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Als Frieden von 363 manchmal auch Zweiter Frieden von Nisibis wird in der althistorischen Forschung bisweilen der Friedensvertrag zwischen dem Romischen Reich und dem Sassanidenreich im Jahr 363 bezeichnet Inhaltsverzeichnis 1 Hintergrund 2 Vertragsinhalt 3 Bewertung 4 Literatur 5 AnmerkungenHintergrund Bearbeiten nbsp Julians PersienfeldzugIm Fruhjahr des Jahres 363 war der romische Kaiser Julian mit einem starken Heer von etwa 65 000 Mann von Antiochia am Orontes nach Osten aufgebrochen Sein Ziel war es die Perser die eine standige Bedrohung fur Roms Ostgrenze darstellten siehe Romisch Persische Kriege zu besiegen wobei moglicherweise auch die Alexander Imitatio und innenpolitische Motive eine Rolle spielten Anders als Julians Vorganger Constantius II der mit nur einem Teil des gesamten romischen Feldheeres die standigen Kampfe austragen konnte die Konflikte mit seinen Brudern die Mitherrscher im Westen waren spater die Bedrohung durch die Germanen an der Rheingrenze sowie die Usurpationen des Magnentius und Julians hatten dies unmoglich gemacht verfugte Julian uber die Ressourcen des gesamten Imperiums Tatsachlich hatte Julian anfangs Erfolg Der persische Grosskonig Schapur II musste seine Truppen erst sammeln und so wichen die Perser einer Entscheidungsschlacht vorerst aus Vor Ktesiphon der persischen Hauptstadt wendete sich das Blatt Julian sah sich ausser Stande die stark befestigte Stadt einzunehmen In den folgenden Tagen wurde das romische Heer das sich bereits auf dem Ruckzug befand von den Persern abgedrangt Julian wurde in der Schlacht von Maranga verwundet und starb am 26 Juni 363 womit das Heer fuhrungslos war Ein Offizierskollegium bestehend aus Dagalaifus Nevitta Arintheus und Victor einigte sich schliesslich auf den Christen und Gardeoffier Jovian als Julians Nachfolger den das bedrangte Heer zum neuen Kaiser ausrief Der Ruckzug wurde fortgesetzt doch gelang es nicht den Tigris zu uberschreiten Damit wurde die Lage der Romer zunehmend verzweifelt Schapur der das persische Hauptheer inzwischen herangefuhrt hatte erkannte seine Chance und setzte den Romern die mit massiven Nachschubsproblemen zu kampfen hatten weiter zu Unter diesem Druck erklarte sich Jovian notgedrungen zu Verhandlungen bereit Vertragsinhalt BearbeitenSchapurs Forderungen waren weitreichend Zum einen sollten die Romer die Eroberungen die Diokletian und Galerius 298 im Ersten Frieden von Nisibis erworben hatten wieder aufgeben die so genannten transtigritanischen Provinzen Aber auch auf Gebiete im bereits vor 298 romischen Mesopotamien erhob Schapur Anspruch was einen betrachtlichen Prestigeverlust fur Rom bedeutete So sollten zwei wichtige Stadte Nisibis das Schapur in den vergangenen Jahren dreimal vergeblich belagert hatte und Singara sowie 15 Festungen an Persien abgetreten werden Der Verlust dieser Stadte bedeutete auch in wirtschaftlicher und strategischer Sicht einen empfindlichen Verlust da sie Kernbestandteile des romischen Festungsnetzwerks waren das die Orientprovinzen Roms schutzte Aus diesem Grund war die abwehrende Reaktion der Romer verstandlich doch sie nutzte nichts Zwar hatte eine Fortsetzung der Kampfe auch fur Schapur ein gewisses Risiko bedeutet den Romern drohte jedoch das Schicksal inmitten der Wuste vollig aufgerieben zu werden So willigte Jovian dessen Heer immer mehr unter Hunger und Durst litt schliesslich ein Angeblich erreichte er immerhin dass der Frieden auf 30 Jahre begrenzt blieb und damit keinen endgultigen Charakter besass doch ist dies vielleicht eine spatere Erfindung romischer Autoren Die Garnisonen der romischen Festungen erhielten freien Abzug und die Bevolkerung von Nisibis und Singara durfte bzw musste evakuiert werden Diese definitive Aufgabe und Raumung von Reichsterritorium war ein in der romischen Geschichte einmaliger Vorgang denn anders als sonst konnte man diesmal nicht die Fiktion aufrechterhalten das Gebiet bleibe de iure Teil des Imperiums Dass die romische Zivilbevolkerung vertrieben wurde macht deutlich dass die Aufgabe der Territorien endgultigen Charakter hatte Die Romer selbst fuhrten diese Deportation durch beaufsichtigt von sassanidischen Wurdentragern Rom musste zudem einwilligen dem Konig von Armenien dessen Land ein standiger Streitpunkt zwischen Rom und Persien war im Falle eines persischen Angriffs nicht zur Hilfe zu kommen Am 11 Juli konnte Jovian endlich den Ruckmarsch antreten Bewertung BearbeitenIn den spatantiken Quellen stiess der Vertrag mehrheitlich auf Ablehnung sowohl von heidnischer als auch von christlicher Seite wobei besonders der Verlust der bedeutenden Stadt Nisibis ein standiger Stachel fur Rom war Ammianus Marcellinus unsere beste Quelle fur diese Zeit der auch ausfuhrlich uber die Verhandlungen berichtet 25 7 meinte im Ruckblick Jovian hatte lieber kampfen sollen Dabei muss jedoch beachtet werden dass Ammianus ein Verehrer von Julian war und zudem schon die eher defensive aber insgesamt erfolgreichere Strategie von Julians Vorganger Constantius II abgelehnt hatte Auch Agathias 4 26 Eunapios frg 29 1 Festus Breviarium 29 oder Libanios lehnten die Ergebnisse der Verhandlungen ab Andere wie Eutropius Breviarium 10 17 Orosius Hist 7 31 mehrere Kirchenhistoriker und Zonaras bedauerten den Vertrag und sahen ihn teils geradezu als Schande fur Rom an ausserten jedoch auch dass Jovian kaum eine andere Moglichkeit gehabt hatte Um 485 scheint dann in Ostrom behauptet worden zu sein man habe Nisibis den Persern nur fur 120 Jahre uberlassen und konne es daher nun zuruckfordern vgl Josua Stylites 7 Da keine Quelle des 4 Jahrhunderts eine solche Befristung erwahnt handelt es sich dabei zweifellos um eine spatere Erfindung die aufkam als sich die Ostromer gegenuber den Sassaniden in einer Position der Starke wahnten In der modernen Forschung wird vereinzelt die militarische Notwendigkeit eines Friedensabschlusses bestritten oder der Vertrag als Schandfrieden bezeichnet was vor allem eine Reflexion der Quellen geschuldet ist die den Friedensvertrag mehrheitlich sehr kritisch betrachteten 1 Allerdings wird das der angespannten militarischen Situation nicht gerecht in der sich das romische Heer vor allem aufgrund von Julians Fehleinschatzungen nun befand Jovian hatte aus einer fast ausweglosen Situation gerettet was er retten konnte zumal letztlich beide Seiten davon profitierten 2 Er hatte der Sicherheit gegenuber dem Risiko den Vorzug gegeben und kummerte sich um die Stabilisierung seiner Herrschaft Sicher ist dass der Vertrag weitreichende Folgen hatte und die Position Roms zunachst verschlechterte die romische Grenzverteidigung im Osten musste komplett restrukturiert werden Zugleich aber konnten beide Grossmachte mit dem neuen Grenzverlauf in Mesopotamien alles in allem gut leben dies war eine wichtige Voraussetzung fur den weitgehend friedlichen Charakter der Beziehungen im 5 Jahrhundert Fast 230 Jahre lang blieb die Grenze im zuvor so blutig umkampften Zweistromland praktisch unverandert Erst Ende des 6 Jahrhunderts konnte Kaiser Maurikios die Vertragsbestimmungen in Teilen revidieren indem er 591 Nisibis und die umgebende Region wieder fur Ostrom gewann allerdings nur fur wenige Jahre Literatur BearbeitenEvangelos Chrysos Raumung und Aufgabe von Reichsterritorien Der Vertrag von 363 In Bonner Jahrbucher 193 1993 ISSN 0938 9334 S 165 202 Alexander Demandt Geschichte der Spatantike Das Romische Reich von Diocletian bis Justinian 284 565 n Chr C H Beck Munchen 1998 ISBN 3 406 44107 6 Beck s historische Bibliothek Alte Geschichte S 86 f Geoffrey B Greatrex Samuel N C Lieu Hrsg The Roman Eastern Frontier and the Persian Wars Part 2 AD 363 630 A narrative sourcebook Routledge London u a 2002 ISBN 0 415 14687 9 S 1 ff Quellenauszuge in englischer Ubersetzung und mit einem knappen Kommentar versehen Klaus Rosen Julian Kaiser Gott und Christenhasser Klett Cotta Stuttgart 2006 ISBN 3 608 94296 3 S 366 ff Engelbert Winter Beate Dignas Rom und das Perserreich Zwei Weltmachte zwischen Konfrontation und Koexistenz Akademie Verlag Berlin 2001 ISBN 3 05 003451 3 Studienbucher Geschichte und Kultur der Alten Welt S 155 ff Anmerkungen Bearbeiten Vgl Jan Willem Drijver The forgotten reign of the Emperor Jovian 363 364 history and fiction Oxford 2022 S 58 f Vgl Jan Willem Drijver The forgotten reign of the Emperor Jovian 363 364 history and fiction Oxford 2022 S 59 ff Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Frieden von 363 amp oldid 237000986