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Ernst Karl Rossler 18 Oktober 1909 in Pyritz 19 August 1980 in Konigsfeld war ein deutscher Pfarrer Organist Komponist und Orgelsachverstandiger Inhaltsverzeichnis 1 Leben 2 Orgeltheorie und Registrierungslehre 3 Rosslers Orgelregister 4 Von Rossler disponierte Orgeln Auswahl 5 Publikationen Auswahl 6 Literatur 7 EinzelnachweiseLeben Bearbeiten nbsp Blick auf Hohenzell in Hessen mit KircheErnst Karl Rossler war erst evangelischer Pfarrer in Koslin Jamund dann nach der Vertreibung aus dem Osten Pfarrer in Schluchtern Hohenzell in Hessen Zeitweise unterrichtete er Orgel und Komposition in Lubeck 1 und an der Musikhochschule in Freiburg im Breisgau ausserdem war er Dozent fur Orgelbaukunde an der Kirchenmusikalischen Fortbildungsstatte Schluchtern 2 3 In seiner Funktion als Orgelsachverstandiger beeinflusste er von ca 1950 bis 1975 den Orgelbau in Deutschland entscheidend Rossler vertrat ein kreatives neobarockes Orgelideal und entwickelte daher auch neue Register siehe unten Er schatzte engere Mensuren da sie zu einem schlankeren Klang fuhrten Rossler arbeitete mit verschiedenen Orgelbauern wie z B vor allem Willi Peter oder Hammer und Walcker zusammen und realisierte so etliche Orgelbauprojekte Allerdings wurden manche von ihm entworfenen Orgeln auch von billig arbeitenden Orgelbaufirmen in schlechter Qualitat ausgefuhrt so dass sie schon nach wenigen Jahrzehnten durch andere Instrumente ersetzt wurden 4 Orgeltheorie und Registrierungslehre BearbeitenIn seinem Buch Klangfunktion und Registrierung 1952 bildete Rossler eine neue Terminologie zur Beschreibung des Klangs von Orgelregistern Langenkraft hat danach ein Register wenn es selbst bei langerem Horen nicht ermudet Konzentrizitat soll bedeuten dass selbst extreme Lagen als gleicher Klang wahrgenommen werden Dissonanzstark ist ein Register oder eine Registrierung wenn dissonante Spannungen unaufdringlich erscheinen Raumlinienstark ist fur Rossler eine Registrierung die polyphone Musik plastisch raumhaft horbar macht Dies geschieht durch Vermeidung von Klanguberschattung gegenseitiges Verdecken der melodischen Linien Harmoniestark und raumlinienschwach sind fur Rossler dagegen Register bei denen Akkordgebilde besonders zu Tage treten Die obere Stimme uberschattet dann die unteren Dies sei besonders bei der Orgel um 1900 der Fall gewesen deswegen mussten raumlinienstarke Klangeigenschaften durch richtige Bauart und Mensuren der Register zuruckgewonnen werden 5 6 Die konkrete Registrierung soll nach Rossler die Struktur eines Werkes transparent machen Die Register ordnete Rossler nach ihren Funktionen und Farben in drei Registermischgruppen ein Organo pleno ist der reine Prinzipalchor mit Klangkrone Vollbecherige Zungenstimmen konnen dazu auch gezogen werden Organo pleno mutato ist die Plenumregistrierung mit Zusatzen wie der Terz Organo pleno alto altissimo ist das Pleno mit hochliegenden Mixturen wie der Zimbel Zweitens ist Organo electo der Weit oder Flotenchor z B Gedacktflote 8 Septade 4 Er kann auch als Luckenregistrierung eingesetzt werden z B im Manual Gedacktpommer 16 Singend Nachthorn 4 im Pedal Subbass 16 Doppelrohrflote 2 Eine Abwandlung ist Electo principale fur die Weitchorbasis mit hoheren Prinzipallagen z B Holzflote 8 Oktave 2 Quinte 1 1 3 Drittens verlangt Organo variano kurzbecherige Zungenstimmen mit hoheren Aliquoten z B Rohrkrummhorn 8 Gemsquinte 1 1 3 auch Sololabiale sind moglich 7 8 9 Rosslers Orgelregister BearbeitenVon den Orgelplanern der Orgelbewegung war Rossler am meisten an neuen Pfeifenkonstruktionen interessiert demgegenuber betreffen die Innovationen anderer Vertreter der Orgelbewegung wie z B Helmut Bornefeld vor allem neue Aliquotregister Rossler hatte eine besondere Vorliebe fur uberblasende Orgelregister da sie fur ihn besonders raumlinienstark waren und entwarf sie in nahezu allen denkbaren Formen trichterformig rohrgedeckt oder konisch d h kegelformig bzw umgekehrt trichterformig 10 Rossler entwickelte und disponierte vor allem folgende neue Orgelregister Basszink Rauschzink eine Pedalmixtur mit den Choren 5 1 3 3 1 5 2 2 3 2 2 7 wobei Rossler fur die Quintchore zylindrische breitlabiierte Pfeifen und fur die Terz und Septimenchore konische schmallabiierte Pfeifen vorsah 11 Dolkan uberblasender ein uberblasendes Trichtergedackt 12 Doppelrohrflote eine uberblasende Rohrflote mit Doppelrohr Rossler schrieb dem Register eine zungenstimmenartige rohrwerksartige Farbung des Klangs zu 13 Gemshornregal eine kurzbecherige Zungenstimme deren Becher aus einem trichterformigen Unter und einem konischen Oberteil bestehen Von der Form her ahneln sie damit dem Labialregister Gemshorn daher Rosslers Name 14 Christhard Mahrenholz nannte ein ahnlich geformtes Zungenregister Doppelkegelregal 15 Helltrompete Helle Trompete Bei Rossler wie bei Walter Supper eine enge Bauform der Trompete 16 Hulzern Glachter oder Un Tredezime ein zweifaches Aliquotregister mit einem Undezimen und einem Tredezimen Chor 17 Musiziergedackt Bei Rossler und Paul Ott eine Bezeichnung fur das Stillgedackt 18 Oberton Die in der Zeit der Orgelbewegung beliebte Mixtur mit dissonanten Aliquotreihen wurde von Rossler in St Sebald Nurnberg mit 8 11 8 13 disponiert 19 Octava nazarda Rosslers Bezeichnung fur eine weit mensurierte Oktave 4 oder 2 20 Rohrgemsquinte uberblasende ein im Bass zylindrisch rohrgedecktes im Diskant konisch offenes und uberblasendes 1 1 3 Register 21 Rohrkrummhorn Eine von Rossler zuerst 1940 fur seine Hausorgel in Jamund disponierte Zungenstimme Der Becher besteht aus einem kurzen unteren Rohr in das ein zweites kleineres oberes Rohr ein Stuck weit eingesteckt ist und durch Fuhrungsstifte gehalten wird Beide Rohre sind ziemlich eng und kurz die Gesamtlange des Bechers betragt auf C nur ca 80 cm Rossler schatzte an dem Register dass es gegenuber den offenen Krummhornern obertonreicher und singender ist die Stimmung unerhort halt und in seiner infernalisch realistischen wie mystisch abgewandten Erregtheit die Farbpalette bedeutend erweitert 22 Rohrschweizerpfeife Rohrschweizerflote eine uberblasende Rohrflote in 2 seltener 4 Lage 23 Rohrtraverse ein rohrgedecktes ab fis2 oder g2 uberblasendes 4 Register annahernd in Normalmensur 24 25 Septade Rossler griff diese von Walter Supper gebildete Bezeichnung auf und verstand darunter ein engmensuriertes Trichtergedackt aus Metall Bei diesem tritt ein unharmonischer dritter Teilton auf welcher der Septime 2 2 7 nur ungefahr entspricht Rossler bezeichnete das Register darum manchmal auch als Sextade 26 Sesquialtera dreifach Rossler durfte in diesem Fall die klassische zweifache Sesquialtera genauso wie Walter Supper um eine Septime erweitert haben also 2 2 3 1 3 5 1 1 7 27 28 Singend Nachthorn ein weit mensuriertes schwach konisches Register in 4 oder seltener 2 Lage 29 Spanischer Hintersatz spanische Mixtur eine Mixtur in enger Prinzipalmensur mit folgender Repetition C 2 1 1 3 1 c 2 2 3 2 1 1 3 d 4 2 2 3 1 1 3 a 4 2 2 3 2 Die Mixtur ist quintbetont und zum Auffullen durch die Oktave 2 gedacht 30 Was daran spanisch ist hat Rossler leider nicht verraten Roland Eberlein 31 Terzglockenton Glockleinton eine auf 1 1 3 beginnende repetierende Mixtur mit einem Terz und im Diskant auch einem Septimenchor 32 Trichtergedackt Bei Rossler ein enges Gedackt das sich im Vergleich zu Septade weniger stark nach oben erweitert 33 Vox virginea Bei Rossler und anderen Vertretern der Orgelbewegung ist dies die Bezeichnung fur ein Regal mit gedeckten Aufsatzen ahnlich dem Jungfrauenregal in Schloss Frederiksborg 34 Weidenflote Gemsflote Bei Rossler ein nicht mit der Weidenpfeife Salicional gleichzusetzendes Register mit konischen Pfeifen in der Grossen Oktave gedeckt und ab c oder f offen 6 bis 3 Halbtone unter Normalmensur 35 Praktisch alle diese Register sind nach Rosslers Ruckzug aus dem Orgelbau um 1975 1980 in Neubauten nicht mehr disponiert worden 36 Von Rossler disponierte Orgeln Auswahl BearbeitenOrt Kirche Jahr Orgelbauer Bild Manuale Register BemerkungenSchluchtern Hohenzell Ev Kirche 1951 1967 Willi Peter II P 12 Umbau der Ratzmann Orgel von 1866 Rossler hatte dort PfarrstelleMalchow Orgelmuseum 1957 Orgelbau W Sauer nbsp II P 17 Konzipiert von Rossler und Dietrich W Prost Ursprunglich im Kirchsaal des Diakonievereins Zussow bei Greifswald Jubilaumsorgel der Firma W Sauer zu ihrem 100 jahrigen Bestehen und deren erste mechanische Schleifladenorgel nach der pneumatischen Epoche Heute grosste Orgel des Mecklenburgischen Orgelmuseums DispositionFreiburg im Breisgau Hochschule fur Musik 1959 Walcker III P 37 Verkauft an die Kirche unserer lieben Frau Konigin von Polen in Skotschau Pogorz Polen 37 DispositionDusseldorf Unterrath Petruskirche 1962 Willi Peter IV P 48 OrgelSchluchtern Kirchenmusikakademie Krypta im Kloster Schluchtern 1965 Willi Peter nbsp II P 7 Orgel als Ubinstrument fur die damalige Kirchenmusikschule spater Kirchenmusikalische Fortbildungsstatte Orgel 2009 in Sakristei versetzt und dort 2017 abgebaut OrgelHamburg Harvestehude Hauptkirche St Nikolai 1966 Willi Peter nbsp IV P 63 Orgel seit 2018 wegen Elektrikausfallen stillgelegt Es wird Geld fur eine neue Klais Orgel gesammelt 5 354 Pfeifen aus der Peter Orgel sollen generaluberholt und ubernommen werden 38 OrgelSteinau an der Strasse Reinhardskirche 1966 1974 Gebr Stehle nbsp II P 26 Gehause von 1732 wiederverwendet Weinheim Peterskirche 1967 Walcker IV P 62 Die filigranen Aliquoten und wunderbaren Teiltongestaltungen von Rossler sind ein wahrer Ohrenschmaus 39 OrgelFreiburg im Breisgau Auferstehungskirche 1967 Willi Peter nbsp II P 24 2018 uberarbeitet und geringfugig umdisponiert durch Orgelbau Spath OrgelRamholz Ev Kirche 1890 1967 Wilhelm Ratzmann Willi Peter nbsp II P 14 Umbau und Umintonation nach Plan von Rossler 1967 Das Gehause stammt von 1650 Hanau Neue Johanneskirche 1968 Willi Peter II P 20 2017 restauriert durch Orgelbau Lenter RestaurierungsberichtSterbfritz Ev Kirche 1880 1968 Ernst Rover Otto Hoffmann II P 19 Umdisponierung und Umbau nach Plan von Rossler in 1968 Bad Soden Erloserkirche 1968 Bernhard Schmidt nbsp II P 22 1973 Einbau fehlender 9 Register 2015 durch Neubau ersetztEschwege Kreuzkirche 1970 Werner Bosch II P 17 DispositionSchluchtern Stadtkirche St Michael 1970 1976 Willi Peter nbsp III P 45 Neubauplan durch Rossler zunachst II P 33 Erweiterungsplan durch Rossler 1974 1994 Umsetzung in die Neuapostolische Kirche Magdeburg und dort Umbau durch Orgelbau Hufken III P 46 elektrische TrakturenHof Kreuzkirche 1971 Willi Peter nbsp II P 26 OrgelSteinau Bellings Elisabethkirche 1971 Willi Peter I P 6 Gehorte zu Rosslers Pfarrstelle in HohenzellSankt Petersburg Petrikirche 1972 Willi Peter nbsp III P 43 Ursprunglich fur die Deutsche Kirche Tyska kyrkan in Stockholm erbaut 2017 nach St Petersburg verkauft OrgelSchluchtern Breitenbach Ev Kirche 1973 Willi Peter I P 7Nurnberg St Sebald 1975 1976 Willi Peter nbsp III P 72 Von Rossler zusammen mit Werner Jacob und Otto Mayer Ansbach disponiert OrgelSinntal Mottgers Ev Kirche 1976 Bernhard Schmidt I P 7 Ersatz einer Ratzmann Orgel mit 14 Registern und 2 ManualenPublikationen Auswahl BearbeitenKlangfunktion und Registrierung Grundbegriffe musikalischer Klangfunktion und Entwurf einer funktionsbestimmten Registrierungslehre Barenreiter Kassel 1952 Orgelwerke Barenreiter Kassel 1954 Die Orgel heute In Musik und Kirche 36 1966 S 228 230 Literatur BearbeitenRoland Eberlein Die Geschichte der Orgel Siebenquart Koln 2011 ISBN 978 3 941224 01 8 bes S 388 390 Roland Eberlein Orgelregister ihre Namen und ihre Geschichte 3 Aufl Siebenquart Koln 2016 ISBN 978 3 941224 00 1 Einzelnachweise Bearbeiten Kurzinformation zu Rosslers Lebensdaten und Tatigkeit auf organ biography Quintett Nr 17 Oktober 2010 40 Jahre kirchenmusikalische Fortbildungsstatte Schluchtern S 14 Eberlein Geschichte der Orgel S 388 Eberlein Geschichte der Orgel S 390 Eberlein Geschichte der Orgel S 389 Ferdinand Klinda Orgelregistrierung Breitkopf amp Hartel Wiesbaden 1987 S 11 Eberlein Geschichte der Orgel S 389 Klinda Orgelregistrierung wie zuvor S 239 f Stephan Pollock Orgelbewegung und Neobarock im Ruhrgebiet zwischen 1948 und 1965 Dissertation Bochum 2007 S 57f online Eberlein Geschichte der Orgel S 388 Eberlein Orgelregister S 531 Eberlein Orgelregister S 177 Eberlein Orgelregister S 165 f Eberlein Orgelregister S 293f Eberlein Orgelregister S 163 294 Eberlein Orgelregister S 321 Eberlein Orgelregister S 337 Eberlein Orgelregister S 414 Eberlein Orgelregister S 431 Eberlein Orgelregister S 441 Eberlein Orgelregister S 542 Rossler in Musik und Kirche 18 1948 S 126 zitiert nach Eberlein Orgelregister S 543 Eberlein Orgelregister S 547 Eberlein Orgelregister S 548 Roland Eberlein auf orgel forum de Register von Ernst Karl Rossler Eberlein Orgelregister S 590 Roland Eberlein auf orgel forum de Register von Ernst Karl Rossler Eberlein Orgelregister S 600 zu Walter Supper Eberlein Orgelregister S 610 Eberlein Orgelregister S 617 Eberlein Geschichte der Orgel S 389 Eberlein Orgelregister S 648 Eberlein Orgelregister S 664 Eberlein Orgelregister S 737 Eberlein Orgelregister S 288 743f Vgl z B Eberlein Orgelregister S 165 fur die Doppelrohrflote S 177 fur den uberblasenden Dolkan S 321 fur die Helltrompete S 414 fur das Musiziergedackt S 431 fur Oberton S 543 fur das Rohrkrummhorn S 548 fur die Rohrtraverse S 590 fur die Septade S 610 fur Singend Nachthorn Einspielung von Thomas Abergs Fantasia a Moll auf YouTube Vgl Orgelprojekt St Nikolai Zitat von walcker comNormdaten Person GND 104165653X lobid OGND AKS VIAF 281365388 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Rossler Ernst KarlKURZBESCHREIBUNG deutscher OrgelsachverstandigerGEBURTSDATUM 18 Oktober 1909GEBURTSORT PyritzSTERBEDATUM 19 August 1980STERBEORT Konigsfeld im Schwarzwald Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Ernst Karl Rossler amp oldid 239087791