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Italoschweizer oder Italiener in der Schweiz sind aus Schweizer Sicht italienische Staatsburger mit Wohnsitz in der Schweiz die nicht auch Schweizer sind Aus italienischer Sicht sind sie Italiener im Ausland Weiter gefasste Definitionen reichen jedoch im Privatleben bis hin zu Personen deren Familien seit mehreren Generationen in der Schweiz leben Hingegen sind die italienischsprachigen Schweizer die hauptsachlich in den Kantonen Tessin und Graubunden leben nach dem Selbstverstandnis der Schweiz als Willensnation keine Italiener sondern ohne Einschrankungen Schweizer Als eine der ersten Einwanderergruppen haben Italiener das Land in vieler Hinsicht gepragt ihre Integration gilt als Erfolgsmodell Zumeist italienische Bauarbeiter am Gotthardtunnel in Airolo um 1880 Inhaltsverzeichnis 1 Geschichte 2 Gastarbeiter 3 Herkunfts und Siedlungsgebiete 4 Literatur 5 EinzelnachweiseGeschichte BearbeitenErste italienische Einwanderer kamen in Folge der Reformation als Glaubensfluchtlinge in die Schweiz Es handelte sich jedoch um eine Zuwanderung von Eliten Im 19 Jahrhundert war die Schweiz als Zufluchtsort fur italienische Liberale wie Giuseppe Mazzini 1 von Bedeutung Einige Familien erlangten grossen politischen und wirtschaftlichen Einfluss Ceresole Pestalozzi Daverio Jelmoli Maggi Zudem ist zu beachten dass die Taler des spateren Kantons Tessin jahrhundertelang ein Bestandteil norditalienischer Feudalherrschaften waren Auch hier gab es eine Zuwanderung von Eliten beispielsweise der Familie Baggi in Malvaglia Arbeitsimmigration aus Italien begann im grossen Stil im spaten 19 Jahrhundert im Rahmen der Industrialisierung und im Zuge grosser Bauprojekte wie beispielsweise der Gotthardbahn oder des Simplontunnels Die meisten Immigranten welche in dieser Periode das Land erreichten kehrten mit der Zunahme des Faschismus entweder nach Italien zuruck oder sie liessen sich in der Schweiz einburgern besonders haufig war dies im Kanton Tessin der Fall Auch der spatere italienische Ministerprasident und Diktator Benito Mussolini emigrierte 1902 zunachst als Student und Laufbursche eines Weinhandlers 2 in die Schweiz 3 Im Jahr 1910 lebten 202 900 2 Italiener im Land Im Vergleich dazu gab es 219 500 2 Deutsche 63 700 2 Franzosen und 39 000 2 Austro Ungarn Im Zweiten Weltkrieg fluchteten ab Herbst 1943 und bis Kriegsende uber 40 000 1 Personen aus Italien in die Schweiz darunter der spatere italienische Staatsprasident Luigi Einaudi 1 Verschiedene innenpolitische und aussenpolitische Ereignisse standen im Zusammenhang mit der Prasenz von Italienern in der Schweiz und dem Verhaltnis der Schweiz zu Italien So gab es am 28 Januar 1894 2 im Anschluss an einer Arbeiterversammlung in Zurich Aussersihl eine Italienerdemonstration Thema des Treffens im Restaurant Sonne 2 war wie die NZZ berichtete 2 Die Revolution in Sizilien und in Massa Carrara 2 gewesen Aus Angst vor anarchistischer Aktivitat fur die Italiener und Russen 2 verdachtigt wurden war am 12 April 1894 2 ein Anarchistengesetz in Kraft getreten 1902 gab es die durch Anarchisten und den italienischen Botschafter in Bern ausgeloste Silvestrelli Affare 4 oder 1898 den Mord an der osterreichischen Kaiserin Elisabeth in Genf durch den italienischen Anarchisten Luigi Lucheni Am 26 Juli 1896 5 kam es in Zurich zum sogenannten Italienerkrawall 5 einer mehrtagigen fremdenfeindlichen Ausschreitung Wahrend des Zweiten Weltkriegs machten es sich die Federazione delle Colonie libere italiane in Svizzera 6 und die Cooperativa italiana zur Aufgabe den Italienern in der Schweiz die demokratischen Werte zu vermitteln die in ihrer Heimat unterdruckt wurden Schliesslich fuhrte die Einwanderung aus Italien auch dazu dass die zuvor zahlenmassig eine Minderheit bildenden romisch katholischen Christen bedeutenden Zuwachs erhielten Allerdings zogen sie es haufig vor sich eigenstandig zu organisieren in den Gemeinden der sogenannten Missione cattolica italiana 7 siehe auch Madonna degli Emigrati In der Schweiz wurde fur Italiener der abwertende Ausdruck Tschingg gebrauchlich Der schweizerdeutsche Ausdruck ist mit dem osterreichischen Tschusch vergleichbar Im Gegenzug zu fremdenfeindlichen Einstellungen unter Teilen der Schweizer Bevolkerung haben sich Italiener am aus Schweizer Sicht staatsfeindlichen Tessin Irredentismus beteiligt wofur sich in Italien selbst vor allem Intellektuelle wie Giuseppe Prezzolini 1912 oder Gabriele D Annunzio 1919 aussprachen Ein ebenfalls umstrittener Begriff war die Italianita Die Italiener in der Schweiz starken heute den Stellenwert von Italienisch als Landessprache Ihre Position als bevorzuge Zielscheibe immigationskritischer Parteien fiel in den 1990er Jahren den Albanern in der Schweiz zu Die Anwesenheit der italienischen Minderheit wird kaum noch politisch thematisiert Italiener waren lange die grosste Einwanderergruppe in der Schweiz sie wurden aber in den 1990er Jahren zahlenmassig von Menschen aus Ex Jugoslawien ubertroffen 8 In der Westschweiz sind sie weit weniger zahlreich als die Portugiesen Italiener bleiben jedoch eine grosse Minderheit in der Schweiz welche im Jahre 2018 etwa 320 000 Mitglieder zahlte italienisch schweizerische Doppelburger nicht mitgezahlt 9 Im Jahr 2008 gab es eine kleine Abnahme italienischer Immigration 9 Im Zuge der Abwanderung Hochqualifizierter aus Italien haben die Zahlen aber wieder zugenommen Zudem kamen 2018 uber 70 000 Grenzganger aus Italien taglich in die Schweiz zur Arbeit Dies stosst im Tessin auch auf Ablehnung und gilt als ein Grund fur die Annahme mehrerer immigrationskritischer Volksinitiativen im Sudkanton Gastarbeiter BearbeitenEine neue Einwanderungswelle begann nach 1945 gestutzt auf gelockerte Einwanderungsgesetze 8 Zunachst forderte die Schweizer Regierung die Ankunft von Gastarbeitern indem sie ihnen unterschiedliche Arten von Arbeitsgenemigungen erteilte Der Familiennachzug war erschwert einigen war es verboten ihre Arbeit zu wechseln beispielsweise bei der frontaliere Erlaubnis fur Grenzganger Bei der Einreise in Chiasso wurden in der Nachkriegszeit sanitarische Grenzkontrollen durchgefuhrt bei denen sich Frauen nackt untersuchen lassen mussten 10 Fest niedergelassene Immigranten erlangten schliesslich eine C Bewilligung 8 1970 gab es eine Million Einwanderer in der Schweiz 54 davon waren Italiener 8 1963 wurde von Albert Stocker in Zurich eine Anti Italiener Partei die Schweizerische uberparteiliche Bewegung zur Verstarkung der Volksrechte und der direkten Demokratie gegrundet Auch die sogenannte Schwarzenbach Initiative uber die das Schweizer Volk 1970 abstimmte zielte hauptsachlich auf die Italiener 11 12 In diese Diskussion um eine von ihnen behauptete Uberfremdung der Schweiz schaltete sich 1965 der Schriftsteller Max Frisch ein der seinen zweiteiligen Essay Uberfremdung mit dem heute sehr bekannten Satz begann Ein kleines Herrenvolk sieht sich in Gefahr man hat Arbeitskrafte gerufen und es kommen Menschen 13 Wie jede andere Einwanderergruppe der Zeit waren die Italiener mit der Politik einer erzwungenen Integration oder Assimilation konfrontiert spater satirisiert im sehr erfolgreichen 1978er Komodienfilm Die Schweizermacher 14 Viele Nachkommen italienischer Gastarbeiter haben auch die schweizerische Staatsangehorigkeit angenommen und gehoren damit zur Gruppe der so genannten Secondos Der Umstand dass staatliche Stellen und grosse Unternehmen ihre Dienstleistungen dreisprachig und somit auch italienisch anbieten mussen verhilft ihnen zu einer vorteilhaften Stellung im Arbeitsmarkt Der italienische Einfluss auf die Alltagskultur in der Schweiz ist heute in vielen Lebensbereichen sichtbar Herkunfts und Siedlungsgebiete BearbeitenDie Italoschweizer sind nicht mit den Bewohnern der italienischen Schweiz zu verwechseln welche eine grosse autochthone italienischsprachige Bevolkerungsgruppe im Tessin und Graubunden bilden 15 Insgesamt waren 527 817 der Schweizer italienischsprachig Hinzu kommen 295 507 Einwanderer aus Italien 16 17 Die meisten Italiener in der Schweiz stammen aus der Lombardei 15 Kampanien 13 1 Apulien 12 4 Sizilien 12 1 und Venetien 8 4 Sie sprechen als Erstsprache die Dialekte ihrer Herkunftsregionen daneben als Zweitsprache auch Deutsch und Franzosisch sie sind zumeist romisch katholisch vereinzelt auch Waldenser Literatur BearbeitenPaolo Barcella Per cercare lavoro Donne e uomini dell emigrazione italiana in Svizzera Donzelli Editore Roma 2018 ISBN 978 8 8684 3789 3 Ernst Halter Hrsg Das Jahrhundert der Italiener in der Schweiz Offizin Verlag Zurich 2003 ISBN 978 3 907496 17 6 Gli italiani in Svizzera Un secolo di emigrazione Edizioni Casagrande Bellinzona 2004 ISBN 978 8 8771 3425 7 Marina Frigerio Martina Verbotene Kinder Die Kinder der italienischen Saisonniers erzahlen von Trennung und Illegalitat Rotpunktverlag Zurich 2014 ISBN 978 3 85869 587 1 Angelo Maiolino Als die Italiener noch Tschinggen waren Der Widerstand gegen die Schwarzenbach Initiative Rotpunktverlag Zurich 2011 ISBN 978 3 85869 898 8 Mario Monferrini L emigrazione italiana in Svizzera e Germania nel 1960 1975 Bonacci Roma 1987 ISBN 978 8 8757 3106 9 Heinz Rathgeb Der Ordnungsdiensteinsatz der Schweizer Armee anlasslich des Italiener Krawalls im Jahre 1896 in Zurich Doktoratsarbeit Universitat Bern 1977 Toni Ricciardi Associazionismo ed emigrazione Storia delle Colonie Libere e degli Italiani in Svizzera Latzera Roma Bari 2013 ISBN 978 8 8581 0628 0 Toni Ricciardi prefazione di Sandro Cattacin Breve storia dell emigrazione italiana in Svizzera Dall esodo di massa alle nuove mobilita Donzelli Editore Roma 2018 ISBN 978 8 8684 3731 2 Gian Antonio Stella L Orda Quando gli albanesi eravamo noi Biblioteca Universale Rizzoli 2002 ISBN 978 8 8171 0807 2 Marina Widmer Giuliano Alghisi Rolando Ferrarese Fausto Tisato Hrsg Grazie a voi Ricordi e stima Fotografien zur italienischen Migration in der Schweiz Limmat Verlag Zurich 2016 ISBN 978 3 85791 819 3 Francois Zosso Giovanni Emilio Marsico Les Batisseurs dans la tourmente L immigration italienne dans les Montagnes neuchateloises a La Chaux de Fonds et au Locle durant la Premiere Guerre mondiale et la periode fasciste 1914 1945 Editions G d Encre Le Locle 2004 ISBN 2 940257 11 6 von den Autoren auch als Privatdruck erhaltlich ist I costruttori di speranza L immigrazione italiana nelle montagne neocastellane all edificazione della metropoli orologiera La Chaux de Fonds Le Locle 1675 1914 2002 ISBN 978 2 7466 5866 0 Einzelnachweise Bearbeiten a b c Beat Allenbach Tessin Bilder eines Lebensraums Werd Verlag Zurich 1999 ISBN 3 85932 263 X S 94 105 a b c d e f g h i j k Christian Schutt Hrsg Chronik der Schweiz Chronik Verlag Ex Libris Verlag Dortmund Zurich 1987 ISBN 3 611 00031 0 S 463 478 486 Renzo De Felice Mussolini il revoluzionario 1883 1920 Capitulo secondo L esperienza svizzera In Delio Cantimori Hrsg Biblioteca di cultura storica 4 Auflage Band 1 Nr 83 Giulio Einaudi editore Torino 1965 S 23 45 Verdiana Grossi Silvestrelli Affare In Historisches Lexikon der Schweiz 10 Januar 2011 abgerufen am 22 Juni 2019 a b Stefan Hess Italienerkrawall In Historisches Lexikon der Schweiz 9 Marz 2015 abgerufen am 22 Juni 2019 Antonia Schmidlin Colonie libere italiane In Historisches Lexikon der Schweiz 18 November 2015 abgerufen am 22 Juni 2019 Christian Koller Missione cattolica italiana In Historisches Lexikon der Schweiz 14 November 2008 abgerufen am 22 Juni 2019 a b c d Marco Marcacci La lunga storia dell immigrazione in Svizzera In SWI swissinfo ch 3 Mai 2004 abgerufen am 22 Juni 2019 italienisch a b Italiani in Svizzera saldo migratorio nuovamente positivo Memento des Originals vom 29 Januar 2020 im Internet Archive nbsp Info Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht gepruft Bitte prufe Original und Archivlink gemass Anleitung und entferne dann diesen Hinweis 1 2 Vorlage Webachiv IABot www coscienzasvizzera ch PDF 35 kB Markus Wuest Von Nazis Juden und Italienerinnen In Tagesanzeiger 6 April 2019 abgerufen am 7 April 2019 SRG SSR Timeline Grundung einer Anti Italiener Partei in Zurich Memento des Originals vom 28 Dezember 2015 im Internet Archive nbsp Info Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht gepruft Bitte prufe Original und Archivlink gemass Anleitung und entferne dann diesen Hinweis 1 2 Vorlage Webachiv IABot www ideesuisse ch Concetto Vecchio Jagt sie weg Die Schwarzenbach Initiative und die italienischen Migranten Orell Fussli Verlag Zurich 2020 ISBN 978 3 280 05055 2 S Monographie Originalausgabe bei Giangiacomo Feltrinelli Editore Milano 2019 ubersetzt von Walter Kogler Max Frisch Forderungen des Tages Portrats Skizzen Reden 1943 1982 darin der Essay Uberfremdung I Hrsg Walter Schmitz Nr 957 Suhrkamp Verlag Frankfurt am Main 1983 ISBN 3 518 37457 5 S 188 ff Anne Marie Thiesse La creation des identites nationales Europe XVIIIe XXe siecle In Points Histoire 2 Auflage H296 Editions du Seuil Paris 2001 ISBN 2 02 034247 2 S 17 f David Levinson Ethnic groups worldwide Greenwood Publishing Group 1998 S 88 90 Volltext in der Google Buchsuche abgerufen am 27 Juni 2009 Der Bund kurz erklart 2011 Memento des Originals vom 17 April 2011 im Internet Archive nbsp Info Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht gepruft Bitte prufe Original und Archivlink gemass Anleitung und entferne dann diesen Hinweis 1 2 Vorlage Webachiv IABot www bk admin ch PDF 8 89 MB Bundeskanzlei BK Die italienische Auswanderung in die Schweiz Nicht mehr online verfugbar Zurcher Stadthalle 2004 archiviert vom Original am 27 Mai 2011 abgerufen am 28 Juni 2009 nbsp Info Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht gepruft Bitte prufe Original und Archivlink gemass Anleitung und entferne dann diesen Hinweis 1 2 Vorlage Webachiv IABot www stadt zuerich ch Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Italiener in der Schweiz amp oldid 228538437