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Die ehemalige Synagoge in Neustadtgodens ist eine weitgehend im Originalzustand erhaltene Synagoge in Ostfriesland Die Judische Gemeinde Neustadtgodens liess sie im Jahre 1852 errichten Das Gebaude diente bis 1902 auch den Juden aus dem benachbarten Wilhelmshaven als Gotteshaus Seit Ende des 19 Jahrhunderts bewirkten wirtschaftliche Grunde einen verstarkten Wegzug von Juden wie auch nichtjudischen Bevolkerungsteilen aus Neustadtgodens In der Zeit des Nationalsozialismus war die Gemeinde so stark geschrumpft dass die Zahl der Gottesdienstbesucher nicht mehr ausreichte Am 15 Marz 1936 gab die Gemeinde die Synagoge mit einem Abschiedsgottesdienst auf Danach ging das Gebaude in Privatbesitz uber und uberstand so die Novemberpogrome 1938 Seit dem 10 Juli 2015 ist das Gebaude als Erinnerungsort ehemalige Synagoge in Neustadtgodens wieder fur die Offentlichkeit geoffnet 1 Aussenansicht der Synagoge Inhaltsverzeichnis 1 Geschichte 2 Ausstellung 3 Baubeschreibung 4 Literatur 5 Weblinks 6 EinzelnachweiseGeschichte Bearbeiten nbsp Heutiger Haupteingang nbsp Innenraum nach der Neugestaltung als Erinnerungsort nbsp Innenraum nach der Neugestaltung als ErinnerungsortGraf Burchard Phillip von Frydag Besitzer der Herrlichkeit Godens erlaubte den judischen Einwohnern von Neustadtgodens 1708 in einem Schutzbrief die Einrichtung einer Synagoge und des Friedhofes Ab 1742 gab es zeitweise einen Rabbiner vor Ort 1752 wird erstmals eine Synagoge erwahnt Sechs Jahre spater heisst es 1758 das Gotteshaus stehe auf herrschaftlichem Boden Aus dem Jahr 1830 liegt ein Ortsplan vor in dem der Israeliten Kirch eingezeichnet ist Vermutlich ist dies die alte Synagoge 2 1852 53 liess die Gemeinde ihr altes Bethaus abreissen und errichtete an gleicher Stelle die bis heute erhaltenes Synagoge 3 Diese diente auch den Juden aus dem nahe gelegenen Wilhelmshaven als Gotteshaus ehe diese im Jahre 1902 eine eigene Synagoge errichteten 2 Von 1812 bis 1922 gab es auch eine eigene Schule neben der Synagoge Nach 1933 konnte die Gemeinde die Synagoge in Neustadtgodens kaum noch nutzen da sie die erforderliche Zahl von zehn mannlichen Gottesdienstbesuchern fur einen Minjan nicht mehr erreichte Inzwischen zeigte das Gotteshaus zudem Verfallserscheinungen Moglicherweise war die angebliche Baufalligkeit aber nur ein vorgeschobener Grund fur die nationalsozialistischen Behorden um die Schliessung des Gebaudes anordnen zu konnen denn Gebaude und Dach erwiesen sich spater als stabil 3 Die Gemeinde gab die Synagoge dennoch am 15 Marz 1936 mit einem feierlichen Gottesdienst unter der Beteiligung von Landesrabbiner Dr Samuel E Blum aus Emden 1883 1951 auf 2 Am 27 Juni 1938 verkaufte die Gemeinde das Gebaude fur 2 500 RM an einen Tischler aus Wilhelmshaven der dort laut einer Zeitungsmeldung Wohnungen einbauen wollte In einem anderen Zeitgenossischen Bericht heisst es in dem Gebaude befande sich ein Farbenlager Dieser Umstand sollte zumindest das Gebaude beim Novemberpogrom 1938 schutzen Aus Angst vor einer grosseren Explosion in der eng bebauten Kirchstrasse verzichteten die Nationalsozialisten auf das Niederbrennen Auf diese Weise blieb das Gebaude erhalten und uberstand die Reichspogromnacht vom 9 November 1938 ohne grossere Schaden Was mit dem Inventar geschah ist bis heute ungeklart 3 Nach 1945 wurde das Gebaude als Wohnhaus genutzt Ab etwa 1986 gab es aus thermischen Grunden eine Zwischendecke in dem Gebaude Im Jahre 1962 erwarb es die damalige Gemeinde Godens und liess es grundlegend umgestalten Dabei wurde die Schaufassade an der Ostseite weitestgehend durch zwei in die Wand gebrochene LKW Garagentore zerstort Eine neue Zwischendecke aus Beton machte das Obergeschoss als Wohnraum nutzbar Die Gemeinde nutzte den Bau anschliessend bis 1986 als Feuerwehrgerate sowie als Wohnhaus 3 In den Jahren 1986 bis 1988 liess die Gemeinde Sande der die Gemeinde Godens seit dem 1 Juli 1972 angehort das Gebaude mit offentlichen Mitteln restaurieren 2 Insgesamt investierte die Kommune rund 270 000 DM Der Innenraum wurde dabei komplett neugestaltet 3 Aufgrund der erhaltenen Gebaudesubstanz konnte es von aussen weitgehend in Anlehnung an den Bauzustand von 1852 53 4 rekonstruiert werden und ist seither als die einzig sichtbare klein stadtische Synagoge des gesamten nordwestdeutschen Raums ein wertvolles Bau und Kulturdenkmal 3 Aus finanziellen Grunden verzichtete die Gemeinde jedoch auf die Einrichtung eines Erinnerungsortes Von 1986 bis 2001 befanden sich im Erdgeschoss der Ausstellungsraum der Galerie Schlieperder fur Kunstlerausstellungen sowie eine Wohnung im Obergeschoss 2 Im Jahre 2002 verkaufte die Gemeinde Sande die ehemalige Synagoge an einen Privatmann aus Westfalen Eine Nutzung des denkmalgeschutzten Hauses als Gaststatte oder Spielhalle schloss die Kommune per Grundbucheintrag aus und vereinbarte mit dem Kaufer der Immobilie dass der Charakter des Hauses erhalten bleibt Der neue Eigentumer plante eine Nutzung des Gebaudes als Wohn und Ausstellungsgebaude fur antiquarisches Automobil und Eisenbahnspielzeug 5 Seit 2013 klart eine Hinweistafel am Gebaude uber die Geschichte der Synagoge auf Sie befindet sich in Privatbesitz Das Erdgeschoss ist seit Juli 2015 im Rahmen von Fuhrungen zuganglich 6 Ausstellung BearbeitenDie Synagoge befindet sich in Privatbesitz Die Eigner nutzen das Obergeschoss als Ferienwohnung 7 Das Erdgeschoss ist seit Juli 2015 im Rahmen von Fuhrungen durch Neustadtgodens wieder offentlich zuganglich 8 Die neue Schau im Erdgeschoss des Gebaudes ist ein Kulturprojekt des Zweckverbandes Schlossmuseum Jever der Gemeinde Sande und des Landkreises Friesland Die Kosten des Projektes werden vom Zweckverband getragen 9 Im Rahmen der Dauerausstellung werden Rekonstruktionszeichnungen und historische Aussen und Innenaufnahmen sowie andere Erinnerungsstucke auf einer Flache von 80 Quadratmetern 9 gezeigt Infotafeln welche die Initiatoren in Zusammenarbeit mit der judischen Gemeinde in Oldenburg erstellen 10 erlautern die Geschichte des Hauses und der ortlichen judischen Gemeinde vom Ende des 17 Jahrhunderts bis zur Deportation und Ermordung der letzten judischen Einwohner von Neustadtgodens in den Jahren 1941 42 8 Besucher sollen sich so uber Ausstattung und Moblierung der Synagoge informieren und auch ohne eine Rekonstruktion erkennen konnen wo sich der Thora Schrein das Lesepult oder die Empore fur die Frauen befanden 10 Die Projektpartner planen eine Kooperation mit den weiterfuhrenden Schulen im Landkreis Friesland und daruber hinaus Zudem soll die Synagoge in das kulturtouristische Konzept der Gemeinde Sande und des Landkreises Friesland eingebunden werden und sich an Gemeinschaftsprojekten der Oldenburgischen und Ostfriesischen Landschaft beteiligen 8 Baubeschreibung BearbeitenDie Synagoge Neustadtgodens entstand im Typus einer kleinen Stadtsynagoge im damals gerade aufgekommenen klassizistischen 4 Rundbogenstil Vermutlich orientierten sich die Bauentwurfe im Rundbogenstil an einem Planungsentwurf von Hofbaumeister Karl Friedrich Schinkel fur kleine protestantische Kirchen in Diasporagemeinden 11 Vor der Synagoge gibt es im Bereich des heutigen Einganges einen etwa 5 50 Meter breiten Vorhof der einst mit einem etwa 1 80 Meter hohen Ziergitter von der Strasse abgetrennt war 3 Das Bauwerk ist 15 30 Meter lang 9 60 Meter breit und etwa zehn Meter hoch Nach oben ist es mit einem flachgeneigten Satteldach abgeschlossen Dieses ist auf der ruckwartigen Seite abgewalmt und mundet zur Strassenseite in einen Dreiecksgiebel 3 Die Fassade an der Schauseite wird durch zwei Kolossalpilaster eingefasst Ursprunglich befanden sich hebraische Inschriften in Rundbogen und Giebel sowie ein Davidstern als Giebelkronung an dem Gebaude Diese sind heute bis auf den Davidstern nicht mehr erhalten Im Zentrum der Schauseite dort wo sich heute der Eingang befindet gab es ursprunglich zwei kleinere mit einem Rundbogen verbundene Saulen Sie markierten den Bereich auf dem der Thoraschrein im Innenraum stand Dieser ist nach Jerusalem also nach Osten ausgerichtet 3 Zu Zeiten seiner Nutzung als Synagoge hatte das Gebaude zwei Eingange Den fur Manner an der Westseite sowie der fur Frauen an der Sudseite Beide fuhrten in einen Vorraum von dem die Glaubigen entweder in den Hauptraum Manner oder auf die Empore Frauen gelangten Neben dem Vorraum gab es noch einen Abstellraum 12 Uber dem Mannereingang befindet sich die bis heute erhaltene Sandsteinplatte Sie zeigt den Psalmvers Ps 118 26 EU Gelobet sei der da kommt im Namen des HERRN Wir segnen euch die ihr vom Hause des Herrn seid 13 Die Ruckwand des Thoraschreins ist hingegen zerstort An ihrer Stelle befindet sich heute der Hauptzugang zu dem Gebaude Die Gemeinde liess anlasslich der Renovierungsarbeiten 1986 den Schriftzug Du aber HERR bleibst ewiglich und dein Name fur und fur auf dem Tursturz anbringen 13 Der Innenraum ist 11 40 Meter lang und 8 8 Meter breit und war ursprunglich reich bemalt Die Frauenempore befand sich im Westen die Bima im Zentrum des Betsaales Die Mikwe befand sich in einem etwa 300 Meter entfernten Haus an der Staustrasse wurde jedoch schon weit vor 1919 nicht mehr genutzt 3 Literatur BearbeitenEnno Hegenscheid Achim Knofel Die Synagoge in Neustadtgodens In Enno Mayer Die Synagogen des Oldenburger Landes Oldenburg 1988 Oldenburger Studien Bd 29 S 122 141 ISBN 3 87358 311 9 Werner Vahlenkamp Neustadtgodens In Herbert Obenaus Hrsg in Zusammenarbeit mit David Bankier und Daniel Fraenkel Historisches Handbuch der judischen Gemeinden in Niedersachsen und Bremen Wallstein Gottingen 2005 ISBN 3 89244 753 5 S 1099 1104 Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Synagogue Neustadtgodens Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien Novemberpogrome 1938 in Niedersachsen NeustadtgodensEinzelnachweise Bearbeiten Martin Wein Einen Hauch judische Geschichte hautnah erleben Memento vom 13 Juli 2015 im Internet Archive In Wilhelmshavener Zeitung vom 10 Juli 2015 Eingesehen am 13 Juli 2015 a b c d e Synagoge Neustadtgodens bei Alemannia Judaica a b c d e f g h i j Hartmut Peters Sande Neustadtgodens Die Synagoge von 1852 und die judische Gemeinde in der NS Zeit Abgerufen am 2 Juli 2015 a b Werner Vahlenkamp Neustadtgodens In Herbert Obenaus Hrsg in Zusammenarbeit mit David Bankier und Daniel Fraenkel Historisches Handbuch der judischen Gemeinden in Niedersachsen und Bremen Wallstein Gottingen 2005 ISBN 3 89244 753 5 S 1099 1104 Jeversches Wochenblatt vom 4 Januar 2003 hier zitiert von den Seiten des Heimatvereins Godens Sande Abgerufen am 3 Juli 2015 Gemeinde hat Synagoge verkauft Steuerberater aus Hagen will das Gebaude als Zweitwohnung und auch die Ausstellungsraume nutzen Synagoge von Neustadtgodens Schlossmuseum Jever Abgerufen am 8 Januar 2018 deutsch Oliver Braun Gebaude bis zum Giebel voll Geschichte In Nordwest Zeitung vom 8 Juli 2015 Eingesehen am 13 Juli 2015 a b c Friesland de Funf Religionen in einem Dorf Unzerstorte Synagoge halt Erinnerung an judisches Leben fest Abgerufen am 8 Juli 2015 a b Burgerinfo der Gemeinde Sande Schaffung von Erinnerungsorten im Landkreis Friesland hier in der Synagoge Neustadtgodens Abgerufen am 3 Juli 2015 a b Martin Wein Ein Hort religioser Toleranz In Weser Kurier vom 2 Juli 2015 Eingesehen am 2 Juli 2015 Enno Meyer Die Synagogen des Oldenburger Landes Oldenburg 1988 ISBN 3 87358 311 9 S 127 Siehe den Grundriss auf Hartmut Peters Sande Neustadtgodens Die Synagoge von 1852 und die judische Gemeinde in der NS Zeit Abgerufen am 2 Juli 2015 a b Zitiert nach Hartmut Peters Sande Neustadtgodens Die Synagoge von 1852 und die judische Gemeinde in der NS Zeit Abgerufen am 2 Juli 2015 Judische Museen in Niedersachsen Aegidienkloster Braunschweig August Gottschalk Haus in Esens Cohn Scheune in Rotenburg Wumme Judisches Museum Braunschweig Judisches Museum Hoya Synagoge Celle Synagoge Dornum Synagoge Neustadtgodens 53 476705 7 989943 Koordinaten 53 28 36 1 N 7 59 23 8 O Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Synagoge Neustadtgodens amp oldid 238716647