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Erwin Marquardt 15 Januar 1890 in Reutlingen 28 November 1951 in Berlin war ein deutscher Padagoge und Schulreformer Erwin Marquardt besuchte als Sohn einer Reutlinger Kaufmannsfamilie das Gymnasium und wollte danach eine akademische Laufbahn einschlagen Von 1909 bis 1914 studierte er Geschichte und Philosophie in Jena Munchen Tubingen Giessen und Gottingen Schon als Student engagierte er sich in der Arbeiterbildung und leitete von 1909 bis 1911 Akademische Arbeiter Unterrichtskurse in Tubingen und Gottingen In Gottingen wurde er Vorsitzender 1 des sozialdemokratischen Arbeiter Bildungsausschusses und trat 1912 in die Sozialdemokratische Partei Deutschlands SPD ein Ausserdem betatigte er sich bis August 1914 als Gottinger Lokalredakteur fur die in Hannover erscheinende SPD Zeitung Volkswille Im Ersten Weltkrieg wurde er als Soldat eingezogen und musste seine akademische Laufbahn unterbrechen Im April 1919 konnte er schliesslich das Lehrerexamen ablegen 1920 schloss er sich dem Reformpadagogen Fritz Karsen an und ubernahm als Studienassessor die Stelle des Alumnatsinspektors an der Preussischen Hauptkadettenanstalt in Lichterfelde Nachdem Fritz Karsen die Leitung des Kaiser Friedrich Realgymnasiums in Neukolln ubernommen hatte folgte ihm Erwin Marquardt 1922 als Studienrat an dieses Realgymnasium Im Lehrerkollegium hatte er massgeblichen Anteil an der Umgestaltung des Gymnasiums zur Neuen Schule im Sinne des Bundes Entschiedener Schulreformer Die Schule wurde 1929 in Karl Marx Schule umbenannt Als Padagoge und Schulreformer widmete er sich besonders der Ausbildung in den Aufbauklassen und den Arbeiter Abiturienten Kursen Ausserdem war er Lehrgangsleiter an der Berliner Arbeiter Bildungsschule und freier Mitarbeiter der Sozialistischen Monatshefte des Vorwarts und der Zeitschrift Die Arbeit des Allgemeinen Deutschen Gewerkschaftsbundes ADGB Im Auftrag der Preussischen Regierung verliess Erwin Marquardt 1928 Berlin um die im Aufbau befindliche Heimvolkshochschule neuen Typs in Harrisleefeld zu leiten Diese Hochschule mit Internat die Reichskanzler Hermann Muller am 29 September 1928 mit einer Rede 2 eroffnete sollte fahige Arbeiter und einfache Angestellte mit Studiengangen in Staats und Rechtswissenschaften Volkswirtschaftslehre Finanzwirtschaft und Sozialwissenschaften auf Fuhrungspositionen in staatlichen und kommunalen Verwaltungen vorbereiten Auf Grund seiner erfolgreichen Arbeit als Bildungsorganisator erhielt er 1929 zwei verlockende Angebote aus Berlin Der ADGB bot ihm die Leitung der neuen Gewerkschaftsschule in Bernau an und der Magistrat von Berlin wollte ihn als Direktor der Volkshochschule Gross Berlin einstellen Er kehrte nach Berlin zuruck reorganisierte als Nachfolger von Theodor Geiger die Volkshochschule Gross Berlin und leitete den freiwilligen Zusammenschluss der Freien Volksbildungsvereine in Gross Berlin zu einer Arbeitsgemeinschaft Dabei ubertrug er seine praktischen Erfahrungen als Schulreformer in die Erwachsenenbildung Unter seiner Leitung versechsfachte sich die Zahl der eingeschriebenen Volkshochschul Horer in Berlin Nach der Machtergreifung der Nazis wurde Erwin Marquardt 1933 als Direktor der Volkshochschule Gross Berlin entlassen Ausserdem verbannten ihn die faschistischen Machthaber mit Berufsverbot aus dem Schuldienst Er ging fur zwolf Jahre in die Innere Emigration und bestritt seinen Lebensunterhalt als subalterner Sachbearbeiter im Bezirksamt Berlin Reinickendorf 1944 wurde er als politisch unzuverlassige Person entlassen und musste bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs mit unregelmassigen Zuwendungen fur Gelegenheitsarbeiten auskommen Nach der Befreiung Berlins 1945 durch die Rote Armee setzte sich Erwin Marquardt wieder aktiv fur die Entwicklung eines demokratischen weltlichen und sozial ausgerichteten Schulwesens ein Seine Verdienste als Padagoge an der Karl Marx Schule und als Organisator der Erwachsenenbildung in Berlin wahrend der Weimarer Republik waren nicht vergessen und sein Konnen fur den Neuaufbau wieder gefragt Im August 1945 wurde auf Grund des Befehls Nr 17 der Sowjetischen Militaradministration SMAD vom 27 Juli 1945 in Berlin die Deutsche Zentralverwaltung fur Volksbildung DZfV gebildet Die SMAD berief Paul Wandel KPD zum Prasidenten der DZfV und Erwin Marquardt SPD zum Ersten Stellvertreter des Prasidenten Weitere Stellvertreter im Prasidium der DZfV waren Emil Menke Gluckert LDP und Johannes R Becher fur den Kulturbund 3 Die Kernaufgabe der DZfV war der Aufbau eines antifaschistischen weltlichen und sozialistischen Schul und Bildungswesens Wegen der umfassenden Entlassung NS belasteter Lehrkrafte und der Auswahl und Einarbeitung geeigneter Neulehrer war die Lehrerausbildung in der Sowjetischen Besatzungszone SBZ von besonderer Bedeutung Die DZfV steuerte die Schulpolitik uber Richtlinien und Lehrplane und war damit ein wichtiges Instrument zur Organisation und Einfuhrung der sozialistischen Einheitsschule in der SBZ Erwin Marquardt sah darin als Schulreformer die Moglichkeit eines Neuanfangs auf der Grundlage des 1946 beschlossenen Gesetzes zur Demokratisierung der deutschen Schule In seinem Kommentar Das Gesetz uber die demokratische Schulreform verwies er 1946 auf die Reformbemuhungen vor 1933 und versprach daran anknupfend den Aufbau einer demokratischen und sozialistischen Einheitsschule die elastisch die individuellen Begabungen und Interessen der Schuler fordern und im Sinne einer Arbeitsschule Theorie und Praxis im Unterricht zusammenfuhren sollte Allerdings war er in der DZfV nicht frei in seinen Gestaltungsmoglichkeiten um die Neue Schule wie er sie zusammen mit Schulreformern wie Fritz Karsen Paul Oestreich oder Siegfried Kawerau wahrend der Weimarer Republik im Sinn hatte abweichend von den Vorgaben der Sozialistischen Einheitspartei SED durchzusetzen Zusammen mit Heinrich Deiters und Wilhelm Heise begann er die Padagogische Bibliothek des Volk und Wissen Verlages herauszugeben Unter anderem beteiligte er sich an der Bearbeitung und Veroffentlichung mehrerer Schriften des Aufklarers Christian Gotthilf Salzmann 4 des Padagogen Heinrich Pestalozzi 5 oder des Germanisten Rudolf Hildebrand 6 in verschiedenen Banden dieser Buchreihe Mit Grundung der Deutschen Demokratischen Republik DDR am 7 Oktober 1949 wurde die DZfV unter dem zum Minister ernannten Paul Wandel in das Ministerium fur Volksbildung uberfuhrt Erwin Marquardt blieb dem Minister zunachst ohne Funktion direkt unterstellt Im November 1949 ubernahm er die Stelle des stellvertretenden Direktors des Deutschen Padagogischen Zentralinstituts aus dem 1970 die Akademie der Padagogischen Wissenschaften der DDR hervorging Zwischen Marquardt als entschiedenem Vertreter der deutschen Reformpadagogik und dem Institutsdirektor Hans Siebert kam es zu bildungspolitischen Auseinandersetzungen die den Minister veranlassten Marquardt schon im Januar 1950 aus dem Institut abzuziehen und wieder direkt im Ministerium weiter zu beschaftigen Ab Mitte 1950 arbeitete Marquardt im Auftrag des Ministers dem er weiterhin direkt unterstellt blieb als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Humboldt Universitat Schliesslich wurde er zum Leiter des vorbereitenden Ausschusses der Zentralen Padagogischen Bibliothek ernannt die fur das Deutsche Padagogische Zentralinstitut aufgebaut wurde und die ab 1952 Leo Regener leitete Auf Grund seines gesundheitlichen Befindens bewilligte ihm der Ministerrat der DDR im Oktober 1951 eine Pension die er im Ruhestand nur einen Monat bis zu seinem Tod am 28 November 1951 in Anspruch nehmen konnte Publikationen Auswahl BearbeitenGeschichte des Sozialismus vom Altertum bis zur Neuzeit Kursusdisposition Nr 12 Zentralbildungsausschuss der SPD Berlin 1922 Schiller Sein Leben und seine Dichtungen Ausgabe in 4 Banden Hrsg E Marquardt Volksbuhnen Verlag Berlin 1924 Georg Herwegh zu seinem 50 Todestag am 7 April 1925 Arbeiter Bildung Nr 8 Schriftenreihe des Zentralbildungsausschusses der SPD Berlin 1925 Zur Frage der Demokratisierung der Schule Volk und Wissen Verlag Berlin Leipzig 1946 Das Gesetz uber die demokratische Schulreform Volk und Wissen Verlag Berlin Leipzig 1946Literatur BearbeitenWerner Korthaase Portrait Erwin Marquardt 1890 1951 In Gerd Radde u a Hrsg Schulreform Kontinuitaten und Bruche Das Versuchsfeld Berlin Neukolln Band II 1945 bis 1972 Springer VS 2012 ISBN 978 3 8100 1181 7 S 222 224 Einzelnachweise Bearbeiten Gunter Blumel Wolfgang Natonek Das edle Bestreben der breiten Masse zu nutzen Beitrage zur Geschichte der Volkshochschule Gottingen Universitatsverlag Gottingen 2013 ISBN 978 3 86395 125 2 S 41 Volkszeitung Flensburg vom 29 September 1928 SBZ Handbuch S 230 Christian Gotthilf Salzmann 1 Ameisenbuchlein oder Anweisung zu einer vernunftigen Erziehung der Erzieher 2 Krebsbuchlein oder Anweisung zu einer unvernunftigen Erziehung der Kinder 3 Noch etwas uber die Erziehung nebst Ankundigung einer Erziehungsanstalt Auswahl von Johannes Barm und Hans Martin Herausgeber Heinrich Deiters Erwin Marquardt Padagogische Bibliothek Volk und Wissen Verlag Berlin Leipzig 1948 Heinrich Pestalozzi Briefe an einen Freund uber den Aufenthalt in Stans Herausgeber Erwin Marquardt Wilhelm Heise Heinrich Deiters Padagogische Bibliothek Volk und Wissen Verlag Berlin Leipzig 1947 Rudolf Hildebrand Vom deutschen Sprachunterricht in der Schule und von deutscher Erziehung uberhaupt Uber Fremdworter und uber das Altdeutsche in der Schule Herausgeber Erwin Marquardt Wilhelm Heise Heinrich Deiters Padagogische Bibliothek Volk und Wissen Verlag Berlin Leipzig 1947 Normdaten Person GND 1218483091 lobid OGND AKS VIAF 8300160211362348920008 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Marquardt ErwinKURZBESCHREIBUNG deutscher ReformpadagogeGEBURTSDATUM 15 Januar 1890GEBURTSORT ReutlingenSTERBEDATUM 28 November 1951STERBEORT Berlin Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Erwin Marquardt Padagoge amp oldid 234842663