm mehrmals an Gesprachsrunden teil bei denen erfolglos versucht wurde die Differenzen zu den Gnesiolutheranern um Flacius und den Schulern Melanchthons Philippisten beizulegen Es ware daher eine Verkurzung ihn ausschliesslich als Streittheologen zu betrachten 4 Joachim Westphal war zweimal verheiratet beide Ehen blieben kinderlos Ende des Jahres 1573 befiel ihn eine schwere Krankheit an welcher er im Alter von 64 Jahren verschied Wirken Bearbeiten1544 meldete sich Westphal erstmals zu Wort um seinen Superintendenten Aepinus zu unterstutzen Dieser war in einer Auslegung von Psalm 16 mit Aussagen zum Abstieg Christi in die Unterwelt in die Kritik geraten Aepinus und Westphal stimmten uberein dass dies kein Triumphzug Christi durch das Totenreich sei sondern der letzte Akt seiner Selbsterniedrigung Nach dem Augsburger Interim gehorte Westphal zu einer Gruppe um Matthias Flacius die sich als die echten Erben Luthers Gnesiolutheraner verstanden und liturgische Zugestandnisse bekampften die nach der militarischen Niederlage der Protestanten im Schmalkaldischen Krieg vielerorts eingegangen wurden Westphals Beitrag hierzu war zunachst eine Sammlung von Zitaten Luthers sowie in geringerer Zahl Melanchthons die er so arrangierte dass sie besagten die evangelische Rechtfertigungslehre musse ihre Entsprechung in evangelischen Zeremonien finden 5 Das Interim fuhrte zu Diskussionen um ein Widerstandsrecht gegen eine ungerechte Obrigkeit Nach dem erfolgreichen Furstenaufstand und dem Passauer Vertrag veroffentlichte Westphal hierzu 1553 die Schrift De offico magistratus et subditorum et de legitima defensione Im gleichen Jahr bezog er im Namen der Hamburger Pastorenschaft Stellung im Majoristischen Streit Seine personliche Meinung zu diesem Thema ist in einer Thesenreihe enthalten die 1568 zusammen mit einer Stellungnahme Johann Wigands gedruckt wurde Das Hamburger Gutachten gegen Andreas Osiander wurde 1553 von Aepinus verfasst Wie die gesamte Hamburger Pastorenschaft lehnte Westphal als Mitunterzeichner Osianders Auffassungen ab Uberregional bekannt wurde Westphal durch seinen Protest gegen die Einigung von Zurich und Genf in der Abendmahlslehre die von Heinrich Bullinger und Johannes Calvin ausgehandelt worden war Consensus Tigurinus Farrago confusanearum et inter se dissidentium opinionum de coena Domini ex Sacramentariorum libris congesta gedruckt 1552 im geachteten Magdeburg das dem Interim Widerstand leistete Westphal warnte in dieser Schrift vor einer Einebnung der Differenzen zwischen Calvinismus und Luthertum also genau das was Calvin als Ideal vorschwebte eine gemeinsame evangelische Position Calvinismus ist eine Begriffspragung Westphals und bezeichnet in der Farrago die Abendmahlsauffassung Calvins negativ als menschliche Erfindung 6 Das aus seiner Sicht richtige Abendmahlsverstandnis stellte Westphal 1553 in der Schrift Recta fides de coena Domino 1553 dar Fur Calvin kam diese scharfe Ablehnung des Consensus Tigurinus unerwartet so dass er sich erst mit Bullinger abstimmte bevor er 1555 mit einer Verteidigungsschrift Defensio sanae et orthodoxae doctrinae de sacramentis reagierte Auf eine Gegenschrift Westphals antwortete Calvin mit seiner Zweiten Verteidigungsschrift Secunda defensio Westphal antwortete mit gleich mehreren Streitschriften und an dieser Stelle stiegen weitere Theologen auf beiden Seiten in die Auseinandersetzung ein sogenannter Zweiter Abendmahlsstreit Calvin schrieb 1557 seine letzte Stellungnahme zu der Auseinandersetzung mit Westphal Ultima admonitio ad Ioachimum Westphalum und ignorierte danach dessen weitere Schriften mit Ausnahme der Endfassung der Institutio Christianae Religionis 1559 7 Zur Eskalation trug bei dass englische Reformierte vor der Religionsverfolgung durch Maria I nach Kontinentaleuropa flohen Auf Betreiben Westphals wurden diese Marianischen Exulanten in Hamburg Lubeck Wismar und Danemark als Calvinisten abgewiesen Viele gingen daraufhin in die Schweiz bevorzugt nach Genf wo dann die calvinistische Pragung stattfand mit der sie unter Elisabeth I nach England zuruckkehrten um dort oft hohe Amter zu bekleiden Auch in der freien Reichsstadt Frankfurt am Main gab es eine englische Fluchtlingsgemeinde Westphal schrieb an den Rat der Stadt Frankfurt um vor diesen Exulanten zu warnen 4 Dass Westphal die Aufnahme englischer Fluchtlinge in lutherischen Territorien verhinderte bedeutete dass der Einfluss des Luthertums auf die Reformation in England in der Folge nur noch gering war 8 Direkt betroffen war Johannes a Lasco mit seiner Londoner Gemeinde Abgewiesen in Danemark und den norddeutschen Hansestadten fand die Gruppe schliesslich in Emden Aufnahme 9 Werke in Auswahl BearbeitenFarrago confusanearum et inter se dissidentium opinionum De Coena Domini ex Sacramentarioru m libris congesta Magdeburg Rodinger 1552 Recta fides de coena Domini ex verbis apostoli Pauli et evangelistarum demonstrata ac communita Magdeburg 1553 Briefsammlung des Hamburgischen Superintendenten Joachim Westphal aus den Jahren 1530 bis 1575 bearb u erl v C H W Sillem 2 Bde Hamburg 1903 Literatur BearbeitenWestphal Joachim In Heinz Scheible Hrsg Melanchthons Briefwechsel Band 16 Personen T Z und Nachtrage Stuttgart Bad Cannstatt 2022 S 276 277 Kenneth Appold Westphal Joachim In Religion in Geschichte und Gegenwart RGG 4 Auflage Band 8 Mohr Siebeck Tubingen 2005 Sp 1500 Irene Dingel Westphal Joachim In Theologische Realenzyklopadie TRE Band 35 de Gruyter Berlin New York 2003 ISBN 3 11 017781 1 S 712 715 Rolf Decot Westphal Joachim In Walter Kasper Hrsg Lexikon fur Theologie und Kirche 3 Auflage Band 10 Herder Freiburg im Breisgau 2001 Sp 1125 Gustav Kawerau Westphal Joachim In Realencyklopadie fur protestantische Theologie und Kirche RE 3 Auflage Band 21 Hinrichs Leipzig 1908 S 185 189 L u Westphal Joachim Theologe In Allgemeine Deutsche Biographie ADB Band 42 Duncker amp Humblot Leipzig 1897 S 198 201 Westphal Joach In Christian Gottlieb Jocher Hrsg Allgemeines Gelehrten Lexicon Band 4 S Z Johann Friedrich Gleditsch Leipzig 1751 Sp 1914 1918 Textarchiv Internet Archive Wolfgang Klose Das Wittenberger Gelehrtenstammbuch das Stammbuch von Abraham Ulrich 1549 1577 und David Ulrich 1580 1623 Mitteldeutscher Verlag Halle 1999 ISBN 3 932776 76 3 Joseph N Tylenda Calvin and Westphal In Wilhelm H Neuser Hrsg Calvin s books Festschrift dedicated to Peter DeKlerk on the occasion of his seventieth birthday Heerenveen 1997 Herwarth von Schade Der Briefwechsel zwischen Joachim Westphal Peter Braubach und Hartmann Beyer Wittig Verlag 1981 Joseph N Tylenda The Calvin Westphal Exchange The Genesis of Calvin s Treatises Against Westphal In Calvin Theological Journal 9 1974 S 182 209 Richard Kruske Johannes a Lasco und der Sakramentsstreit Ein Beitrag zur Geschichte der Reformationszeit Leipzig 1901 Nachdruck Aalen 1972 Studien zur Geschichte der Theologie und der Kirche 7 Nr 1 Carl Monckeberg Joachim Westphal und Johannes Calvin Hamburg 1865 archive org Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Joachim Westphal Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien Universitat Mainz Quellenedition Controversia et Confessio Westphal JoachimEinzelnachweise Bearbeiten M an Theophilus Hermelates in Hamburg Wittenberg 14 Januar 1532 3 In Melanchthons Briefwechsel Regesten online Abgerufen am 27 April 2023 M an den Rat der Stadt Hamburg Dt Wittenberg 19 Mai 1540 In Melanchthons Briefwechsel Regesten online Abgerufen am 27 April 2023 Irene Dingel Westphal Joachim In Theologische Realenzyklopadie TRE Band 35 de Gruyter Berlin New York 2003 ISBN 3 11 017781 1 S 712 715 hier S 712 a b Irene Dingel Westphal Joachim In Theologische Realenzyklopadie TRE Band 35 de Gruyter Berlin New York 2003 ISBN 3 11 017781 1 S 712 715 hier S 714 Irene Dingel Westphal Joachim In Theologische Realenzyklopadie TRE Band 35 de Gruyter Berlin New York 2003 ISBN 3 11 017781 1 S 712 715 hier S 713 Herman Johan Selderhuis Calvin und Wittenberg In Ders Hrsg Calvin Handbuch Tubingen 2008 S 57 63 hier S 62 Herman Johan Selderhuis Calvin und Wittenberg In Ders Hrsg Calvin Handbuch Tubingen 2008 S 57 63 hier S 62 Vgl Johannes Calvin Institutio 4 17 S 20 34 Udo Strater Sonthom Bayly Dyke und Hall Mohr Siebeck Tubingen 1987 S 39 Jan Rohls A Lasco und die reformierte Bekenntnisbildung In Christoph Strohm Hrsg Johannes a Lasco 1499 1560 Polnischer Baron Humanist und europaischer Reformator Mohr Siebeck Tubingen 2000 S 101 124 hier S 112 Normdaten Person GND 118631926 lobid OGND AKS LCCN n81127126 VIAF 30330040 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Westphal JoachimKURZBESCHREIBUNG lutherischer Theologe und ReformatorGEBURTSDATUM 1510GEBURTSORT HamburgSTERBEDATUM 16 Januar 1574STERBEORT Hamburg Abgerufen von 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