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Louis Gabriel Gustave Moynier 21 September 1826 in Genf 21 August 1910 ebenda war ein Schweizer Jurist und insbesondere in verschiedenen karitativen Organisationen und Vereinen seiner Heimatstadt Genf aktiv Er war Mitbegrunder des 1863 entstandenen Internationalen Komitees der Hilfsgesellschaften fur die Verwundetenpflege das seit 1876 den Namen Internationales Komitee vom Roten Kreuz IKRK tragt Ein Jahr nach der Grundung des Komitees ubernahm er von Guillaume Henri Dufour das Amt des Prasidenten und hatte es bis zu seinem Tod inne Durch seine langjahrige Tatigkeit als Prasident erwarb er sich grosse Verdienste um die Entwicklung des IKRK in den ersten Jahrzehnten nach der Grundung Innerhalb des Komitees galt er allerdings als Widersacher Henry Dunants der mit seinem 1862 erschienenen Buch Eine Erinnerung an Solferino den Anstoss zur Grundung der Rotkreuz Bewegung gegeben hatte Gedenkbuste fur Gustave Moynier im Genfer Parc des BastionsDaruber hinaus hatte Gustave Moynier entscheidenden Anteil an der Grundung des Institut de Droit international im September 1873 einer wissenschaftlichen Vereinigung zur Weiterentwicklung des internationalen Rechts Er war somit an der Entstehung von zwei mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichneten Institutionen massgeblich beteiligt ohne jedoch trotz mehrfacher Nominierung selbst den Preis erhalten zu haben Zu den zahlreichen Wurdigungen seines Wirkens zahlten neben verschiedenen rotkreuzspezifischen Ehrungen auch hochrangige staatliche Orden der damaligen Zeit Mitgliedschaften in Gelehrtengesellschaften und vergleichbaren Organisationen sowie Ehrendoktortitel verschiedener Universitaten in den Bereichen Rechtswissenschaften Soziologie und Medizin Inhaltsverzeichnis 1 Leben 1 1 Studium und soziales Engagement 1 2 Der Konflikt mit Henry Dunant 1 3 IKRK Prasidentschaft 1 4 Das Institut de Droit international 1 5 Moynier und die Friedensbewegung 1 6 Wirken als Generalkonsul des Kongo Freistaates 1 7 Letzte Lebensjahre und Tod 2 Rezeption und Nachwirkung 2 1 Lebenswerk 2 2 Auszeichnungen und Wurdigung 2 3 Literarische Darstellung 3 Werke Auswahl 4 Literatur 5 WeblinksLeben BearbeitenStudium und soziales Engagement Bearbeiten nbsp Gustave Moynier in jungen Jahren genaue Datierung unbekanntGustave Moynier wurde 1826 in Genf geboren und stammte aus einer wohlhabenden und angesehenen Familie von Handlern und Uhrmachern die aus religiosen Grunden im 18 Jahrhundert aus dem franzosischen Languedoc nach Genf ausgewandert war und dort in einem burgerlich gepragten Teil der Stadt lebte Sein Vater Jacques Andre Moynier 1801 1885 heiratete im November 1824 Laure Deonna und war zwolf Jahre lang in der Genfer Lokalpolitik aktiv unter anderem von 1843 bis 1846 als Mitglied des Conseil d Etat des Staatsrates des Kantons Genf Gustave Moynier war das einzige Kind aus der Ehe seiner Eltern Er besuchte 1834 zunachst eine Genfer Privatschule und anschliessend von 1835 bis 1842 das College Calvin sowie bis 1846 eine Akademie zur Vorbereitung auf ein Studium Aufgrund der Unruhen in Genf die sich im Oktober 1846 aus der Ablehnung der Auflosung des Sonderbundes durch den Staatsrat sowie den Genfer Grossen Rat ergaben ging die Familie Moynier im gleichen Jahr nach Paris ins Exil Hier studierte er von 1846 bis 1850 Rechtswissenschaften und schloss das Studium im Marz 1850 mit dem Doktortitel ab im Juli des gleichen Jahres erhielt er seine Anwaltszulassung In Paris lernte er daruber hinaus auch seine spatere Frau Jeanne Francoise 1828 1912 kennen eine Tochter des Bankiers Barthelemy Paccard Sie heirateten am 14 Juni 1851 und hatten im Laufe der gemeinsamen Ehe zwei Tochter und drei Sohne Drei der Kinder starben allerdings bereits fruh Die Heirat mit seiner Frau brachte ihm aufgrund ihrer Herkunft noch uber seine eigenen familiaren Verhaltnisse hinaus Wohlstand soziale Sicherheit und gesellschaftliche Anerkennung Sie befreite ihn insbesondere von der Notwendigkeit einer geregelten Tatigkeit zum Lebensunterhalt Aufgrund seiner calvinistischen Uberzeugungen begann er deshalb bald nach seiner Ruckkehr nach Genf im Jahr 1851 sich mit sozialen Problemen und Fragen des Gemeinwohls zu beschaftigen Ein zweiter Grund war wahrscheinlich dass er sich selbst wegen seines introvertierten und scheuen Charakters als nicht geeignet fur den Beruf des Anwalts sah 1856 ubernahm er den Vorsitz der Genfer Gemeinnutzigen Gesellschaft Er war daruber hinaus in etwa 40 weiteren karitativen Organisationen und Gruppen tatig deren Spektrum von Verbesserungen der Situation von Gefangnisinsassen bis hin zur Versorgung von Waisenkindern reichte und nahm an mehreren internationalen Wohltatigkeitskongressen teil Im Zuge der Unruhen in den Jahren 1856 bis 1857 aufgrund des royalistischen Putsches in Neuchatel leistete Moynier Im Januar und Februar 1857 funf Wochen Dienst in der Schweizer Armee als Soldat des Genfer Regimentes 1862 bekam er von Henry Dunant ein Exemplar von dessen Buch Eine Erinnerung an Solferino zugesandt Er zeigte grosses Interesse an der Realisierung von Dunants Ideen zur Grundung von freiwilligen Hilfsorganisationen fur die Versorgung von Kriegsverletzten und brachte das Buch am 9 Februar 1863 in der Mitgliederversammlung der Genfer Gemeinnutzigen Gesellschaft zur Diskussion In der darauf folgenden Debatte uberzeugte er die Mitglieder der Gesellschaft nach deren anfanglichen Bedenken von Dunants Vorschlagen In der Folge entstand zunachst als Komitee der Funf eine Kommission der Gesellschaft zur Untersuchung der Realisierbarkeit von Dunants Ideen Mitglieder dieser Kommission waren ausser ihm und Dunant die Arzte Louis Appia und Theodore Maunoir sowie der Armeegeneral Guillaume Henri Dufour Bereits acht Tage spater benannten die Mitglieder die Kommission in Internationales Komitee der Hilfsgesellschaften fur die Verwundetenpflege um und 1876 erhielt das Komitee seinen noch heute gultigen Namen Internationales Komitee vom Roten Kreuz Zum Prasidenten des Gremiums wurde nach der Grundung 1863 Dufour gewahlt Moynier wurde zunachst Vizeprasident An der Ausarbeitung der ersten Genfer Konvention die ein Jahr spater im August 1864 verabschiedet wurde war er wesentlich beteiligt Der Konflikt mit Henry Dunant Bearbeiten nbsp Zeitgenossische Darstellung der funf Grundungsmitglieder des Internationalen Komitees Moynier oben links Schon fruhzeitig zeigten sich Differenzen zwischen Moynier und Dunant zur Frage wie weit die Befugnisse der zu grundenden Hilfsorganisationen reichen sollten und wie die Grundung juristisch und organisatorisch zu erfolgen habe Ausgangspunkt dieser Auseinandersetzung war die Idee Dunants im Falle eines bewaffneten Konflikts die Hilfskrafte und Verwundeten zwischen den kriegsfuhrenden Parteien unter den Schutz der Neutralitat zu stellen Moynier war ein entschiedener Gegner dieser Idee da er sie fur kaum realisierbar hielt und bei einem Beharren ein Scheitern des gesamten Projekts befurchtete Dunant warb jedoch bei politisch und militarisch einflussreichen Personlichkeiten in ganz Europa eigenmachtig fur seine Vorstellungen und hatte als es 1864 zur Verabschiedung der ersten Genfer Konvention kam damit auch Erfolg Im gleichen Jahr wurde Moynier Prasident des Internationalen Komitees und setzte sich in dieser Funktion vor allem fur die Verbreitung und Akzeptanz der Genfer Konvention ein Nach seinem Amtsantritt kam es aber auch zu einer Zunahme der Spannungen zwischen dem Pragmatiker Moynier und dem Idealisten Dunant Diese fuhrten nach dem Bankrott Dunants im Jahr 1867 zu dessen hauptsachlich durch Moynier betriebenen Ausschluss aus dem Internationalen Komitee Dunant verliess Genf und lebte in den folgenden Jahren unter armlichen Verhaltnissen in verschiedenen europaischen Landern Es gilt als wahrscheinlich dass Moynier durch seinen Einfluss mehrfach verhinderte dass Dunant finanzielle Hilfe durch Unterstutzer aus verschiedenen Landern gewahrt wurde Aufgrund der Bestrebungen von Moynier wurde beispielsweise die Goldmedaille der Sciences Morales der Pariser Weltausstellung im Jahr 1867 nicht an Dunant sondern zu gleichen Teilen an Moynier Dufour und Dunant verliehen Das Preisgeld kam somit nicht Dunant zugute sondern wurde an das Internationale Komitee uberwiesen Ein Angebot des franzosischen Kaisers Napoleon III die Halfte von Dunants Schulden zu begleichen wenn dessen Freunde die andere Halfte ubernehmen wurden wurde aufgrund von Moyniers Betreiben nie realisiert IKRK Prasidentschaft Bearbeiten nbsp Die Unterschrift von Gustave Moynier auf der Genfer Konvention von 1864 zweite von oben Bereits kurz nach seinem Amtsantritt begann er neben der Hilfe fur Kriegsverwundete als originarer Aufgabe des IKRK auch Moglichkeiten zur Verhinderung von bewaffneten Konflikten zu untersuchen Ebenso beschaftigte er sich mit der Frage der Zusammenarbeit zwischen dem IKRK und den in den folgenden Jahrzehnten entstehenden nationalen Rotkreuz Gesellschaften Seine ursprungliche Idee dass jede Gesellschaft ein Mitglied des Komitees entsenden sollte verwarf er allerdings spater insbesondere aufgrund von Befurchtungen dass dies im Fall von Konflikten zu Spannungen und Beeintrachtigungen der Tatigkeit des Komitees fuhren konnte Bereits 1870 war er der Meinung dass die nationalen Gesellschaften ein Bundnis bilden wurden das vor allem auf der Zusicherung gegenseitiger Unterstutzung beruhen sollte In gewisser Weise sah er damit die Grundung der Liga der Rotkreuz Gesellschaften voraus die allerdings erst neun Jahre nach seinem Tod erfolgte Um seine Vorstellungen zu veroffentlichen und zu verbreiten nutzte er seinen Einfluss als Herausgeber des 1869 erstmals erschienenen Bulletin international des Societes de secours des offiziellen Organs des IKRK 1873 veroffentlichte er in der Juli Ausgabe des Bulletins einen Ruckblick auf die ersten zehn Jahre der Rotkreuz Bewegung Henry Dunant wurde in diesem Artikel nicht erwahnt Es ist historisch nicht eindeutig nachvollziehbar ob Moynier Angst hatte vor negativen Folgen fur das Internationale Komitee aufgrund von Dunants aus seiner Sicht zweifelhaftem Ruf oder ob er bewusst sich selbst als den alleinigen Grunder des Roten Kreuzes darstellen wollte Im Jahr 1874 formulierte er erstmals vier Grundsatze fur die Tatigkeit des IKRK und der nationalen Gesellschaften namlich die Existenz einer einzigen Rotkreuz Gesellschaft in jedem Land Zentralisierung die Vorbereitung der Gesellschaften auf den Einsatz im Kriegsfall Bereitschaft die unterschiedslose Behandlung der Opfer Neutralitat und die Zusammenarbeit zwischen den Gesellschaften Solidaritat In spateren Veroffentlichungen postulierte er Universalitat Nachstenliebe Bruderlichkeit Gleichheit und Nichtdiskriminierung als die Prinzipien denen jede nationale Gesellschaft verpflichtet sei und deren Einhaltung er als Voraussetzung fur eine Anerkennung durch das Internationale Komitee betrachtete Insbesondere dem Zusammenhalt zwischen den nationalen Gesellschaften mass er bis zu seinem Tod besondere Bedeutung fur die Verbreitung und Weiterentwicklung der Rotkreuz Bewegung bei 1882 veroffentlichte er unter dem Titel La Croix Rouge son passe et son avenir Das Rote Kreuz seine Vergangenheit und seine Zukunft ein Buch zur Entstehungsgeschichte des Roten Kreuzes Zu den Feierlichkeiten zum 25 jahrigen Bestehen der Rotkreuz Bewegung schlug er am 18 September 1888 das noch heute gultige Motto Inter arma caritas Inmitten der Waffen Nachstenliebe als gemeinsame Losung aller Rotkreuz Vereine vor Im Marz 1889 verschickte er an alle nationalen Gesellschaften eine Publikation mit dem Titel But et Organisation generale de la Croix Rouge in der er wichtige allgemeine Prinzipien und Regeln fur deren Tatigkeit zusammenfasste Diese Broschure wurde in den nachsten Jahrzehnten mehrfach erweitert und neu aufgelegt ab 1930 erschien sie als Handbuch des Internationalen Roten Kreuzes heute Handbuch der Internationalen Rotkreuz und Rothalbmond Bewegung Im Oktober 1898 bat er das Internationale Komitee aufgrund gesundheitlicher Probleme ihn von der Position des Prasidenten zu entbinden Die anderen Mitglieder uberzeugten ihn jedoch davon sein Rucktrittsgesuch zuruckzunehmen und stattdessen einige seiner bisherigen Aufgaben abzugeben so beispielsweise die Position des Herausgebers des Bulletins Auch weitere Versuche in den Jahren 1904 und 1907 sich vom Amt zuruckzuziehen fuhrten lediglich zur Befreiung von weiteren Verpflichtungen so dass er weiterhin zumindest offiziell als Prasident fungierte Er unterstutzte die Initiative des russischen Zaren Nikolaus II zur Einberufung der ersten Internationalen Friedenskonferenz in Den Haag im Jahr 1899 konnte jedoch aufgrund seiner Gesundheitsprobleme nicht selbst an dieser Konferenz teilnehmen Das IKRK war deshalb nur durch Edouard Odier als Mitglied der Schweizer Delegation vertreten Moynier begrusste die im Rahmen dieser Konferenz erfolgte Annahme eines Abkommens zur Anwendung der Regeln der Genfer Konvention von 1864 auf den Seekrieg Eine Uberarbeitung der Konvention selbst sah er jedoch als Aufgabe des IKRK im Rahmen einer Konferenz in Genf an und widersetzte sich deshalb entsprechenden Bestrebungen im Vorfeld der Konferenz in Den Haag Er hatte zwischen 1864 und 1885 mehrere Vorschlage zur Erweiterung der Konvention veroffentlicht und damit grossen Anteil an der neuen Fassung die im Juli 1906 beschlossen wurde Eine der wichtigsten Neuerungen war dabei die explizite Anerkennung freiwilliger Hilfsgesellschaften zur Versorgung der Kriegsverletzten Das Institut de Droit international Bearbeiten nbsp Gustave Moynier in spateren Jahren genaue Datierung unbekanntAuf einer Zusammenkunft des Internationalen Komitees am 3 Januar 1872 unterbreitete Moynier unter dem Eindruck massiver Verstosse gegen die Genfer Konvention wahrend des Preussisch Franzosischen Krieges von 1870 71 erstmals einen formlichen Vorschlag zur Einrichtung eines Internationalen Schiedsgerichts zur Ahndung von Verstossen gegen das Kriegs und Volkerrecht Dieser Vorschlag wurde anschliessend unter dem Titel Note sur la creation d une institution judiciaire internationale propre a prevenir et a reprimer les infractions a la Convention de Geneve im Bulletin international des Societes de secours aux militaires blesses Ausgabe 11 April 1872 S 122 veroffentlicht Moynier anderte damit grundlegend seine noch 1870 publizierte Auffassung dass ein solcher Gerichtshof unnotig sei da zur Durchsetzung der Genfer Konvention der Druck der offentlichen Meinung ausreichen wurde Wie die Konvention von 1864 bestand auch dieser Entwurf aus zehn Artikeln Zu einer Zeit als viele Nationalstaaten gerade erst entstanden und somit Souveranitatsdenken und Nationalbewusstsein die Stimmung in Europa pragten wurde dieser Vorschlag jedoch von keinem Land offiziell unterstutzt und damit nicht umgesetzt Ein Jahr spater am 8 September 1873 grundete Moynier mit zehn anderen Juristen aus verschiedenen Landern im belgischen Gent das Institut de Droit international Institut fur Volkerrecht Dieses Institut sollte als unabhangige Einrichtung zur Weiterentwicklung des Volkerrechts und dessen Implementierung beitragen Moynier hatte neben dem belgischen Juristen Gustave Rolin Jaequemyns den er 1862 wahrend eines Wohlfahrtkongresses in London kennengelernt hatte den grossten Anteil an der Idee zur Grundung Am 9 September 1880 wurde das von ihm verfasste Manuel des lois de la guerre sur terre von der sechsten Sitzung des Instituts in Oxford einstimmig angenommen Dieses auch als Oxford Manual bezeichnete Handbuch war vor allem als Grundlage fur die nationale Gesetzgebung zum Kriegsrecht in den damaligen Staaten gedacht Im Jahr 1892 leitete er die in Genf stattfindende 13 Sitzung des Instituts zwei Jahre spater wurde er als zweites Mitglied nach Rolin Jaequemyns zum Ehrenprasidenten ernannt Moynier und die Friedensbewegung Bearbeiten nbsp Das Familienanwesen die Villa Moynier im Genfer Parc MoynierIm Mai 1868 war Moynier daruber hinaus Mitglied der Ligue internationale et permanente de la Paix der von Frederic Passy ein Jahr zuvor gegrundeten Internationalen Friedensliga geworden Da er innerhalb des ersten Jahres nach Grundung der Liga beigetreten war gilt Moynier auch fur die Ligue internationale et permanente de la Paix als Grundungsmitglied Einer der Grunde fur seinen Beitritt waren Vorwurfe von Friedensaktivisten dass die Tatigkeit des Roten Kreuzes Kriege ertraglicher und damit wahrscheinlicher machen wurde Er selbst war stets der Meinung dass die Friedensbewegung und die Rotkreuz Bewegung vereint seien in der Ablehnung des Krieges jedoch unterschiedliche Mittel und Wege nutzen wurden zum Erreichen dieses Ziels Obwohl er Krieg als dustere Krankheit und Schlichtung Abrustung sowie die Verbreitung pazifistischer Ideale als Ansatze zu deren Behandlung ansah war er sich auch der Unzulanglichkeiten dieser Mittel bewusst Den Beitrag der Idee des Roten Kreuzes zum Frieden sah er insbesondere im Abbau nationaler Egoismen der aus der Verpflichtung der Rotkreuz Gesellschaften zu unterschiedsloser Hilfeleistung resultierte Moynier wurde in den Jahren 1901 1902 1903 und 1905 von Fredrik Herman Rikard Kleen einem Mitglied des Institut de Droit international fur den Friedensnobelpreis nominiert Im Gegensatz zu Dunant der 1901 zusammen mit Frederic Passy bei der erstmaligen Verleihung des Preises ausgezeichnet wurde erhielt er diesen jedoch nicht Dem IKRK wurde in den Jahren 1917 1944 und 1963 als bisher einzigem Preistrager dreimal der Friedensnobelpreis verliehen Auch die Arbeit des Instituts de Droit international wurde im Jahr 1904 und damit noch zu Lebzeiten Moyniers mit dem Preis gewurdigt Obwohl ihm selbst diese Anerkennung nie zuteilwurde ist es somit seine wesentliche Lebensleistung an der Grundung und Entwicklung von zwei mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichneten Institutionen massgeblich beteiligt gewesen zu sein Wirken als Generalkonsul des Kongo Freistaates Bearbeiten Ab 1876 unterstutzte Moynier die Kolonialbestrebungen Belgiens unter Konig Leopold II in der afrikanischen Kongo Region So begrundete er 1879 die monatlich erscheinende Zeitschrift L Afrique exploree et civilisee und wurde von Leopold II am 22 Mai 1890 zum Generalkonsul des Kongo Freistaates ernannt Ein Aufsatz von ihm den er 1883 dem Institut de Droit international prasentiert hatte und der an alle europaischen Regierungen verschickt wurde trug entscheidend zur Anerkennung des von Leopold II ausgerufenen Kongo Freistaates durch die internationale Kongokonferenz in Berlin im Jahr 1885 bei Angesichts von Moyniers sonstigen Aktivitaten im Bereich des internationalen Rechts erscheint es aus heutiger Sicht fragwurdig warum er die volkerrechtlich einzigartige Vereinnahmung des Kongos durch Leopold II als dessen Privatbesitz unterstutzte Wahrscheinlich spielten dabei seine christlichen Uberzeugungen zu Fragen der Wohltatigkeit und des Gemeinwohls eine Rolle Konig Leopold II hatte 1876 im Rahmen einer internationalen Konferenz die Grundung eines gemeinnutzigen Komitees zur Verbreitung der Zivilisation unter den Volkern der Kongoregion durch wissenschaftliche Untersuchung legalen Handel und Kampf gegen arabische Sklavenhandler vorgeschlagen und spater die Brusseler Konferenzen zur Bekampfung des Sklavenhandels ins Leben gerufen Die Ablehnung des Sklavenhandels durch Leopold II war allerdings angesichts seines Vorgehens im Kongo kaum mehr als ein Versuch zur Verschleierung der dortigen kolonialen Realitat Sie deckte sich aber aus Moyniers Sicht mit dessen Forderungen nach einer Abschaffung der Sklaverei einer fur die damalige Zeit nicht selbstverstandlichen Position Am 11 Januar 1904 trat er aus gesundheitlichen Grunden vom Amt des Kongo Generalkonsuls zuruck im Marz es gleichen Jahres wurde er zum Ehrenkonsul ernannt Letzte Lebensjahre und Tod Bearbeiten nbsp Grabstelle auf dem Cimetiere des Rois in Plainpalais GenfIm Jahr 1902 stiftete Gustave Moynier 20 000 Schweizer Franken um aus den Ertragen dieses Kapitals die Finanzierung einer Bibliothek in Genf zu ermoglichen die sich der Sammlung von Veroffentlichungen zum Volkerrecht und zu humanitaren Themen widmen sollte Diese Bibliothek wurde am 15 Januar 1905 eroffnet Sie ist heute als Salle Moynier Teil der Stadt und Universitatsbibliothek Genf und umfasst etwa 1 200 Titel Daruber hinaus richtete er in den letzten Jahren seines Lebens einen Raum seines Hauses als kleines Museum ein in dem er seine zahlreichen Auszeichnungen und gesammelten Werke der Offentlichkeit prasentierte Er starb im Jahr 1910 in seiner Heimatstadt zwei Monate vor Dunant ohne dass es jemals zu einer Versohnung zwischen ihnen gekommen war Sein Grab befindet sich im Bereich G des Cimetiere des Rois einem exklusiven Friedhof in Genf auf dem neben anderen prominenten Burgern der Stadt beispielsweise auch der Reformator Johannes Calvin beerdigt wurde Obwohl Moynier in den letzten Jahren alle administrativen Aufgaben innerhalb des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz abgegeben hatte blieb er bis zu seinem Tod dessen Prasident In der Geschichte des Komitees war er damit der Prasident mit der langsten Amtszeit und durch Dunants fruhen Ausschluss und den Tod der anderen drei Grunder 1869 Theodore Maunoir 1875 Guillaume Henri Dufour 1898 Louis Appia das letzte noch verbliebene Mitglied aus dem ursprunglichen Komitee der Funf Sein Nachfolger im Amt des Prasidenten wurde sein Neffe Gustave Ador der bereits seit 1870 Mitglied des Komitees war Auch sein Sohn Adolphe der wie sein Vater Jura studiert hatte und als Borsenmakler tatig war stand von 1898 bis 1918 als Schatzmeister im Dienst des IKRK Die Villa Moynier am Genfersee das fruhere Familienanwesen und zwischenzeitlich Sitz des IKRK wird heute von der Universitat Genf und vom Europaischen Kulturzentrum Genf genutzt Rezeption und Nachwirkung BearbeitenLebenswerk Bearbeiten Es ist angesichts von Moyniers Aktivitaten nicht angemessen ihn hinsichtlich seiner historischen Bedeutung nur als den Widersacher von Henry Dunant zu betrachten Durch sein langjahriges Wirken als Prasident des IKRK gelang es ihm die entstehende Rotkreuz Bewegung zu konsolidieren und damit wesentlich zur Verbreitung der Idee des Roten Kreuzes beizutragen Sowohl mit seiner Arbeit im Internationalen Komitee vom Roten Kreuz als auch mit der Grundung und Tatigkeit des Institut de Droit international hatte er daruber hinaus entscheidenden Anteil an der Entstehung und Fortentwicklung des humanitaren Volkerrechts Durch seinen Einsatz fur das humanitare Volkerrecht trug er auch dazu bei der Rotkreuz Bewegung eine sakulare auf juristischen Prinzipien beruhende normative Grundlage zu geben Trotz seiner eigenen calvinistischen Uberzeugungen gab er somit bewusst einer universell akzeptablen Basis den Vorzug vor den ursprunglich christlichen Idealen die zur Grundung des Internationalen Komitees gefuhrt hatten Er verstand dabei die im humanitaren Volkerrecht formulierten Regeln als la philosophie naturelle also als naturliches Recht das unabhangig von religiosen Glaubensgrundsatzen gilt Sein Wirken war jedoch auch insbesondere in spateren Jahren durch eine sehr konservative Grundhaltung gepragt Er wollte vor allem Erreichtes beziehungsweise Bestehendes bewahren und es nicht durch Anderungen und Erweiterungen gefahrden Anders als Henry Dunant und Louis Appia widersetzte er sich beispielsweise wahrend seiner gesamten Amtszeit einer Ausweitung der Zustandigkeiten der Rotkreuz Bewegung auf Aktivitaten zugunsten von Kriegsgefangenen oder Fluchtlingen oder in Friedenszeiten fur die Opfer von Naturkatastrophen Er trat diesbezuglich fur eine Beibehaltung des ursprunglichen Mandates und fur eine strikte Trennung zwischen verwundeten Soldaten und nicht verwundeten Kriegsopfern ein nbsp nbsp Busten von Moynier links und Dunant im Foyer des Genfer IKRK Hauptsitzes Im Gegensatz zu Dunants charismatischem Idealismus beruhte die Tatigkeit und der Erfolg von Moynier auf pragmatischer Geduld Diplomatie und Beharrlichkeit Er galt als charakterfest und unerschutterlich hinsichtlich seiner moralischen und religiosen Prinzipien Gleichwohl wurde seine Personlichkeit als scheu humorlos und selbstzweifelnd beschrieben gekennzeichnet von einem religios begrundeten angstlichen Streben nach Erfolg und Anerkennung sowie einem ausgepragten Mangel an Selbstbewusstsein Im Gegensatz zu Henry Dunants religiosen Vorstellungen insbesondere in dessen spateren Jahren war der Glauben von Moynier jedoch nicht von mystischen Ideen sondern vor allem von Rationalismus gepragt Sein personlicher Umgang mit Dunant beruhte zum einen auf der Angst davor dass dessen aus Moyniers Sicht ubertriebener Eifer und Idealismus die Idee des Roten Kreuzes scheitern lassen wurde Ein weiterer Grund insbesondere in seinen spateren Lebensjahren war die vor allem in der Nobelpreisverleihung an Dunant zum Ausdruck kommende und nach Moyniers Meinung ungerechtfertigte Bewertung seines eigenen jahrzehntelangen Wirkens im Vergleich zu dem was Dunant mit seinem Buch innerhalb kurzer Zeit erreicht hatte Allerdings stellen einige Autoren auch die Sichtweise in Frage dass Dunant und Moynier gleichermassen an der Entstehung des Roten Kreuzes beteiligt gewesen waren und dass das Wirken von beiden eine wichtige Voraussetzung fur den Erfolg gewesen sei Aufgrund der grundlegend verschiedenen Ideale und Charaktereigenschaften beider Protagonisten sei es vielmehr sehr unwahrscheinlich dass es eine substantielle Zusammenarbeit fur ein gemeinsames Ziel mit sich gegenseitig erganzenden Bestrebungen gegeben habe oder hatte geben konnen Eine diesbezugliche Darstellung der Rotkreuz Geschichte entspringt dieser Ansicht nach dem Bestreben die Bedeutung der Aktivitaten Moyniers zu beschonigen siehe dazu Ottaviani et al in Vesalius 2005 Auszeichnungen und Wurdigung Bearbeiten nbsp Rue Gustave Moynier in GenfDas Wirken von Gustave Moynier wurde bereits zu seinen Lebzeiten in vielfaltiger Weise gewurdigt So ernannten ihn mehrere nationale Rotkreuz Gesellschaften zum Ehrenmitglied Im Oktober 1867 erhielt er wie sieben Jahre zuvor Henry Dunant und Louis Appia mit dem Orden des Heiligen Mauritius und Lazarus die zweithochste Auszeichnung des Konigreichs Italien und zwei Jahre spater den Orden vom Niederlandischen Lowen Von Seiten der deutschen Konigshauser wurde er unter anderem im Juni 1869 zum Ritter zweiter Klasse des preussischen Kronenordens ernannt im Februar 1870 wurde er mit dem Kommenturkreuz zweiter Klasse des wurttembergischen Friedrichs Ordens ausgezeichnet Im August 1871 erfolgte seine Aufnahme als Offizier in die franzosische Ehrenlegion Die Universitat Bern ernannte ihn im Oktober 1885 zum Ehrendoktor der Rechtswissenschaften Zwei Jahre spater erhielt er mit dem Orden der Aufgehenden Sonne die hochste Auszeichnung die in Japan an Auslander verliehen werden kann Im Juni 1898 wurde in den Vereinigten Staaten das erste Hospitalschiff in der Geschichte unter der Flagge des Roten Kreuzes auf den Namen Moynier getauft Die Universitat Genf verlieh ihm im Juni 1901 das Ehrendoktorat in Soziologie ein Jahr spater wurde er zum auslandischen assoziierten Mitglied der Academie des sciences morales et politiques ernannt Im April 1903 erhielt er von der Medizinischen Fakultat der Universitat Heidelberg zusammen mit Henry Dunant die Ehrendoktorwurde Der Parc Moynier und die Strasse Rue Gustave Moynier in Genf sind nach ihm benannt worden eine Gedenkbuste befindet sich im Genfer Parc des Bastions Literarische Darstellung Bearbeiten Eine fruhe Darstellung der Rolle von Gustave Moynier in der Rotkreuz Geschichte ist das Werk Le Berceau de la Croix Rouge des Historikers Alexis Francois von der Universitat Genf das 1918 in Genf und damit acht Jahre nach Moyniers Tod herausgegeben wurde und eine der ersten historischen Studien zur Entstehung des Roten Kreuzes war Das 2005 erschienene Buch The Geneva Convention The Hidden Origins of the Red Cross der irischstammigen und in Genf ansassigen Autorin Angela Bennett stellt die Phase des Lebens von Gustave Moynier dar die 1864 zum Abschluss der ersten Genfer Konvention fuhrte und dabei durch den sich verscharfenden Konflikt mit Henry Dunant gepragt war Das Werk beschreibt wechselweise das Wirken beider Protagonisten und ihren jeweiligen Anteil am Erfolg der gemeinsamen Bemuhungen Eine umfassende Biographie wurde basierend auf einem unvollendeten Manuskript Andre Durands vom Genfer Juristen und Historiker Jean de Senarclens im Jahr 2000 in franzosischer Sprache und 2005 als englischsprachige Ubersetzung veroffentlicht Werke Auswahl BearbeitenLa guerre et la charite Traite theorique et pratique de philanthropie appliquee aux armees en campagne Cherbuliez Paris und Genf 1867 zusammen mit Louis Appia Les institutions ouvrieres de la Suisse Memoire Cherbuliez Genf 1867 La Croix Rouge son passe et son avenir Sandoz et Thuillier Paris 1882 But et Organisation generale de la Croix Rouge Genf 1889 L institut de droit international Picard Paris 1890 Conference sur la Convention de Geneve Soullier Genf 1891Literatur BearbeitenFrancois Bugnion Gustave Moynier 1826 1910 Deutsches Rotes Kreuz Henry Dunant Gesellschaft und Forschungszentrum Humanitares Genf Berlin und Genf 2011 ISBN 2 88163 038 3 Jean de Senarclens The Founding of the Red Cross Gustave Moynier its Master Builder Editions Slatkine Genf 2005 ISBN 2 8321 0222 0 franzosischsprachige Originalausgabe Gustave Moynier le batisseur Editions Slatkine Genf 2000 ISBN 2 05 101839 1 Pierre Boissier History of the International Committee of the Red Cross Volume I From Solferino to Tsushima Henry Dunant Institute Genf 1985 ISBN 2 88044 012 2 Caroline Moorehead Dunant s Dream War Switzerland and the History of the Red Cross HarperCollins London 1998 ISBN 0 00 255141 1 gebundene Ausgabe HarperCollins London 1999 ISBN 0 00 638883 3 Taschenbuch Ausgabe Angela Bennett The Geneva Convention The Hidden Origins of the Red Cross Sutton Publishing Gloucestershire 2005 ISBN 0 7509 4147 2 Andre Durand Gustave Moynier and the Peace Societies In International Review of the Red Cross 314 1996 ICRC S 532 550 ISSN 1560 7755 Christopher Keith Hall The First Proposal for a Permanent International Criminal Court In International Review of the Red Cross 322 1998 ICRC S 57 74 ISSN 1560 7755 Andre Durand The International Committee of the Red Cross at the Time of the First Hague Peace Conference 1899 In International Review of the Red Cross 834 1999 ICRC S 353 364 ISSN 1560 7755 Andre Durand The first Nobel Prize 1901 Henry Dunant Gustave Moynier and the International Committee of the Red Cross as candidates In International Review of the Red Cross 842 2001 ICRC S 275 285 ISSN 1560 7755 James Cockayne Islam and International Humanitarian Law From a Clash to a Conversation between Civilizations In International Review of the Red Cross 847 2002 ICRC S 597 626 ISSN 1560 7755 Raimonda Ottaviani Duccio Vanni M Grazia Baccolo Elizabeth Guerin Paolo Vanni Rewriting the Biography of Henry Dunant the Founder of the International Red Cross In Vesalius Acta Internationalia Historiae Medicinae 11 1 2005 International Society for the History of Medicine S 21 25Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Gustave Moynier Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien Jean de Senarclens Moynier Gustave In Historisches Lexikon der Schweiz Red Cross and Red Crescent Movement History Gustave Moynier englisch Prasidenten des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz Guillaume Henri Dufour 1863 1864 Gustave Moynier 1864 1910 Gustave Ador 1910 1928 Max Huber 1928 1944 Carl Jacob Burckhardt 1945 1948 Paul Ruegger 1948 1955 Leopold Boissier 1955 1964 Samuel Gonard 1964 1969 Marcel Naville 1969 1973 Eric Martin 1973 1976 Alexandre Hay 1976 1987 Cornelio Sommaruga 1987 1999 Jakob Kellenberger 2000 2012 Peter Maurer 2012 2022 Mirjana Spoljaric Egger seit 2022 nbsp Dieser Artikel wurde am 26 Marz 2006 in dieser Version in die Liste der exzellenten Artikel aufgenommen Normdaten Person GND 119011492 lobid OGND AKS LCCN n90631911 VIAF 66769358 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Moynier GustaveALTERNATIVNAMEN Moynier Louis Gabriel Gustave vollstandiger Name KURZBESCHREIBUNG Jurist und Mitbegrunder des Internationalen Komitees vom Roten KreuzGEBURTSDATUM 21 September 1826GEBURTSORT GenfSTERBEDATUM 21 August 1910STERBEORT Genf Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Gustave Moynier amp oldid 237950426