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Weltende ist ein Gedicht von Jakob van Hoddis und ein Werk aus der Anfangszeit des Expressionismus Weltende informell auf eine Litfasssaule in Munchen geklebt April 2020 zum Anfang der Ausgangssperre wegen der COVID 19 Pandemie1911 wurde es in der Berliner Zeitschrift Der Demokrat erstmals veroffentlicht In dieser Zeit waren die Ansichten des Impressionismus noch weit verbreitet das Gedicht markiert somit einen neuen Abschnitt in der Literaturgeschichte Inhaltsverzeichnis 1 Weltende 2 Form 3 Inhalt 4 Interpretation 5 Rezeption 6 Ausgaben 7 Literatur 8 Weblinks 9 EinzelnachweiseWeltende BearbeitenDem Burger fliegt vom spitzen Kopf der Hut In allen Luften hallt es wie Geschrei Dachdecker sturzen ab und gehn entzwei Und an den Kusten liest man steigt die Flut dd Der Sturm ist da die wilden Meere hupfen An Land um dicke Damme zu zerdrucken Die meisten Menschen haben einen Schnupfen Die Eisenbahnen fallen von den Brucken dd Form BearbeitenFormal ist das Gedicht konventionell gehalten Es besteht aus zwei jeweils vierzeiligen Strophen Das Metrum in der ersten Strophe besteht aus einem jambischen Funfheber und weist einen umschliessenden Reim abba auf Die zweite Strophe besteht ebenfalls aus jambischen Funfhebern die jedoch hyperkatalektisch mit zweisilbiger Kadenz sind Ein weiterer Unterschied zur ersten Strophe ist der Kreuzreim abab der wie die Kadenz zweisilbig ist Die Verse stehen im so genannte Reihungsstil unverbunden hintereinander Jeder Vers bildet eine Sinneinheit ausgenommen das Enjambement von der funften zur zu sechsten Zeile Inhalt BearbeitenIn der ersten Strophe beschreibt das lyrische Ich das Weltende mit ungewohnlichen Bildern Burger haben spitze Kopfe Dachdecker gehn entzwei Nur die steigende Flut ist ein Bild das zumindest der judao christlich gepragte Leser erwarten wurde doch dieses realer erscheinende Bild wird nur durch ein Medium vermittelt wahrend die Verse davor eine unmittelbare Schilderung boten Die Flut wird in der zweiten Strophe wieder durch ein ungewohnliches Bild aufgenommen Die Meere hupfen Gleichzeitig wird den Meeren eine Intention unterstellt Personifizierung namlich dicke Damme zu zerdrucken Stabreim Der dritte und vierte Vers setzen wieder den Reihungsstil aus der ersten Strophe fort Dabei kontrastiert der Schnupfen mit dem Szenario dass Eisenbahnen von den Brucken fallen Interpretation BearbeitenUm 1910 existierte eine reale apokalyptische Angst vor dem Halleyschen Kometen Man hatte Angst dass er mit der Erde zusammenstossen oder der zuvor von Astronomen im Kometenschweif detektierte Giftstoff Dicyan die Erde vergiften wurde Die Zusammenhanglosigkeit der Schilderungen des Weltendes zusammen mit dem Hinweis liest man kann man als Medienkritik verstehen Schlechte Nachrichten sind gute Nachrichten Jeden Tag gibt es eine neue Katastrophe Der Text sucht die Expression fur die sich stark andernde Wirklichkeit das brockelnde Kaiserreich der technische Fortschritt und entgleist semantisch wie die Eisenbahn Die Bildlichkeit vermittelt dabei eine neue Art der Wahrnehmung demgegenuber bleiben die formalen Aspekte Metrum Reim Strophenbau konventionell Inwiefern das Gedicht sich uber die Untergangsangste der Zeitgenossen lustig macht muss offen bleiben 1 Die 1912 beginnende geistige Umnachtung des Dichters liefert eine weitere Interpretation fur den in kuriosen Einzelbildern imaginierten Weltuntergang 2 Rezeption BearbeitenBei den Zeitgenossen hatte van Hoddis grossen Erfolg seine Lyrik wurde von den damaligen Literaturkritikern und Intellektuellen hoch geschatzt So eroffnete Weltende die wohl beruhmteste expressionistische von Kurt Pinthus 1919 herausgegebene Lyrikanthologie Menschheitsdammerung Weltende wurde zu einem Kultgedicht Es bleibt damit fast das einzige Gedicht von van Hoddis das Beruhmtheit erlangte es bringt ihm allerdings einen Ruf als Vorreiter des Expressionismus ein Der revolutionare Reihungsstil wird von den Expressionisten aber auch noch spater ubernommen Um 1950 sind lediglich noch das Gedicht Weltende und die sechzehn Gedichte umfassende gleichnamige Sammlung die 1918 von Franz Pfemfert publiziert wurde weiteren Kreisen bekannt Im Jahr 2005 nahm Marcel Reich Ranicki Weltende als einziges Gedicht von van Hoddis in den Kanon lesenswerter deutschsprachiger Werke auf Ausgaben BearbeitenPaul Portner Hrsg Jakob van Hoddis Weltende Gesammelte Dichtungen Arche Zurich 1958Literatur BearbeitenHelmut G Hermann Jakob van Hoddis Weltende In Gedichte der Menschheitsdammerung Interpretationen expressionistischer Lyrik Hg v Horst Denkler Munchen Fink 1971 S 56 68 Karl Riha Dem Burger fliegt vom spitzen Kopf der Hut In Harald Hartung Hrsg Gedichte und Interpretationen Band 5 Vom Naturalismus bis zur Jahrhundertmitte Reclam Stuttgart 1983 ISBN 3 15 007894 6 S 118 125 Thomas Kopfermann Lyrik im Expressionismus In Dietrich Steinbach Hrsg Gedichte in Ihren Epochen Klett Stuttgart 1992 Vivian Liska Bernd Witte Weltende In Dan Diner Hrsg Enzyklopadie judischer Geschichte und Kultur EJGK Band 6 Ta Z Metzler Stuttgart Weimar 2015 ISBN 978 3 476 02506 7 S 351 356 Weblinks BearbeitenDem Burger fliegt vom spitzen Kopf der Hut Artikel von Thomas Schmid in der Die Welt 8 Januar 2011Einzelnachweise Bearbeiten Eine kabarettistisch schnoddrige Version eines imaginaren Weltuntergangs nennt Helmut G Hermann 1971 S 57 das Gedicht Vgl Matthis Kepser Ulf Abraham Literaturdidaktik Deutsch 4 aktual u erw Aufl 2016 S 251f Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Weltende Jakob van Hoddis amp oldid 239165928