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Eilhart von Oberg auch Oberge nach dem vermuteten mhd Dativ des Ortsnamens gilt als der Verfasser des mittelhochdeutschen Versromans Tristrant der ersten uberlieferten deutschsprachigen Bearbeitung des europaweit verbreiteten Tristan Stoffes Allerdings ist seine Verfasserschaft wie auch der Name nicht gesichert Inhaltsverzeichnis 1 Herkunft 2 Andere Namensformen 3 Leben als ritterlicher Dienstmann Ministeriale 4 Werk 5 Wurdigung 6 Zweifel an Eilharts Verfasserschaft 7 Literatur 8 Weblinks 9 AnmerkungenHerkunft BearbeitenDie Herkunft Eilharts ist nicht langer ungewiss Lange Zeit wurde vermutet dass Eilharts Wirkungsraum am Niederrhein zu suchen sei Samtliche Grunde fur diese Vermutung sind dabei textimmanent d h sie wurden aus Andeutungen im Tristrant erschlossen Vor allem Eilharts Erwahnung des Flusses Rhein innerhalb eines Fluches in Vers 3162 hinter dem ein regionaler Phraseologismus vermutet wurde scheint die Niederrhein These zu stutzen Daruber hinaus deuten seine im deutschsprachigen Tristrant sichtbar werdenden Franzosisch Kenntnisse auf eine Herkunft nahe der franzosischen Sprach Grenze hin Und auch die Verwendung der ungewohnlichen Namensform Isalde statt Isolde deutet auf eine niederrheinische Herkunft da diese Namensformen an den Hofen der Limburger Herzoge und Grafen von Looz bezeugt sind Betrachtet man jedoch die dialektale Farbung von Eilharts Sprache so muss die niederrheinische Herkunft deutlich in Frage gestellt werden da sie sich als mitteldeutsch charakterisieren lasst Auch wenn man aufgrund fehlender Merkmale keine genauere Lokalisierung vornehmen kann und davon ausgehen muss dass Eilhart eine angelernte Kunstsprache benutzt hat deren Vorbild in den mittelfrankischen Dichtungen zu suchen ist lasst sich anhand der sprachlichen Analyse eine niederdeutsche Herkunft weitestgehend ausschliessen Das neuaufgefundene mutmassliche zweite Standbein Eilharts in Mainfranken s folgender Absatz lasst die Identitat mit dem niederdeutschen Ministerialen Kaiser Ottos IV wieder wahrscheinlicher werden Licht ins Dunkel konnte ein historischer Befund bringen dabei handelt es sich um zehn urkundliche Erwahnungen eines Eilhardus de Oberch zwischen den Jahren 1189 und 1227 in denen er als Zeuge Heinrichs des Lowen Kaiser Ottos IV und des Pfalzgrafen Heinrichs auftritt Hinzu kommt eine Erwahnung im Guterverzeichnis des Grafen Siegfried II von Blankenburg 1 Demnach wurde es sich bei Eilhart um einen Braunschweiger Ministerialen aus dem Geschlecht der Herren von Oberg handeln der im Dienste des romisch deutschen Konigs Otto IV des Welfen und dann von dessen Bruder Pfalzgraf Heinrich stand Die Dienstmannenfamilie von Oberg hatte ihren Stammsitz auf dem bis heute existierenden Rittergut Oberg zwischen Braunschweig und Hildesheim Der Mediavist Bernd Ulrich Hucker Universitat Vechta machte neuerdings zwei Beobachtungen zur historischen Einordnung des Dichters Dieser spielt in seinem Tristrant auf den tragischen Tod des englischen Konigs Richard Lowenherz an 1199 Die verdeckte Anspielung in Vers 8848 ff stellt eine Art Totenklage auf Richard dar wie sie in der zeitgenossischen deutschen Literatur einzigartig ist und passt damit zum Hofkreis Ottos IV des Lieblingsneffen Richards Als Anhanger Ottos IV ist sodann jener Ritter Eilhardus Saxo mit anderem Namen de Ilsede zu werten der 1215 17 im Umkreis des kaisernahen Bischofs von Wurzburg und als Wohltater der Zisterzienserabtei Walkenried im Harz erscheint die sich ebenfalls der Gunst Ottos erfreute Saxo bedeutete im frankischen Umfeld einfach nur der Sachse der aus dem Stammesherzogtum Sachsen stammende Klein und Gross Ilsede sind Rittersitze dem von Oberg unmittelbar benachbart die Namen von Ministerialen die noch keine feststehenden Familien sondern nur Herkunftsnamen waren konnten entsprechend ihrem aktuellen Wohnsitz schwanken Saxos Vertrauter war ein weiterer welfischer Dienstmann der Ritter Johann von Esbeck In Wurzburg hatte Eilhard von Ilsede Gisela eine Tochter oder Schwester des Schultheissen und Vize Grafen Eckart geheiratet Da sich die von Oberg und von Ilsede teilweise im Verhaltnis einer Doppelministerialitat zu den Welfen und zur Hildesheimer Hochkirche befanden erklart sich Eilhards Wurzburger Stellung zwanglos durch das Aufrucken des Hildesheimer Bischofs Konrad von Querfurt zum Bischof von Wurzburg Konrad fiel 1202 einem Attentat staufernaher Ministerialen zum Opfer der 1199 1200 von demselben Personenkreis ermordete Stadtgraf Eckart war einer der engsten Vertrauten des Bischofs Andere Namensformen BearbeitenDie Gleichsetzung des urkundlichen Eilhardus de Oberch mit dem Verfasser des Tristrant ist jedoch problematisch da die heute gebrauchliche Namensform des Dichters nur in einem uberlieferten Text vorkommt Dresdner Handschrift s u und erst die urkundlichen Belege dazu gefuhrt haben dass gerade diese Namensform ublich wurde In anderen Handschriften des Tristrant finden sich fur den Verfasser weitere Namensformen welche letztlich als richtig anzusehen ist ist bis heute ungeklart von Ogerengen Enthartte bzw Ebhart Berliner Handschrift von Baubenberg Segehart bzw Seghart Heidelberger Handschrift von Hobergin her Eylhart Dresdner Handschrift Dilhart von Oberet Augsburger Druck des Prosa Tristan Leben als ritterlicher Dienstmann Ministeriale BearbeitenGeht man trotz aller Zweifel davon aus dass die Zuordnung Eilharts richtig ist so lassen sich weitere Hypothesen uber den Dichter anstellen Aufgrund seines ministerialen Status als Doppelministeriale der Welfen und der Hildesheimer Bischofe ist fur ihn zwar kein freier Ortswechsel moglich doch eine gewisse Mobilitat denkbar die sich durch sein nachweisbares Vorkommen im Gefolge des romisch deutschen Konigs und dann Kaisers Otto IV noch verstarkt haben durfte Wie mehrere Beispiele eines welfisch anglonormannischen Kulturaustausches zeigen erscheint es dabei an einem Welfenhof auch durchaus moglich an den Tristanstoff zu gelangen fruher schon zur Zeit der Achtung Heinrichs durch Kaiser Friedrich I HRR Barbarossa sowie seiner Verbannung nach England und mehr noch unter Otto IV 1198 1218 und an seinem Hof fur den eine Reihe von Literaten tatig waren u a Gervasius von Tilbury Werk BearbeitenEinzig bekanntes Werk Eilharts ist der Tristrant 2 eine Version des Tristanstoffes der der spielmannischen Uberlieferungslinie angehort der so genannten version commune Das Werk wurde vermutlich um 1170 verfasst und ist die erste deutsche Bearbeitung des Stoffs der bei Gottfried von Strassburg hochste sprachliche Vollendung findet Die Datierung erfolgt unter anderem aufgrund sprachlicher und stilistischer Analogien zu Heinrich von Veldekes Eneas Roman Als terminus ante quem gilt das Jahr 1202 Als mogliche Auftraggeber kommen sowohl Heinrich der Lowe als auch der einflussreiche Truchsess Jordan von Blankenburg in Frage Fur erstere Annahme sprechen vor allem die traditionelle Art von Eilharts Stil die implizite religiose Thematik des Stoffes sowie die ausfuhrliche Schilderung von Kampfen rund um die politische Problematik von Erbfolge und Vasallentreue Letztere Annahme die Gonnerschaft des Truchsessen ware denkbar wenn man Eilharts Bezeichnung Blankinlande V 6284 fur Konig Markes Jagdgrunde als Reminiszenz an Jordan sehen wurde Auch wenn ein Anteil am Zustandekommen eines Dichtwerkes durch einen Ministerialen eher selten ist so ist sie durchaus fur einige Falle belegt und liesse sich durch eine Vermittlerschaft hier zwischen dem Dichter und dem Welfenhof auch ohne weiteres erklaren Die bedeutende Ministerialenfamilie von Blankenburg gehorte teils zur Dienstmannschaft Kaiser Ottos IV teils zu der von dessen Bruder Wilhelm von Luneburg so dass man trifft die Spatdatierung des Tristrant 1199 oder bald darauf zu eher diese als ihren Vater Heinrich den Lowen als Gonner vermuten darf Wurdigung BearbeitenDie Bedeutung von Eilharts Tristrant liegt zum einen darin dass es sich dabei um die alteste uberlieferte deutschsprachige Tristanbearbeitung handelt Zum anderen muss erwahnt werden dass sein Tristrant die erste vollstandig uberlieferte Bearbeitung der Sage uberhaupt ist und somit grossen Wert nicht nur fur die deutschsprachige sondern fur die gesamte europaische Literaturgeschichte hat Trotzdem nimmt Eilhart in der mediavistischen Literaturwissenschaft nur eine untergeordnete Rolle ein Der Grund hierfur liegt sicherlich in der in neuerer Zeit umstrittenen negativen Wertung seiner schriftstellerischen Leistung wonach sein Werk von formaler und erzahltechnischer Schlichtheit sei und er den Tristanstoff auf eine sehr unzureichende und unbefriedigende Weise in Deutschland einfuhre Zweifel an Eilharts Verfasserschaft BearbeitenVereinzelt verbreitet ist auch die Theorie Eilhart sei letztlich nicht der wahre Schopfer des Tristrant Das Werk stammt demnach von einem anonymen Verfasser wahrend es sich bei Eilhart nur um einen spateren Bearbeiter des Werkes handle Begrundet wird diese These vor allem damit dass die Nennung des Namens in einem Abschnitt erfolgt der sich stilistisch deutlich vom ubrigen Textkorpus unterscheidet Zudem wird darauf verwiesen dass sich zwar zahlreiche mittelhochdeutsche Dichter wie Gottfried von Strassburg Ulrich von Turheim oder Heinrich von Freiberg auf den Tristrant berufen aber nie den Namen des Verfassers nennen Dies spricht dafur dass das Werk anfangs anonym verbreitet und erst spater mit dem Namen Eilhart von Oberg in Verbindung gebracht wurde Tatsachlich ist der Name in spaterer Zeit ein weiteres Mal urkundlich belegt und zwar als Dienstmann des Herzogs Albrecht der Grosse Der Beleg stammt aus dem spaten 13 Jahrhundert also zu einer Zeit in der der Tristanstoff mit dem Wienhausener Tristanteppich auch auf einer anderen Ebene greifbar wird Literatur BearbeitenFranz Lichtenstein Hrsg Eilhart von Oberge Quellen und Forschungen zur Sprach und Kulturgeschichte der germanischen Volker 19 ISSN 0481 3596 Trubner Strassburg u a 1877 Digitalisat Elias Steinmeyer Eilhart von Oberg In Allgemeine Deutsche Biographie ADB Band 24 Duncker amp Humblot Leipzig 1887 S 91 f Friedrich Neumann Eilhart von Oberg In Neue Deutsche Biographie NDB Band 4 Duncker amp Humblot Berlin 1959 ISBN 3 428 00185 0 S 392 Digitalisat Joachim Bumke Mazene im Mittelalter Die Gonner und Auftraggeber der hofischen Literatur in Deutschland 1150 1300 Beck Munchen 1979 ISBN 3 406 04871 4 S 108 113 Kapitel Eilhart von Oberg Ludwig Wolff Werner Schroder Eilhart von Oberg In Die deutsche Literatur des Mittelalters Verfasserlexikon 2 vollig neu bearbeitete Auflage Band 2 De Gruyter Berlin u a 1980 ISBN 3 11 007699 3 Sp 410 418 Nachtrag in Band 11 ebenda 2004 ISBN 3 11 016832 4 Sp 397 Volker Mertens Eilhart der Herzog und der Truchsess Der Tristrant am Welfenhof In Danielle Buschinger Hrsg Tristan et Iseut mythe europeen et mondial Goppinger Arbeiten zur Germanistik 474 Kummerle Goppingen 1987 ISBN 3 87452 710 7 S 262 282 Martina Backes Aus der Feder eines Klerikers Ein neuer Vorschlag zu Eilharts Tristrant In Literaturwissenschaftliches Jahrbuch N F 43 2002 ISSN 0075 997X S 373 380 Bernd Ulrich Hucker Otto IV Der wiederentdeckte Kaiser Eine Biographie Insel Taschenbuch 2557 Insel Verlag Frankfurt am Main u a 2003 ISBN 3 458 34257 5 S 330 Bernd Ulrich Hucker Neues zur Fruhgeschichte Obergs und des mittelhochdeutschen Dichters Eilhard von Oberg In Oberger Blatter Nr 61 2010 ZDB ID 2010985 4 S 4 7 Weblinks BearbeitenLiteratur von und uber Eilhart von Oberg im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek Literatur zu Eilhart von Oberg im Opac der Regesta Imperii Druckschriften von und uber Eilhart von Oberg im VD 17 Tristrant im HandschriftencensusAnmerkungen Bearbeiten Helmut de Boor Die hofische Literatur Vorbereitung Blute Ausklang 1170 1250 Geschichte der deutschen Literatur von den Anfangen bis zur Gegenwart Bd 2 11 Auflage bearbeitet von Ursula Hennig Beck Munchen 1991 ISBN 3 406 35132 8 S 32 Vgl Eilhart von Oberg Tristrant und Isalde Neuhochdeutsche Ubersetzung von D Buschinger und W Spiewok Kummerle Verlag Goppingen 1986 Goppinger Arbeiten zur Germanistik Band 436 ISBN 3 87452 667 4 Normdaten Person GND 118529528 lobid OGND AKS LCCN n50053663 VIAF 19688300 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Eilhart von ObergKURZBESCHREIBUNG mittelhochdeutscher DichterGEBURTSDATUM 12 JahrhundertSTERBEDATUM 12 Jahrhundert oder 13 Jahrhundert Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Eilhart von Oberg amp oldid 237085559