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Horst Hennig 28 Mai 1926 in Siersleben 21 Mai 2020 in Rondorf war ein deutscher Sanitatsoffizier 1 2 Da er sich 1950 an der Martin Luther Universitat Halle Wittenberg mit einigen Kommilitonen gegen Studentenratswahlen per Einheitsliste gestellt hatte wurde er verhaftet und von den sowjetischen Besatzungsbehorden zu 25 Jahren Gulag verurteilt Horst Hennig 2014 Inhaltsverzeichnis 1 Leben 1 1 Workuta 1 2 Heimkehr 1 3 Zeitgeschichtliche Berichte 2 Ehrenamter 3 Publikationen 4 Ehrungen 5 Siehe auch 6 Literatur 7 Weblinks 8 EinzelnachweiseLeben BearbeitenMit Gunter Kiessling bestand Hennig im April 1940 die Aufnahmeprufung an der Offizierschule des Heeres in Dresden Wahrend Kiessling 1925 dort blieb kam der jahrgangsjungere Hennig erst im November 1940 an die Unteroffiziervorschule zu Marienberg im Erzgebirge Am 25 Februar 1945 geriet Hennig im Raum Bitburg in US amerikanische Kriegsgefangenschaft Am 1 Juni 1946 kam er mit dem britischen Lazarettschiff Aba nach Hamburg Am 8 Marz 1948 bestand er die Reifeprufung in Halle Saale Zum Sommersemester 1948 immatrikulierte er sich an der Martin Luther Universitat Halle Wittenberg fur Medizin Im 4 vorklinischen Semester wurde er als Mitglied einer oppositionellen Studentengruppe am 10 Marz 1950 vom sowjetischen MWD verhaftet 3 Denunziert hatte ihn Arno Linke der spatere Leibarzt von Walter Ulbricht 4 Nach zwei Monaten kam es im Mai 1950 zum zweitagigen Prozess vor einem sowjetischen Militartribunal im Gefangnis Roter Ochse Ohne Verteidiger und Dolmetscher wurden Hennig und sechs weitere Studenten nach Artikel 58 des Strafgesetzbuches der RSFSR zu 25 Jahren Zwangsarbeit verurteilt 5 6 Da Moskau auch eine Verurteilung wegen Spionage wunschte wurde Hennig im September 1950 auch nach Art 58 6 verurteilt Workuta Bearbeiten 1950 wurde er ins Arbeitslager Workuta deportiert und kam anschliessend ins Sonderlager des MWD Nr 6 RetschLag 7 Nach Josef Stalins Tod dem Aufstand vom 17 Juni 1953 der Entmachtung von Lawrenti Beria und beim Aufstand von Workuta forderten die Zwangsarbeiter vom Zentralkomitee der Kommunistischen Partei der Sowjetunion die Einsetzung einer Untersuchungskommission Bis zu ihrem Erscheinen wurde die Arbeit in den Kohleschachten niedergelegt Am 1 August 1953 erschien im Lager 10 des Schachtes 29 Armeegeneral Iwan Iwanowitsch Maslennikow Kandidat des Politburos und Stellvertreter des Ministers Beria Die Haftlinge verlangten die eigenen Gesetze und die Menschenrechte einzuhalten die unzutreffenden Urteile zu uberprufen und die Auslander zu entlassen Daraufhin liess Maslennikow auf sie schiessen Die Folge waren 64 Tote und 123 Schwerverletzte Die Schachtarbeit musste wieder aufgenommen werden 8 Nach Konrad Adenauers Intervention in Moskau erfolgte 1955 56 die Ruckfuhrung der Kriegsgefangenen und der zivilen Haftlinge in die Bundesrepublik Deutschland Heimkehr Bearbeiten Hennig erreichte am 15 Dezember 1955 West Berlin 9 10 Ab dem Sommersemester 1956 studierte er wieder Medizin an der Universitat zu Koln Nach drei Semestern bestand er im Sommersemester 1957 das Physikum Das erste klinische Semester verbrachte er an der Albert Ludwigs Universitat Freiburg Bei seinem Interesse am Segelflug wurde er Mitglied des Akaflieg Freiburg Die Voraussetzungen fur das medizinische Staatsexamen erfullte er so rasch wie moglich Ihm wurde erlaubt unter Wilhelm Tonnis und seinem Oberarzt Friedrich Loew eine Doktorarbeit wahrend des Studiums vorzulegen Am 8 Mai 1961 wurde er zum Dr med promoviert 11 Medizinalassistent war er in Kliniken der Stadt Koln unter anderem bei Hans Schulten Am 31 Marz 1962 approbiert trat er am 1 Juni 1962 in den Sanitatsdienst der Bundeswehr Ohne die ubliche Einweisung an der Sanitatsakademie der Bundeswehr wurde er als Truppenarzt an die Sanitatsstaffel der Technischen Schule der Luftwaffe 3 in Fassberg beordert Nach der funfmonatigen Probezeit als aktiver Sanitatsoffizier ubernommen wurde er zum Taktischen Luftwaffengeschwader 71 Richthofen versetzt 1965 und 1971 war er an der United States Air Force School of Aerospace Medicine in San Antonio Mit der Lockheed F 104 und ihren Problemen war er auch als Mitflieger tief vertraut 1968 wurde er als einer der ersten Bundeswehroffiziere nach Israel eingeladen Nach einigen Jahren beim Jagdbombergeschwader 43 wurde er im Oktober 1973 als Oberstarzt Kommandeur der Sanitatsschule der Luftwaffe Zum 1 Oktober 1976 wurde er an das Bundesministerium der Verteidigung versetzt Als Referent II 1 oblagen ihm Fuhrung Planung und Einsatz des Sanitatsdienstes der Bundeswehr Nach drei Jahren kam er als Leitender Sanitatsoffizier zum Luftwaffenamt Am 1 Oktober 1980 kehrte er als Generalarzt und Unterabteilungsleiter an das Verteidigungsministerium zuruck Am 28 Marz 1983 wurde er von Staatssekretar Joachim Hiehle in den Ruhestand verabschiedet Zeitgeschichtliche Berichte Bearbeiten nbsp mit Eveline Demuth und Gunter Kiessling vor der Universitat Halle 2009 Als er im September 1992 in Freiburg ein militarhistorisches Symposion besuchte ubergab ihm eine Delegation der Russischen Foderation die Einladung in das Russische Staatliche Militararchiv RGWA in Podolsk Ihr folgten zwei weitere Generale a D Mit dem Archivzugang wollte Hennig die Grunde fur die Verhaftung der Hallenser Studenten herausfinden Ab 1993 wurden weitere Archivbesuche in Moskau und Workuta genehmigt Mit Hilfe der Militarhauptstaatsanwaltschaft in Moskau wurden Rehabilitierungen der zu Unrecht Verurteilten erwirkt Aus diesen Kontakten entstanden ab 1992 Zeitzeugenberichte in den Medien und Buchveroffentlichungen im Leipziger Universitatsverlag Im NKWD Archiv in der Lubjanka konnte er seine Prozessunterlagen einsehen Beeindruckt war er von der peniblen Ordnung Grundlichkeit und Buchdruckerkunst der Akten in der KGB Zentrale 12 Schon im nachsten Monat rehabilitierte die Generalstaatsanwaltschaft der Russischen Foderation Hennig und seine Kommilitonen 1993 und 1995 reiste er mit ehemaligen Gulag Haftlingen nach Moskau und Workuta 13 14 1995 waren unter den Begleitern Gunter Kiessling Erwin Joris Horst Schuler Reinhard Gramm Wolfgang Schuller Wilfriede Otto Stefan Karner und Maren Koster Hetzendorf Eine Gedenkveranstaltung in Workuta erinnerte an die Niederschlagung des Streiks Der Volksbund Deutsche Kriegsgraberfursorge weihte eine Gedenkstatte fur die Erschossenen und Verletzten des Aufstandes vom 1 August 1953 ein 15 Seit 1992 veroffentlicht Hennig Zeitzeugenberichte in Buchern Film und Funk Mit seiner Lebensgefahrtin lebte er in Holzkirchen Rondorf 16 Er starb eine Woche vor seinem 94 Geburtstag Nach der Kremierung wurde die Urne am 27 Juni 2020 in Klostermansfeld beigesetzt Zugegen waren unter anderen Wladislaw Hedeler Andre Gursky Anna Kaminsky Gerald Wiemers und Stefan Krikowski Sprecher der Lagergemeinschaft Workuta Ehrenamter BearbeitenKurator in der Stiftung Gedenken und Frieden des Volksbundes Deutsche Kriegsgraberfursorge bis 2007 Stiftung fur ehemalige politische Haftlinge Beirat Stiftung Gedenkstatten Sachsen AnhaltPublikationen Bearbeiten1994 1995 und 1996 die Halle I bis III Foren gefordert von der Bundeszentrale fur politische Bildung veroffentlicht im Deutschland Archiv mit Jan Foitzik Hrsg Begegnungen in Workuta Erinnerungen Zeugnisse Dokumente 2 durchgesehene Auflage Leipziger Universitatsverlag 2003 ISBN 978 3 936522 26 6 mit Klaus P Graffius Zwischen Bautzen und Workuta Totalitare Gewaltherrschaft und Haftfolgen Leipziger Universitatsverlag 2004 ISBN 978 3 937209 76 0 mit Wladislaw Hedeler Schwarze Pyramiden rote Sklaven Der Streik in Workuta im Sommer 1953 Leipziger Universitatsverlag 2007 Nachdruck Bundeszentrale fur politische Bildung Band 686 ISBN 978 3 86583 177 4 mit Sybille Gerstengarbe Opposition Widerstand und Verfolgung an der Martin Luther Universitat Halle Wittenberg 1945 1961 eine Dokumentation Leipziger Universitatsverlag 2009 ISBN 978 3 86583 262 7 mit A Gursky und G Wiemers Dokumentation vom KGB zur Stasi Roter Ochse Halle Schrift Roter Ochse Halle 2012 Gerald Wiemers Hg in Zusammenarbeit mit der Lagergemeinschaft Workuta GULag Der Aufstand Zur Chronik des Generalstreiks 1953 in Workuta Lager 10 Schacht 29 Leipziger Universitatsverlag 2013 ISBN 978 3 86583 780 6 mit Gerald Wiemers Sigurd Binski ein Kritiker der Diktaturen Erinnerungen und Dokumente Leipziger Universitatsverlag 2018 ISBN 978 3 96023 160 8 Ehrungen BearbeitenBadge of Senior Flight Surgeon United States Air Force 1975 Ehrenzeichen des Deutschen Roten Kreuzes 1975 Ehrenzeichen der Johanniter Unfall Hilfe 1976 The Army Commendation Medal 1977 Bundesverdienstkreuz 1 Klasse 8 September 1982 Badge of Chief Flight Surgeon United States Air Force 1984 Sachsischer Verdienstorden durch Stanislaw Tillich am 1 Juni 2016 17 Siehe auch BearbeitenSonderarchiv MoskauLiteratur BearbeitenJens Blecher und Gerald Wiemers Studentischer Widerstand an den mitteldeutschen Universitaten 1945 bis 1955 Leipziger Universitatsverlag 2005 ISBN 978 3 86583 008 1 Klaus Storkmann Hier uberlebst Du nicht Horst Hennig Der Generalarzt der aus dem GULag kam In Militargeschichte Zeitschrift fur historische Bildung 2022 Heft 1 S 20 23 Gunther Wagenlehner Die russischen Bemuhungen um die Rehabilitierung der 1941 1956 verfolgten deutschen Staatsburger Dokumentation und Wegweiser Friedrich Ebert Stiftung Heft 29 1999 S 9 1 Klaus Dieter Muller Jorg Osterloh Die andere DDR Eine studentische Widerstandsgruppe und ihr Schicksal im Spiegel personlicher Erinnerungen und sowjetischer NKWD Dokumente Berichte und Studien des Hannah Arendt Instituts fur Totalitarismusforschung 4 Dresden 1995 118 S 2 Aufl 1996 ISBN 3 931648 03 6 Gerald Wiemers Hg Erinnern als Verpflichtung Generalarzt a D Dr med Horst Hennig zum 85 Geburtstag Leipziger Universitatsverlag 2011 ISBN 978 3 86583 556 7 Gerald Wiemers Hg Der fruhe Widerstand in der Sowjetischen Besatzungszone Deutschlands SBZ DDR Leipziger Universitatsverlag 2012 ISBN 978 3 86583 652 6 Gerald Wiemers Hg Erinnern statt Verdrangen Horst Hennig Erlebtes in den Diktaturen des 20 Jahrhunderts Leipziger Universitatsverlag 2016 ISBN 978 3 96023 027 4 Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Horst Hennig Generalarzt Sammlung von Bildern Horst Hennig gulag memorial de Alles erfunden Eine Moskauer Behorde uberpruft die Urteile sowjetischer Militartribunale gegen deutsche Gefangene und Ostzonenbewohner Der Spiegel 1992 Erlebte Geschichten mit Horst Hennig WDR Interview 2005 Zum Tod von Dr Horst Hennig Bundesstiftung Aufarbeitung Nachlass Bundesarchiv N 898Einzelnachweise Bearbeiten Traueranzeige in der FAZ vom 27 Mai 2020 Lebenslauf Horst Hennig In Workuta Biografien deutscher GULag Haftlinge Abgerufen am 30 Mai 2020 Vermerk der Universitat zum Abgang 15 6 1950 gestr ichen wegen Nicht Ruckmeldung zum Sommersemester 1950 lt Reg Erlass Az 6335 Sibirische Kohlegrube als Antwort auf Kritik Mitteldeutsche Zeitung vom 27 April 2010 S 58 Uberleben bei minus 50 Grad nur mit stabiler Psyche Ausstellung Als hallescher Medizinstudent wurde Horst Hennig 1950 zur Zwangsarbeit im Gulag Workuta verurteilt Mitteldeutsche Zeitung vom 16 April 2009 Universitat Halle Horst Hennig Biographie in Memorial de online auf gulag memorial de Horst Hennig Als Zwangsarbeiter im sowjetischen Straflager Workuta Erinnerungen eines deutschen Insassen an den Gefangenenstreik von 1953 Neue Zurcher Zeitung vom 5 November 2003 S 5 Olivenol fur den Alten Vor 50 Jahren holte Adenauer fast 10 000 deutsche Gefangene aus der Sowjetunion Zwei ehemalige Workuta Haftlinge erinnern sich Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung vom 4 September 2005 Urteil 25 Jahre Zwangsarbeit Bundeskanzler Adenauer erreichte 1955 in Moskau die Freilassung der deutschen Gefangenen Vor genau 50 Jahren traf im Lager Friedland der erste Grosstransport ein unter den Heimkehrern war auch Horst Hennig Rheinische Post vom 5 Oktober 2005 D 10 Dissertation Nachuntersuchungsergebnisse operativ und konservativ behandelter Myelomeningocelen und Meningocelen Mit der Vergangenheit ins reine kommen Mitteldeutsche Zeitung vom 4 Marz 1994 Fotostrecke Bild 11 Vergessener Gulag Aufstand Das Massaker von Workuta In Spiegel Online Fotostrecke 1 August 2013 abgerufen am 10 Juni 2018 Gunter Muller Hellwig Karl Heinz Schlarp Dresden Moskau Workuta Reise in eine dunkle Vergangenheit Universitatsjournal 1 96 S 3 TU Dresden Horst Hennig workuta de Peter Mees Sachsischer Verdienstorden fur Generalarzt a D Dr Hennig Wehrmedizinische Monatsschrift 60 Jahrgang Heft 8 22 August 2016 S 263Normdaten Person GND 13862531X lobid OGND AKS LCCN n2005060377 VIAF 1880519 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Hennig HorstKURZBESCHREIBUNG deutscher Sanitatsoffizier Opfer der Diktatur in der DDRGEBURTSDATUM 28 Mai 1926GEBURTSORT SierslebenSTERBEDATUM 21 Mai 2020STERBEORT Rondorf Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Horst Hennig Mediziner amp oldid 234791926