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Der Titel dieses Artikels ist mehrdeutig Zur metaethischen Position siehe Metaethik Kognitivismus Der Kognitivismus bezeichnet eine Hauptstromung der Lerntheorien Sie ist vom Behaviorismus und Konstruktivismus zu unterscheiden und gepragt von den unterschiedlichen Einflussen der Disziplinen Philosophie Psychologie und Linguistik Im Mittelpunkt des Kognitivismus stehen die individuelle Informationsverarbeitung sowie die dazugehorigen Denk und Verarbeitungsprozesse der Lernenden 1 Die ersten Wurzeln des Kognitivismus finden sich in den 1950er Jahren und basieren hauptsachlich auf den Arbeiten von Edward Tolman Wegbereiter des Kognitivismus Kurt Lewin Gestaltpsychologe Jerome Bruner Initiator der kognitiven Wende die Entwicklungsphase vom Behaviorismus zum Kognitivismus und Jean Piaget Entwicklungspsychologe 2 Weitere wichtige Vertreter des Kognitivismus sind Jerry Fodor mit seiner Modularitatstheorie des Geistes und Dietrich Dorner mit der PSI Theorie Inhaltsverzeichnis 1 Bezug zur Kognitionspsychologie 2 Kognition 3 Kognitivismus 3 1 Kognitivismus und Abgrenzung zu anderen Lerntheorien 3 2 Das Menschenbild des Kognitivismus 3 3 Der konkrete Lernvorgang im Kognitivismus 4 Kritik am Kognitivismus 5 Literatur 6 EinzelnachweiseBezug zur Kognitionspsychologie BearbeitenDie lerntheoretischen Erkenntnisse des Kognitivismus stammen aus der Kognitionspsychologie die ein Beispiel fur das ubergreifende Denken in den Sozialwissenschaften ist Gemeint ist hier das Ubernehmen und Einbauen der Erkenntnisse anderer Disziplinen 3 So schreiben Willig und Kommerell dass das Lernen durch Eigensteuerung in den letzten Jahrzehnten eine immer starkere Bedeutung innerhalb der Lerntheorien gewonnen hat weil die Psychologie die Komplexitat des menschlichen Lebens nicht mit einfachen Erklarungen abbilden kann 4 Kognition BearbeitenDer Begriff Kognition engl cognition lat cognitio Erkenntnis Vorstellung Begriff Wiedererkennen schliesst zum einen die Fahigkeit ein bestimmte Gesetzmassigkeiten zu erkennen Denken Dieser Prozess umfasst die Aufnahme Verarbeitung und Bewertung von Informationen Zum anderen ist das Vorhandensein von sowie der Ruckgriff auf Vergleichswissen Gedachtnis inbegriffen 5 Kurz gesagt handelt es sich hierbei um die Gesamtheit aller Vorgange welche der Aufnahme Verarbeitung und Speicherung von Informationen dienen Aus diesem Grund werden auch alle Theorien die ihren Blick auf geistige Vorgange richten kognitionstheoretische Modelle genannt 6 Verwiesen sei an dieser Stelle beispielhafterweise auf das Modell Lernen von Albert Bandura 7 Beispiele fur kognitive Prozesse sind nach Holzinger Begriffsbildung Wahrnehmung Wiedererkennung und schlussfolgerndes Denken 8 Eine Begrifflichkeit welche sich in der modernen Psychologie finden lasst ist die Kognitive Dissonanz Der Hintergrund dabei ist das Streben des Menschen nach Ubereinstimmung innerhalb seines Denkgefuges sowie zwischen seinem Denken und Handeln Ein innerer Konflikt bzw die kognitive Dissonanz entsteht demnach dann wenn der Mensch anders handelt als er denkt oder wenn er zwei grundsatzlich verschiedene Meinungen vertritt 9 Kognitivismus BearbeitenKognitivistische Lerntheorien gehen davon aus dass das Lernen durch Prozesse und Zustande beeinflusst wird die zwischen Reiz und Reaktion liegen Die dabei entscheidenden innerpsychischen Vorgange werden als Informationsverarbeitungsprozesse betrachtet mit denen sich Vorgange wie Auffassung Lernen Planung Einsicht und Entscheidungen erklaren lassen Kognitivismus und Abgrenzung zu anderen Lerntheorien Bearbeiten Eine vollig einheitliche Richtung bei kognitionstheoretischen Modellen gibt es nicht da die einzelnen Ansatze unabhangig voneinander entstanden sind Dennoch sind einige Grundannahmen gemeinsam So wird bspw angenommen dass kognitive Prozesse und Strukturen einen erheblichen Einfluss auf das Verhalten und Erleben eines Menschen ausuben 10 denn das innere kognitive System steht immer in Wechselwirkung mit den Informationen von aussen Der Lernende verarbeitet neue Informationen unter Einbeziehung bereits vorhandener Informationen und passt diese in ein organisiertes Netz vorhandenen Wissens auch als Schema Ulrich Neisser 1976 bezeichnet ein Die Ansicht des Behaviorismus dass der Mensch ein Wesen sei welches nahezu ausschliesslich von Umweltreizen beherrscht werde und sein Verhalten nach aus der Umwelt kommenden Belohnungen und Strafen ausrichte wird allerdings im Zuge des Kognitivismus aufgegeben Kognitive Lernpsychologen gehen davon aus dass nicht nur die Umweltreize an sich schon Erleben und Verhalten bewirken sondern dass es wesentlich darauf ankommt wie ein Mensch Umweltereignisse wahrnimmt gedanklich verarbeitet und bewertet 10 Mit anderen Worten sind sie davon uberzeugt dass sich beim Lernen weit komplexere Prozesse abspielen als die passive Bildung neuer Reiz Reaktions Verknupfungen 11 Somit wird auch die Vorstellung abgelehnt das Gehirn sei eine sogenannte Blackbox oder ein passiver Behalter wobei nur die ausseren Bedingungen Input und Output interessieren und sowohl Gefuhle als auch Gedanken nicht berucksichtigt werden Auch die klassische Konditionierung wird eher als aktiver Prozess betrachtet bei dem der Organismus etwas uber die Beziehung zweier Ereignisse lernt und nicht als automatische Pragung von Reizverbindungen Rescorla 1988 Eine weitere und sehr bedeutende Lerntheorie neben dem Kognitivismus ist der Konstruktivismus Da die Lernvorgange aus konstruktivistischer Sicht je nach individuellen Erfahrungen von unterschiedlichen Prozessen beeinflusst werden befassen sich die lernpsychologischen Konstruktivisten besonders mit der subjektiven Interpretation und Konstruktion bei Lernvorgangen Mit anderen Worten Was jemand unter bestimmten Bedingungen lernt hangt somit stark von dem Lernenden selbst und seinen Erfahrungen ab Im Vergleich zum Behaviorismus der Speicherung von Wissen und zum Konstruktivismus der Konstruierung von Wissen geht es im Kognitivismus um die Verarbeitung von Wissen 12 Wesentliches Merkmal des Kognitivismus in Abgrenzung zum Konstruktivismus ist sein philosophischer Objektivismus das heisst die Welt lasst sich ohne das Subjekt konstruieren es gibt keine konstruierte Wahrheit des Individuums Das Menschenbild des Kognitivismus Bearbeiten Die Kognitivisten akzeptieren den Menschen zunehmend als Individuum das nicht fremd gesteuert sondern selbststandig ist und Reize der Umwelt unterschiedlich verarbeiten kann Mit dieser Fahigkeit das heisst der Fahigkeit zu Denken hebe sich der Mensch von der Tierwelt ab Als Erganzung hierzu schreiben Willig und Kommerell Jeder Mensch kann sein Leben weitgehend durch Einsicht und Vernunft gestalten Er kann sogar gegen die Lerngesetze handeln indem er sich gedanklich selbst belohnt 13 Durch die in der Psyche des Menschen ablaufenden Informationsverarbeitungsprozesse und die Eigenstandigkeit des Menschen nehmen die Kognitivisten an dass die von ihm durchgefuhrten Handlungen zielgerichtet sind Der konkrete Lernvorgang im Kognitivismus Bearbeiten Aus Sicht des Kognitivismus lauft ein Lernvorgang wie ein klassischer Informationsverarbeitungsprozess ab Konkret heisst dies dass das Gehirn in Analogie zu technischen Systemen als informationsverarbeitendes Gerat die entsprechend z B multimedial verschlusselten Informationen uber die Sinnesorgane aufnimmt Diese werden anschliessend mit dem individuell zur Verfugung stehenden Vorwissen verarbeitet und zu einem sogenannten Output generiert Somit konnen die Ausgaben abhangig vom jeweiligen Vorwissen trotz gleicher Informations eingabe bei den verschiedenen Lernenden unterschiedlich ausfallen 14 Das grundsatzliche Kommunikationsmodell mit Sender Ubertragung uber ein Medium und Empfanger kann so auf Instruktion angewendet werden Das zugehorige Lernarrangement nennt man Instruktionslernen Besonders interessant sind in diesem Zusammenhang auch die Kognitiven Entwicklungstheorien Denn die von Piagets Forschungen gepragten Ergebnisse dieses Gebietes zur Entwicklung der menschlichen Intelligenz wollen daruber aufklaren auf welche Weise sich der Mensch die Welt kognitiv aneignet und welche charakteristischen Stufen dieses Erkenntnisvermogen dabei durchlauft Piaget beschreibt dabei zwei grundlegende Lernprozesse als Austauschvorgange mit der Umwelt Er geht dabei davon aus dass Handlungsweisen in sogenannten Schemata zusammengefasst werden Beim Prozess der Akkommodation wird ein bestehendes Schema der Umwelt angepasst wobei hingegen bei der Assimilation ein Schema angewendet wird 15 Kritik am Kognitivismus BearbeitenKritisiert wird zum einen die einseitige Konzentration auf Informationsverarbeitungsprozesse wahrend des Lernvorgangs So konnten die Aspekte der Informationsbearbeitung zwar eine Rolle fur die Erklarung von Lernvorgangen spielen allerdings nicht als alleiniges Erklarungsmodell dienen Zum anderen zielt die Kritik auf die objektivistische Sichtweise des Kognitivismus mit der Vorstellung von einer einzigen objektiv wahren und erkennbaren Realitat Demnach wurde Wissen extern und unabhangig vom Bewusstsein existieren und in individuellen internen Prozessen lediglich unterschiedlich aufgenommen und verarbeitet Zudem werden die Schwierigkeiten der Kognitivisten betont korperliche Fertigkeiten zu erklaren und auch damit dass der Informationsfluss im menschlichen Gehirn mit seiner sehr komplexen Neuronenaktivitat bis heute nicht genau beobachtet und interpretiert werden kann 16 Literatur BearbeitenBaumgart Franzjorg Entwicklungs und Lerntheorien Erlauterungen Texte Arbeitsaufgaben 2 durchgesehene Auflage Bad Heilbrunn 2001 Frey Dieter Irle Martin Hrsg Theorien der Sozialpsychologie Band II Gruppen Interaktions und Lerntheorien 2 vollst uberarbeitete und erweiterte Auflage Bern 2002 Hobmair Hermann Hrsg Padagogik 3 Auflage korrigierter Nachdruck Troisdorf 2002 Holzinger Andreas Basiswissen Multimedia Band 2 Lernen Wurzburg 2000 Lefrancois G R Psychologie des Lernens 4 uberarb u erw Auflage Heidelberg 2006 Willig Wolfgang Kommerell Tilman Hrsg Psychologie Sozialmedizin Rehabilitation 2 Auflage Balingen 2002 Einzelnachweise Bearbeiten Vgl Holzinger Andreas Basiswissen Multimedia Band 2 Lernen Wurzburg 2000 S 110 f Vgl Holzinger Andreas Basiswissen Multimedia Band 2 Lernen Wurzburg 2000 S 134 Vgl Willig Wolfgang Kommerell Tilman Hrsg Psychologie Sozialmedizin Rehabilitation 2 Aufl Balingen 2002 S 148 Willig Wolfgang Kommerell Tilman Hrsg Psychologie Sozialmedizin Rehabilitation 2 Auflage Balingen 2002 S 147 f Vgl Willig Wolfgang Kommerell Tilman Hrsg Psychologie Sozialmedizin Rehabilitation 2 Aufl Balingen 2002 S 148 Vgl Hobmair Hermann Hrsg Padagogik 3 Auflage korrigierter Nachdruck Troisdorf 2002 S 161 Ausfuhrliche Informationen dazu in Jonas Klaus Bromer Philipp Die sozial kognitive Theorie von Bandura In Frey Dieter Irle Martin Hrsg Theorien der Sozialpsychologie Band II Gruppen Interaktions und Lerntheorien 2 vollstandig uberarbeitete und erweiterte Auflage Bern 2002 S 277 299 Vgl Holzinger Andreas Basiswissen Multimedia Band 2 Lernen Wurzburg 2000 S 133 Vgl Willig Wolfgang Kommerell Tilman Hrsg Psychologie Sozialmedizin Rehabilitation 2 Aufl Balingen 2002 S 149 a b Vgl Hobmair Hermann Hrsg Padagogik 3 Auflage Korrigierter Nachdruck Troisdorf 2002 S 161 Ausfuhrlichere Informationen zu Behaviorismus und Reiz Reaktions Verbindungen bspw in Baumgart Franzjorg Lernen als Aufbau von Reiz Reaktions Verbindungen Behavioristische Theorien In Baumgart Franzjorg Entwicklungs und Lerntheorien Erlauterungen Texte Arbeitsaufgaben 2 durchgesehene Auflage Bad Heilbrunn 2001 S 109 163 Vgl Holzinger Andreas Basiswissen Multimedia Band 2 Lernen Wurzburg 2000 S 131 Vgl Willig Wolfgang Kommerell Tilman Hrsg Psychologie Sozialmedizin Rehabilitation 2 Auflage Balingen 2002 S 148 Vgl Holzinger Andreas Basiswissen Multimedia Band 2 Lernen Wurzburg 2000 S 133 f Detailliert zu Kognitiven Entwicklungstheorien und Piagets Forschungen bspw in Baumgart Franzjorg Entwicklung als Konstruktion von Wirklichkeit Kognitive Theorien In Baumgart Franzjorg Entwicklungs und Lerntheorien Erlauterungen Texte Arbeitsaufgaben 2 durchgesehene Auflage Bad Heilbrunn 2001 S 203 271 Vgl Holzinger Andreas Basiswissen Multimedia Band 2 Lernen Wurzburg 2000 S 144 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Kognitivismus amp oldid 235087628