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Der Ritterroman ist eine ab dem Ende des 15 Jahrhunderts in den europaischen Literaturen Verbreitung gewinnende Form der Grossepik die Stoffe und Konventionen des mittelalterlichen hofischen Romans ubernimmt und sie durch zahlreiche phantastische Elemente Zauberer Riesen Zwerge etc erganzt Der ritterliche Protagonist erlebt seine Abenteuer die er zugunsten seiner Dame besteht in einer Zauberwelt die kaum mehr den Anspruch erhebt die Wirklichkeit irgendwie abzubilden Hier wird der Unterschied zum hofischen Roman erkennbar der diesen Anspruch noch erhebt schon deshalb weil er die Weltsicht und die hofische Kultur seines Publikums bestatigen und stutzen soll Der Ritterroman ist demgegenuber eine auf Unterhaltungswert ausgelegte Mischung aus Abenteuer Phantastik Exotik Sentimentalitat und galanter Erotik In dem Augenblick in dem der Ritterroman als Identifikationsmuster ernst genommen wird wird das Ergebnis grotesk wie die Ritterroman Parodie des Don Quijote uberzeugend vorfuhrt Titelblatt der Erstausgabe des Amadis de Gaula 1508 Der Ritterroman fand in nun auch schon burgerlichen Kreisen breiten Zuspruch die Verbreitung des Buchdrucks vermehrte die Zahl der in Umlauf befindlichen Exemplare eines Textes um Grossenordnungen die Folge war dass der Vortrag an Bedeutung verlor gegenuber Vorlesen und individueller Lekture und damit auch die Funktion der Versform als Gedachtnisstutze was wiederum der Verbreitung von Prosa nutzte Die Form des Ritterromans ist daher die Prosa Gelegentlich wird Ritterroman auch falschlich als Synonym fur hofischer Roman verwendet Im Franzosischen entspricht dem Ritterroman der Roman de chevalerie im Spanischen das Libro de caballerias Die englische chivalric romance bezieht den hofischen Roman mit ein Zeitlich konzentriert sich die Beliebtheit des Ritterromans auf das 16 Jahrhundert mit unterschiedlichen Verlaufen und Ausformungen in den Nationalliteraturen Eine Renaissance erlebte der Ritterroman in der Romantik so nannte Friedrich de La Motte Fouque eine Reihe seiner Werke im Untertitel ausdrucklich Ritterroman Von diesen Werken der Romantik ist dann nur noch ein kleiner Schritt bis zum modernen Genre der High Fantasy die das Inventar an Zauberern und Elfen ohne grossere Anderungen ubernahm so bei J R R Tolkien der ausdrucklich eine Fortschreibung keltischer Mythologie anstrebte oder bei Marion Zimmer Bradley die mit Die Nebel von Avalon und den Fortsetzungen die Welt der Artussage erfolgreich modernisierte Inhaltsverzeichnis 1 Der Ritterroman in den Nationalliteraturen Europas 1 1 Spanien und Portugal 1 2 Frankreich 1 3 Italien 1 4 Deutschland 2 Werke 3 Literatur 4 EinzelnachweiseDer Ritterroman in den Nationalliteraturen Europas Bearbeiten nbsp Don Quijote von Phantasmen umgeben auf einem Stich von Gustave Dore Spanien und Portugal Bearbeiten Hauptartikel Spanischer Ritterroman Besonderen Anklang fand die Gattung in Spanien wo mit dem Don Quijote des Miguel de Cervantes der Ritterroman seine bekannteste Auspragung fand und in die Weltliteratur einging Zugleich markiert der Don Quijote 1605 1615 als Parodie eines Ritterromans das Ende des Genres in Spanien Auch europaische Verbreitung und Nachahmung fand der Amadis de Gaula dessen Bearbeitung durch Garci Rodriguez de Montalvo 1508 erschien und die Welle der Amadisromane in ganz Europa ausloste Ebenfalls erfolgreich waren die Palmerin Romane Palmerin de Oliva 1511 Palmerin de Inglaterra 1547 Zusammen mit dem Amadis und dem Tirant lo Blanc 1490 des Joanot Martorell ist der Palmerin de Inglaterra einer der drei Ritterromane die der gestrenge Pfarrer im 6 Kapitel des Don Quijote dann doch vor der Verbrennung auf dem Scheiterhaufen der Ritterscharteken verschont 1 In Portugal waren Ritterromane mit Stoffen aus der Matiere de Bretagne um Artus Gral und Lancelot sehr beliebt Frankreich Bearbeiten In Frankreich fanden Adaptierungen von Artusstoffen und des Amadis Verbreitung Eine reiche Nachblute fand der Ritterroman dann in den vielbandigen preziosen Romanen des 17 Jahrhunderts zum Beispiel Polexandre von Gomberville Cleopatre von La Calprenede und Artamene ou le Grand Cyrus von Scudery nbsp Der Ritter und die Jungfrau in Noten hier Ruggero und Angelica auf einem Gemalde von Ingres Italien Bearbeiten In Italien geht die Entwicklung einen anderen Weg als den zum konventionellen Ritterroman Es beginnt mit Adaptionen von Stoffen aus dem Zyklus um Karl den Grossen zum Beispiel I Reali di Francia von Andrea da Barberino oder der altfranzosischen chansons de geste wie zum Beispiel Aspramonte desselben Autors Diese Adaptionen lieferten das Material fur die Entwicklung einer kunstvollen Versepik welche die italienische Literatur der folgenden Jahrhunderte pragen wird Es beginnt 1473 mit Il Morgante maggiore von Luigi Pulci geht weiter mit Matteo Maria Boiardos Orlando Innamorato 1476 1494 hier erscheint der Ruggiero aus Barberino als tragende Figur dann der Orlando Furioso 1516 1532 auch mit Ruggiero des Ludovico Ariosto und schliesslich den Hohepunkt erreichend mit dem Befreiten Jerusalem 1560 1575 des Torquato Tasso Ebenfalls zu erwahnen sind zwei Beispiele parodistisch burlesker ritterlicher Versepen namlich Teofilo Folengos Orlandino 1526 und Niccolo Forteguerri 1674 1735 mit Il Ricciardetto 1738 Deutschland Bearbeiten In Deutschland gab es neben Amadisromanen mit der Einfuhrung des Buchdrucks das breite Feld der sogenannten Volksbucher die sich inhaltlich von den Ritterromanen kaum abgrenzen lassen so zum Beispiel im Fall von Jorg Wickrams Ritter Galmy 1539 Im 17 Jahrhundert wandelte sich der Ritterroman zum sogenannten heroisch galanten Roman zunachst in Form von Ubersetzungen franzosischer Romane zum Beispiel der schon genannten Autoren Gomberville La Calprenede und Scudery dann in ebenfalls meist umfangreichen Werken deutscher Barockdichter zum Beispiel Andreas Heinrich Bucholtz Anton Ulrich von Braunschweig Philipp von Zesen Heinrich Anselm von Ziegler und Kliphausen Asiatische Banise 1689 und Eberhard Werner Happel Auch einige Werke von Grimmelshausen sind diesem Genre zuzuordnen namentlich Dietwalds und Amelindens anmutige Lieb und Leidsbeschreibung 1670 Des vortrefflichen keuschen Josephs in Agypten erbauliche Lebensbeschreibung 1670 und Des durchlauchtigen Prinzen Proximi und seiner ohnvergleichlichen Lympida Liebesgeschichterzahlung 1672 Einzuschranken ist dabei dass der heroisch galante Roman kein Ritterroman im engeren Sinn mehr ist es sind barocke Abenteuerromane in exotischen Umgebungen angesiedelt und die Ritter sind nun eher Prinzen oder sonst unbestimmt edelsinnig Die Handlungsmuster aber bleiben erhalten insbesondere die oft schon titelgebende Protagonisten Paarung aus weiblicher Hauptfigur deren Hauptaufgabe es ist in wechselnde Missgeschicke zu geraten aus denen sie dann vom mannlichen Helden gerettet wird 2 Ab Ende des 18 Jahrhunderts erfolgte dann der Ubergang zum Genre des Ritter und Rauberromans Werke BearbeitenEine chronologische Liste von Ritterromanen zusammen mit hofischen Romanen und anderer mittelalterlicher Grossepik bis zum Beginn der Neuzeit findet sich unter Liste mittelalterlicher Romane Literatur BearbeitenDaniel Eisenberg Romances of chivalry in the Spanish Golden Age Juan de la Cuesta Newark 1982 ISBN 0 936388 12 9 Henry Thomas Spanish and portuguese romances of chivalry Cambridge 1920 Gero von Wilpert Sachworterbuch der Literatur 8 Auflage Kroner Stuttgart 2013 ISBN 978 3 520 84601 3 S 693f Einzelnachweise Bearbeiten Hans Jorg Neuschafer Spanische Literaturgeschichte Metzler 2011 ISBN 978 3 476 02390 2 S 126f Gero von Wilpert Sachworterbuch der Literatur 8 Auflage Kroner Stuttgart 2013 ISBN 978 3 520 84601 3 S 339 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Ritterroman amp oldid 229885140