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Jakob van Hoddis geboren als Hans Davidsohn 16 Mai 1887 in Berlin gestorben 1942 vermutlich im Vernichtungslager Sobibor war ein deutscher Dichter des literarischen Expressionismus Er ist besonders bekannt fur das Gedicht Weltende Jakob van Hoddis 1910 Inhaltsverzeichnis 1 Leben 2 Werk und Rezeption 3 Gedenken 4 Ausgaben 4 1 Drucke zu Lebzeiten 4 2 Werkausgaben 5 Literatur 6 Weblinks 7 AnmerkungenLeben BearbeitenHans Davidsohn war der Sohn des judischen Sanitatsrats Hermann Davidsohn und dessen ebenfalls judischen Ehefrau Doris geb Kempner 1 Er wurde am Gruner Weg 69 heute Singerstrasse in Berlin Friedrichshain geboren 2 Sein Zwillingsbruder starb wahrend der Geburt Er war der alteste Sohn und wuchs mit seinen Geschwistern Marie Anna Ludwig und Ernst auf Die Lyrikerin Friederike Kempner war seine Grosstante Er besuchte das Friedrich Wilhelms Gymnasium Berlin verliess die Schule aber 1905 um einer Relegation zuvorzukommen Bereits als Gymnasiast schrieb er erste Gedichte Er bestand 1906 als Externer das Abitur und immatrikulierte sich noch im selben Jahr an der Technischen Hochschule Charlottenburg fur Architektur Er brach 1907 das TH Studium ab und wechselte an die Universitat Jena um Klassische Philologie zu studieren Spater ging er an die Friedrich Wilhelms Universitat In Berlin wurde er Mitglied der Freien Wissenschaftlichen Vereinigung in der er den Jurastudenten und spateren Schriftsteller Kurt Hiller kennenlernte 1908 konnte er gefordert durch Hiller mit einigen Gedichten debutieren Zusammen mit Erwin Loewenson alias Golo Gangi grundeten sie 1909 in den Hackeschen Hofen den Neuen Club Unter dem Namen Neopathetisches Cabaret organisierten sie ab 1910 literarische Abende Als sein Vater 1909 starb legte er sich das Pseudonym Jakob van Hoddis zu wobei van Hoddis ein Anagramm seines Nachnamens Davidsohn ist Von Freunden wurde er oft Hans den Hoddissohn oder Hoddiskop verspottet 3 Sein Gedicht Weltende wurde 1911 zur eigentlichen Basis des Fruhexpressionismus und erschien erstmals in der Zeitschrift Der Demokrat Weitere Lyrik erschien in dieser Zeit in der Zeitschrift Die Aktion von Franz Pfemfert Aus dieser Zeit stammt auch seine Freundschaft mit dem Kollegen Georg Heym Sein kunstlerisches Werk verrat in dieser Zeit einigen Einfluss von Stefan George Van Hoddis wurde Ende dieses Jahres wegen Unfleisses von der Universitat zwangsexmatrikuliert 1912 ging van Hoddis nach Munchen und wandte sich dort verstarkt dem Katholizismus zu Hier machte sich erstmals eine beginnende Psychose deutlicher bemerkbar Provoziert wurde das vor allem durch den tragischen Tod Heyms als dieser im Januar beim Schlittschuhfahren mit einem Freund ertrank und durch Hoddis unerwiderte Liebe fur Lotte Pritzel der er sein Gedicht Indianisch Lied widmete Wegen zunehmender Konflikte mit seiner Familie zog er sich Anfang September selbst in die Kuranstalt in Wolbeck bei Munster zuruck die er Mitte Oktober aber fluchtartig verliess um nach Berlin zuruckzukehren Hier wurde er derart auffallig dass er Ende Oktober in die Heilanstalt Waldhaus in Nikolassee bei Berlin verbracht werden musste so dass sich Erwin Loewenson an einen langjahrigen Freund von Kurt Hiller den Psychiater Arthur Kronfeld in Heidelberg mit der Bitte um Unterstutzung wandte Unter dem Titel Gewaltsam ins Irrenhaus war diese Zwangseinweisung Anlass fur ein Medienecho zu einer Zeit allerdings als van Hoddis schon aus der Anstalt entwichen war Ausserdem studierte er noch die griechische Mythologie und deren Fabelstrukturen Jedoch horte er vor dem Ausbruch seiner Krankheit im Herbst 1914 vollig mit der Nutzung der mythologischen Terminologie auf Nach Aufenthalten in Paris Munchen und Heidelberg kehrte er vollig mittellos nach Berlin zuruck 1914 hielt er seinen letzten Vortrag im Neuen Club Ab 1915 war van Hoddis in standiger arztlicher Behandlung und wurde privat gepflegt In diesem Jahr starb sein Bruder Ludwig als Soldat im Ersten Weltkrieg dessen Tod nahm er allerdings aufgrund seiner wachsenden Umnachtung nicht gross zu Kenntnis Franz Pfemfert publizierte 1918 in seiner Buchreihe Der rote Hahn unter dem Titel Weltende erneut das gleichnamige und funfzehn weitere Gedichte van Hoddis In Zurich wurden in dieser Zeit in der Galerie DADA Gedichte von van Hoddis vorgetragen Nach dem Krieg konnte van Hoddis Bruder Ernst nicht mehr Fuss fassen und emigrierte nach Palastina nbsp Gedenktafel am Haus Rosenthaler Str 40 in Berlin MitteAb 1922 befand sich van Hoddis in standiger privater Pflege in Tubingen Inzwischen war sein Zustand so bedenklich dass er 1926 auf Antrag seiner Mutter Doris Davidsohn geborene Kempner durch das Amtsgericht Tubingen entmundigt wurde und ein Onkel Hermann Kempner die Vormundschaft fur ihn ubernahm Am 15 Juni 1927 eskalierte ein Streit mit seinem Nachbarn und man wies ihn in die Universitatsklinik der Stadt ein Von dort wurde er am 4 Juli 1927 nach Goppingen in das Christophsbad eine Privatklinik fur Gemuts und Nervenkranke verlegt wo er sechs Jahre blieb Im Jahr der nationalsozialistischen Machtergreifung 1933 emigrierte van Hoddis Mutter mit seinen Schwestern Marie und Anna ebenfalls nach Palastina Van Hoddis mussten sie aufgrund seines Zustandes zurucklassen Am 29 September 1933 wurde van Hoddis in die Israelitischen Heil und Pflegeanstalten Bendorf Sayn bei Koblenz verlegt In dieser Anstalt wurden ab 1940 der grosste Teil von judischen psychiatrischen Patienten im deutschen Reich konzentriert Zu diesem Zeitpunkt war Hoddis wegen seiner hebephrenen Schizophrenie im Endstadium nicht mehr ansprechbar Er baute in den letzten Jahren korperlich immer mehr ab und verhielt sich im Vergleich zu anderen Patienten verhaltnismassig unauffallig grusste Tiere die er beim Spazieren traf spielte Schach und rauchte viel Sein Umfeld sowie seine Umgebung nahm er nicht mehr wahr 4 Am 30 April 1942 wurde er von dort in den Distrikt Lublin im von der Wehrmacht besetzten Polen deportiert und hochstwahrscheinlich im Vernichtungslager Sobibor im Mai oder Juni desselben Jahres im Alter von 55 Jahren ermordet 5 6 Werk und Rezeption BearbeitenSein Gedicht Weltende wurde am 11 Januar 1911 in der Berliner Zeitschrift Der Demokrat erstmals veroffentlicht 70 weitere Gedichte erschienen in den Avantgardezeitschriften Die Aktion und Der Sturm Sein lyrisches Werk ist vor allem gekennzeichnet durch starke Chiffrenhaftigkeit und dadaistische Elemente Viele seiner Gedichte zeigen einen skurril grotesken Inhalt vermischt mit naiven und schwarz humoristischen Formulierungen Bei vielen Zeitgenossen hatte van Hoddis grossen Erfolg seine Lyrik wurde von den damaligen Literaturkritikern und Intellektuellen hoch geschatzt So eroffnete Weltende die wohl beruhmteste expressionistische von Kurt Pinthus 1919 herausgegebene Lyrikanthologie Menschheitsdammerung In der spateren Forschung trat er dagegen im Vergleich zu anderen Vertretern des Expressionismus wie Georg Heym Ernst Stadler und Georg Trakl in den Hintergrund Er lehnt seinen Wortschatz in seinen Gedichten in der Zeit zwischen 1910 und 1914 sehr an den des fruhen Stephan George an 7 Um 1950 sind lediglich noch das Gedicht Weltende und die sechzehn Gedichte umfassende gleichnamige Sammlung die 1918 von Franz Pfemfert publiziert wurde weiteren Kreisen bekannt 1958 gab Paul Portner eine weitere Sammlung von Gedichten heraus die dank des Nachlassverwalters Erwin Loewenson funfunddreissig unveroffentlichte Gedichte enthielt In Studien von Udo Reiter 1970 und Richard Sheppard 1978 kann man weitere unbekannte Texte von van Hoddis finden 1987 erschien die vollstandige Ausgabe von Regina Nortemann die zweihundertsechs Gedichte sowie Prosatexte Briefe und wichtige Dokumente zusammengetragen hat Das Verdienst der Wiederentdeckung der hoddisschen Lyrik gebuhrt Paul Portner dessen Ausgabe wenn auch unvollkommen das Interesse mancher Literaturwissenschaftler erregte Nach wenigen Jahren erschienen Aufsatze und zwei Monographien uber das Leben und das lyrische Schaffen van Hoddis Gemeinsamer Nenner dieser Beitrage ist jedoch die Neigung auf die psychische Krankheit viel Gewicht zu legen wodurch manche Gedichte vor allem die spatesten unter dem arztlichen Blickwinkel statt nach asthetischen Regeln analysiert werden Der einzige Kritiker der sich gegen diese Tendenz wendet ist Bernd Laufer der Autor einer Studie 1992 uber den Zyklus Variete 2002 schrieb und inszenierte Karl Bruckmaier ein Horspiel uber das Leben van Hoddis fur den Bayerischen Rundfunk unter dem Titel Dann aber wird ein Dichter an ihm verloren gegangen sein Mutmassungen uber Jakob van Hoddis 8 Gedenken BearbeitenAn den Dichter und sein Schicksal erinnert in Tubingen die Jakob van Hoddis Staffel in der Nahe der Psychiatrischen Universitatsklinik In Goppingen steht ein Denkmal im Garten des Christophsbads und tragt ein Wohnheim zur Wiedereingliederung psychisch Kranker seinen Namen Das Wohnheim gehort zum Verein VIADUKT Hilfen fur psychisch Kranke e V In der Rosenthaler Strasse 40 41 in Berlin Mitte im Durchgang zu den Hackeschen Hofen erinnert seit 1994 eine Gedenktafel an van Hoddis Ausgaben BearbeitenDrucke zu Lebzeiten Bearbeiten Weltende Der Rote Hahn Bd 19 Verlag der Wochenschrift Die Aktion Berlin Wilmersdorf 1918 28 S 2 Bl 1 Ill Holzschnitt Funf Gedichte darunter Weltende als erstes Gedichte der Anthologie In Kurt Pinthus Hrsg Menschheitsdammerung Symphonie jungster Dichtung Rowohlt Berlin 1920 Erstausgabe 1919 Neuausgabe mit Biographien und Bibliographien 1959 in der Reihe Rowohlts Klassiker der Literatur und der Wissenschaft Bd 55 56 Abteilung Deutsche Literatur Bd 4 34 Auflage 2006 ISBN 3 499 45055 0 Werkausgaben Bearbeiten Weltende Gesammelte Dichtungen Hrsg von Paul Portner Arche Zurich 1958 Gedichte Hrsg von Regina Nortemann Sammlung Luchterhand Luchterhand Frankfurt 1990 ISBN 3 630 61917 7 Weltende Die zu Lebzeiten veroffentlichten Gedichte Hrsg von Paul Raabe Arche Zurich 2001 ISBN 3 7160 2284 5 Dichtungen und Briefe Hrsg und kommentiert von Regina Nortemann Wallstein Gottingen 2007 ISBN 978 3 8353 0178 8 Erstausgabe 1987 Weltende 18 Gedichte Hochroth Verlag Perleberg Berlin u a 2009 ISBN 978 3 9812619 8 1 Literatur BearbeitenFritz Bremer In allen Luften hallt es wie Geschrei Jakob van Hoddis Fragmente einer Biographie Paranus Neumunster 2001 ISBN 3 926200 46 4 Michael Buchholz Jakob van Hoddis in der Freien Wissenschaftlichen Vereinigung In Jahrbuch der Deutschen Schillergesellschaft Jahrgang 52 Wallstein 2008 ISSN 0070 4318 S 89 108 Helmut Hornbogen Jakob van Hoddis Die Odyssee eines Verschollenen Munchen 2001 ISBN 3 935284 36 5 Erstausgabe 1986 Udo Reiter Jakob van Hoddis Leben und lyrisches Werk Kummerle Goppingen 1970 ISBN 3 87452 025 0 Irene Stratenwerth Karl Kilian Michael Alex all meine pfade rangen mit der nacht Jakob van Hoddis Hans Davidsohn 1887 1942 Stroemfeld Frankfurt am Main Basel 2001 ISBN 3 87877 016 2 all meine pfade rangen mit der nacht Erinnerung an den Expressionisten Jakob van Hoddis der als Dichter gefeiert als Wahnsinniger behandelt und als Jude ermordet wurde herausgegeben von Stiftung Neue Synagoge Berlin Centrum Judaicum Gertraude Wilhelm van Hoddis Jacob In Neue Deutsche Biographie NDB Band 9 Duncker amp Humblot Berlin 1972 ISBN 3 428 00190 7 S 297 f Digitalisat Hansjorg Schneider Jakob van Hoddis ein Beitrag zur Erforschung des Expressionismus Basler Studien zur deutschen Sprache und Literatur Heft 35 Francke Bern 1967 DNB 364579927 Dissertation Universitat Basel Philosophische Fakultat 1966 107 Seiten DNB 571527248 Weblinks Bearbeiten nbsp Wikisource Jakob van Hoddis Quellen und Volltexte Literatur von und uber Jakob van Hoddis im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek Werke von Jakob van Hoddis im Projekt Gutenberg DE Jakob van Hoddis Tabellarischer Lebenslauf im LeMO DHM und HdG Einige Gedichte von Jakob van Hoddis zusammengestellt von Johannes Beilharz Jakob van Hoddis Memento vom 19 Juni 2013 im Webarchiv archive today Weltende von Jakob van Hoddis als E Book oder HTML in der Fassung der Erstausgabe in der Schriftenreihe Der Rote Hahn von 1918Anmerkungen Bearbeiten Davidsohn Doris in Gudrun Wedel Autobiographien von Frauen ein Lexikon Koln Bohlau 2010 S 173 Werner Liersch Dichters Ort Ein literarischer Reisefuhrer Greifenverlag zu Rudolstadt 1985 S 61 62 Paul Raabe Weltenende Jakob van Hoddis und seine Verleger Hrsg Paul Raabe Arche Verlag 2001 ISBN 3 7160 2284 5 S 90 Hoddis in der Heil und Pflegeanstalt Bendorf Sayn Abgerufen am 30 September 2021 Vgl die Materialien zur van Hoddis Ausstellung in der Neuen Synagoge Berlin Centrum Judaicum 10 Juni bis 31 August 2001 cjudaicum de vanhoddis Udo Reiter Jakob de Hoddis Leben und lyrisches Werk Hrsg Ulrich Muller Franz Hundsnurscher Cornelius Sommer Alfred Kummerle Verlag Goppingen 1970 S 58 Kindlers Neues Literaturlexikon Walter Jens Hrsg Munchen 1988 1992 als Podcast abrufbarNormdaten Person GND 11876442X lobid OGND AKS LCCN n85298158 VIAF 39414707 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Hoddis Jakob vanALTERNATIVNAMEN Davidsohn HansKURZBESCHREIBUNG deutscher Dichter des ExpressionismusGEBURTSDATUM 16 Mai 1887GEBURTSORT BerlinSTERBEDATUM Mai 1942 oder Juni 1942STERBEORT Sobibor Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Jakob van Hoddis amp oldid 236765219