www.wikidata.de-de.nina.az
Die judische Gemeinde Neustadtgodens bestand uber einen Zeitraum von rund 300 Jahren von ihren Anfangen im 17 Jahrhundert bis zu ihrem Ende am 23 Oktober 1941 Judische Gemeinden in Ostfriesland vor 1938 Inhaltsverzeichnis 1 Geschichte der Judischen Gemeinde in Neustadtgodens 2 Gemeindeentwicklung 3 Gedenkstatten 4 Siehe auch 5 Literatur 6 Weblinks 7 EinzelnachweiseGeschichte der Judischen Gemeinde in Neustadtgodens BearbeitenIm Religionsfrieden von Augsburg 1555 war den Landesherren das Recht zugebilligt worden dass der Herrscher eines Landes die Religion fur alle Bewohner des Landes vorgab siehe auch Cuius regio eius religio In Ostfriesland gab es die Besonderheit dass hier nicht vom Grafen sondern von den einzelnen Territorialherren bestimmt wurde welche Religion fur das jeweilige Gebiet galt Besitzer der Herrlichkeit Godens war das Geschlecht von Frydag Franz Ico von Frydag 1606 1652 selbst reformiert war mit der katholischen Margarethe Elisabeth von Westerholt verheiratet und stellte seinen Nachkommen die Wahl des Bekenntnisses frei Daruber hinaus gewahrten er und seine Nachfolger als Besitzer der Herrlichkeit Godens Lutheranern Reformierten Katholiken Mennoniten und Juden eine Heimstatt in Neustadtgodens 1 Der Ort selbst war 1544 von der Herrlichkeit gegrundet worden nbsp Der Judische Friedhof in Neustadtgodens Die ersten Juden haben sich im Dreissigjahrigen Krieg in der Herrlichkeit Godens niedergelassen erstmals wurden sie 1640 im Einnahmeregister der Herrlichkeit erwahnt Ab 1660 stellte die Familie von Frydag Schutzbriefe fur die Juden aus welche allerdings gegen Geld erworben werden mussten pro Person und Jahr mussten sie einen Dukaten und eine Gans als Schutzgeld an die Herrlichkeit bezahlen Trotz aller religiosen Toleranz der Herren von Frydag galt auch in Neustadtgodens dass die Gilden nur Christen zuganglich waren Die einzige Ausnahme uber Jahrzehnte bildete hier Sander Natans der 1661 als Meister in die Webergilde aufgenommen wurde Die anderen Juden verdienten ihren Lebensunterhalt als Schlachter im Teehandel oder im Altkleiderhandel Die meisten Familien lebten allerdings in eher bescheidenen Verhaltnissen Am 10 Januar 1708 baten die judischen Familien um die Herrschaftliche Genehmigung zur Anlage eines Friedhofes bis dahin hatten sie ihre Toten auf dem Friedhof in Wittmund bestatten mussen und dieser war seit 1690 voll belegt Nun sollten die ostfriesischen Schutzjuden auf Grund einer herrschaftlichen Anweisung des Fursten Christian Eberhard von 1690 eigene Friedhofe an ihren Wohnorten anlegen Auf diese Bitte hin erlaubte Graf Burchard Phillip von Frydag in einem Schutzbrief 1708 die Einrichtung einer Synagoge und des Friedhofes Fur den Friedhof wies dabei die Herrschaft den Juden ein Grundstuck auf dem sogenannten Maanlande zwischen Neustadtgodens und Godens zu Ab 1742 gab es zeitweise einen Rabbiner vor Ort und 1752 wird erstmals eine Synagoge in Neustadtgodens erwahnt die auf herrschaftlichem Boden stehe 1782 wurden bei einem Pogrom die Fenster judischer Einwohner eingeworfen Anlass dazu war das judische Purimfest in dessen Folge die judische Bevolkerung der Verjagung des Judenfeindes Haman mit Rasseln und Larmen in der Synagoge aber auch auf dem Nachhauseweg gedachte Dies wurde zu diesem Zeitpunkt von Teilen der christlichen Bevolkerung so interpretiert dass es sich bei dem Judenfeind um die Christen handeln musse Berichten zufolge sollen an dem Pogrom keine Neustadter Christen teilgenommen haben sondern der Tumult sei von aussen in den Ort getragen worden Da der Vorwurf der Verhohnung der Christen vollig unbegrundet war mussten den judischen Familien Entschadigungsgelder zur Reparatur ihrer Hauser gezahlt werden 2 nbsp Synagoge in Neustadtgodens1852 errichtete die Gemeinde ein neues Bethaus im Stil einer kleinen Stadtsynagoge welche heute noch erhalten ist Diese diente bis 1902 auch den Juden aus dem nahe gelegenen Wilhelmshaven als Gotteshaus 1812 kaufte die judische Gemeinde ein Wohnhaus neben der Synagoge riss das alte Gebaude ab und in dem errichteten Neubau wurde eine eigene Schule eingerichtet Mitte des 19 Jahrhunderts stellten die Juden ein Viertel der Einwohnerschaft Neustadtgodens 1903 zog die Schule in ein gegenuberliegendes Wohnhaus um wo bis 1922 unterrichtet wurde Seit Ende des 19 Jahrhunderts bewirkten allerdings wirtschaftliche Grunde einen verstarkten Wegzug von Juden wie auch nichtjudischen Bevolkerungsteilen aus Neustadtgodens In den 1920er Jahren gehorte die Gemeinde zum Landrabbinatsbezirk Emden Nach 1933 wurde die Synagoge in Neustadtgodens kaum noch genutzt da die erforderliche Zahl von zehn mannlichen Gottesdienstbesuchern fur einen Minjan nicht mehr erreicht wurde Am 15 Marz 1936 wurde in der Synagoge schliesslich der letzte Gottesdienst abgehalten am 27 Juni 1938 wurde das Gebaude an einen Privatmann aus Wilhelmshaven verkauft der dort ein Farbenlager einrichtete Auf diese Weise blieb das Gebaude erhalten und entging der Reichspogromnacht am 9 November 1938 An diesem Tag wurden die noch am Ort ansassigen Juden von der SA verhaftet und nach Oldenburg gebracht und dort mit anderen ostfriesischen Juden in einer Kaserne zusammengetrieben Ca 1 000 judische Ostfriesen Oldenburger und Bremer wurden dann mit einem Zug in das Konzentrationslager Sachsenhausen nordlich von Berlin deportiert wo sie bis Dezember 1938 oder Anfang 1939 inhaftiert blieben Nach und nach wurden sie wieder freigelassen 1940 und 1941 wurden sie erneut von der SS verhaftet und in die Konzentrationslager Auschwitz und Theresienstadt deportiert Der einzige Uberlebende des Holocaust kehrte in seinen Heimatort zuruck wo er 1974 verstarb und auf dem judischen Friedhof beigesetzt wurde Das Synagogengebaude diente nach 1945 als Wohngebaude und von 1962 bis 1986 als Feuerwehrhaus Von 1986 bis 1988 liess die Gemeinde Sande das Haus mit offentlichen Mitteln restaurieren Im Erdgeschoss wurde ein Galerieraum fur Kunstlerausstellungen geschaffen 2002 wurde die ehemalige Synagoge erneut verkauft und soll neben der Nutzung als Wohngebaude der Ausstellungsraum fur eine Spielzeugsammlung genutzt werden Der Plan wurde vom neuen Eigentumer bislang jedoch nicht verwirklicht Gemeindeentwicklung BearbeitenDie judische Gemeinde in Neustadtgodens stellte Mitte des 19 Jahrhunderts 25 der Gesamtbevolkerung des Ortes den hochsten Anteil der Juden in Ostfriesland Jahr Gemeindemitglieder1737 46 Personen1749 63 Personen1802 100 Personen1867 186 Personen1885 139 Personen1905 85 Personen1925 25 Personen1933 16 Juni 12 Personen1935 8 Personen1940 3 PersonenGedenkstatten Bearbeiten nbsp Der judische Friedhof in Neustadtgodens nbsp Der judische Friedhof in NeustadtgodensSynagoge Neustadtgodens judischer Friedhof NeustadtgodensSiehe auch BearbeitenGeschichte der Juden in Ostfriesland Ostfriesland zur Zeit des NationalsozialismusLiteratur BearbeitenHerbert Reyer Bearb Das Ende der Juden in Ostfriesland Katalog zur Ausstellung der Ostfriesischen Landschaft aus Anlass des 50 Jahrestages der Kristallnacht Verlag Ostfriesische Landschaft Aurich 1988 ISBN 3 925365 41 9 Herbert Reyer Martin Tielke Hrsg Frisia Judaica Beitrage zur Geschichte der Juden in Ostfriesland Aurich 1988 ISBN 3 925365 40 0 Enno Hegenscheid Achim Knofel Die Juden in Neustadtgodens Das Entstehen der Synagogengemeinde ihr Leben und Wirken der Aufstieg und Untergang Neustadtgodens 1988 Georg Murra Regner Andrea Dohrer Wir haben also unseren Ruin vor Augen Der Pogrom in Neustadtgodens vom 5 Mai 1782 Gedenkstatte Synagoge Dornum Dornum 2014 Werner Vahlenkamp Neustadtgodens In Herbert Obenaus Hrsg in Zusammenarbeit mit David Bankier und Daniel Fraenkel Historisches Handbuch der judischen Gemeinden in Niedersachsen und Bremen Wallstein Gottingen 2005 ISBN 3 89244 753 5 S 1099 1104 Weblinks BearbeitenSynagoge Neustadtgodens und judischer Friedhof Neustadtgodens Konfessionsvielfalt in Neustadtgodens Judischer Friedhof in Neustadtgodens Landkreis Friesland Novemberpogrome 1938 in Niedersachsen NeustadtgodensEinzelnachweise Bearbeiten Biographisches Lexikon fur Ostfriesland Frydag von alemannia judaica de Synagoge und judischer Friedhof in Neustadtgodens53 477777777778 7 9863888888889 Koordinaten 53 29 N 7 59 O Ehemalige judische Gemeinden in Ostfriesland Judische Gemeinde Aurich Judische Gemeinde Bunde Judische Gemeinde Dornum Judische Gemeinde Emden Judische Gemeinde Esens Judische Gemeinde Jemgum Judische Gemeinde Leer Judische Gemeinde Neustadtgodens Judische Gemeinde Norden Judische Gemeinde Norderney Judische Gemeinde Weener Judische Gemeinde Wittmund Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Judische Gemeinde Neustadtgodens amp oldid 217230434