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Die Eppelsheim Formation ist eine lithostratigraphische Gesteinseinheit im rheinhessischen Teil des Mainzer Beckens Es handelt sich dabei um siliziklastische Ablagerungen des Ur Rheins die traditionell ins Ober Miozan Tortonium bzw Vallesium gestellt werden Nach neueren Erkenntnissen beginnt die Sedimentation dieser Einheit aber bereits im Mittel Miozan Langhium 1 Ihre fruhere Bezeichnung Dinotheriensand e fusst darauf dass sie verhaltnismassig viele fossile Zahne und Knochen der Russeltier Gattung Deinotherium enthalten Links Karte Rheinhessens mit Kennzeichnung der Ausbisse der Eppelsheim Formation Dinotheriensand und des Verlaufs des Ur Rheins Rechts Stratigraphische Tabelle mit Formationen des Mittel und Ober Miozans des Mainzer Beckens und benachbarter TertiarbeckenAbguss des 1835 in Eppelsheim gefundenen Deinotherium Schadels im Dinotherium Museum in Eppelsheim Inhaltsverzeichnis 1 Geschichte 2 Ur Rhein 3 Fossilfauna 4 Weiterfuhrende Literatur 5 Quellen 5 1 Allgemein 5 2 EinzelnachweiseGeschichte BearbeitenDie traditionelle Bezeichnung Dinotheriensande geht massgeblich auf den Darmstadter Palaontologen Johann Jakob Kaup 1803 1883 zuruck der 1829 das grosswuchsige Russeltier Deinotherium giganteum aus diesen Ablagerungen erstbeschrieb Fundort war eine Sandgrube bei Eppelsheim im Suden Rheinhessens Der Gattungsname Deinotherium ging dann in leicht abgewandelter Form rasch auf die sandigen Ablagerungen uber aus denen auch heute noch immer wieder fossiles Material dieser Russeltiere geborgen wird Daneben hat Kaup zahlreiche weitere fossile Sauger aus der Eppelsheimer Fundstatte untersucht und benannt 2005 wurden die Dinotheriensande in Eppelsheim Formation umbenannt 2 Die Umbenennung nach dem Typusvorkommen bei Eppelsheim erfolgte im Zuge der allgemeinen Anpassung der Namen der lithostratigraphischen Gesteinsheinheiten Deutschlands an den internationalen Standard Ur Rhein BearbeitenDer Ur Rhein hatte im nordlichen Oberrheingebiet im jungeren Miozan vor etwa 15 bis 10 Millionen Jahren einen anderen Lauf als der heutige Rhein Er floss nicht im nordlichen Oberrheingraben und dann am Sudrand des Taunus entlang von Osten zur Binger Pforte sondern er floss schon ab Worms in westlicher Richtung bog dann nach Norden ab und erreichte die Binger Pforte von Suden Entlang dieser Route finden sich heute zahlreiche auflassige Sandgruben in denen die Sande der Eppelsheim Formation einst als Baumaterial abgebaut wurden und deren viele zugleich auch bedeutende Fossilfundstatten sind siehe unten Fossilfauna BearbeitenDie Eppelsheim Formation ist durch ihren Gehalt an fossilen Landwirbeltieren insbesondere fossilen Saugetieren unter Palaontologen weltweit schon seit dem 19 Jahrhundert bekannt Die Funde stammen aus mehreren ehemaligen Sandgruben im Suden und Westen Rheinhessens Dies sind vor allem die Sandgruben bei Westhofen Dintesheim Esselborn Wahlheim Kettenheim Bermersheim Gau Weinheim sowie der Wissberg bei Gau Weinheim und der Steinberg Napoleonshohe bei Sprendlingen Besonders ergiebig war und ist die klassische Fundstatte bei Eppelsheim aus der Kaup seinerzeit Deinotherium giganteum beschrieben hatte Dort wurden ausser mehreren Arten von Russeltieren neben Deinotherium auch Mastodonten vor allem Unpaarhufer geborgen besonders haufig Urpferde der Gattung Hippotherium Deutlich seltener sind Paarhufer und am seltensten sind Raubtiere Insektenfresser Nagetiere und Primaten Der etwa 28 Zentimeter lange Oberschenkelknochen von Paidopithex rhenanus gilt als der historisch erste Fund eines primitiven Menschenaffen ein gibbon ahnlicher Vertreter Seit 1996 finden in der Lokalitat Eppelsheim alljahrlich wissenschaftliche Grabungen statt Zwei 2016 in der klassischen Lokalitat entdeckte 9 7 Millionen Jahre alte Kronen eines linken oberen Eckzahns und eines oberen rechten ersten Backenzahns wurden von ihren Entdeckern Mainzer Archaologen in einer 2017 publizierten Beschreibung als zwei Zahne eines offensichtlich bislang unbekannten Menschenaffen interpretiert 3 Dieser Einordnung der Funde die in einem nicht peer reviewten Hausblatt des Naturhistorischen Museums Mainz erschien wurde von mehreren Palaoanthropologen umgehend widersprochen Der Backenzahn ahnele dem eines im Rheinland seinerzeit verbreiteten ausserhalb der Menschenaffen stehenden Altweltaffen der Gattung Anapithecus der Eckzahn stamme uberhaupt nicht von einem Primaten sondern sei ein abgebrochener Hocker des Backenzahns eines Hirsches 4 5 Funde aus der Eppelsheim Formation werden in etlichen Museen aufbewahrt und ausgestellt Dazu gehoren so bekannte grosse Einrichtungen wie das Hessische Landesmuseum Darmstadt das Naturhistorische Museum in Mainz und das Naturmuseum Senckenberg in Frankfurt am Main aber auch kleine Heimatmuseen wie das Museum Alzey Speziell den Dinotheriensanden gewidmet ist das Dinotherium Museum in Eppelsheim Weiterfuhrende Literatur BearbeitenHeinz Tobien Bemerkungen zur Taphonomie der spattertiaren Saugerfauna aus den Dinotheriensanden Rheinhessens Weltenburger Akademie Festschrift anlasslich des 60 Geburtstages von Prof Dr Erwin Rutte 1983 S 191 200 Jens Sommer Sedimentologie Taphonomie und Palaookologie der miozanen Dinotheriensande von Eppelsheim Rheinhessen Dissertation am Fachbereich Geowissenschaften der Johann Wolfgang Goethe Universitat in Frankfurt am Main 2007 Frank Holzforster Jens Sommer Ottmar Kullmer Herbert Lutz Der Obermiozane Ur Rhein bei Eppelsheim Rheinhessen und sein Bezug zur Tektonik des Mainzer Beckens Mainzer naturwissenschaftliches Archiv Bd 46 2008 S 37 52Quellen BearbeitenAllgemein Bearbeiten Jens Lorenz Franzen Oldrich Fejfar Gerhard Storch Volker Wilde Eppelsheim 2000 new discoveries at a classic locality S 217 234 in J W F Reumer W Wessels Hrsg Distribution and Migration of Tertiary Mammals in Eurasia A Volume in Honour of Hans de Bruijn Deinsea Bd 10 2003 PDF 1 MB Jens Lorenz Franzen Auf dem Grunde des Ur Rheins Ausgrabungen bei Eppelsheim Natur und Museum Bd 130 Nr 6 2000 S 169 180Einzelnachweise Bearbeiten Madelaine Bohme Manuela Aiglstorfer Dieter Uhl Ottmar Kullmer The Antiquity of the Rhine River Stratigraphic Coverage of the Dinotheriensande Eppelsheim Formation of the Mainz Basin Germany PLoS ONE Bd 7 Nr 5 2012 e36817 doi 10 1371 journal pone 0036817 Matthias C Grimm Beitrage zur Lithostratigraphie des Palaogens und Neogens im Oberrheingebiet Oberrheingraben Mainzer Becken Hanauer Becken Geologisches Jahrbuch Hessen Bd 132 2005 79 112 Herbert Lutz Thomas Engel Bastian Lischewsky Axel von Berg A new great ape with startling resemblances to African members of the hominin tribe excavated from the Mid Vallesian Dinotheriensande of Eppelsheim First report Hominoidea Miocene MN 9 Proto Rhine River Germany Mainzer naturwissenschaftliches Archiv Bd 54 2017 im Druck Volltext als ungelayoutete Korrekturfahne verfugbar auf ResearchGate Umstrittener Knochenfund Vater Rhein Wiege der Menschheit SpiegelOnline 25 Oktober 2017 abgerufen am 26 Oktober 2017 Menschenaffen Zahne in Eppelsheim Sensationeller Fund doch nicht so sensationell SWR Aktuell vom 26 Oktober 2017 abgerufen am 29 Oktober 2017 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Eppelsheim Formation amp oldid 208259639