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Die Hauptsynagoge in der Bornestrasse der fruheren Judengasse in Frankfurt am Main war das Zentrum der liberalen judischen Reformbewegung in der Stadt Sie wurde ab 1855 erbaut und am 23 Marz 1860 eingeweiht Nach den Vorgangerbauten von 1462 und 1711 war es die dritte Synagoge an dieser Stelle Die Hauptsynagoge in der Bornestrasse 1885 Photochrom Wahrend der Novemberpogrome von 1938 wurde die Hauptsynagoge wie auch die anderen Synagogen in Frankfurt in Brand gesetzt Die ausgebrannte Ruine der Hauptsynagoge wurde im Januar 1939 abgerissen und ihre Steine zum Bau einer Mauer zur Einfriedung des Hauptfriedhofs verwendet Heute erinnert eine Gedenktafel an der Kurt Schumacher Strasse an sie Inhaltsverzeichnis 1 Lage 2 Architektur 2 1 Aussenansicht 2 2 Hufeisenbogen 2 3 Innenausstattung 3 Geschichte 3 1 Vorgangerbauten 3 2 Spaltung der Gemeinde 3 3 Die neue Hauptsynagoge 3 4 Zerstorung 3 5 Heutige Umgebung 4 Siehe auch 5 Literatur 6 Einzelnachweise 7 WeblinksLage Bearbeiten nbsp Die Hauptsynagoge auf dem Ravensteinplan 1861 am sudlichen Ende der Bornheimer StrasseDie Hauptsynagoge wurde auf demselben Grundstuck errichtet wie ihre Vorgangerbauten in der Judengasse Das nordliche Drittel der Judengasse war bei dem Brand im Juli 1796 zerstort worden Dieser Abschnitt der Judengasse wurde durch eine breitere Strasse ersetzt die Bornheimer Strasse die verbleibende Judengasse war nun deren sudliche Fortsetzung Die Hauptsynagoge stand am sudlichen Ende der Bornheimer Strasse auf deren Ostseite siehe Bild rechts 1885 wurde der altere Teil der Judengasse der ebenfalls durch eine breitere Strasse ersetzt wurde samt der Bornheimer Strasse in Bornestrasse umbenannt Die Synagoge war seitdem die Hauptsynagoge in der Bornestrasse nbsp Der seit 1885 gultige Strassenname Bornestrasse in einem Stadtplan von 1893An ihrer Ruckseite grenzte die Synagoge an die Allerheiligenstrasse Da die beiden Strassen nicht genau parallel verliefen war die Ruckfront der Synagoge um etwa 15 Grad gegenuber der Langsachse verdreht An der Nordseite der Synagoge verlief die schmale Synagogenstrasse an der Sudseite die Sackgasse Hinter dem kalten Bad Architektur Bearbeiten nbsp Grundriss der Synagoge um 1880 Unten die Front an der Bornheimer Strasse ab 1885 Bornestrasse nbsp Einweihung der Hauptsynagoge am 23 Marz 1860 im Hintergrund Toraschrein Bima und Kanzel Chromolithografie Erbauer der 1855 bis 1860 errichteten Hauptsynagoge war der Frankfurter Architekt Johann Georg Kayser 1817 bis 1875 Er war ein Schuler Friedrich Maximilian Hessemers und Friedrich Zieblands und wirkte seit 1844 als Lehrer fur Baukunst an der Gewerbe und Sonntagsschule Der reprasentative Neubau aus rotem Mainsandstein entsprach dem historisierenden Geist jener Zeit Er griff gotische maurische und byzantinische Stilelemente auf vgl Orientalisierende Architektur Beispielsweise waren die Kapitelle der Saulen mit den Pflanzenkapitellen in der Kathedralmoschee von Cordoba zu vergleichen Aussenansicht Bearbeiten Die zur Bornestrasse gelegene Hauptfront war 24 50 Meter breit das Gebaude 26 50 Meter lang Die Westfassade bestand aus einem Mitteltrakt und zwei viergeschossigen turmahnlichen und uberkuppelten Baukorpern die den Mitteltrakt flankierten Die Fassade des Mitteltrakts bestand aus einem kleineren Haupteingang im Untergeschoss einem machtigen gotischen langen Masswerkfenster mit gedruckten Kielbogen im Obergeschoss und einem Treppengiebel als oberen Fassadenabschluss Die Ubereinanderstaffelung von Portal und Fenster war eine Reminiszenz an die englische neogotische Kirchenarchitektur 1 wahrend der Treppengiebel aus der spatgotischen Profanarchitektur abstammte und das Masswerk des Fensters islamische Hufeisenbogen zeigte die sich oberhalb der dunnen Masswerkstabe befanden die das Fenster unterteilten Die beiden Turme uberragten den Mittelteil der Fassade nur wenig wodurch der Eindruck einer Zweiturmfassade und eine Ahnlichkeit mit dem Kirchenbau gemindert wurde Der Abschluss mit einer geschwungenen Zwiebelkuppel mit Kuppelchen an den Ecken erinnerte an die verspielten Minarettabschlusse der Mamelucken Zeit in Kairo etwa an das Minarett der Sultan Hassan Moschee der Madrasa und des Grabbaues des Sultan Qalawun oder des Sultan Kait Bay 2 Im ruckwartigen Gebaudeteil entlang der Allerheiligengasse befanden sich unter anderem ein kleiner Versammlungssaal und ein Archiv Hufeisenbogen Bearbeiten Die Innenarchitektur der Frankfurter Synagoge war durch den Hufeisenbogen bestimmt und dadurch orientalisch 3 Die Hufeisenform zeigte sich an allen Bogen wie den Arkadenbogen im Untergeschoss und auf den Emporen im ersten und zweiten Obergeschoss Weiterhin fand man sie sowohl an den Gurtbogen als auch an dem dreifachen sich verengenden Gewolbebogen der im Osten das zweigeteilte hufeisenbogige Blend Fenster mit der grossen Rosette umschloss Schliesslich war der Hufeisenbogen noch an dem dreiteiligen Toraschrein und an dem Blendarkadenfries an der mittleren Schranke und an der Kanzel zu finden Innenausstattung Bearbeiten Die Innenausstattung entsprach den liturgischen Besonderheiten der Reformbewegung So gab es beispielsweise eine Kanzel und eine Orgel Im Hauptschiff und den beiden Seitenschiffen der Synagoge gab es 514 Sitzplatze die den Mannern vorbehalten waren Auf den Galerien uber den Seitenschiffen befanden sich die insgesamt 506 Sitzplatze der Frauen Geschichte BearbeitenVorgangerbauten Bearbeiten nbsp Die bogenformige Judengasse auf einem Kupferstich von Matthaus Merian 1628 Oberhalb des Schriftzugs Judengass die Synagoge nbsp Die zweite Synagoge von 1711 Stahlstich von Wilhelm Lang nach Vorlage von Jakob Furchtegott Dielmann 1845 Die alteste Synagoge der Frankfurter Judengasse die sogenannte Altschul entstand als eines der ersten Gebaude kurz nach der Einrichtung dieses Ghettos im Jahr 1462 Infolge des Wachstums der judischen Gemeinde wurde sie im Laufe der Jahre mehrfach erweitert Beim sogenannten Grossen Judenbrand vom 14 Januar 1711 brannte auch die Synagoge nieder Die Synagoge wurde als eines der ersten Gebaude noch im selben Jahr wiedererrichtet Dieser zweite Bau blieb auch nach der Aufhebung des Ghettozwangs 1796 geistliches Zentrum der Frankfurter Juden Spaltung der Gemeinde Bearbeiten Im 19 Jahrhundert wuchsen die Spannungen zwischen den orthodoxen Juden Frankfurts und den Anhangern des Reformjudentums unter Rabbiner Abraham Geiger 1844 berief der Gemeindevorstand den Rabbiner Leopold Stein nach Frankfurt einen gemassigten Vertreter des Reformflugels Die Berufung spaltete die Gemeinde da der amtierende Oberrabbiner Salomon Abraham Trier ein entschiedener Gegner Steins war 1851 trennte sich die Orthodoxe Vereinigung unter Fuhrung des Rabbiners Samson Raphael Hirsch von der Israelitischen Gemeinde in der neben dem liberalen weiterhin auch ein orthodoxer Flugel verblieb Leopold Stein betrieb massgeblich den seit langem geplanten Abriss der alten Synagoge in der ehemaligen Judengasse und die Errichtung eines reprasentativen Neubaus an gleicher Stelle Der Bau verzogerte sich jedoch da Baron Amschel Mayer Rothschild aus Verargerung uber Steins Anstellung seine Finanzierungszusage zuruckgezogen hatte 1854 erreichte Stein dennoch sein Ziel Die alte Synagoge wurde abgerissen Die neue Hauptsynagoge Bearbeiten 1855 begann der Neubau der Hauptsynagoge Die Festrede bei der Einweihung am 23 Marz 1860 hielt der Rabbiner Stein in Anwesenheit der beiden Burgermeister und des Senats der Freien Stadt Frankfurt Darin betonte er dass die neue Synagoge ein Symbol fur die Verbundenheit der israelitischen Gemeinde mit der alten Religion und die Zugehorigkeit zur deutschen Nation sei Aufgrund dieser Rede kam es zu einem Eklat im Gemeindevorstand der zwei Jahre spater zum Rucktritt Steins von seinem Rabbineramt fuhrte 1864 erhielten die Frankfurter Juden die burgerliche Gleichberechtigung Der 1903 nach Frankfurt berufene Rabbiner Caesar Seligmann wurde zum Fuhrer der religiosliberalen Stromung in Deutschland Er schuf ein neues Reformgebetbuch fur die Frankfurter Israelitische Gemeinde und auf dieser Grundlage ein Einheitsgebetbuch fur den liberalen deutschjudischen Kultus Er grundete die Zeitschrift Liberales Judentum und war massgeblich an der liberaljudischen Einigung in Deutschland beteiligt Zerstorung Bearbeiten In der Nacht vom 9 auf den 10 November 1938 wurde die Hauptsynagoge von marodierenden SA Trupps in Brand gesetzt Der letzte Oberkantor und Rabbinatsverweser Nathan Saretzki drang in die brennende Synagoge ein und rettete historisch wertvolle liturgische Kompositionen die er anschliessend im Philanthropin sicherte 4 5 6 7 Die alarmierte Feuerwehr kam rasch an den Brandort unternahm aber nichts um das Feuer zu loschen Das Gebaude brannte bis auf die Aussenmauern nieder In derselben Nacht wurden auch die 1882 erbaute Borneplatzsynagoge die 1907 erbaute orthodoxe Synagoge an der Friedberger Anlage und die 1910 erbaute Westendsynagoge in Brand gesetzt Im Januar 1939 beauftragte die Stadt einen Bauunternehmer mit dem Abbruch der Ruinen der Hauptsynagoge und der nahegelegenen Borneplatzsynagoge Aus den noch verwendbaren Steinen baute man eine 165 Meter lange Mauer entlang der Eckenheimer Landstrasse um die wenige Jahre zuvor angelegten Erweiterungsflachen des Hauptfriedhofs einzufrieden Am 1 April 1939 notigte der nationalsozialistische Oberburgermeister Friedrich Krebs die israelitische Gemeinde zur Unterschrift unter den sogenannten Judenvertrag Darin trat die Gemeinde alle ihre Liegenschaften auch das Grundstuck der bereits abgetragenen Hauptsynagoge gegen eine geringe Entschadigung an die Stadt ab Als einzige Frankfurter Synagoge uberstand die Westendsynagoge die Zeit des Nationalsozialismus und den Zweiten Weltkrieg nbsp Heutige Gebaude am ehemaligen Standort der HauptsynagogeHeutige Umgebung Bearbeiten 1944 wurde die Frankfurter Altstadt in mehreren schweren Bombenangriffen weitgehend zerstort Auch die Umgebung der ehemaligen Hauptsynagoge brannte dabei vollkommen aus Beim Wiederaufbau in den funfziger Jahren verschwand die fruhere Bornestrasse unter einem Strassendurchbruch Die breite Kurt Schumacher Strasse schneidet den ehemaligen Verlauf der Judengasse in spitzem Winkel und uberdeckt dadurch einen grossen Teil des fruheren Ghettobezirks Die Hauptsynagoge befand sich dort wo heute die Allerheiligenstrasse in die Kurt Schumacher Strasse einmundet An die Synagoge erinnert heute nur noch eine 1946 errichtete Gedenktafel aus Granit an der Fassade des Hauses Kurt Schumacher Strasse 41 Sie tragt die Aufschrift Hier stand die Hauptsynagoge Bornestrasse welche von Nazi Verbrechern am 9 November 1938 zerstorte wurde Siehe auch BearbeitenListe der im Deutschen Reich von 1933 bis 1945 zerstorten SynagogenLiteratur BearbeitenFrankfurter Historische Kommission Hrsg Frankfurt am Main Die Geschichte der Stadt in neun Beitragen Veroffentlichungen der Frankfurter Historischen Kommission Band XVII Jan Thorbecke Sigmaringen 1991 ISBN 3 7995 4158 6 Eugen Mayer Die Frankfurter Juden Frankfurt am Main 1966 Waldemar Kramer Verlag Hannelore Kunzl Islamische Stilelemente im Synagogenbau des 19 und fruhen 20 Jahrhunderts Verlag Peter Lang Frankfurt am Main u a 1984 ISBN 3 8204 8034 X Judentum und Umwelt 9 S 260 ff Einzelnachweise Bearbeiten Kunzl S 261 und S 262 Kunzl S 262 Kunzl S 263 Heidy Zimmermann Schir Zion Musik und Gesang in der Synagoge In Eckhard John Heidy Zimmermann Hrsg Judische Musik Fremdbilder Eigenbilder S 53 75 Historisches Museum Frankfurt am Main Dokumente zu Nathan Saretzki In Bibliothek der Alten Institut fur Stadtgeschichte Frankfurt am Main S2 Sign 17 164 Saretzki Nathan Europaisches Zentrum fur Judische Musik Hannover Sammlung Oberkantor Nathan Saretzki Notensammlung Nathan Saretzkis mit seinen handschriftlichen Aufzeichnungen o Sign Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Hauptsynagoge Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien Die Hauptsynagoge 3D CAD Modell der ehemaligen Hauptsynagoge Rekonstruktion des FB Architektur der Technischen Universitat Darmstadt Synagogen und ehemalige Synagogen in Frankfurt am Main Westend Synagoge Baumweg Synagoge Ehemalige Synagogen Borneplatzsynagoge Hauptsynagoge Synagoge Friedberger Anlage Synagoge Schutzenstrasse Synagoge UnterlindauStadtteile Synagoge Bergen Synagoge Bockenheim Synagoge Griesheim Synagoge Heddernheim Synagoge Hochst Synagoge Niederursel Synagoge Rodelheim 50 113611111111 8 6877777777778 Koordinaten 50 6 49 N 8 41 16 O Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Hauptsynagoge Frankfurt am Main amp oldid 235424308