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Ein Hocheingang ist eine in mittelalterlichen Burgen insbesondere bei deren Bergfrieden oft gewahlte Form des Eingangs der nicht ebenerdig erreichbar ist sondern auf der Ebene eines hoheren Stockwerks liegt Der Hocheingang stellt dabei die unterste und oft auch die einzige Zugangsmoglichkeit zu einem befestigten Baukorper oder Wohngebaude dar Hocheingang am Bergfried der Burgruine ScherenburgDas Katharinenkloster im Sinai Uber dem modernen Zugang ist der holzerne Aufzugserker erkennbarMittelalterlicher Wachturm atalaya in Al AndalusEin Martello Turm des fruhen 19 Jahrhunderts an der Irischen KusteHocheingange wurden bereits in antiker Zeit angelegt so waren etwa auch die zahlreichen Limeswachturme nur durch solche Eingange zuganglich Auch die Wachturme atalayas des arabisch maurisch besetzten Andalusiens hatten hochgelegene Zugange Inhaltsverzeichnis 1 Der Hocheingang im mittelalterlichen Burgenbau 2 Funktion und Symbolgehalt 3 Literatur 4 EinzelnachweiseDer Hocheingang im mittelalterlichen Burgenbau BearbeitenDie meisten Hocheingange liegen auf der Hofseite zwischen funf und zehn Metern uber dem Bodenniveau und waren so gegen Beschuss von aussen weitgehend geschutzt Einige Beispiele wurden jedoch an eher ungunstigen Stellen angelegt etwa uber der Feindseite einer Burganlage Hohen uber 15 Meter sind nur selten dokumentierbar Der Zugang durfte hier meist uber ein in der Nahe stehendes Gebaude erfolgt sein das gelegentlich nur noch archaologisch nachweisbar ist Manchmal offnen sich Hocheingange heute nur etwa zwei bis drei Meter uber dem Boden Das ursprungliche Bodenniveau lag meist einige Meter tiefer und wurde durch Gebaudeschutt aufgefullt Der Hocheingang wird in der Regel durch eine holzerne oder steinerne Treppe oder durch einen von einem anderen Gebaudeteil hinuberfuhrenden Laufsteg erreicht Direkt vor dem Eingang befindet sich meist ein holzernes Podest bei besonders langen Treppen konnen weitere Zwischenpodeste eingefugt sein Durch einen steilen Aufgang und das schmale Podest vor dem Eingang wurde es Angreifern erschwert massive Brechgerate wie z B einen Rammbock einzusetzen Unterhalb der Einstiegsoffnung haben sich oft die Kragsteine oder Balkenlocher des Eingangspodestes erhalten Auch die Verankerung eines holzernen Vorbaus ist haufig noch zu erkennen In einigen Fallen wurden Hocheingange im Spatmittelalter oder der fruhen Neuzeit auch durch vorgebaute Treppenturme mit Wendeltreppen erschlossen Gelegentlich konnte ein Hocheingang auch von einer eigenen kleinen Zugbrucke geschutzt werden Oft waren die holzernen Vorbauten als Schutz gegen die Witterung uberdacht Einen solchen Vorbau zeigt etwa ein Votivbild 1499 des bayerischen Burgpflegers Bernd von Seyboltsdorf Scharding Oberosterreich Der Eingang des Erkers offnet sich hier seitlich den Aufstieg ermoglicht ein offenbar fest verankerte holzerne Treppe mit einem Gelander Die einfachste Art des Zugangs war eine bewegliche Leiter die im Bedarfsfall schnell hochgezogen werden konnte Bei dauerhaft bewohnten Burgen fand dieser Zugang jedoch kaum Verwendung Sicherlich wurden gelegentlich auch Strickleitern als Zustiegshilfen verwendet Die Bereithaltung einer Strickleiter oder eines einfachen Seils konnte besonders als Notbehelf sinnvoll gewesen sein wenn etwa eine langere Holzleiter nicht in das Gebaude eingezogen werden konnte Einige Autoren meinen sogar die Strickleiter sei die gangigste Auf und Abstiegsmoglichkeit gewesen Hans Max von Aufsess Eine Miniatur im Codex Manesse Her Kristan von Hamle zeigt wie ein Mann sich von einer Frau mit Hilfe einer Seilwinde in einem Korb hinaufziehen lasst Dabei handelt es sich um die Darstellung eines verbreiteten Motivs das vor allem aus den Vergilsagen des Mittelalters bekannt ist Vergil im Korb Die von Vergil angebetete Dame verspricht diesem ein nachtliches Treffen in ihrem Turmzimmer bei dem er sich in einem Korb von ihr heraufziehen lassen soll Sie lasst ihn dann jedoch absichtlich auf halber Hohe hangen wodurch der Abgewiesene am nachsten Morgen zum Gespott der Leute wird 1 Die noch heute gangigen Redewendungen jemanden in der Luft hangen lassen und einen Korb geben gehen vermutlich auf diese Erzahlung zuruck Ob Konstruktionen dieser Art als Lastenaufzuge oder sogar als Personenaufzuge allgemein verbreitet waren lasst sich daraus jedoch nicht ohne Weiteres ableiten In der neueren burgenkundlichen Literatur wurde der Seilzug als Zugangshilfe zu einem Hocheingang bislang nur selten beachtet 2 Im 19 Jahrhundert sah insbesondere August Essenwein den Seilzug als gangige Aufstiegshilfe an So sind etwa auf seinen zahlreichen Rekonstruktionszeichnungen mittelalterlicher Burgen oft Personen zu erkennen die mittels eines einfachen Aufzuges auf Turme gezogen werden Otto Piper stellte diese Meinung allerdings in seiner bekannten Burgenkunde in Frage da im Falle der Gefahr die Benutzung eines solchen Aufzugs seiner Ansicht nach nicht zweckmassig sein konnte und uberdies immer eine zweite Person zur Bedienung des Seilzugs im Turm erforderte 3 Er sah allerdings auch das Problem des Einziehens einer langeren holzernen Leiter in einen Hocheingang Seiner Auffassung nach behalf man sich hier mit festen holzernen oder steinernen Konstruktionen am Fuss des Gebaudes Eine kurze leicht einziehbare Holzleiter soll dann bei hoher gelegenen Eingangen den weiteren Zustieg ermoglicht haben 4 Einige fruhe Burgenforscher gingen davon aus dass langere Holzleitern die nicht im Gebaudeinneren geborgen werden konnten an der Aussenseite hochgezogen und befestigt wurden Karl August von Cohausen Belegbar ist die Verwendung von Aufzugseinrichtungen bei Hocheingangen an einigen Beispielen aus dem orthodoxen Kulturkreis Sehr gut erhalten ist etwa der holzerne Aufzugserker des Katharinenklosters im Sinai der bis ins 20 Jahrhundert der einzige Zugang zur stark befestigten Klosterburg war Hier liegen die eigentlichen Aufzugsvorrichtungen allerdings im Inneren des dahinter liegenden Gebaudes Die Seilwinde musste von vier Monchen gleichzeitig bedient werden Der Hocheingang war hier vor allem als Schutz vor Beduinenuberfallen angelegt worden Wesentlich spektakularer sind die Seilzuge zu den Klostern und Eremitagen um den heiligen Berg Athos die teilweise noch heute nur auf diesem Weg zuganglich sind Die 20 grossen Kloster werden allerdings auch durch Torbauten erschlossen Auch einige agyptische Kloster waren ehemals nur uber Aufzuge zu betreten Die langsten Seilzuge fuhrten zu den Meteora Klostern in Nordgriechenland Diese Anlagen wurden auf gewaltigen Felsturmen errichtet die Zugange sind also nicht als klassische Hocheingange anzusprechen Diese Beispiele zeigen dass kleine Seilwinden auch in den holzernen Vorbauten vor mitteleuropaischen Hocheingangen installiert gewesen sein konnten Aufzugsvorrichtungen im Gebaudeinneren sind hier aber nicht dokumentierbar In Einzelfallen wurden moglicherweise die Baukrane nach der Fertigstellung eines Turmes oder Gebaudes nicht abgebaut und weiter genutzt Eine Darstellung in der Weltchronik des Rudolf von Ems 1340 zeigt gleich zwei solcher Lastenaufzuge Ein Kran wird uber eine Haspel betrieben ein anderer uber ein Laufrad Ein mittelalterlicher Baukran mit Laufrad wurde auf der elsassischen Burg Fleckenstein rekonstruiert und dort vor einer hoch gelegenen Offnung in der Felswand der Kernburg aufgestellt Die Darstellung in der Weltchronik zeigt zusatzlich auch den Materialtransport uber eine Holzleiter Haufig waren die Eingange so eng und niedrig angelegt dass nur jeweils eine Person ins Innere gelangen konnte Der Hocheingang der Burg Tirol ist jedoch etwa 1 25 Meter breit und uber drei Meter hoch Die Pforten sind meist rundbogig seltener spitzbogig uberwolbt Spatmittelalterliche Eingange zeigen gelegentlich gerade oder gebrochene Tursturze auch den Kleeblattbogen Burgruine Kronsegg Niederosterreich Die Turrahmungen sind in der Regel sehr schlicht gehalten manchmal belebt ein profilierter Wulst den Turstock Wappen und Jahreszahlen stammen fruhestens aus spatmittelalterlicher Zeit Die holzernen Eingangsturen waren teilweise mit Eisen oder Schiefer verkleidet um die Brandgefahr zu minimieren Originale Turblatter aus dem Mittelalter sind allerdings nur selten erhalten geblieben Nach innen waren die Portale meist durch zusatzliche Sperrriegel gesichert Manchmal wurden auch Zugange zu ganzen Gebaudegruppen oder Burgabschnitten durch Hocheingange gesichert So liegt etwa das Tor der Kernburg der Veste Aggstein Wachau ungefahr sechs Meter uber dem Hofniveau der Vorburg In vier Metern Hohe offnet sich das Vorburgtor der Kussaburg in Baden das ehemals wohl uber eine holzerne Rampe zu erreichen war Auch im Burgenbau des nahen Ostens und im Kaukasus finden sich Beispiele von Hocheingangen Bis heute ratselhaft ist die Funktion der im 5 Stock des Jungfrauenturms Qiz Qalasi in Baku gelegenen Aussenpforte Mauer und Gewolbereste am Boden konnten hier auf einen abgegangenen Vorbau hindeuten Funktion und Symbolgehalt BearbeitenEin Hocheingang erfullte eine doppelte Aufgabe Einerseits diente er der Sicherheit der Bewohner anderseits konnte der Burgherr seine Besucher so direkt in den wohnlichen Bereich seiner Burg fuhren Im unteren oft kaum erleuchteten Geschoss lagerten oft Vorrate Gerate und Material Ebenerdige Zugange in Ruinen wie man sie heute ab und zu vorfindet sind in vielen Fallen erst spater herausgebrochen worden Gerade bei Bergfrieden und Landkirchen bot der Hocheingang Schutz vor Angreifern Gleichzeitig war die erschwerte Zuganglichkeit jedoch auch von Nachteil So wurde eine offensive Verteidigung der Burg erschwert Aus einem Hocheingang heraus war es nur bedingt moglich Angreifer in die Flucht zu schlagen Einige Forscher sehen allerdings die passive Verteidigung als eine der wesentlichen Funktionen etwa eines Bergfriedes an Man wollte nach dieser Auffassung hauptsachlich ein Eindringen des Gegners verhindern So konnte wertvolle Zeit gewonnen werden um etwa auf Entsatz zu warten oder eine gunstigere Verhandlungsposition zu erreichen Gelegentlich wird auch dem Hocheingang mehr eine symbolische als praktische Funktion zugewiesen So meint etwa der Mittelalterarchaologe Joachim Zeune diese Zugangsform habe sich entwicklungsgeschichtlich verselbststandigt und ware mehr als Element einer mittelalterlichen profanen Machtsymbolik zu interpretieren Auch bei Warten Wartturm Luginsland und Wohnturmen franzosischen Donjons englischen Keeps oder bei spanischen Torres del homenaje finden derart hochliegende Eingange Verwendung Weiterhin werden einige fruhneuzeitliche und barocke Festungswerke durch Hocheingange erschlossen So offnet sich auch der Zugang zum Ravelin vor dem Gemmingenbau der Willibaldsburg uber Eichstatt aus Sicherheitsgrunden erst einige Meter uber der Grabensohle Sogar in der Zeit der Napoleonischen Kriege schutzte man noch die 164 Martello Turme des Britischen Weltreichs durch Hocheingange Die kleinen Einstiegsoffnungen waren oft durch daruber liegende Wehrerker gesichert Literatur BearbeitenHeinrich Boxler Jorg Muller Burgenland Schweiz Bau und Alltag Aare Verlag Solothurn 1990 ISBN 3 7260 0352 5 Karl Heinz Dahn Burgenkundliche Wanderungen im Raum Heilbronn Heilbronn 2001 ISBN 3 9801562 5 7 Karl Heinz Dahn Hocheingange an mittelalterlichen Wehranlagen mit Beispielen aus dem Raum Heilbronn In Jahrbuch fur Schwabisch Frankische Geschichte Band 31 Historischer Verein Heilbronn 1986 S 5 24 Hans Kleiner Hocheingange an mittelalterlichen Wehrbauten in der Rhon In Heimat Jahrbuch des Landkreises Rhon Grabfeld Band 11 Mellrichstadt Bad Neustadt 1989 S 217 225 Otto Piper Burgenkunde Bauwesen und Geschichte der Burgen 3 Auflage Munchen 1912 Nachdruck Augsburg 1994 ISBN 3 89350 554 7 Joachim Zeune Burgen Symbole der Macht Ein neues Bild der mittelalterlichen Burg Regensburg 1997 ISBN 3 7917 1501 1 Einzelnachweise Bearbeiten Ingo F Walther Hrsg Codex Manesse Die Miniaturen der Grossen Heidelberger Liederhandschrift Frankfurt am Main 1988 S 62 f Karl Heinz Dahn Hocheingange an mittelalterlichen Wehranlagen mit Beispielen aus dem Raum Heilbronn In Jahrbuch fur Schwabisch Frankische Geschichte Band 31 Historischer Verein Heilbronn 1986 S 5 24 Otto Piper Burgenkunde Bauwesen und Geschichte der Burgen Munchen 1912 S 196 f Otto Piper Burgenkunde Bauwesen und Geschichte der Burgen Munchen 1912 S 198 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Hocheingang amp oldid 234704620