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Mit Forschungsreaktor Geesthacht werden zwei Forschungsreaktoren bezeichnet die auf dem Gelande des Helmholtz Zentrum Geesthacht HZG in Geesthacht betrieben wurden Forschungsreaktor GeesthachtForschungsreaktor Geesthacht rechts neben dem Kernkraftwerk Krummel links LageForschungsreaktor Geesthacht Schleswig Holstein Koordinaten 53 24 16 N 10 25 35 O 53 404444444444 10 426388888889 Koordinaten 53 24 16 N 10 25 35 OLand DeutschlandDatenBetreiber Helmholtz Zentrum Geesthacht Zentrum fur Material und Kustenforschung HZG Baubeginn 1956Inbetriebnahme FRG 1 23 Oktober 1958FRG 2 15 Marz 1963Abschaltung FRG 1 28 Juni 2010FRG 2 1 Juni 1993Reaktortyp SchwimmbadreaktorThermische Leistung FRG 1 5 MWFRG 2 15 MWNeutronenflussdichte FRG 1 1 4 1014 n cm2 s FRG 2 1 0 1014 n cm2 s Website Infoseiten beim HZGStand 28 Juni 2010Der Forschungsreaktor Geesthacht 1 FRG 1 lief von 1958 bis 2010 und besass eine Nennleistung von funf Megawatt MW Der Forschungsreaktor Geesthacht 2 FRG 2 mit einer Leistung von 15 MW war von 1963 bis 1993 in Betrieb Beide Reaktoren zahlten zu den grossten Anlagen ihrer Art in Deutschland Zwischen 2000 und 2010 war der FRG 1 auch der alteste laufende Kernreaktor Deutschlands Die produzierten Neutronen wurden ausschliesslich fur die Grundlagenforschung in den Materialwissenschaften und der Medizin verwendet Alle Reaktoren sind mittlerweile stillgelegt Der Ruckbau wird geplant und konnte bis 2030 erfolgen 1 Inhaltsverzeichnis 1 Geschichte 2 FRG 1 2 1 Aufbau 2 2 Experimentiereinrichtungen 3 FRG 2 4 Reaktoruberwachung 4 1 Umgebung 4 2 Anlage 5 Wirkungen auf die Umwelt 6 Siehe auch 7 Weblinks 8 QuellenGeschichte BearbeitenNach der Grundung des heutigen Helmholtz Zentrum Geesthacht Zentrum fur Material und Kustenforschung GmbH als GKSS Gesellschaft fur Kernenergieverwertung in Schiffbau und Schiffahrt mbH im Jahr 1956 wurde der Forschungsreaktor FRG 1 zusammen mit den zugehorigen technischen Einrichtungen in nur 18 monatiger Bauzeit fertiggestellt Der Reaktor wurde am 23 Oktober 1958 als dritter grosser Kernreaktor mit einer Leistung uber 50 kW Deutschlands nach den Forschungsreaktoren Munchen FRM und Rossendorf RFR in Betrieb genommen Am 15 Marz 1963 nahm der zweite Reaktor FRG 2 seinen Betrieb auf Er diente mit einer maximalen thermischen Leistung von 15 MW bis zu seiner Abschaltung am 1 Juni 1993 ebenfalls als Neutronenquelle fur Materialtests An diesem Forschungsreaktor wurden zudem Untersuchungen zur Sicherheit von Kernanlagen durchgefuhrt Beide Reaktoren wurden seit ihrer Inbetriebnahme den gestiegenen Sicherheitsanforderungen dem aktuellen Stand der Wissenschaft und Technik sowie neuen Forschungszielen angepasst Als dritter Reaktor kam 1964 die Anlage fur Nullleistungsexperimente hinzu in der Brennstabanordnungen getestet wurden nbsp Forschungsschiff Otto Hahn im Jahr 1970Erstes konkretes Ergebnis der Forschungen war der Kernenergieantrieb fur das Forschungsschiff Otto Hahn das am 13 Juni 1964 vom Stapel lief und am 11 Oktober 1968 seine erste Probefahrt absolvierte Letztendlich entschied man sich fur einen fortschrittlichen Druckwasserreaktor FDR als Antrieb Der atomare Antrieb des Frachtschiffes wurde am 22 Marz 1979 nach insgesamt 650 000 Seemeilen stillgelegt das Schiff wurde daraufhin umgebaut und fuhr mit einem konventionellen Diesel Antrieb noch bis zum Jahr 2009 2 In den siebziger Jahren wurden zwei weitere Schiffe mit Namen Nukleares Container Schiff NCS 80 und NCS 240 zwar geplant aber nie gebaut da sich trotz staatlicher Forderung kein Reeder fand der ein solches Schiff in Auftrag geben wollte 3 Im Februar 1991 wurde der Forschungsreaktor FRG 1 als erster Kernreaktor Deutschlands von hochangereichertem Uran 93 auf schwachangereichertes Uran 20 umgestellt Zudem wurde der Reaktorkern verkleinert um den Neutronenfluss zu erhohen In den letzten Betriebsjahren stand der Forschungsreaktor etwa 250 Tage jahrlich den Wissenschaftlern zur Verfugung Zu Beginn eines jeden Jahres wurde der Reaktor etwa sechs Wochen fur Sicherheitsuberprufungen und Anpassungen abgeschaltet Zum funfzigsten Jahrestag der Inbetriebnahme beschlossen die Betreibergesellschafter aus Bund und Landern am 23 Oktober 2008 den Reaktor in zwei Jahren stillzulegen Am 28 Juni 2010 wurde der Forschungsreaktor FRG 1 dann endgultig abgeschaltet 4 Der Ruckbau der Anlage wird voraussichtlich zehn Jahre dauern und soll rund 150 Millionen Euro kosten 4 5 FRG 1 BearbeitenAufbau Bearbeiten Der Forschungsreaktor FRG 1 war ein Materialtestreaktor vom Typ Schwimmbadreaktor In der Mitte der 33 16 m grossen Reaktorhalle befand sich ein nach oben offenes Reaktorbecken der Reaktorkern hing in etwa sieben Metern Wassertiefe und war an einer Brucke die das Becken uberspannt aufgehangt Die Beckenwand bestand im unteren Teil aus einer 180 cm dicken Schwerbetonschicht mit einer Dichte von 3 5 g cm3 einer 60 cm dicken Schicht aus normalem Beton Dichte 2 3 g cm3 und einer dazwischen liegenden 0 5 cm dicken Stahlwanne Die Kuhlung des Reaktors erfolgte uber zwei voneinander getrennte Kuhlkreislaufe den Primarkreislauf zur direkten Warmeabfuhr aus dem Reaktorkern und den Sekundarkreislauf zur Warmeabgabe an die Umgebung uber einen Kuhlturm Die beiden Kuhlkreislaufe waren uber einen Plattenwarmeaustauscher voneinander getrennt Das Betriebsbecken des Primarkreislaufs hatte ein Volumen von 140 m3 wobei sich das Wasser von etwa 40 C beim Eintritt in das Wasserbecken auf etwa 46 C beim Austritt aus dem Reaktorkern erwarmte Die Wasserdurchflussmenge betrug rund 740 m3 pro Stunde Der Forschungsreaktor FRG 1 verwendete zuletzt schwachangereichertes U3Si2 als Kernbrennstoff wobei acht Brennelemente und vier Kontrollbrennelemente im Einsatz waren Jedes Brennelement enthielt 410 Gramm Uran 235 welches in 23 einzelne Brennstoffplatten eingebunden war jedes Kontrollelement 320 Gramm Uran 235 in 17 Brennstoffplatten Als Absorbermaterial wurde Hafnium als Kuhlmittel und Moderator vollentsalztes Wasser eingesetzt Bei voller Leistung wurden pro Tag rund sechs Gramm Uran 235 verbraucht von denen etwa funf Gramm gespalten wurden und ein Gramm in Uran 236 uberging Die erzeugten Neutronen gelangten durch neun Strahlrohre in die angrenzende Versuchshalle wo sie an den Experimentiereinrichtungen zur Verfugung standen Zur Bundelung der Neutronen wurden Beryllium Reflektoren verwendet Der ungestorte Neutronenfluss betrug 1 4 1014 n cm2 s Daruber hinaus existierten mehrere Positionen unmittelbar am Reaktorkern fur Probenbestrahlungen Experimentiereinrichtungen Bearbeiten Am Forschungsreaktor FRG 1 waren zuletzt folgende Experimentiereinrichtungen aufgebaut Name BeschreibungGENRA 3 Neutronenradiographie und tomographie zur zerstorungsfreien Durchstrahlung von Bauteilen zum Auffinden von MaterialfehlernINAA Neutronenaktivierungsanalyse zur Bestimmung der chemischen Zusammensetzung von ProbenTEX 2 Diffraktometer zur Analyse von Texturen und kristallinen Bereichen z B in GesteinsprobenNeRo PNR Neutronenreflektometrie zur Untersuchung von dunnen Schichten 1 100 nm in Kunststoffen und metallischen WerkstoffenSANS 1 SANS 2 DCD Neutronenkleinwinkelstreuung zur Untersuchung von Defekten und Phasenubergangen in Festkorpern und von Strukturen und kinetischen Phanomenen in Flussigkeiten und PolymerenFSS ARES 2 Diffraktometer zur Eigenspannungsanalyse zur zerstorungsfreien Untersuchung von Eigenspannungen im Inneren von Werkstoffen und BauteilenGBET Bestrahlungseinrichtung zur Grundlagenforschung in der Bor Einfang Therapie zur Bekampfung von TumorzellenRodi Einkristalldiffraktometer fur zusatzliche Rontgenanalysen von Phasen Eigenspannungen und Texturen sowie Reflektometrie UntersuchungenHOLONS Holographie und Neutronenstreuung fur simultane Untersuchungen mit Laserstrahlen und Neutronen an holographischen GitternPOLDI Diffraktometer fur polarisierte Neutronen zur Untersuchung magnetischer MaterialienFRG 2 BearbeitenDer Forschungsreaktor Geesthacht 2 FRG 2 mit einer Leistung von 15 MW war von 1963 bis 1993 in Betrieb Es handelte sich dabei ebenfalls um einen Schwimmbadreaktor mit einer etwas geringeren maximalen Neutronenflussdichte von 1 1014 n cm2 s Der Reaktor wurde am 16 Marz 1963 erstmals angefahren und danach 30 Jahre lang als Materialtestreaktor betrieben Am 28 Januar 1993 wurde der Antrag auf Ausserbetriebnahme gestellt Am 17 Januar 1995 wurde die Genehmigung fur eine Ausserbetriebnahme und einen Teilabbau erteilt Die Stilllegung konnte jedoch zunachst nicht vorgenommen werden da der FRG 2 sich das Reaktorbecken mit dem FRG 1 teilte 6 Reaktoruberwachung BearbeitenUmgebung Bearbeiten Die Umgebung der Forschungsreaktoren wurde in einem Umkreis von 25 km kontinuierlich auf eventuelle Belastung von radioaktiven Stoffen durch 50 Messstellen uberwacht Zusatzlich wurden regelmassig Boden Pflanzen und Wasserproben entnommen Die direkte Strahlenbelastung durch den Forschungsreaktor war in der Umgebung der Anlage so gering dass sie innerhalb der Schwankungen der naturlichen Strahlungsbelastung nicht nachgewiesen werden konnte Anlage Bearbeiten Die Anlage wurde insbesondere auf die Abgabe radioaktiver Stoffe in der Fortluft und dem Abwasser uberwacht Zudem wurde die Personendosis d h die Hohe der radioaktiven Strahlenbelastung jedes Mitarbeiters gemessen Die mittlere jahrliche Strahlenbelastung lag mit einem Millisievert mSv weit unter der nach der Strahlenschutzverordnung maximal zulassigen Belastung von 50 mSv Materialien die durch die betriebliche Nutzung radioaktiv belastet hatten sein konnen wurden auf ihre Aktivierung und Kontaminierung uberpruft bei schwacher und mittlerer Strahlung aussortiert und in Fassern bis zur Endlagerung aufbewahrt Die Brennelemente waren nach einem Jahr Einsatz verbraucht und wurden bis zu ihrer Endlagerung in den USA in einem Wasserbecken gelagert Wirkungen auf die Umwelt Bearbeiten nbsp Lage des Forschungsreaktors Geesthacht GKSS neben dem Kernkraftwerk Krummel KKK gegenuber den Elbmarschen Hauptartikel Leukamiecluster Elbmarsch Die beiden Forschungsreaktoren FRG 1 und FRG 2 werden zusammen mit dem Kernkraftwerk Krummel oft als Ursache fur die signifikante Haufung von Leukamieerkrankungen bei Kindern im Leukamiecluster Elbmarsch vermutet 7 Mehrere Untersuchungen konnten aber bisher keine Hinweise dafur liefern dass eine der Anlagen die Ursache fur die Krankheitsfalle sein konnte 5 8 Diese Ursachenzuschreibung ist sehr kontrovers Ein mutmasslicher Brandvorfall am GKSS im Jahr 1986 in der Umgebung gefundene millimetergrosse Keramikkugelchen die im Verdacht stehen pac Kugelchen aus Kernbrennstoff zu sein sowie geheim gehaltene kerntechnische Sonderexperimente auf dem GKSS Gelande werden diskutiert Siehe auch BearbeitenListe von Kernkraftanlagen Liste der Kernreaktoren in Deutschland Liste meldepflichtiger Ereignisse in deutschen kerntechnischen AnlagenWeblinks BearbeitenOffizielle Webprasenz des Forschungsreaktors FRG 1 am HZG Neutronen fur die Wissenschaft Informationsbroschure zum Forschungsreaktor FRG 1 des GKSS Forschungszentrums PDF Datei 26 84 MB Quellen Bearbeiten NDR Nachrichten aus Schleswig Holstein Abgerufen am 6 Juli 2022 Otto Hahn ehemaliges Forschungsschiff Stadt Lexikon Geesthacht Informationen zum Containerschiff NCS 80 Bundesarchiv a b Forschungsreaktor endgultig abgeschaltet Welt Online vom 28 Juni 2010 a b Atomkraftwerk wird abgeschaltet taz vom 24 Oktober 2008 Bundesamt fur Strahlenschutz Auflistung kerntechnischer Anlagen Memento vom 26 Januar 2012 im Internet Archive Vertuschter Atomunfall SuperGAU in der BRD von Detlef zum Winkel Konkret Heft 12 2004 Willi Baer Karl Heinz Dellwo Lieber heute aktiv als morgen radioaktiv III Die Krebsfalle in der Elbmarsch Der GAU in Fukushima In Willi Baer Karl Heinz Dellwo Hrsg Bibliothek des Widerstands Bd 23 Laika Verlag Hamburg 2012 ISBN 978 3 942281 02 7Forschungsreaktoren ohne Unterrichtsreaktoren in Deutschland In Betrieb Dresden Mainz Munchen FRM IIAusser Betrieb Berlin BER I II Geesthacht FRG Julich DIDO Karlsruhe FR 2 MZFR Munchen FRM NeuherbergAbgebaut Braunschweig Frankfurt Geesthacht ANEX Hannover Heidelberg Julich MERLIN KAHTER KEITER ADIBKA Karlsruhe STARK SNEAK Karlstein Munchen SAR Rossendorf RAKE RFR RRR Zittau Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Forschungsreaktor Geesthacht amp oldid 235601040