www.wikidata.de-de.nina.az
Der etruskische Skarabaus mit Tydeus ist eine aus Karneol geschnittene Kamee die im ersten Viertel des 5 Jahrhunderts v Chr gefertigt wurde Der Skarabaus stammt aus der Sammlung des Altertumsforschers Philipp von Stosch und befindet sich heute in der Antikensammlung der Staatlichen Museen zu Berlin Der Schmuckstein zahlt zu den bedeutendsten Kunstwerken der etruskischen Glyptik Der etruskische Skarabaus mit Tydeus aus dem fruhen 5 Jahrhundert v Chr Inhaltsverzeichnis 1 Beschreibung 2 Inschrift 3 Hintergrund 4 Provenienz 5 Rezeption 6 Literatur 7 Weblinks 8 EinzelnachweiseBeschreibung Bearbeiten nbsp Kupferstich des Abdrucks von Johann Adam Schweickart 1767 Das Schmuckstuck ist aus Karneol gefertigt einer meist undurchsichtigen orangen Varietat des Chalcedons Der Schmuckstein ist oval geformt und weist eine Lange von 1 4 cm und eine Breite von 1 1 cm auf Seine Dicke betragt 0 2 cm Das Bildfeld ist von einem Schmuckrand umgeben Dargestellt ist ein unbekleideter Mann der sich mit einer Strigilis die Wade reinigt Eine Strigilis war ein in der Antike gebrauchliches Instrument mit dem man sich nach sportlichen Ubungen oder dem Besuch des Schwitzbades Ol Schweiss und Staub vom Korper schabte Sie bestand aus einem Griff und einem gekrummten Vorderteil aus Bronze oder Eisen Gesicht Haare und Muskulatur der Figur sind detailgenau ausgearbeitet Die Figur ist nicht wie bei einer Gemme vertieft in den Stein eingeschnitten vielmehr wurde der Hintergrund des Bildmotivs weggeschnitten so dass die Figur wie ein Relief aus dem Stein herausragt Auf diese Weise gefertigte Schmucksteine bezeichnet man als Kamee Da Gemme auch als Oberbegriff fur alle geschnittenen Edel und Schmucksteine verwendet wird kann man Schmucksteine wie diesen auch als Gemmen bezeichnen Solche Gemmen wurden in der Antike auch als Siegelsteine benutzt Sie hatten haufig die Form von kaferformigen Ringsteinen die daher auch als Skarabaen bezeichnet werden Skarabaen dieser Art wurden seit dem spaten 6 Jahrhundert v Chr von etruskischen Steinschneidern aus Karneol hergestellt und oftmals mit Bildern aus dem griechischen Mythos verziert Dieser in Etrurien weit verbreitete Typus des Siegelrings scheint eine genuin etruskische Errungenschaft gewesen zu sein die spater in ganz Mittelitalien Verbreitung fand Im 18 Jahrhundert wurde die Oberseite des Steins mit dem Kafer von der Unterseite mit dem Tydeus Siegel abgetrennt Inschrift Bearbeiten nbsp Abdruck des Schmucksteins gedrehtAus der Inschrift geht hervor dass auf dem Skarabaus der Heros Tydeus dargestellt ist der zu den Helden aus der Sage der Sieben gegen Theben zahlt Die Inschrift lautet TUTE und gibt den etruskisierten Namen des Tydeus wieder Druckt man das Siegel in ein weiches Material wie Ton so entsteht ein Abdruck auf dem die Inschrift entsprechend den etruskischen Schreibgewohnheiten von rechts nach links mit spiegelverkehrten Buchstaben zu lesen ist Tydeus ist in der griechischen Mythologie der Sohn des Oineus und der Vater von Diomedes Seine Schwester war Deianeira die Gefahrtin des Herakles der von den Etruskern als HERKLE verehrt wurde Wegen eines Mordes den Tydeus begangen hatte wurde er von seinem Vater aus dem Land vertrieben Auf seiner Flucht kam er nach Argos zu Konig Adrastos der ihn bei sich aufnahm Tydeus war auch am Kriegszug gegen Theben beteiligt Er forderte verschiedene Thebaner zum Kampf besiegte und totete sie Im Kampf gegen Melanippos wurde er schwer verwundet Da er das Hirn aus dem Schadel seines toten Gegners schlurfte wandte sich Athene die ihn eigentlich retten wollte von ihm angewidert ab und liess ihn sterben Hintergrund BearbeitenDie Etrusker ubernahmen griechische Mythen und ihre Darstellungen in der bildenden Kunst Thematisch an erster Stelle stehen dabei der trojanische und der thebanische Sagenkreis dann folgen die Taten des Herakles Aber auch unbekannte Kampfdarstellungen und einzelne Krieger gehoren wohl der Sphare des Mythos an Manche Motive wiederholen sich und manche Stucke ahneln einander sogar wie Repliken Auch exakte Wiederholungen gibt es so dass man sie als Dubletten bezeichnen kann Die etruskischen Steinschneider ubernahmen die griechischen Motive aus Teilen ganz unterschiedlicher Werke gestalteten die kleinen Bildfelder aber eigenstandig Als Vorbilder dienten wahrscheinlich griechische Malereien und Statuen Der Tydeus ist von einer komplizierten straffen Bewegung bestimmt so dass seiner Gestaltung die Kenntnis des Diskobolos von Myron zugrunde liegen durfte Vielleicht haben die etruskischen Kunstler auch Musterbucher benutzt Zunachst dominieren senkrecht stehende steif wirkende Figuren in Seitenansicht oder in Frontalansicht mit dem Kopf im Profil Allmahlich gleicht sich die Haltung dem Oval des Bildfeldes an wie beim Tydeus dessen Korperhaltung zudem thematisch geschickt begrundet wird Auf den Skarabaen erscheinen erklarende Beischriften wie man es von den griechischen Vasen her kennt Sie nennen gelegentlich genuin etruskische meistens aber etruskisierte griechische Gotter und Heldennamen Provenienz Bearbeiten nbsp Der Stosch sche Stein Ein etruskischer Skarabaus aus dem fruhen 5 Jahrhundert v Chr Der Skarabaus wurde zwischen 500 und 475 v Chr angefertigt und gelangte Mitte des 18 Jahrhunderts in den Besitz eines Florentiner Kunsthandlers Dieser verkaufte den Schmuckstein um 1750 an Baron Philipp von Stosch 1691 1757 der zu dieser Zeit in Italien lebte Von Stosch war einer der bedeutendsten Antikensammler des 18 Jahrhunderts und hatte bis Mitte des Jahrhunderts die umfangreichste Gemmensammlung seiner Zeit angelegt In seiner Sammlung befand sich ein weiterer wertvoller Skarabaus der sogenannte Stosch sche Stein Nach dem Tod des Barons 1757 erbte sein von ihm adoptierter Neffe Heinrich Wilhelm Muzel die Sammlung und verkaufte sie 1764 vollstandig an Konig Friedrich II Die Sammlung wurde spater zu einer der Grundlagen der Antikensammlung Berlin Der Skarabaus befindet sich heute im Alten Museum auf der Berliner Museumsinsel Rezeption Bearbeiten nbsp Titelblatt der Description des pierres gravees de feu Baron de Stosch von Johann Joachim Winckelmann 1760 Mitte des 18 Jahrhunderts plante Philipp von Stosch die Publikation seiner Gemmensammlung und wollte den Kunstschriftsteller und Altertumsforscher Johann Joachim Winckelmann 1717 1768 fur die Veroffentlichung gewinnen Nach seinem Tod setzte sein Erbe Heinrich Wilhelm Muzel das Vorhaben um Zwischen 1758 und 1759 wertete Winckelmann die Antikensammlung wissenschaftlich aus und veroffentlichte seine Ergebnisse 1760 unter dem Titel Description des pierres gravees de feu Baron de Stosch in Florenz In diesem Gemmenkatalog lieferte Winckelmann erste treffende Beschreibungen etruskischer Kunstwerke Unter der Katalognummer 174 ging Winckelmann ausfuhrlich auf den etruskischen Skarabaus mit Tydeus ein und erkannte in ihm ein bedeutendes Kunstwerk aus der etruskischen Fruhzeit das an Schonheit kaum zu ubertreffen sei 1 In seinen Beschreibungen der etruskischen Gemmen findet man erste Betrachtungen zum etruskischen Stil der Figuren zur Proportion und Komposition An der Darstellung des Tydeus bemangelte Winckelmann die harten Ubergange zwischen den einzelnen Korperteilen und empfand die Abgrenzung der einzelnen Korperformen als grob Er gelangte aber auch zu der modernen Erkenntnis dass die Steinschneider in der Archaik eine grosse Sorgfalt und Finesse besassen und ihre kunstlerische Technik bereits perfektioniert hatten Daher verlegte er entgegen der damals herrschenden Ansicht die Blute des etruskischen Kunstschaffens in das 6 und fruhe 5 Jahrhundert v Chr In seinem Spatwerk Monumenti antichi inediti von 1767 beschaftigte sich Winckelmann nochmals ausfuhrlich mit der etruskischen Kunst und erwahnt wieder die beiden Skarabaen deren kunsthandwerkliche Ausfuhrung erneut hervorgehoben wurde 2 In diesem Werk ist auch ein Kupferstich von Johann Adam Schweickart 1722 1787 abgebildet der die herausragende Bedeutung dieser Gemme reflektiert 3 Heute zahlt der Skarabaus zusammen mit dem Stosch schen Stein zu den Meisterwerken des etruskischen strengen Stils Literatur BearbeitenPeter Zazoff Die antiken Gemmen C H Beck Munchen 1983 ISBN 9783406088964 S 223 227 251 252 Max Kunze Stil und Geschichtsutopie Winckelmanns Entdeckung des Etruskischen In Wissenschaftliche Zeitschrift der Humboldt Universitat zu Berlin Bd 40 1991 Heft 6 S 69 73 online Erika Zwierlein Diehl Antike Gemmen und ihr Nachleben Walter de Gruyter Berlin New York 2007 ISBN 9783110194500 S 85 86 Ulf R Hansson Stosch Winckelmann and the Allure of the Engraved Gems of the Ancients In MDCCC 1800 Vol 3 2014 S 13 33 online Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Etruskischer Skarabaus mit Tydeus Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien Etruskischer Skarabaus mit Tydeus auf der Seite der Deutschen Digitalen Bibliothek Winckelmann Firenze e gli Etruschi Il padre dell archeologia in Toscana Parte Prima auf der Seite Letteratura artistica Winckelmann Firenze e gli Etruschi Il padre dell archeologia in Toscana Parte Seconda auf der Seite Letteratura artisticaEinzelnachweise Bearbeiten Johann Joachim Winckelmann Description des pierres gravees de feu Monsieur le baron de Stosch Florenz 1760 S 348 online Johann Joachim Winckelmann Monumenti antichi inediti Band 1 Rom 1767 S 28 ff online Johann Joachim Winckelmann Monumenti antichi inediti Band 1 Rom 1767 S 234 online Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Etruskischer Skarabaus mit Tydeus amp oldid 237418612