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Heinrich Friedrich Karl Bunke 24 Juli 1914 in Wohlde Landkreis Celle 16 September 2001 in Celle leistete im NS Staat im Rahmen der NS Krankenmorde als Arzt Beihilfe zur Ermordung von 9 200 Menschen in den NS Totungsanstalten Brandenburg und Bernburg Inhaltsverzeichnis 1 Herkunft und Studium 2 Bei der T4 Organisation 3 In der NS Totungsanstalt Brandenburg 4 In der NS Totungsanstalt Bernburg 5 Nach dem Krieg 6 Verhaftung und Prozess 7 Literatur 8 Weblinks 9 AnmerkungenHerkunft und Studium BearbeitenHeinrich Bunke wurde am 24 Juli 1914 als Sohn eines Volksschullehrers in Wohlde Landkreis Celle geboren Die Oberrealschule in Celle verliess er 1934 mit dem Abitur Freiwillig leistete er ein halbes Jahr Arbeitsdienst bevor er fur ein Jahr zur Reichswehr ging 1935 36 nahm Bunke in Kiel ein Medizinstudium auf und trat 1935 in die Burschenschaft Teutonia zu Kiel sowie den Nationalsozialistischen Deutschen Studentenbund ein Im Wintersemester ging er an die Albert Ludwigs Universitat Freiburg Dort wurde er mit Aquilin Ullrich bekannt Bunke beantragte am 20 Mai 1937 die Aufnahme in die NSDAP und wurde ruckwirkend zum 1 Mai desselben Jahres aufgenommen Mitgliedsnummer 4 353 792 1 Um seinen Einsatz als Wehrmachtsarzt mit Beginn des Krieges zu ermoglichen wurde Bunke nach acht Semestern die Notapprobation erteilt Bei der T4 Organisation BearbeitenEnde Juni oder Anfang Juli 1940 wurde Bunke auf Vorschlag seines Studienkollegen Ullrich zu Werner Blankenburg in die Kanzlei des Fuhrers bestellt Dieser war als Leiter des Amtes IIa zustandig fur das Personal der mit der Durchfuhrung des nationalsozialistischen Euthanasie Programms beauftragten Zentraldienststelle T4 Vom arztlichen Leiter des im Nachkriegssprachgebrauch Aktion T4 genannten Krankenmordes Werner Heyde wurde Bunke in das der Geheimhaltung unterliegende Vorhaben eingeweiht Obwohl ihm nicht seine konkreten Funktionen eroffnet wurden erklarte er sich zur Mitarbeit bereit da fur ihn die Autoritat und das fachliche Ansehen von Heyde als Ordinarius an der Wurzburger Universitat sowie der Hinweis auf den geheimen Fuhrerbefehl der auch schriftlich mit Datum vom 1 September 1939 vorlage ausschlaggebend waren Auch das Argument dass im Krieg alle verfugbaren Krafte fur den Uberlebenskampf des deutschen Volkes gebraucht wurden und daher Ballastexistenzen wie unheilbar Geisteskranke auf medizinisch einwandfreie Art einzuschlafern seien erschien ihm einleuchtend In der NS Totungsanstalt Brandenburg BearbeitenBunkes erster Einsatzort war die NS Totungsanstalt Brandenburg Hier begann er im August 1940 als Vertreter des Leiters dieser Anstalt Irmfried Eberl seine Tatigkeit Im Schriftverkehr verwendete er den Tarnnamen Dr Rieper Bunke veranlasste auch die Verlegung der Kranken aus den Ursprungs oder Zwischenanstalten in die Vergasungsanstalt Brandenburg So unterschrieb er mit seinem richtigen Namen unter anderem am 29 September 1940 eine Anweisung zur Verlegung von 75 Mannern aus der Anstalt Neuruppin nach Brandenburg Unter den hier getoteten Kranken befanden sich auch Kinder wie Bunke nach dem Krieg aussagte In Brandenburg wurden auch Kinder im Alter von etwa acht und zwolf es kann auch bis zu vierzehn Jahre gewesen sein vergast Ein Teil der Kinderleichen wurde von Prof Hallervorden aus Berlin seziert und zur wissenschaftlichen Auswertung mitgenommen 2 In der NS Totungsanstalt Bernburg BearbeitenEnde 1940 wurde die Vergasungsanstalt Brandenburg geschlossen Das Personal wechselte nach Bernburg Saale wo im November 1940 in einem abgetrennten Teil der Heil und Pflegeanstalt eine neue Totungsanstalt eingerichtet worden war Im April 1941 promovierte Bunke zum Dr med und absolvierte im Mai oder Juni 1941 eine vierwochige Ausbildung bei Julius Hallervorden am Kaiser Wilhelm Institut fur Hirnforschung in Berlin Buch Hier wurde er in der Auswahl medizinisch interessanter Gehirne und deren Praparierung unterwiesen die Hallervorden fur seine histologischen Untersuchungen wunschte In der NS Totungsanstalt Bernburg wurde daher neben der Gaskammer ein Sektionsraum eingerichtet um die Entnahme der Gehirne vor Ort zu ermoglichen Bislang hatte das Kaiser Wilhelm Institut fur Hirnforschung die Sektionen durch eigenes Personal vornehmen lassen Bei einer solchen Gelegenheit hatte Hallervorden im Oktober 1940 auch Bunke in Brandenburg kennengelernt Die fur eine Sektion vorgesehenen Opfer wurden vor ihrer Vergasung von Bunke mit einem roten Kreuz auf dem Rucken versehen so dass die Leichenverbrenner die fur die Raumung der Gaskammer und die Einascherung der Leichen zu sorgen hatten diese aussondern und in den Sektionsraum schaffen konnten Bunke erklarte hierzu er habe in Brandenburg angeordnet dass die Gehirne einzelner Leichen seziert wurden und dem Kaiser Wilhelm Institut fur Hirnforschung Prof Dr Hallervorden zur Verfugung gestellt wurden Nachdem jedoch die notigen Einrichtungen in Brandenburg fehlten seien diese auf seinen Antrag hin bei Einrichtung der Anstalt in Bernburg gleich geschaffen worden 3 In Bernburg unterschrieb Bunke mit dem Tarnnamen Dr Keller Die Bedienung des Gashahnes in Brandenburg und Bernburg stritt Bunke in seinem Prozess nach dem Krieg immer wieder ab Ein solches Verhalten wurde jedoch im Widerspruch zur Anweisung der fur die Aktion T4 Verantwortlichen in der Kanzlei des Fuhrers stehen Viktor Brack der Leiter des mit der Durchfuhrung des Euthanasie Programmes beauftragten Hauptamtes II der Kanzlei des Fuhrers erklarte immer wieder die nicht zuletzt auch symbolische Bedeutung unter dem Aspekt der volksgesundheitlichen Motivation der ganzen Aktion dass ausschliesslich Arzte die Einleitung der Totung durch das Aufdrehen des Gashahnes vornehmen durften Im Verfahren gegen Werner Heyde hielt der beteiligte Spezialist August Becker fest dass Viktor Brack und Professor Dr Brandt den Versuch einer Probevergasung im Januar 1940 in der Heil und Pflegeanstalt Brandenburg abschliessend als gelungen bezeichneten 4 Fur Bernburg liegen allerdings Zeugenaussagen vor dass nicht immer ein Arzt anwesend war und demnach der Gashahn auch vom nichtarztlichen Personal bedient wurde 5 Zumindest bei der Visitation der Opfer vor den Gaskammern und der Prufung welche Todesursache fur die einzelnen Kranken spater in die Totenscheine eingetragen werden sollte war Bunke beteiligt Nach eigenen Angaben schied Bunke im Oktober 1941 also nach dem Stopp der Aktion T4 am 24 August 1941 aus der Organisation aus In einer Personalaufstellung der Zentraldienststelle T4 wurde er jedoch noch bis zum 31 Marz 1943 als Mitarbeiter aufgefuhrt 6 Dass Bunke ein Ausscheiden aus der T4 Organisation anstrebte wurde durch Zeugenaussagen belegt Nach dem Krieg BearbeitenDie britischen Besatzungstruppen setzten Bunke nach Kriegsende als Arzt zur Behandlung von TBC Kranken ein Im Juli 1945 erhielt er eine Assistentenstelle an der Landesfrauenklinik in Celle absolvierte eine Ausbildung zum Facharzt fur Frauenkrankheiten und liess sich 1951 als selbstandiger Frauenarzt und Belegarzt zweier Krankenhauser nieder Verhaftung und Prozess BearbeitenAm 12 April 1962 wurde Bunke verhaftet am 19 April 1962 jedoch wieder unter diversen Auflagen entlassen So konnte er weiterhin praktizieren und auch noch einen Urlaub auf Sylt verbringen Die Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt M erhob am 15 Januar 1965 Klage gegen ihn sowie die T4 Arzte Kurt Borm Klaus Endruweit und Aquilin Ullrich heimtuckisch grausam aus niederen Beweggrunden vorsatzlich und mit Uberlegung jeweils mehrere Tausend Menschen getotet zu haben Noch vor Prozessbeginn ordnete der Regierungsprasident in Luneburg im September 1966 an die arztliche Bestallung Bunkes ruhen zu lassen Mehr als 5000 Menschen aus Celle und Umgebung sowie der Arzteverein Celle setzten sich daraufhin fur Bunke bei der Niedersachsischen Landesregierung ein mit dem Ergebnis dass Bunke weiter praktizieren durfte Der Prozess vor dem Schwurgericht des Landgerichts Frankfurt am Main begann am 3 Oktober 1966 Im sogenannten ersten Arzteprozess fiel am 23 Mai 1967 das Urteil Die im Rahmen der Aktion T4 durchgefuhrten Massentotungen erfullen den Tatbestand des Mordes im Sinne des 211 StGB in der zur Tatzeit geltenden und in der heute gultigen Fassung Jedes menschliche Leben auch das der Geisteskranken geniesst bis zu seinem Erloschen den Schutz des 211 StGB kein Kulturvolk hat jemals eine derartige Aktion durchgefuhrt 7 Fur Bunke wurde die Beihilfe zur Ermordung von mindestens 4 950 Geisteskranken festgestellt Er wurde jedoch wie alle anderen Mitangeklagten wegen des fehlenden Bewusstseins der Rechtswidrigkeit unvermeidbarer Verbotsirrtum seines Tuns freigesprochen Am 7 August 1970 8 hob der Bundesgerichtshof das Urteil wegen sachlicher Widerspruche auf Der neue Prozess sollte am 16 Dezember 1971 beginnen Jedoch bereits im Juli dieses Jahres legte Bunke ein arztliches Zeugnis vor wonach er im April 1968 einen schweren lebensbedrohlichen Herzinfarkt erlitten habe nachdem ihm die Revision der Staatsanwaltschaft gegen seinen Freispruch bekannt geworden sei Bunke sei nicht mehr verhandlungsfahig Am 26 November 1971 wurde das Verfahren gegen ihn vorlaufig eingestellt Mit Ausnahme von Kurt Borm wurde das Verfahren auch gegen die weiteren Angeklagten vorlaufig eingestellt Trotz ihrer Verhandlungsunfahigkeit blieben Bunke und Kollegen in der Lage weiterhin ihre Praxis zu fuhren und Patienten zu behandeln Als Bunke am 29 Januar 1986 wieder vor dem Landgericht Frankfurt M erscheinen sollte legte er eine Bestatigung vor dass er nur einmal pro Woche fur zwei Stunden vernehmungsfahig sei Am 18 Mai 1987 verurteilte ihn das Landgericht Frankfurt am Main wegen Beihilfe zum Mord in mindestens 11 000 Fallen zu vier Jahren Haft Der Bundesgerichtshof ermassigte im Revisionsverfahren die Strafe mit Urteil vom 14 Dezember 1988 auf drei Jahre mit der Begrundung die Beihilfe zum Mord konne nur fur 9 200 Menschen nachgewiesen werden 9 Nach einer Haftzeit von 18 Monaten wurde Bunke entlassen Heinrich Bunke ist im September 2001 in Celle verstorben Literatur BearbeitenHelge Dvorak Biographisches Lexikon der Deutschen Burschenschaft Band I Politiker Teilband 7 Supplement A K Winter Heidelberg 2013 ISBN 978 3 8253 6050 4 S 180 182 Ernst Klee Euthanasie im NS Staat 11 Auflage Fischer Taschenbuch Frankfurt am Main 2004 ISBN 3 596 24326 2 Ernst Klee Was sie taten Was sie wurden Arzte Juristen und andere Beteiligte am Kranken oder Judenmord 12 Auflage Fischer TB Frankfurt am Main 2004 ISBN 3 596 24364 5 Ernst Klee Heinrich Bunke Eintrag in ders Das Personenlexikon zum Dritten Reich Wer war was vor und nach 1945 Aktualisierte Ausgabe Fischer Taschenbuch Frankfurt am Main 2005 ISBN 3 596 16048 0 Seite 12 Henry Friedlander Der Weg zum NS Genozid Von der Euthanasie zur Endlosung Berlin Verlag Berlin 1997 ISBN 3 8270 0265 6 Ute Hoffmann Todesursache Angina Zwangssterilisation und Euthanasie in der Landes Heil und Pflegeanstalt Bernburg Ministerium des Innern des Landes Sachsen Anhalt Pressestelle Magdeburg 1996 Gedenkstatten und Gedenkstattenarbeit im Land Sach sen Anhalt 1 Weblinks BearbeitenErnst Klee Euthanasie in Die Zeit 11 1986Anmerkungen Bearbeiten Bundesarchiv R 9361 IX KARTEI 5150514 Zitiert nach Klee Euthanasie in Die Zeit 11 1986 Zitiert nach Hofmann Todesursache Angina S 73 Aussage von August Becker Heyde Anklage S 293 ff GStA Frankfurt M gegen Prof Werner Heyde u a Ks 2 63 zit nach Klee Euthanasie im NS Staat S 112 Aussage des Brenners Werner D zitiert nach Hoffmann Todesursache Angina S 73 Faksimilierte Gutachter Liste aus den Heidelberger Dokumenten BA Koblenz R 96 I Bd 1 Bl 127890 in Klee Euthanasie im NS Staat S 228 229 Ks 1 66 GStA Ffm 2 StR 353 68 Der Erforscher des nationalsozialistischen Euthanasie Programms Ernst Klee hat dies mit den sarkastischen Worten kommentiert Wer einen Menschen ermordet wird zu lebenslanglicher Haft verurteilt Bei Beihilfe zum Massenmord gibt es offenbar Mengenrabatt Klee Was sie taten Was sie wurden S 128 Normdaten Person GND 1034658328 lobid OGND AKS VIAF 303753637 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Bunke HeinrichALTERNATIVNAMEN Bunke Heinrich Friedrich Karl vollstandiger Name KURZBESCHREIBUNG deutscher Totungsarzt der Aktion T4GEBURTSDATUM 24 Juli 1914GEBURTSORT Wohlde Landkreis CelleSTERBEDATUM 16 September 2001STERBEORT Celle Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Heinrich Bunke amp oldid 230719755