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Die Seehafenstadt Emden nahm zur Zeit des Deutschen Kaiserreichs einen wirtschaftlichen Aufschwung von einer seit mehreren Jahrzehnten stagnierenden Stadt zum drittgrossten deutschen Nordseehafen nach Hamburg und Bremen und zum grossten preussischen Nordseehafen Inhaltsverzeichnis 1 Emden und das Verhaltnis zu Preussen vor 1871 2 Oberburgermeister Leo Furbringer 3 Ausbau der Infrastruktur 3 1 Telegrafenamt 3 2 Landgewinnung 3 3 Kanale 3 4 Bahn 4 Industrieansiedlungen 5 Politische Verhaltnisse 5 1 Einwohnerzuwachs 5 2 Streiks und der Aufstieg von Gewerkschaften und Sozialdemokratie 6 Erster Weltkrieg 7 Literatur 8 EinzelnachweiseEmden und das Verhaltnis zu Preussen vor 1871 BearbeitenDie Ruckkehr nach Preussen wurde in Emden und in Teilen Ostfrieslands im Allgemeinen begrusst Die Annexion des Konigreichs Hannover durch Preussen so hofften viele Emder wurde auch wirtschaftlich wieder bessere Zeiten bringen Fur Ostfriesland hatte die erste preussische Herrschaft von 1744 bis 1806 ein Wiederaufleben der Moorkultivierung und erfolgreiche Neueindeichungen gebracht fur Emden im Besonderen eine wenn auch bescheidene Belebung des Handels nach Jahrzehnten der Stagnation Oberburgermeister Leo Furbringer Bearbeiten nbsp Partie am Ratsdelft 1913 nbsp Das Emder Rathaus um 1880Der Aufstieg zu einer bedeutenden Hafen und Industriestadt ist untrennbar mit dem Namen von Leo Furbringer 1843 1923 verknupft Er amtierte als Oberburgermeister von 1875 bis 1913 diese Zeit tragt noch heute seinen Namen die Ara Furbringer In jenen Jahrzehnten wurde der Emder Hafen zum Seehafen des Ruhrgebietes ausgebaut eine industrielle Entwicklung schloss sich an nbsp Schweckendieck BusteIm Zusammenspiel mit dem Emder Abgeordneten im Preussischen Landtag Carl Schweckendieck machte sich Furbringer fur den Ausbau der Hafenanlagen stark Dabei kamen Emden die Autarkiebestrebungen des Deutschen Reiches zugute Man wollte eine eigene Verbindung zwischen dem Ruhrgebiet und der See um von der niederlandischen Rheinmundung unabhangig zu sein Der Emder Hafen bot dabei gute Voraussetzungen da er der westlichste Seehafen Deutschlands war und die Entfernung vom rheinisch westfalischen Industrierevier nach Emden kurzer war als zu allen anderen deutschen Seehafen abgesehen von Papenburg und Leer die jedoch ein deutlich flacheres Emsfahrwasser aufwiesen nbsp Aufnahme vom Besuch Kaiser Wilhelm II am 2 Juli 1902 zur Einweihung des neuen Emder HafensBei der preussischen Kreisreform 1885 wurde Emden eine kreisfreie Stadt das Umland einige heutige Emder Stadtteile wie Twixlum Wybelsum Larrelt Wolthusen Petkum und weitere die Krummhorn Hinte Wirdum und der Nordwesten der heutigen Gemeinde Moormerland um Oldersum bildete seitdem den bis 1932 bestehenden Landkreis Emden Die Stellung als kreisfreie Stadt wirkt bis heute nach Emden ist die einzige kreisfreie Stadt Ostfrieslands Ausbau der Infrastruktur BearbeitenTelegrafenamt Bearbeiten nbsp Portrat Staatssekretar Dr von Stephan 1885Heinrich von Stephan forderte den Telegrafie Standort Emden vor allem durch die Verlegung von Unterseekabeln nach Ubersee Genutzt wurden die damals hochmodernen Guttapercha isolierten Untersee Telekommunikationskabel Landgewinnung Bearbeiten nbsp Einpolderungen am Dollart und in EmdenDie nachste grossere Eindeichungsmassnahme war 1876 der Kaiser Wilhelm Polder sudwestlich des Stadtkerns Er erbrachte nicht nur einen grossen Flachenzuwachs sondern ermoglichte auch die einfachere Anbindung der westlich von Emden gelegenen Dorfer uber eine neue Landstrasse dem Vorlaufer der heutigen Landesstrasse 2 In den folgenden Jahrzehnten entstanden auf dem eingedeichten Gebiet neue Stadtteile u a Behordenviertel Kanale Bearbeiten Ausser der in den 1850ern fertiggestellten Bahnstrecke zwischen Emden Munster und dem Ruhrgebiet gab es jedoch nur wenige Transportmoglichkeiten Insbesondere fehlte eine Anbindung fur Binnenschiffe Daher erfolgte etwa in den Jahren zwischen 1880 und 1900 ein deutlicher Ausbau der Binnenlandverbindungen des Emder Hafens In erster Linie ist hier der Bau des Dortmund Ems Kanals 1892 1899 zu nennen erganzt um den Ems Seitenkanal von Oldersum nach Emden Zwischen 1880 und 1888 kam der Ems Jade Kanal hinzu Dieser verband Emden mit Wilhelmshaven und sollte zugleich der Entwasserung weiter Teile des Auricherlandes dienen Im Zuge dieses Baus wurde auch die in Europa einzigartige Kesselschleuse erbaut 1886 1887 Die seewartige Erreichbarkeit des Emder Hafens wurde im Jahre 1888 entscheidend verbessert als nach zweijahriger Bauzeit die Nesserlander Schleuse eingeweiht wurde Bahn Bearbeiten Zudem wurde durch den Luckenschluss der Eisenbahnstrecke Bremen Oldenburg Leer 1869 nun auch ein durchgehender Bahnanschluss nach Sud Osten geschaffen Die Ostfriesische Kustenbahn wurde am 15 Juni 1883 eroffnet Die Bahnstrecke diente als Verlangerung der Hannoverschen Westbahn und fuhrte uber Norden Esens und Wittmund bis zur damaligen Landesgrenze zum Oldenburgischen bei Asel Die Kreisbahn Emden Pewsum Greetsiel wurde ab dem 27 Juli 1899 von Emden bis Pewsum befahren und wurde am 21 September 1906 bis Greetsiel verlangert Neben den regionalen und uberregionalen Normalspur Bahnverbindungen sowie der Kleinbahn ins Umland bestand seit dem 23 Februar 1902 daruber hinaus eine Strassenbahn in der Stadt bis 1953 Sie verband das Rathaus mit dem Aussenhafen und diente als Zubringer fur die Borkumfahren ebenso wie fur den taglichen Pendelverkehr der Hafen Beschaftigten nbsp Blick in die Wilgumer Strasse historischer Kern des Arbeiterviertels Port Arthur TransvaalIndustrieansiedlungen BearbeitenIn den Jahren zwischen den deutschen Einigungskriegen und dem Ersten Weltkrieg verzeichnete Emden einen deutlichen Aufschwung in der industriellen Entwicklung Bereits 1867 wurde eine Papierfabrik eroffnet sie blieb bis um 1900 grosster Arbeitgeber der Stadt mit zirka 160 bis 180 Beschaftigten 1875 folgte die Cassens Werft 1903 wurden die Nordseewerke gegrundet doch schon nach wenigen Jahren geriet der Betrieb in wirtschaftliche Schieflage die Stadt Emden musste zum Erhalt der Werft und der Arbeitsplatze eingreifen Durch den Einstieg des Ruhr Industriellen Hugo Stinnes gelang 1911 der endgultige Durchbruch zu einer modernen Werft Die Grosswerft war bis in die fruhen 1970er Jahre der grosste Industriebetrieb Emdens 1913 wurde als weitere grosse Infrastrukturmassnahme die Grosse Seeschleuse eingeweiht Mit einer Binnenlange von 260 Metern galt sie zu diesem Zeitpunkt als eine der grossten Seeschleusen der Welt Mit dem Bau wurde auch ein neues Hafenbecken angelegt der Neue Binnenhafen Hier wurden vornehmlich Erze und Kohle umgeschlagen fur das oder aus dem Ruhrgebiet Politische Verhaltnisse BearbeitenEinwohnerzuwachs Bearbeiten Der Hafen und die neuen Industriebetriebe konnten ihren Arbeitskraftebedarf nicht allein aus der Emder Bevolkerung decken Neben Ostfriesen die aus dem Umland in die Seehafenstadt zogen so sie nicht pendelten kamen auch Arbeiter aus anderen deutschen Landesteilen nach Emden Da der Wohnraum nicht ausreichte wurde ab 1901 ein neuer Stadtteil fur die Hafenarbeiter erbaut der spater in jenem Jahrzehnt dann den Doppelnamen Port Arthur Transvaal erhielt benannt nach zwei Ereignissen jenes Jahrzehnts der Seeschlacht bei Port Arthur im Zuge des Russisch Japanischen Krieges sowie der Provinz Transvaal in Sudafrika zu jener Zeit Schauplatz des Burenkrieges Die ersten noch eingeschossigen Hauser sind im Stil einer Arbeitersiedlung gehalten mehrgeschossige Bauten kamen in den folgenden Jahren hinzu Streiks und der Aufstieg von Gewerkschaften und Sozialdemokratie Bearbeiten Mit der Zunahme der Industriebetriebe und des Hafenumschlags wurden die Sozialdemokraten in Emden und Leer starker 1 Erstmals traten die Sozialdemokraten am 6 Oktober 1889 anlasslich des Reichstagswahlkampfes offentlich in Erscheinung Mit ihrem Spitzenkandidaten Paul Hug erreichten sie bei der Reichstagswahl 1890 im Wahlkreis Emden Norden Leer insgesamt 90 Prozent der Stimmen in der Stadt Emden jedoch 30 Prozent 1 Bereits im Marz jenes Jahres hatte der aus Pommern stammende Tischler Carl Bigitschke einen Gewerkverein seines Berufsstandes mitbegrundet der sich jedoch nach vier Jahren wieder aufloste Bis zur offiziellen Grundung eines SPD Ortsvereins dauerte es jedoch bis 1902 Der Ortsverein umfasste damals 40 Mitglieder deren Zahl bis 1914 auf 598 anstieg darunter 81 Frauen 2 Zum grossten Streik vor dem Ersten Weltkrieg kam es 1905 als etwa 200 Hafenarbeiter zwischen dem 18 November und dem 30 Dezember in den Ausstand traten Neben Lohnforderungen und Arbeitszeitregelungen ging es auch um die Anerkennung der Transportarbeitergewerkschaft als Verhandlungspartner Die Arbeitgeber reagierten mit Aussperrungen und dem Einsatz von Streikbrechern die per Zug von auswarts herangeholt und unter Polizeischutz in die Betriebe geleitet wurden wobei es zu gewaltsamen Auseinandersetzungen kam Oberburgermeister Furbinger konnte schliesslich schlichten Die Gewerkschaft wurde anerkannt musste sich aber von fuhrenden Kopfen trennen Ausserdem wurde ein Tarifvertrag bis 1907 festgeschrieben 3 Auch in anderen Branchen kam es in jener Zeit zu Streiks Erster Weltkrieg BearbeitenBereits im ersten Jahr nach dem Ausbruch des Ersten Weltkriegs am 1 August 1914 spielte Emden zweimal eine Rolle im Seekriegsgeschehen zum einen als Namenspate des Kreuzers Emden zum anderen als derjenige Hafen von dem das U Boot auslief das die Lusitania versenkte nbsp Boot mit Uberlebenden vor dem Wrack der SMS EmdenDer Kleine Kreuzer SMS Emden verliess seinen Stationierungsort Tsingtau am 2 August 1914 und brachte im Handelskrieg im Indischen Ozean innerhalb von zwei Monaten 23 feindliche Handelsschiffe und zwei Kriegsschiffe auf oder versenkte diese Am 9 November 1914 wurde sie in einem Gefecht mit dem australischen Kreuzer HMAS Sydney nahe den Kokosinseln versenkt Die wahrend des Kreuzerkriegs im Indischen Ozean an den Tag gelegte Ritterlichkeit von Kapitan Karl von Muller und seiner Besatzung fand auch beim Kriegsgegner Widerhall 4 nbsp Walther Schwieger mit dem Pour le Merite Portrat von 1917 Die Kaiserliche Marine nutzte Emden als Kriegshafen dort lagen Torpedoboote und U Boote vertaut Von seinem Stutzpunkt Emden aus lief am 30 April 1915 das U Boot U 20 unter dem Befehl von Kapitanleutnant Walther Schwieger aus Einen Tag spater verliess das Passagierschiff Lusitania New York auf dem Weg nach Liverpool Wenige Tage spater wurde es vor der Kuste Irlands von U 20 versenkt 5 Der Untergang kostete 1198 Menschen das Leben und rief international besonders in den bis dahin nicht als Kriegsteilnehmer beteiligten Vereinigten Staaten grosse Emporung hervor Der spater uneingeschrankte U Boot Krieg liess die USA schliesslich auf Seiten der Entente in den Krieg eintreten Der Erste Weltkrieg bedeutete fur den Emder Hafen einen Einbruch beim Umschlag Lag dieser im Jahre 1913 noch bei 1 55 Mio Tonnen bei der Einfuhr und 1 68 Mio Tonnen bei der Ausfuhr so kam er wahrend des Krieges nicht uber eine sechsstellige Summe bei Einfuhr und Ausfuhr hinaus Ausnahme 1918 betrug die Ausfuhr 1 07 Mio Tonnen Den Tiefststand verzeichnete der Hafen 1919 als die Einfuhr 414 000 Tonnen und die Ausfuhr 488 000 Tonnen betrug Werte die im 20 Jahrhundert nur noch am Ende des Zweiten Weltkriegs unterboten wurden Die Nordseewerke bauten neben Minensuchbooten auch Fischdampfer die ebenfalls zur Minensuche verwendet werden konnten Ausserdem reparierte die Werft zahlreiche Marinefahrzeuge Die Versorgungslage in der Stadt musste durch eine Vielzahl von Amtern geregelt werden Lebensmittel wurden rationiert zur Unterbindung des Preiswuchers richteten die Stadtoberen ein Wucheramt ein Im Krieg fielen 531 Emder Soldaten 6 Literatur BearbeitenKurt Asche Burgerhauser in Ostfriesland Verlag SKN Norden 1992 ISBN 3 922365 39 6 Marianne Claudi Reinhard Claudi Goldene und andere Zeiten Emden Stadt in Ostfriesland Gerhard Verlag Emden 1982 ISBN 3 88656 003 1 Reinhard Claudi Hrsg Stadtgeschichten Ein Emder Lesebuch 1495 1595 1995 Gerhard Verlag Emden 1995 ISBN 3 9804156 1 9 darin Walter Deeters Ostfrieslands politischer Charakter Eine Kampfschrift und ihre Folgen In Emder Jahrbuch fur historische Landeskunde Ostfrieslands Band 65 1985 Gottfried Kiesow Architekturfuhrer Ostfriesland Verlag Deutsche Stiftung Denkmalschutz Bonn 2010 Gunther Hummerich Auf den Spuren einer Emder Strasse Cosmas und Damian Verlag Emden 2000 ISBN 3 933379 02 4 Emder Stadtansichten Band 2 Dietrich Janssen Marten Klose Emder Strassenbahn Selbstverlag Emden 2008 ohne ISBN Eberhard Kliem Die Stadt Emden und die Marine Vom Grossen Kurfursten bis zur Bundesmarine Verlag E S Mittler und Sohn Hamburg Berlin Bonn 2008 ISBN 978 3 8132 0892 4 Eckart Kromer Kleine Wirtschaftsgeschichte Ostfrieslands und Papenburgs Verlag SKN Norden 1991 ISBN 3 922365 93 0 Dietmar von Reeken Ostfriesland zwischen Weimar und Bonn Eine Fallstudie zum Problem der historischen Kontinuitat am Beispiel der Stadte Emden und Aurich Quellen und Untersuchungen zur Geschichte Niedersachsens nach 1945 Band 7 Verlag August Lax Hildesheim 1991 ISBN 3 7848 3057 9 Axel von Schack Albert Gronewold Arbeit alleine da wirst nicht von satt Zur Sozialgeschichte der Stadt Emden 1848 1914 Verlag Edition Temmen Bremen 1994 ISBN 3 86108 233 0 Heinrich Schmidt Politische Geschichte Ostfrieslands Ostfriesland im Schutze des Deiches Bd 5 Verlag Rautenberg Leer 1975 DNB 200446355 Ernst Siebert Walter Deeters Bernard Schroer Geschichte der Stadt Emden von 1750 bis zur Gegenwart Ostfriesland im Schutze des Deiches Bd 7 Verlag Rautenberg Leer 1980 DNB 203159012 darin Walter Deeters Geschichte der Stadt Emden von 1890 bis 1945 S 198 256 Einzelnachweise Bearbeiten a b Heinrich Schmidt Ostfriesland im Schutze des Deiches Politische Geschichte Ostfrieslands Selbstverlag Leer 1975 ohne ISBN S 430 Axel von Schack Albert Gronewold Arbeit allein da wirst nicht von satt Zur Sozialgeschichte der Stadt Emden 1848 1914 Verlag Edition Temmen Bremen 1994 ISBN 3 86108 233 0 S 180 und 182ff Axel von Schack Albert Gronewold Arbeit allein da wirst nicht von satt Zur Sozialgeschichte der Stadt Emden 1848 1914 Verlag Edition Temmen Bremen 1994 ISBN 3 86108 233 0 S 266ff Frank Nagler Muller Karl von In Neue Deutsche Biographie NDB Band 18 Duncker amp Humblot Berlin 1997 ISBN 3 428 00199 0 S 439 Digitalisat Wolfgang Ludde Der Tod der von Emden auslief In Emder Zeitung Wochenmagazin 5 Oktober 2002 Axel von Schack Albert Gronewold Arbeit allein da wirst nicht von satt Zur Sozialgeschichte der Stadt Emden 1848 1914 Verlag Edition Temmen Bremen 1994 ISBN 3 86108 233 0 S 298 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Emden zur Zeit des Deutschen Kaiserreichs amp oldid 238118356