www.wikidata.de-de.nina.az
Iuliacum ist der romische Name fur das heutige Julich im Kreis Duren in Nordrhein Westfalen Der vicus ist auf der Tabula Peutingeriana als erstes Etappenziel von Koln aus kommend an der Strasse nach Tongern Atuatuca gelegen verzeichnet Die Fernstrasse von Koln nach Boulogne sur Mer stellt eine der Hauptverbindungswege in den Nordwestprovinzen dar und wurde schon fruh in augusteischer Zeit angelegt Schematisierte Darstellung des vicus iuliacum im 1 3 Jh n Chr Umzeichnung nach Tholen 1975 Darstellung Julichs auf der Peutingerschen Tafel rot markiert Inhaltsverzeichnis 1 Lage 2 Namengebung 3 Topographie 4 Kontinuitat ins Fruhmittelalter 5 Denkmalschutz 6 Literatur 7 EinzelnachweiseLage BearbeitenAn der Stelle des heutigen Julichs verengt sich der Fluss Rur Auf beiden Seiten links und rechts der Rur bundeln sich in romischer Zeit Strassen und Wege und treffen auf die Hauptstrasse um an dieser idealen Stelle den Fluss zu queren Nur 30 Kilometer vor den Toren des romischen Koln also eine Tageswegstrecke war hier ein denkbar gunstiger Flecken fur eine Ansiedlung Diese entstand jedoch nicht unmittelbar an der Rur sondern in einer Kehre des Ellebachs etwa 300 Meter ostlich des eigentlichen Rurubergangs Namengebung BearbeitenDie Namensgebung Iuliacum lasst auf eine Claudisch Iulianische Grundung im ersten Jahrhundert schliessen Der erste Bestandteil Iuli stellt den lateinischen Namen Iulius Julius dar und das zweite Element i acum ist das keltische Suffix i akon im Sinne von Besitz Eigentum das heisst namlich Besitz des Julius 1 Die ich Ortsnamenendung im deutschsprachigen Raum hat meistens diesen Ursprung Es entspricht den haufigen Juliacum Frankreichs wie z B Juille Sarthe Juliacum um 1082 Juilly Cote d Or Juliacum 1276 Jully Yonne Juliacum 1145 usw 2 In der alteren Literatur wird diese Ortsbezeichnung auch gerne als Indiz fur eine Grundung durch Gaius Iulius Caesar selbst angenommen Diese These ist durch die moderne Forschung widerlegt Auch hatte der vicus offenbar einen rein zivilen Charakter Funde romischer Ziegel mit Stempeln von Truppenteilen wie zum Beispiel der Rheinflotte sind im zivilen Kontext nicht ungewohnlich denn die Ziegel wurden uberwiegend vom Militar hergestellt und gehandelt Topographie Bearbeiten nbsp Sekundar verwendeter romischer Grabstein am Hexenturm in Julich Kopie Etwa einen Kilometer nordlich des vicus befand sich im 1 Jahrhundert eine Topfersiedlung Der Ort Iuliacum selbst war links und rechts von der Strasse in Streifenhaustechnik angelegt Die schmale Giebelseite war zur Strasse gerichtet Auf diese Weise konnten moglichst viele Hauser des vicus entlang der Strasse errichtet werden Eine bei Bauarbeiten gefundene Wasserleitung fuhrte zu einem Gebaude auf dessen Grundmauern heute die Propsteikirche steht Dieses Gebaude sudlich der Romerstrasse weist eine von den Streifenhausern abweichende um fast 90 Grad gedrehte Orientierung auf Moglicherweise existierte hier eine Thermenanlage An der nach Koln fuhrenden Strasse wurden mehrfach Ausschnitte des Vicusgraberfeldes mit fruh bis mittelkaiserzeitlichen Brandgrabern und spatantiken Korperbestattungen aufgedeckt Ein bedeutender Fund aus dem vicus ist das Fragment der Basis einer Jupitersaule aus dem 2 Jahrhundert Die Inschrift auf der Vorderseite weist das Objekt als Weihung an Iupiter Optimus Maximus aus das von den vicani iuliacenses den Einwohnern Iuliacums gestiftet worden war Diese Inschrift belegt nicht nur den vicus in Julich als den Ort Iuliacum er bezeugt auch dass dessen Einwohner ein Gemeinschaftsgefuhl als vicani besassen Unterhalb des Schriftzuges war das Relief eines Eichenlaubkranzes angebracht An dem Basisfragment ist weiterhin ein Teil des Dekors der rechten Seite erhalten Hier befand sich ein Halbrelief mit der Darstellung einer behelmten Minerva der Gottin der Weisheit und Schutzpatronin der Handler und Gewerbetreibenden Das Abbild der Minerva an dieser zentralen Stelle konnte einen Hinweis auf den gewerblichen Charakter der Siedlung geben In Julich kann fur die Spatantike an mehreren Stellen ein Zerstorungshorizont durch Brandeinwirkung nachgewiesen werden Die zerstorten Steingebaude wurden hiernach in Fachwerktechnik wieder aufgebaut Die Ausdehnung des Ortes wurde auf ein Drittel der vorherigen Grosse beschrankt und erhielt eine Wehrmauer in der Form eines 12 eckigen Polygons Der Verlauf der Fernstrasse wurde nordlich um die Umwehrung herumgefuhrt Ein Verteidigungsgraben konnte bislang nicht archaologisch nachgewiesen werden auch wenn verschiedene Rekonstruktionsversuche einen solchen annehmen In der Forschung hielt sich lange die Meinung dass Iuliacum bereits a priori als Viereckskastell vom Typ Saalburg angelegt worden war Man vermutete eine Grundung des Kastells als Folge des Bataveraufstandes nach 70 n Chr durch die Legio VI Victrix Die Funde von Ziegeln mit Legionsstempeln sowie von Matronenweihesteinen schienen diese Annahme zu untermauern Die grundlicheren Untersuchungen der letzten Jahre widerlegen diese These hinreichend Das mittlerweile vorhandene Fundspektrum setzt bereits in der ersten Halfte des 1 Jahrhunderts ein Auch zeigen einige Aufschlusse eine Uberlagerung der Fundamente von Streifenhausern durch die Kastellmauer Die eigentliche Siedlung muss demnach zwingend bereits vor der Fortifikation bestanden haben Auch streuen die Siedlungsanzeiger uber die Grenzen der Umwehrung hinaus Nun liegt die Vermutung nahe dass Iuliacum bei den Germaneneinfallen um 275 76 zerstort und anschliessend befestigt wieder aufgebaut wurde Neuere Ergebnisse lassen hieran jedoch zweifeln Analogieschlusse zu baugleichen Verteidigungsanlagen beispielsweise in Junkerath Icorigium Bitburg Beda vicus oder Neumagen Noviomagus liessen bislang eine Entstehung der Befestigung Anfang des 4 Jahrhunderts annehmen also etwa eine Generation nach den Germaneneinfallen Ein Munzfund aus dem Estrich eines zur Kastellanlage gehorenden Gebaudes gibt fur dessen Errichtung allerdings ein Datum post quem um 340 vor also mehr als 70 Jahre nach der Germanenbedrohung Die Grunde fur die Fortifikation Iuliacums sind demnach nicht in den Germaneneinfallen zu suchen Vermutlich stehen sie vielmehr im Zusammenhang mit dem sukzessiven Abzug der romischen Truppen von der Rheingrenze und dessen allmahlicher Aufgabe Kontinuitat ins Fruhmittelalter BearbeitenDer vicus Iuliacum bestand jedoch noch nach dem Abzug der romischen Truppen weiter Die Nekropole ostlich der Siedlung an der Fernstrasse nach Koln weist eine Belegung bis weit ins 5 Jahrhundert hin auf In der Spatantike wird ein weiterer Bestattungsplatz nordlich des Kastells angelegt der kontinuierlich bis ins Fruhmittelalter benutzt wurde Die Beigaben der Toten zeigen eine zunehmende Prasenz germanischer Bevolkerungsteile Hierbei handelt es moglicherweise um Soldner oder Foderaten Die starke Befestigung Iuliacums sicherte demnach einer stadtischen Bevolkerung das Uberleben bis in die Merowingerzeit und daruber hinaus Denkmalschutz BearbeitenDer Bereich des vicus ist ein nach dem Denkmalschutzgesetz geschutztes Bodendenkmal 3 Nachforschungen und gezieltes Sammeln von Funden sind genehmigungspflichtig mogliche Zufallsfunde an die Denkmalbehorden zu melden Siehe auch Geschichte der Stadt JulichLiteratur BearbeitenUlrich Coenen Von Juliacum bis Julich 2 Auflage Verlag G Mainz Aachen 1989 ISBN 3 925714 17 0 S 11 f Raymund Gottschalk Spatromische Graber im Umland von Koln Rheinische Ausgrabungen 71 Philipp von Zabern Darmstadt 2015 ISBN 978 3 8053 4956 7 S 225 233 335 357 Tafel 91 121 Eberhard Graffmann Zur Geschichte des Namens Julich Festschrift zum 75jahrigen Jubilaum des Julicher Geschichtsvereins 1923 e V In Guido v Buren Erwin Fuchs Hrsg Julich Stadt Territorium Geschichte B o s s Dr und Medien Kleve 2000 ISBN 3 933969 10 7 S 357 f Ursula Heimberg Siedlungsstrukturen in Niedergermanien Festschrift zum 75jahrigen Jubilaum des Julicher Geschichtsvereins 1923 e V In Guido von Buren Erwin Fuchs Hrsg Julich Stadt Territorium Geschichte B o s s Dr und Medien Kleve 2000 ISBN 3 933969 10 7 S 189 240 Heinz Gunter Horn Hrsg Die Romer in Nordrhein Westfalen Theiss Stuttgart 1987 ISBN 3 8062 0312 1 S 447 450 Jurgen Kunow Zentrale Orte in der Germania Inferior In Archaologisches Korrespondenzblatt 18 1988 S 55 67 Marcell Perse Zusammenfassende Darstellung der archaologischen Strukturen der Julicher Innenstadt anhand der Ausgrabungsergebnisse im Zuge der Kanalsanierung 1987 Romisch Germanisches Museum Julich 1988 Marcell Perse Beitrage zur Julicher Archaologie VII Festschrift zum 75jahrigen Jubilaum des Julicher Geschichtsvereins 1923 e V In Guido v Buren Erwin Fuchs Hrsg Julich Stadt Territorium Geschichte B o s s Dr und Medien Kleve 2000 ISBN 3 933969 10 7 S 79 104 Marcell Perse Das Bild des Kastells Juliacum Aspekte zur Archaologie der Spatantike und des fruhen Mittelalters Beitrage zur europaischen Vor und Fruhgeschichte Festschrift fur V Bierbauer zum 65 Geburtstag In Bernd Paffgen et al Hrsg Cum grano salis Likias Friedberg 2005 ISBN 3 9807628 5 8 S 129 142 Marcell Perse Der vicus von Julich In Vera Rupp Heide Birley Hrsg Landleben im romischen Deutschland Theiss Stuttgart 2012 ISBN 978 3 8062 2573 0 S 108 109 Heike Poppelmann Das spatantik fruhmittelalterliche Graberfeld von Julich Kr Duren Bonner Beitrage zur Vor und fruhgeschichtlichen Archaologie 11 Bonn 2010 ISBN 3 936490 11 2 Peter Josef Tholen Julicaum Julich Eine topographische Studie In Bonner Jahrbuch Nr 175 Rheinisches Landesmuseum Bonn 1975 S 233 ff Einzelnachweise Bearbeiten Maurits Gysseling Toponymisch Woordenboek van Belgie Nederland Luxemburg Noord Frankrijk en West Duitsland voor 1226 1960 S 544 545 1 Albert Dauzat et Charles Rostaing Dictionnaire etymologique des noms de lieux en France reedition Guenegaud Paris 1979 S 371a Gesetz zum Schutz und zur Pflege der Denkmaler im Lande Nordrhein Westfalen Denkmalschutzgesetz DSchG nbsp Dieser Artikel ist als Audiodatei verfugbar source source Speichern 07 41 min 3 3 MB Text der gesprochenen Version 18 Juli 2009 Mehr Informationen zur gesprochenen Wikipedia 50 921007 6 361197 Koordinaten 50 55 15 6 N 6 21 40 3 O Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Iuliacum amp oldid 226301903