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Ernst Lohmeyer 8 Juli 1890 in Dorsten 19 September 1946 bei Hanshagen war ein deutscher Theologe der evangelischen Kirche Hochschullehrer und Opfer des Stalinismus 1 Er opponierte in der Zeit des Nationalsozialismus gegen den Antisemitismus und gehorte der Bekennenden Kirche an wofur er durch den NS Staat verfolgt wurde Buste Ernst Lohmeyer von Theodor von Gosen 1931 heute aufgestellt im Ernst Lohmeyer Haus in GreifswaldNach dem Einmarsch der Roten Armee wurde Lohmeyer 1945 zum Rektor der Ernst Moritz Arndt Universitat Greifswald ernannt Die Universitat wurde nach sechs Wochen von den Behorden wieder geschlossen Im Februar 1946 wurde Lohmeyer von der sowjetischen Geheimpolizei Volkskommissariat fur Staatssicherheit wegen seiner Beteiligung an Aktionen gegen die Zivilbevolkerung 1942 43 in der Sowjetunion verhaftet und im September desselben Jahres erschossen Inhaltsverzeichnis 1 Leben 2 Erinnerung 3 Werke 4 Literatur 4 1 Monografien und Aufsatzsammlungen alphabetisch nach Verfasser 4 2 Beitrage 4 3 Internet Quellen 5 Weblinks 6 EinzelnachweiseLeben BearbeitenErnst Lohmeyer war der Sohn des Heinrich Lohmeyer 1851 1918 Pfarrer in Schildesche heute ein Ortsteil von Bielefeld und dessen Frau Marie Niemann 1856 1937 Seine Kindheit verbrachte er uberwiegend in Vlotho wohin sein Vater 1895 versetzt wurde Nach dem Besuch des Friedrichs Gymnasiums Herford studierte Lohmeyer ab 1908 an der Universitat Tubingen Theologie Philosophie und Orientalische Sprachen ging 1909 fur ein Semester an die Universitat Leipzig und anschliessend bis 1911 an die Friedrich Wilhelms Universitat zu Berlin Danach arbeitete er ein Jahr als Hauslehrer beim Grafen von Bethusy Huc in Klein Gaffron bei Raudten 1912 wurde er zum Lizenziaten der Theologie promoviert und bestand die erste Theologische Prufung beim Evangelischen Konsistorium zu Munster der Kirche der Altpreussischen Union in der Kirchenprovinz Westfalen 1913 ging er als Einjahrig Freiwilliger zum Westfalischen Jager Bataillon Nr 7 Der Ausbruch des Ersten Weltkriegs verhinderte seine planmassige Entlassung 1914 wurde er mit der Dissertation Die Lehre vom Willen bei Anselm von Canterbury zum Dr phil an der Universitat Erlangen promoviert Im Rahmen einer Kriegstrauung heiratete er 1916 Melie Seyberth Nach dem Ende seines Kriegsdienstes habilitierte er sich 1918 an der Universitat Heidelberg Am 10 Dezember 1921 wurde Lohmeyer der Ehrendoktortitel seitens der Theologischen Fakultat der Friedrich Wilhelms Universitat zu Berlin verliehen Am 1 Oktober 1920 wurde Lohmeyer als Nachfolger von Rudolf Bultmann ausserordentlicher im folgenden Jahr ordentlicher Professor fur neutestamentliche Theologie an der Universitat Breslau Von 1930 bis 1931 war er Rektor der Hochschule Lohmeyer stand dem aufkommenden Nationalsozialismus ablehnend gegenuber und machte seine Haltung auch offentlich Als 1932 1933 die Vorlesungen des Juristen Ernst J Cohn durch planmassige antisemitische Aktionen der nationalsozialistischen Studenten gestort wurden liess Lohmeyer in Vertretung des Rektors die Storer durch die Polizei aus dem Horsaal entfernen Der Cohn Skandal und sein Eintreten fur Martin Buber mit dem er nach der Machtergreifung demonstrativ Kontakt hielt waren neben seiner Betatigung im Sinne der Bekennenden Kirche einige der Grunde fur seine Strafversetzung an die Universitat Greifswald 1935 wo er Nachfolger von Joachim Jeremias wurde Die Staatsanwaltschaft in Stettin eroffnete 1937 ein Verfahren im Sinne des Heimtuckegesetzes gegen Lohmeyer das 1938 ohne Ergebnis eingestellt wurde Zu Beginn des Zweiten Weltkrieges wurde er 1939 zum Kriegsdienst bei den ruckwartigen Diensten eingezogen und als Besatzungsoffizier der Wehrmacht in Polen Belgien und den Niederlanden eingesetzt Zuletzt war er wahrend des Russlandfeldzuges 1941 im Rang eines Hauptmanns von Ende August 1942 bis Mitte Marz 1943 Militarkommandant der Kreise Slawjansk Krasnoarmejsk Petrowsk Strasteblijewsk Iwanowsk Marjansk Temjursk und Krasnodar mit Dienstsitz Slawjansk Im Rahmen dieses Einsatzes soll er weder an Erschiessungen von Sowjetburgern teilgenommen noch diese angeordnet haben 1943 wurde er vom Dienst freigestellt und spater aus der Wehrmacht entlassen um ab April 1943 wieder den theologischen Lehrstuhl in Greifswald zu ubernehmen 2 Nach der kampflosen Ubergabe Greifswalds an die Rote Armee an der Ernst Lohmeyer Anteil hatte wurde er wenige Tage nach der Verhaftung des bisherigen Rektors der Universitat Carl Engel mit der provisorischen Leitung der Rektorats beauftragt Der Lehrbetrieb wurde jedoch durch das Oberkommando der Roten Armee in Stettin unterbrochen und die Hochschule blieb bis Februar 1946 geschlossen Wegen seiner Personalpolitik Lohmeyer versuchte sich der von der Kommunistischen Partei Deutschlands KPD und der Besatzungsmacht geforderten Sauberung der Universitat auch von nominellen NSDAP Mitgliedern zu entziehen um die Funktionsfahigkeit der Hochschule zu erhalten geriet er mit der Landesverwaltung in Konflikt Lohmeyer wurde vom Amt des Rektors enthoben und in der Nacht vor der Wiedereroffnung der Universitat am 15 Februar 1946 von der sowjetischen Geheimpolizei verhaftet Ausser unklaren Erklarungen durch deutsche Stellen die die Verhaftung mit seiner Militarzeit begrundeten gab es keine Informationen uber seinen Verbleib Die Pommersche Landeskirche hochrangige Wissenschaftler und auch der KPD Vorsitzende Wilhelm Pieck erhielten auf ihre Bemuhungen keine Antwort von der sowjetischen Besatzungsmacht Erst 1958 wurde seiner Familie mitgeteilt dass Lohmeyer am 19 September 1946 in russischem Gewahrsam verstorben sei Tatsachlich war er in der Greifswalder Domstrasse Nr 7 in Einzelhaft interniert und wurde am 28 August 1946 von einem sowjetischen Militartribunal wegen seiner Tatigkeit als Militarkommandant im Deutsch Sowjetischen Krieg zum Tode verurteilt Andreas Weigelt stellte 2015 fest Dennoch war er gegen seinen Willen in die morderische deutsche Besatzungspolitik eingebunden So bewilligte er der die Besatzung nicht guthiess im November 1942 in seiner Funktion die Uberstellung eines russischen Saboteurs an ein Feldgericht Dass Lohmeyer an diesem Vorgang beteiligt war und der Saboteur hingerichtet wurde erfuhren sowjetische Vernehmer von Einwohnern kurz nach der Befreiung des Gebiets Slawjansk im Juli 1943 Lohmeyer wurde also anders als lange Zeit angenommen nicht fur seine geausserte Kritik an der sowjetischen Hochschulpolitik sondern wegen seiner unfreiwilligen Beteiligung an Aktionen gegen Sowjetburger unerbittlich verfolgt und zum Tode verurteilt Seine Verhaftung im Februar 1946 steht moglicherweise im Zusammenhang mit der Verhaftung von Angehorigen des Greifswalder Landschutzenbataillons 24 die seinen Namen genannt haben konnen Jedenfalls haben Forschungen belegt dass bereits unmittelbar nach seiner Verhaftung der militarische Kontext seiner Inhaftierung bekannt wurde 3 Am 19 September 1946 wurde Lohmeyer in einem Wald bei Hanshagen erschossen 2 Am 15 August 1996 wurde das Todesurteil von der Militaroberstaatsanwaltschaft in Moskau formell aufgehoben 2 Im abschliessenden Rehabilitierungs Gutachten wurde festgestellt dass Ernst Lohmeyer ohne ausreichende Grunde und nur aus politischen Motiven heraus verhaftet und verurteilt wurde Erinnerung Bearbeiten nbsp Ernst Lohmeyer Haus in GreifswaldDen Namen Ernst Lohmeyer Haus tragt mit dem Sitz der Theologischen Fakultat der Universitat Greifswald deren im Jahre 2000 bezogener am Rubenowplatz gelegene Neubau Zudem wurde als Adresse fur den Komplex der ehemaligen Klinikgebaude an der Friedrich Loeffler Strasse der die Philosophische Fakultat die Bereichsbibliothek und weitere Einrichtung der Universitat und des Studierendenwerks beherbergt der Ernst Lohmeyer Platz gewahlt In Vlotho wo Lohmeyer uberwiegend aufwuchs ist die Prof Lohmeyer Strasse nach ihm benannt In Herford erhielt das Gemeindehaus der Marien Kirchengemeinde Stift Berg den Namen Ernst Lohmeyer Haus Werke BearbeitenDie Lehre vom Willen bei Anselm von Canterbury Deichmann Leipzig 1914 Hochschulschrift Erlangen Phil Diss 1914 Christuskult und Kaiserkult Mohr Tubingen 1919 Soziale Fragen im Urchristentum Quelle amp Meyer Leipzig 1921 Vom Begriff der religiosen Gemeinschaft Eine problemgeschichtliche Untersuchung uber die Grundlagen d Urchristentums Teubner Leipzig 1925 Die Offenbarung des Johannes Mohr Tubingen 1926 Gesamttitel Handbuch zum Neuen Testament Abteilung 16 Galilaa und Jerusalem Vandenhoeck amp Ruprecht Gottingen 1936 Kultus und Evangelium Vandenhoeck amp Ruprecht Gottingen 1942 Das Evangelium des Markus Gottingen 1967 Kyrios Jesus Eine Untersuchung zu Phil 2 5 11 Winter Heidelberg 1928 2 Aufl Darmstadt 1961 Literatur BearbeitenMonografien und Aufsatzsammlungen alphabetisch nach Verfasser Bearbeiten Christfried Bottrich Hrsg Ernst Lohmeyer Beitrage zu Leben und Werk Greifswalder Theologische Forschungen 28 Evangelische Verlagsanstalt Leipzig 2018 ISBN 978 3 374 05687 3 James R Edwards Zwischen Hakenkreuz und Sichel Das bewegte Leben Ernst Lohmeyers 1890 1946 Sein Leben sein Verschwinden und seine Hinrichtung Vandenhoeck amp Ruprecht Gottingen 2022 ISBN 978 3 525 55294 0 Andreas Kohn Hrsg Ernst Lohmeyers Zeugnis im Kirchenkampf Breslauer Universitatspredigten Vandenhoeck amp Ruprecht Gottingen 2006 ISBN 978 3 525 55382 4 Andreas Kohn Der Neutestamentler Ernst Lohmeyer Studien zu Biographie und Theologie Mohr Siebeck Tubingen 2004 ISBN 978 3 16 148376 9 Wolfgang Otto Hrsg Freiheit in der Gebundenheit Zur Erinnerung an den Theologen Ernst Lohmeyer anlasslich seines 100 Geburtstages Vandenhoeck amp Ruprecht Gottingen 1990 ISBN 3 525 53588 0 Werner Schmauch Hrsg In Memoriam Ernst Lohmeyer Evangelisches Verlagswerk Stuttgart 1951 Beitrage Bearbeiten Andreas Hilger Tod den Spionen Todesurteile sowjetischer Gerichte in der SBZ DDR und in der Sowjetunion bis 1953 V amp R unipress Gottingen 2006 ISBN 978 3 89971 286 5 S 109 113 Helge Matthiesen Eine todliche Intrige Die Wiedereroffnung der Universitat Greifswald 1946 und der Fall Lohmeyer In Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 15 Marz 1996 S 10 Internet Quellen Bearbeiten Gerhard Sass Lohmeyer Ernst In Neue Deutsche Biographie NDB Band 15 Duncker amp Humblot Berlin 1987 ISBN 3 428 00196 6 S 132 f Digitalisat Wolfgang Weiss Lohmeyer Ernst In Biographisch Bibliographisches Kirchenlexikon BBKL Band 5 Bautz Herzberg 1993 ISBN 3 88309 043 3 Sp 186 189 Artikel Artikelanfang im Internet Archive Kurzbiografie zu Lohmeyer Ernst In Wer war wer in der DDR 5 Ausgabe Band 1 Ch Links Berlin 2010 ISBN 978 3 86153 561 4 Weblinks BearbeitenLiteratur von und uber Ernst Lohmeyer im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek Literatur uber Ernst Lohmeyer in der Landesbibliographie MV Schriften von und uber Ernst Lohmeyer im Gemeinsamen Verbundkatalog Schriften von und uber Ernst Lohmeyer im K10plus VerbundkatalogEinzelnachweise Bearbeiten vgl Namenserlauterung Strassenschild in Vlotho a b c Klaus Dieter Muller Thomas Schaarschmidt Mike Schmeitzner Andreas Weigelt Todesurteile sowjetischer Militartribunale gegen Deutsche 1944 1947 Eine historisch biographische Studie Vandenhoeck amp Ruprecht Gottingen 2015 ISBN 978 3 525 36968 5 Kurzbiographien auf beiliegender CD dort S 421f Andreas Weigelt Klaus Dieter Muller Thomas Schaarschmidt und Mike Schmeitzner Hrsg Todesurteile sowjetischer Militartribunale gegen Deutsche 1944 1947 Eine historisch biographische Studie Vandenhoeck amp Ruprecht Guttingen 2015 S 312VorgangerAmtNachfolgerCarl EngelRektor der Universitat Greifswald 1945Rudolf SeeligerNormdaten Person GND 118780328 lobid OGND AKS LCCN n92117182 NDL 001143771 VIAF 67261639 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Lohmeyer ErnstKURZBESCHREIBUNG deutscher evangelischer TheologeGEBURTSDATUM 8 Juli 1890GEBURTSORT DorstenSTERBEDATUM 19 September 1946STERBEORT bei Hanshagen Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Ernst Lohmeyer amp oldid 238400333