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Ritterlichkeit umfasst einen Katalog von tugendhaftem Verhalten oder bestimmten Tugenden manchmal sogar ein Ethos Es stammt vom mittelhochdeutschen Adjektiv bzw Adverb ritterlich oder riterlich das Substantiv Ritterlichkeit ist also spateren Ursprungs Dort bezeichnet es das einem Ritter geziemende Verhalten 1 Inhaltsverzeichnis 1 Chronologischer Abriss 1 1 Hochmittelalter 1 2 Spatmittelalter 1 3 Romantik 1 4 Jungere Gegenwart 2 Literatur 3 Weblinks 4 EinzelnachweiseChronologischer Abriss BearbeitenHochmittelalter Bearbeiten nbsp Manessische Liederhandschrift Grosse Heidelberger Liederhandschrift Szene Der Schenke von LimburgWahrend des Hochmittelalters 1170 bis 1250 beinhaltete der Begriff vor allem in der Literatur das Ideal eines nichtkodifizierten Ethos des Rittertums das folgende Wertvorstellungen umfasste diemuete Demut S ere eːre ritterliches Ansehen Wurde P guete Freundlichkeit S hoher muot ˈhoher ˈmu ɔt seelische Hochstimmung P hoveschkeit Hofischkeit Hoflichkeit S manheit Tapferkeit S maze ˈmaːse massvolles Leben Zuruckhaltung P milte Freigiebigkeit Grosszugigkeit S minne Dienstbare hingebungsvolle Liebe P staete Bestandigkeit Festigkeit P triuwe ˈtryve Treue S werdekeit Wurde P zuht ˈtsʊxt Erziehung nach festen Regeln Anstand Wohlerzogenheit P Die ritterlichen Tugenden bestanden aus personlichen P wie sozialen Normen S die zum einen das Ansehen des Rittertums und damit des Adels uberhaupt erhalten und begrunden ere zuht aber auch die Ordnung der sozialen Beziehungen der Menschen festigen und garantieren sollten Sie dienten damit auch der Legitimation des Adels als des vornehmsten Standes Sie fussten auf den militarischen Tugenden Treue und Tapferkeit denn Ritter waren zunachst die Soldaten eines Lehnsherren uberstiegen diese jedoch weit Dabei handelte es sich um Idealisierungen die vornehmlich der hofischen Dichtung wie Erec Parzival oder Iwein sowie dem Minnesang entlehnt sind und die sich dort in ritualisierten Handlungen niederschlagen Die hoveschkeit aus der sich der neuhochdeutsche Begriff der Hoflichkeit herleitet bezeichnet die Umgangsformen am Hof das gesittete und musisch gebildete Verhalten Im Minnesang genauer in der Hohen Minne etwa wird diese Ritterlichkeit am starksten ritualisiert indem das lyrische Ich die Angeminnte zu einem unerreichbaren Ideal stilisiert wobei es diese stets seines hohen muots sowie seiner staete diemuete und triuwe versichert Auch in den grossen Ritterepen kommen die Ritter nur durch maze und staete an ihr Ziel Ritterlichkeit und christliche Tugenden wie sie sich in den monchischen Tugenden der Hilfsbereitschaft keuschen Zucht und Askese wiederfinden erganzen sich Wenig umstritten ist auch die These dass die ritterlichen wesentlich auf den christlichen Tugenden beruhen Fur das Verstandnis von mittelalterlicher Ritterlichkeit ist der Unterschied zwischen dem Figurentyp des Helden und dem des Ritters entscheidend Der Held wie er in Heldenepen des Artussagenkreises oder der Nibelungensage etwa in den Personen Siegfrieds oder Konig Artus dargestellt wird entspricht nicht dem Ideal hofischer Ritterlichkeit Siegfried wird dort als ungehobelter recht einfacher jedoch mutiger Mann beschrieben der nicht die ritterlichen Kriterien von ere und hoveschkeit erfullt Die keltische Artussage um 500 wird erst durch ihre spatere Rezeption in Frankreich 12 Jahrhundert fur die hofisch ritterliche Dichtung interessant Spatmittelalter Bearbeiten Die hochmittelalterlichen Idealvorstellungen von Ritterlichkeit sind auch Gegenstand nachtraglicher Glorifizierung In der Literatur zum Beispiel bei Thomas Malory um 1405 1471 und seinen Geschichten von Konig Arthus und den Mannern von der Tafelrunde Hier werden die Geschichten um den keltischen Artussagenkreis zu einem Prosa Heldenepos verschmolzen Cervantes 1547 1616 Don Quijote bildet den Abgesang auf die idealisierenden und verklarenden Vorstellungen von Ritterlichkeit in einer Zeit da das Rittertum durch die Erfindung des Schiesspulvers militarisch obsolet geworden und wirtschaftlich verarmt war Tatsachlich gibt Cervantes mit seinem Ritter von der traurigen Gestalt alle Vorstellungen einer neuen Ritterlichkeit der Lacherlichkeit preis die Zeiten der Ritter sind schlicht vorbei Romantik Bearbeiten Am starksten rezipiert und wiederbelebt wurden die ritterlichen Ideale in der Romantik in der die feudale Ordnung mit ihren ritterlichen Tugenden als ruckwartsgewandte Utopie gegen die neue burgerliche Gesellschaft eskapistisch formuliert wird Vor allem die Ritterromane des 19 Jahrhunderts vermitteln das Bild einer heilen Welt von Ritterlichkeit etwa von Friedrich de la Motte Fouque Heinrich Heine hatte schon am 18 August 1820 in einem mit Die Romantik uberschriebenen Artikel des Rheinisch westphalischen Anzeiger Kunst und Wissenschaftsblatt auf den Zusammenhang zwischen Romantik und Rittertum hingewiesen Viele aber die bemerkt haben welchen ungeheuren Einfluss das Christentum und in dessen Folge das Rittertum auf die romantische Poesie ausgeubt haben vermeinen nun beides in ihren Dichtungen einmischen zu mussen um denselben den Charakter der Romantik aufzudrucken Auch in seiner Schrift Die Romantische Schule wird dies erwahnt Neben Ludwig Tiecks Ritter Blaubart fiel auch die Herausgabe der Deutschen Sagen durch die Bruder Grimm in die Zeit der Romantik Ob dies jedoch mit einem Wiederaufleben des ritterlichen Ideals und der Ritterlichkeit einherging ist in der Forschung nicht mehr nur umstritten sondern wird auch zunehmend abgelehnt Jungere Gegenwart Bearbeiten Ritterlichkeit als eine standische Tugend wird mit dem Wegfall einer Standeordnung heute allenfalls noch innerfamiliar etwa im Adel als Tugend anerzogen In der Umgangssprache bezeichnet der Begriff heute ein gerechtes und rucksichtsvolles und hoflich zuvorkommendes Handeln besonders gegenuber Frauen Er wird jedoch zunehmend seltener verwendet Von der Frauenbewegung wird der Begriff gelegentlich kritisch gesehen Frauen bedurften einer mannlichen Tugend nicht die sie als von Natur aus schwacher ansahe und darin noch bestarke Noch heute sind die aus dem Ethos der Ritterlichkeit entstandenen Ritterorden 2 kulturell und sozial weltweit von Bedeutung Weiter ist die Ritterlichkeit eines der Ideale der Pfadfinder Dies hat seinen Ursprung in einer Ausserung Robert Baden Powells des Begrunders der Pfadfinderbewegung Dieser erklart in seinem Buch Scouting for Boys Pfadfinder sollten es anstreben die Ritter der Neuzeit zu sein vgl Pfadfindergesetz Als Merkmal einer Einzelpersonlichkeit verlor die Ritterlichkeit mit der Industrialisierung des Krieges die Moglichkeit sich personlich auszuzeichnen Wahrend des Ersten Weltkrieges fand der Begriff noch propagandistische Verwendung fur die Ritterlichkeit im Luftkampf zwischen den Piloten etwa fur das angeblich faire Verhalten des Roten Barons Manfred von Richthofen 3 4 In der Literatur spielt das Ideal der Ritterlichkeit mit wenigen Ausnahmen wie dem Fantasy Bestseller Die Nebel von Avalon heute nur noch eine untergeordnete Rolle In Film und Fernsehen werden die Ideale der Ritterlichkeit vornehmlich von Historien und Fantasy Filmen aufgegriffen Literatur BearbeitenHorst Brunner Geschichte der deutschen Literatur des Mittelalters im Uberblick 2 Aufl Reclam Stuttgart 2000 ISBN 3 15 009485 2 Joachim Bumke Geschichte der deutschen Literatur im hohen Mittelalter 5 Aufl dtv Munchen 2004 ISBN 3 423 04552 3 L Peter Johnson Die hofische Literatur der Blutezeit In Joachim Heinzle Hrsg Geschichte der deutschen Literatur von den Anfangen bis zum Beginn der Neuzeit Bd II 1 Niemeyer Tubingen 1999 ISBN 3 484 10700 6 Werner Paravicini Die ritterlich hofische Kultur des Mittelalters Oldenbourg Munchen 1994 ISBN 3 486 55008 X Aldo Scaglione Knights at Court Courtliness Chivalry and Courtesy from Ottonian Germany to the Italian Renaissance University of California Press Berkeley 1991 Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Chivalry Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien nbsp Wiktionary Ritterlichkeit Bedeutungserklarungen Wortherkunft Synonyme Ubersetzungen Heinrich Heines Artikel Die Romantik vom 18 August 1820Einzelnachweise Bearbeiten siehe Eintrag des Mittelhochdeutschen Worterbuchs Vgl etwa M Fisher The Idea of Chivalry in the Chronicles of the Teutonic Order Kummerle Verlag Goppingen 1991 Goppinger Arbeiten zur Germanistik Band 525 ISBN 3 87452 765 4 Joachim Castan Der Rote Baron Die ganze Geschichte des Manfred von Richthofen Klett Cotta Verlag Stuttgart 2007 Demontage einer Legende Rezension In deutschlandfunkkultur de 26 September 2007 abgerufen am 3 Dezember 2019 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Ritterlichkeit amp oldid 225784819