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Die Giessener Konferenz war der Versuch in einigen Mittel und Kleinstaaten des Rheinbunds mit Hilfe des Code Civil zu einer Rechtsvereinheitlichung zu kommen Inhaltsverzeichnis 1 Ausgangslage 2 Die Konferenz 2 1 Zustandekommen 2 2 Inhaltliche Probleme 2 3 Durchfuhrung 3 Literatur 4 Anmerkungen 5 EinzelnachweiseAusgangslage BearbeitenNachdem Napoleon Bonaparte mit einer Reihe sud und westdeutscher Staaten 1806 den Rheinbund gegrundet hatte bestand in diesen Staaten die in ihrem Bestand vollig von Napoleon abhingen der politische Druck sich an Frankreich auszurichten Zum anderen bestand in diesen Staaten ein erheblicher Reformstau da dort Justiz und Verwaltung mit Strukturen arbeiteten die mehrere hundert Jahre alt und vergleichsweise ineffizient waren Der spatere hessische Grossherzog Ludewig I sprach in diesem Zusammenhang von einer langschleichenden und lotteriemassigen Justizverfassung seines Landes 1 So beschloss eine Reihe von Staaten ihr Zivilrecht auf das neue franzosische Zivilrecht den Code Civil umzustellen Dazu gehorten Staat Einfuhrung Abschaffung AnmerkungGrossherzogtum Baden 1 Juli 1809 Teile 1 Januar 1810 2 insgesamt 1 Januar 1900 siehe Badisches LandrechtGrossherzogtum Berg 1810 1 Januar 1900 Rheinisches Recht Grossherzogtum Frankfurt 1 Januar 1811 3 Nach der Volkerschlacht bei Leipzig zerfiel das Grossherzogtum und wurde an das Kurfurstentum Hessen Bayern und Preussen verteilt Diese Nachfolgestaaten kehrten zum alten Recht zuruck Grossherzogtum Hessen rechtsrheinisch Anm 1 1 August 1808 4 Faktisch nie umgesetzt Die Einfuhrung stand unter dem Vorbehalt den Code Civil den ortlichen Verhaltnissen anpassen zu wollen Herzogtum Nassau 1812 3 Wurde vor dem Untergang des napoleonischen Systems nicht mehr umgesetzt und dann aufgegeben Konigreich Westphalen Nach der Volkerschlacht bei Leipzig zerfiel das Konigreich Die Nachfolgestaaten kehrten zum alten Recht zuruck Die Konferenz BearbeitenZustandekommen Bearbeiten Der Vorschlag die anstehenden Probleme beim Umsetzen des Code Civil staatenubergreifend gemeinsam anzugehen machte Franz von Lassaulx damals Professor fur Zivilrecht an der franzosischen Schule fur Rechtswissenschaften in Koblenz gegenuber dem nassauischen Juristen Ludwig Harscher von Almendingen Der Vorschlag einer solchen Rechtsvereinheitlichung hatte auch ein erhebliches Einsparpotential da so von den kleineren Staaten die Obergerichte und ein Kassationsgerichtshof hatten gemeinsam betrieben werden konnen 5 Aber schon im eigenen Land stiess von Almendingen auf erheblichen Widerstand da der Herzog und sein Staatsminister Hans Christoph Ernst von Gagern die Vorrechte des Adels gewahrt sehen wollten und zudem einen Souveranitatsverlust des Herzogtums furchteten 6 Gleiches galt fur das Grossherzogtum Hessen Grossherzog Ludewig I hatte den Code Civil zwar ubernommen aber ausschliesslich um eine politisch freundliche Geste gegenuber Napoleon Bonaparte zu inszenieren Die sich daraus ergebenden innenpolitischen Konsequenzen gingen ihm viel zu weit Das Reformbeamtentum im Grossherzogtum sah darin aber eine Chance den Reformstau zu beseitigen 7 Die Regierung bildete um den Code Civil den ortlichen Gegebenheiten anzupassen eine eigene Kommission In ihr vertreten waren auch zwei Professoren der Rechtswissenschaft der Landesuniversitat Giessen Karl Ludwig Wilhelm von Grolman und Heinrich Karl Jaup Anm 2 Sie vertraten die Auffassung den Code Civil komplett zu ubernehmen zuvor aber die Rechtsverhaltnisse anzupassen damit das funktioniere Inhaltliche Probleme Bearbeiten Der Code Civil war fur eine Gesellschaft konzipiert die auf der rechtlichen Gleichheit aller basierte In den deutschen Staaten standen dem zahlreiche Privilegien des Adels und Vermogensmassen entgegen die vom normalen zivilrechtlichen Verkehr ausgeschlossen waren z B Fideikommisse Die Abschaffung dieser Einrichtungen bedeutete die Konsequenzen der Franzosischen Revolution einzufuhren Das war von den Konservativen nicht gewunscht Fortschrittlich Denkende auch das Reformbeamtentum fanden aber gerade das erstrebenswert Zudem befurchteten die Regenten dass ein international geltendes Gesetz ihre gerade gewonnene Souveranitat einschranken konne und dass das nur ein erster Schritt zu einem als Bundesstaat organisierten Rheinbund sein konnte 7 Ein grossraumig geltendes und inhaltlich gleichartiges Recht war aber gerade im Handel treibenden Burgertum sehr gewunscht Durchfuhrung Bearbeiten Aufgrund der Bedenken von Regierungsseite konnte von Almendingen den Konferenzplan nur durchsetzen weil er gegenuber der eigenen Regierung vorgab dass das eine Moglichkeit sei um eine Koalition der deutschen Klein und Mittelstaaten gegenuber den franzosischen Anspruchen auf Rechtsgleichheit zu bilden zugunsten des Erhalts moglichst vieler Sonderregelungen aus dem uberkommenen Recht 8 Aufgrund der Bedenken von Regierungsseite waren auch nur wenige der betroffenen Staaten vertreten als die Giessener Konferenz am 4 September 1809 zusammentrat 7 das Grossherzogtum Hessen mit von Grolman und Jaup der Staat des Furstprimas das spatere Grossherzogtum Frankfurt und das Herzogtum Nassau Das Grossherzogtum Baden lehnte eine Teilnahme ab Bayern und Wurttemberg waren in Erwartung einer Ablehnung erst gar nicht gefragt worden 8 Die Vollmachten der Konferenzteilnehmer waren unzureichend fur ein auch nur einigermassen verbindliches Ergebnis Die Instruktion der furstprimatischen Vertreter war ein Widerspruch in sich und lautete dass der Code Napoleon ohne Modifikationen angenommen werden musse jedoch moglichst unter Beibehaltung der bestehenden Einrichtungen Ausserdem war den furstprimatischen Vertretern verboten die Sitzungsergebnisse mitzuschreiben Dafur versuchten die furstprimatischen Vertreter eine Diskussion zur Gerichtsverfassung zu fuhren wahrend von Almendingen sich auf die artikelweise Besprechung des Code civil konzentrieren wollte Die hessischen Vertreter traten sogar ohne jede Verhandlungsvollmacht auf So dauerte es bis zum 18 September bevor uberhaupt damit begonnen werden konnte den Code civil zu besprechen Bis zum Ende des Jahres war die Durchsicht des ersten Buches abgeschlossen 8 Die Mehrzahl der Beitrage leistete von Almendingen Hohepunkt war sein Vortrag Uber den organisatorischen Charakter des Kodex Napoleon oder uber das Eingreifendesselben in die Staatsgrundverfassung Finanzsystem Administration Staatswirtschaft Volkssitten und Kultur der Wissenschaft 9 Aufgrund der ungenugenden Handlungsvollmachten beteiligten sich die Vertreter der anderen Staaten nur sehr vorsichtig 8 Da uber die Sonderrechte des Adels keine Einigung erzielt werden konnte wurden die Beratungen im Fruhjahr 1810 auf unbestimmte Zeit vertagt Inzwischen bestand Napoleon nicht mehr auf der Einfuhrung seines Codex in Deutschland Damit war das Interesse der Politik an der Angelegenheit erloschen 10 Die Konferenz trat nie wieder zusammen 3 Sie blieb eine Veranstaltung von Fachleuten ohne politische Ruckendeckung die keine direkten Konsequenzen zeitigte Die Inhalte der Konferenz wurden aber ausfuhrlich publiziert vor allem in der von Peter Adolph Winkopp herausgegebenen Zeitschrift Der Rheinische Bund Eine Zeitschrift historisch politisch statistisch geographischen Inhalts 11 So ist es moglich dass die Inhalte der Konferenz auf die Umsetzung des Code Civil im Grossherzogtum Frankfurt und im Herzogtum Nassau Einfluss nahmen Literatur BearbeitenElisabeth Fehrenbach Traditionale Gesellschaft und revolutionares Recht Die Einfuhrung des Code Napoleon in den Rheinbundstaaten 3 Aufl Vandenhoeck amp Ruprecht Gottingen 1983 ISBN 3 525 35964 0 Eckhart G Franz Peter Fleck Fritz Kallenberg Grossherzogtum Hessen 1800 1806 1918 In Walter Heinemeyer Helmut Berding Peter Moraw Hans Philippi Hg Handbuch der Hessischen Geschichte Band 4 2 Hessen im Deutschen Bund und im neuen Deutschen Reich 1806 1815 1945 Die hessischen Staaten bis 1945 Veroffentlichungen der Historischen Kommission fur Hessen 63 Elwert Marburg 2003 ISBN 3 7708 1238 7Anmerkungen Bearbeiten Der linksrheinische Teil des Grossherzogtums Hessen die Provinz Rheinhessen kam erst 1816 zum Grossherzogtum brachte dabei das franzosische Recht mit und behielt es auch bis zur Einfuhrung des BGB zum 1 Januar 1900 Heinrich Karl Jaup wurde nach der Marzrevolution 1848 1850 Ministerprasident des Grossherzogtums Hessen Einzelnachweise Bearbeiten Franz Fleck Kallenberg Grossherzogtum Hessen S 712 Google Digitalisat Code Napoleon mit Zusazen und Handelsgesezen als Land Recht fur das Grossherzogthum Baden C F Muller sche Hofbuchdruckerei Karlsruhe 1809 S 1 a b c Franz Fleck Kallenberg Grossherzogtum Hessen S 714 Edict die Einfuhrung des Code Napoleon im Grossherzogthum betreffend In Grossherzoglich Hessische Verordnungen 1 Heft Von August 1806 bis Ende des Jahres 1808 Invalidenanstalt Darmstadt 1811 S 155 Fehrenbach S 121 Fehrenbach S 122 a b c Franz Fleck Kallenberg Grossherzogtum Hessen S 713 a b c d Fehrenbach S 123 Spater veroffentlicht in Allgemeine Bibliothek fur Staatskunst Rechtswissenschaft und Critik Heft 10 1811 S 32ff Fehrenbach S 124 Fehrenbach S 124 Anm 11 mit Einzelnachweisen Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Giessener Konferenz amp oldid 231659093