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Ernst Eduard Boesch 26 Dezember 1916 in St Gallen 12 Juli 2014 in Saarbrucken 1 war ein deutscher Psychologe Der Kulturpsychologe gilt als Begrunder der Symbolischen Handlungstheorie Er etablierte das Psychologische Institut der Universitat des Saarlandes wo er von 1951 bis 1982 einen Lehrstuhl fur Psychologie innehatte Zudem war er Mitglied des Beirats des Bundesministeriums fur Internationale Zusammenarbeit Inhaltsverzeichnis 1 Leben 2 Forschung 3 Ehrungen 4 Schuler 5 Veroffentlichungen in Auswahl 6 Veroffentlichungen uber Ernst E Boesch 7 Weblinks 8 EinzelnachweiseLeben BearbeitenBoesch wurde 1916 in der Schweiz geboren Sein Vater war Modedesigner Die Familie litt unter den Folgen des okonomischen Niedergangs und der Weltwirtschaftskrise Schliesslich liessen sich die Eltern in den 1930er Jahren scheiden Boesch bezeichnete sich selbst als renitenten Schuler 2 Er wollte Dichter werden und wie sein Vater eine kunstlerische Laufbahn einschlagen wahlte dann doch Medizin als Studienfach Mehr als von der Medizin wurde sein Interesse vom Studienprogramm des Instituts Jean Jacques Rousseau der Universitat Genf geweckt das zu der Zeit die Psychologen Edouard Claparede und der Padagoge Pierre Bovet leiteten So begann Boesch ein Studium der Psychologie Padagogik und Philosophie kurz nach dem Ausbruch des Zweiten Weltkriegs Nach Claparedes Tod folgte Jean Piaget auf dessen Stelle der zuvor Mitarbeiter von Bovet gewesen war Bei ihm horte Boesch regelmassig ebenso wie bei Andre Rey und Richard Meili Nach Abschluss des Studiums bot Piaget ihm eine Assistentur an die er ablehnte Stattdessen ubernahm er die Stelle eines Schulpsychologen im Kanton St Gallen von Barbel Inhelder die ihrerseits auf die Assistentur bei Piaget wechselte und seine langjahrige Mitarbeiterin und Nachfolgerin wurde Boeschs erste Heirat fiel in diese Zeit Aus dieser Ehe gingen drei Kinder hervor darunter der Verhaltensforscher Christophe Boesch Als Schulpsychologe publizierte er uber Lern und Verhaltensprobleme von Kindern in der Lokalpresse Boesch besuchte Fallseminare an der kinderpsychiatrischen Klinik der Universitat Zurich und machte eine Lehranalyse jedoch ohne selbst therapeutisch tatig zu werden bei dem Theologen und Psychoanalytiker Oskar Pfister 1946 verfasste er seine Dissertation zu Problemen der Schulpsychologie und arbeitete dann auf Anregung Maurice Debresse an einem Buch zum Charakter des Kindes das 1952 erschien 1951 erhielt er einen Ruf auf den einzigen Lehrstuhl fur Psychologie an der 1948 neu gegrundeten Universitat des Saarlandes in Saarbrucken und begrundete dort das Psychologische Institut Er nahm diesen Ruf an weil das Saarland zu dieser Zeit kein Teil Deutschlands war Boesch las als einziger Lehrstuhlinhaber das gesamte Repertoire der psychologischen Teilfacher unterstutzt von zwei Assistenten 1969 erhielt das Institut weitere Lehrstuhle Von 1955 bis 1958 wurde Boesch vermittelt durch eine fruhere Kollegin zum Direktor des International Institute for Child Study der UNESCO in Bangkok ernannt Hier unterrichtete er Thais adaptierte Testverfahren fur den thailandischen Kontext fuhrte Experimente in den Grundschulen Bangkoks durch und verfasste Berichte fur die UNESCO Boesch war in zweiter Ehe mit einer Thailanderin verheiratet 3 Nach seiner Ruckkehr an die Universitat des Saarlandes grundete diese auf Boeschs Vorschlag hin 1962 das Institut fur Entwicklungshilfe das spater in Sozialpsychologische Forschungsstelle fur Entwicklungsplanung SFE umbenannt wurde Boesch selbst wurde zum Direktor des Instituts ernannt dessen Leitung er bis uber seine Emeritierung hinaus bis 1987 wahrnahm Im Zusammenhang mit dieser Funktion war Boesch Mitglied des wissenschaftlichen Beirats des Bundesministeriums fur Internationale Zusammenarbeit Wahrend seiner Zeit an der Universitat des Saarlandes erhielt Boesch ein Lehrstuhlangebot aus Brussel sowie Rufe der Universitaten Mannheim Bochum Genf und Basel Boesch blieb jedoch bis 1982 Lehrstuhlinhaber fur Psychologie in Saarbrucken Er lebte in Saarbrucken und starb dort am 12 Juli 2014 im Alter von 97 Jahren Im Gedenken an Ernst Boesch vergibt die Gesellschaft fur Kulturpsychologie seit 2015 den Ernst E Boesch Preis fur Kulturpsychologie Forschung BearbeitenBoeschs Forschung ist durch einen systematischen Pluralismus und ein holistisches Menschenbild gepragt 4 Letzteres wird durch die Vielfalt der Untersuchungsobjekte deutlich Konzepte wie Schonheit und Asthetik Handlungsplanung Handlungsraum das Unbewusste Abwehrmechanismen die Rolle von handlungsleitenden Vorstellungen Identitat das Selbst Gefuhle und Fantasmen gehoren zur breiten Palette dessen was Boesch zu psychologischen Forschungsgegenstanden zahlt Sein systematischer Pluralismus lasst sich am Ruckgriff auf verschiedene psychologische Forschungsparadigmen wie Behaviorismus Kognitivismus die freudsche Psychoanalyse und die Gestaltpsychologie sowie genereller Forschungsprogramme wie Konstruktivismus und Strukturalismus erkennen Methodologisch und methodisch stellen Piagets Konstruktivismus und seine klinische Methode sowie Reys prozessorientierte introspektive Methode die wichtigsten Denkwerkzeuge Boeschs dar 5 Daruber hinaus stellt die Psychoanalyse einen zweiten Schwerpunkt seiner psychologischen Verankerung dar wobei er diese nicht dogmatisch vertritt 6 Im Kern basiert seine Forschung auf einer Version der Handlungstheorie im Sinne David Clarence McClellands John William Atkinsons und Pierre Janets die auf einer schlichten Ruckkopplung basiert Selektion und Antizipation des Handlungsziels Verrichten der Handlung Uberprufen des Handlungsergebnisses Diese Theorie hat er mehrfach systematisch erweitert 1 okologische Erweiterung um die kulturellen Handlungsdimensionen von Raum Zeit und sozialen Beziehungen in Form von Wahrnehmung und Strukturierung der Umgebung 2 subjektive Erweiterung durch das Valenz Konzept 3 symbolische Erweiterung unter Beachtung von Zeichen systemen und Metaphorik sowie 4 die Erweiterung um zweckfreie Handlungen wie z B Kunst und Magie Zusammengenommen gilt Boeschs Theorie als Symbolische Handlungstheorie die die kulturpsychologische Ausrichtung der Saarbrucker Psychologie viele Jahre pragte Boesch steht fur eine konsequente Abwendung von der kulturvergleichenden hin zur Kulturpsychologie Diese resultiert aus seinen Erfahrungen in Thailand 1955 58 die ihm zum einen zeigten dass es keine universalistische Theorie menschlicher Psyche geben kann ebenso wie ihm das Erlernen der thailandischen Sprache einen anderen menschlichen Handlungs und Denkraum eroffnete Die Potenziale der Handlungstheorie fur die Kulturpsychologie entdeckte er per Zufall als er beinahe Opfer eines Unfalls mit einem Rikscha Fahrer und einem entgegenkommenden Auto wurde 7 Ehrungen Bearbeiten1987 Preis der Dr Margrit Egner Stiftung 1992 Saarlandischer Verdienstorden 8 1992 Ehrendoktor der Universitat Bern Ehrendoktor der Universitat Srinakharinwirot Bangkok Orden der Krone von Thailand Mehrere Ehrenmitgliedschaften in wissenschaftlichen Vereinigungen Schuler BearbeitenPaul B Baltes Margret Maria Baltes Lutz Eckensberger Bernd KrewerVeroffentlichungen in Auswahl BearbeitenZwischen zwei Wirklichkeiten Prolegomena zu einer okologischen Psychologie Hans Huber Bern 1971 ISBN 3 456 30040 9 Psychopathologie des Alltags Zur Okopsychologie des Handelns und seiner Storungen Hans Huber Bern 1976 ISBN 3 456 80219 6 Kultur und Handlung Einfuhrung in die Kulturpsychologie Hans Huber Bern 1980 ISBN 3 456 80856 9 Das Magische und das Schone Zur Symbolik von Objekten und Handlungen Frommann Holzboog Stuttgart 1983 ISBN 3 7728 0839 5 Handlungstheorie und Kulturpsychologie In Psychologische Beitrage Band 30 Nr 3 S 233 247 La realite comme metaphore In Journal de la psychanalyse de l enfant Band 15 S 155 180 deutsch Die Realitat als Metapher In Psychologie amp Gesellschaftskritik 119 120 S 9 37 Symbolic action theory and cultural psychology Springer Berlin New York 1991 ISBN 3 540 53992 1 Veroffentlichungen uber Ernst E Boesch BearbeitenCulture amp Psychology Band 3 September 1997 Culture amp Psychology Band 7 Dezember 2001 W J Lonner S A Haynes Hrsg Discovering cultural psychology A profile and selected readings of Ernest E Boesch Information Age Pub 2007 ISBN 1 59311 746 9 J Straub P Chakkarath S Salzmann Hrsg Psychologie der Polyvalenz Ernst Boeschs Kulturpsychologie in der Diskussion Westdeutscher Universitatsverlag Bochum Weblinks BearbeitenLiteratur von und uber Ernst E Boesch im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek Boesch Eduard Ernst in der Datenbank Saarland Biografien Ernst E Boesch ArchivEinzelnachweise Bearbeiten Professor Ernst Eduard Boesch verstorben Universitat des Saarlandes 16 Juli 2014 archiviert vom Original am 1 Marz 2018 abgerufen am 17 Juli 2014 nbsp Info Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht gepruft Bitte prufe Original und Archivlink gemass Anleitung und entferne dann diesen Hinweis 1 2 Vorlage Webachiv IABot www uni saarland de The Story of a Cultural Psychologist Autobiographical Observations In Culture amp Psychology Band 3 Nr 3 S 258 saarbruecker zeitung trauer de Paul Baltes Ernst E Boesch at 80 Reflections from a Student on the Culture of Psychology In Culture amp Psychology Band 3 Nr 3 1997 S 250 The Story of a Cultural Psychologist Autobiographical Observations In Culture amp Psychology Band 3 Nr 3 S 260 Psychopathologie des Alltags Zur Okopsychologie des Handelns und seiner Storungen Hans Huber Bern 1976 S 11 Handlungstheorie und Kulturpsychologie In Psychologische Beitrage Band 30 Nr 3 S 233 247 Bekanntmachung von Verleihungen des Saarlandischen Verdienstordens In Chef der Staatskanzlei Hrsg Amtsblatt des Saarlandes Nr 4 Saarbrucker Zeitung Verlag und Druckerei GmbH Saarbrucken 30 Januar 1992 S 65 uni saarland de PDF 241 kB abgerufen am 8 Juni 2017 Normdaten Person GND 118512765 lobid OGND AKS LCCN n82113174 VIAF 49238766 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Boesch Ernst E ALTERNATIVNAMEN Boesch ErnstKURZBESCHREIBUNG deutscher KulturpsychologeGEBURTSDATUM 26 Dezember 1916GEBURTSORT St Gallen SchweizSTERBEDATUM 12 Juli 2014STERBEORT Saarbrucken Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Ernst E Boesch amp oldid 228954485