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Eckhard Muller Mertens 28 August 1923 in Berlin 14 Januar 2015 ebenda war ein deutscher Historiker Er gilt als einer der bedeutendsten Vertreter der Mediavistik in der DDR Seine Arbeiten zu den Herrschaftsstrukturen des mittelalterlichen deutschen Reiches im 10 und 11 Jahrhundert zum Feudalismus und zur hansischen Geschichte hatten erheblichen Einfluss in der Fachwelt Eckhard Muller Mertens aufgenommen im Jahr 2011 von Werner Maleczek Inhaltsverzeichnis 1 Leben 2 Forschungsschwerpunkte 3 Schriften 4 Literatur 5 Weblinks 6 AnmerkungenLeben BearbeitenEckhard Muller Mertens stammte aus einem kommunistischen Elternhaus Sein Vater war KPD Funktionar seine Mutter Lehrerin Die Ehe seiner Eltern scheiterte 1930 Sein Vater emigrierte nach der Machtergreifung im Oktober 1933 uber Danemark nach Schweden Seine Mutter wurde im selben Jahr wegen ihrer ehemaligen KPD Mitgliedschaft aus dem Schuldienst entlassen Die Familie lebte fortan in finanzieller Not und Angst 1 Muller Mertens absolvierte zunachst von 1939 bis 1941 eine kaufmannische Lehre Im Zweiten Weltkrieg war er Soldat in der Wehrmacht und wurde bei der Marineflak in Norwegen eingesetzt 2 Er geriet in britische Kriegsgefangenschaft In Oslo legte er 1945 das Abitur ab Das Ende des Zweiten Weltkriegs empfand er nicht als Befreiung sondern nahm die deutsche Teilung seit 1949 als tiefes Unrecht wahr 3 Dafur machte er die Alliierten und die Bundesrepublik verantwortlich Uber die von Deutschen begangenen Verbrechen fand Muller Mertens keine kritischen Worte Den Holocaust ignorierte er ganz 4 Nach dem Krieg war er zunachst als Bahnpolizist tatig und studierte von 1946 bis 1951 Geschichte Soziologie und Philosophie an der Humboldt Universitat zu Berlin Muller Mertens wurde Mitglied der SED Im Jahr 1951 wurde er an der Humboldt Universitat zu Berlin promoviert bei Fritz Rorig uber die Hufenbauern und Herrschaftsverhaltnisse in brandenburgischen Dorfern nach dem Landbuch Karls IV von 1375 Bereits 1952 hielt er an der Humboldt Universitat eine Vorlesung zur Geschichte des Mittelalters Er gehort damit zu jenen marxistischen Historikern die dieses Fach als erste an einer Universitat der DDR lehrten 1953 ubte er auch eine Lehrtatigkeit an der Padagogischen Hochschule Potsdam aus 1956 erfolgte in Berlin bei Heinrich Sproemberg und Fritz Hartung die Habilitation mit einer Arbeit zur Geschichte der brandenburgischen Stadte im Mittelalter Anschliessend lehrte er vier Jahre als Dozent in Berlin und wurde 1960 Professor mit Lehrauftrag fur die Geschichte des Mittelalters an der Humboldt Universitat Im Jahr 1964 wurde er Professor mit vollem Lehrauftrag 1988 wurde er emeritiert Zu seinen akademischen Schulern gehorte unter anderem Wolfgang Huschner Im Dezember 1989 trat Muller Mertens aus der SED aus Muller Mertens selbst ausserte im Fruhjahr 1993 dass er sich schon seit Jahrzehnten innerlich von der SED gelost habe 5 Muller Mertens nahm 1960 in Stockholm 1965 in Wien und 1970 in Moskau an internationalen Historikerkongressen teil Von 1966 bis 2001 war er Leiter der Arbeitsstelle Monumenta Germaniae Historica bei der Akademie der Wissenschaften der DDR bzw Berlin Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften Im Jahr 1963 wurde er in den Vorstand des Hansischen Geschichtsvereins gewahlt Von 1966 bis 1990 war er als Nachfolger von Heinrich Sproemberg Leiter der Hansischen Arbeitsgemeinschaft der Historiker Gesellschaft der DDR Muller Mertens setzte sich nach der Wende von 1989 90 dafur ein dass nach 35 Jahren die Hansische Arbeitsgemeinschaft in der DDR aufgelost und mit dem Hansischen Geschichtsverein wiedervereinigt wurde 6 Seit 1990 gehorte Muller Mertens der Zentraldirektion der Monumenta Germaniae Historica als ordentliches Mitglied an 1987 wurde er mit dem Nationalpreis der DDR III Klasse ausgezeichnet 2001 ehrten ihn die Monumenta Germaniae Historica mit einer Festschrift 7 Im Rahmen eines Kolloquiums wurde Muller Mertens im selben Jahr die Goldene Doktorurkunde uberreicht 8 Forschungsschwerpunkte Bearbeiten nbsp Eckhard Muller Mertens beim Vortrag zum Kolloquium anlasslich seines 90 Geburtstages aufgenommen von seiner Frau am 14 September 2013 Muller Mertens beschaftigte sich mit den Strukturen und dem Funktionieren des Reiches im 10 und 11 Jahrhundert mit Geschichtstheorie und Historiographie mit der brandenburgischen und berlinischen Landesgeschichte des spaten Mittelalters und mit Karl IV von Luxemburg und Bohmen sowie der Hansegeschichte Von Muller Mertens stammen die grundlegenden Itinerarstudien Die Reichsstruktur im Spiegel der Herrschaftspraxis Ottos des Grossen und Reichsintegration im Spiegel der Herrschaftspraxis Kaiser Konrads II Diese Arbeiten haben aufgrund ihres methodischen Herangehens und ihrer gesicherten Ergebnisse grosse Beachtung und internationale Anerkennung gefunden Muller Mertens verbesserte die altere Methode in der Konigsitinerarforschung indem er nicht nur die Aufenthaltsorte sondern auch die Landschaften miteinbezog und die Aufenthaltsorte in ihrer Dauer und Abfolge von einem Gebiet in das andere verfolgte Bei den Aufenthalten berucksichtigte er auch die Aufenthaltsdauer Dazu stellte er Uberlegungen uber Strassen und Reisegeschwindigkeiten an Mit Hilfe seiner Methode konnte er bei Otto I statt bislang 3 jetzt etwa 60 des gesamten Itinerars erfassen 9 In seiner Analyse der Struktur des ottonischen Reiches hat Muller Mertens mit den Zentral und Kernlandschaften den Durchzugsgebieten und den Fernzonen drei Typen von Regionen unterschieden Nach Carlrichard Bruhl habe Muller Mertens mit diesem methodischen Neuansatz eine quellennahere Interpretation des Konigsitinerars geliefert und die Itinerarforschung auf neue Grundlagen gestellt 10 Kritisch ausserte sich Michael Borgolte Er sah in diesem methodischen Vorgehen Zuge des Positivismus der zu einem Objektivismus aus dem Historischen Materialismus herruhre 11 Muller Mertens Arbeit uber Otto I wurde fur weitere Herrscher von anderen Historikern fortgesetzt fur Arnulf von Karnten von Elfie Marita Eibl fur Otto II von Dirk Alvermann und fur Konrad II von Wolfgang Huschner Grundlegend wurde auch Muller Mertens 1970 veroffentlichte Studie uber die mittelalterlichen Bezeichnungen des deutschen Reiches Regnum Teutonicum 12 Ihm ging es darum wie sich die deutsche Vorstellung des Reiches einburgerte wer ihre Trager und was deren Beweggrunde waren ihre Auffassung des Reiches am deutschen Volk zu bilden bzw das Reich auf das deutsche Volk zu beziehen 13 Muller Mertens stellte alle Zeugnisse fur ein Regnum Teutonicum zusammen mit dem Ergebnis dass die Bezeichnung im 11 Jahrhundert in Italien aufkam und sich dann allmahlich durchsetzte Vor allem von Papst Gregor VII wurden die Begriffe deutsches Reich und deutscher Konig Reich und Konig der Deutschen in den Auseinandersetzungen mit dem universalen Herrschaftsanspruch Heinrichs IV verstarkt verwendet 14 Zur Reichsbezeichnung regnum Teutonicorum zum Jahr 920 in den Salzburger Annalen die allein in einer Handschrift der Admonter Stiftsbibliothek aus der Mitte des 12 Jahrhunderts uberliefert sind stellte Muller Mertens nach einer eingehenden Analyse fest dass es sich um ein Zeugnis von mehr als zweifelhafter Originalitat handele 15 Trotz seines marxistischen Weltverstandnisses konnten sich seine Werke in den Leitdarstellungen der DDR Geschichtswissenschaft nicht durchsetzen In seiner autobiographischen Selbstbefragung Existenz zwischen den Fronten Analytische Memoiren oder Report zur Weltanschauung und geistig politischen Einstellung 2011 setzte sich Muller Mertens mit seinem Wirken als Historiker in der DDR auseinander 16 Schriften BearbeitenEin Schriftenverzeichnis erschien in Evamaria Engel Konrad Fritze Johannes Schildhauer Hrsg Hansische Stadtgeschichte brandenburgische Landesgeschichte Abhandlungen zur Handels und Sozialgeschichte Bd 26 Bohlau Berlin 1989 ISBN 3 7400 0071 6 S 265 269 Aufsatzsammlungen Ausgewahlte Schriften in funf Banden Leipziger Universitatsverlag Leipzig 2014 Band 1 Romisch Deutsch Romisch Deutsch Forschungen zum mittelalterlichen Reich Leipziger Universitatsverlag Leipzig 2014 ISBN 978 3 86583 820 9 Band 2 Studien zur Berliner und Brandenburgischen Geschichte Leipziger Universitatsverlag Leipzig 2017 ISBN 978 3 86583 821 6 Band 3 Schriften zur Stadtgeschichte Leipziger Universitatsverlag Leipzig 2018 ISBN 978 3 86583 822 3 Band 4 Schriften zu Monumenta Germaniae Historica Constitutiones und Kaiser Karl IV Leipziger Universitatsverlag Leipzig 2020 ISBN 978 3 86583 823 0 Monographien Karl der Grosse Ludwig der Fromme und die Freien Wer waren die liberi homines der karolingischen Kapitularien 742 743 832 Ein Beitrag zur Sozialgeschichte und Sozialpolitik des Frankenreiches Akademie Verlag Berlin 1963 Regnum Teutonicum Aufkommen und Verbreitung der deutschen Reichs und Konigsauffassung im fruheren Mittelalter Forschungen zur mittelalterlichen Geschichte Bd 15 Akademie Verlag Berlin 1970 In Lizenz auch bei Bohlau Wien u a 1970 ISBN 3 205 00502 3 Die Reichsstruktur im Spiegel der Herrschaftspraxis Ottos des Grossen Mit historiographischen Prolegomena zur Frage Feudalstaat auf deutschem Boden seit wann deutscher Feudalstaat Forschungen zur mittelalterlichen Geschichte Bd 25 Akademie Verlag Berlin 1980 mit Wolfgang Huschner Reichsintegration im Spiegel der Herrschaftspraxis Kaiser Konrads II Forschungen zur mittelalterlichen Geschichte Bd 35 Bohlau Weimar 1992 ISBN 3 7400 0809 1 Hansische Arbeitsgemeinschaft 1955 bis 1990 Reminiszenzen und Analysen Porta Alba Verlag Trier 2011 ISBN 978 3 933701 41 1 Existenz zwischen den Fronten Analytische Memoiren oder Report zur Weltanschauung und geistig politischen Einstellung Leipziger Universitats Verlag Leipzig 2011 ISBN 978 3 86583 535 2 Literatur BearbeitenEvamaria Engel Konrad Fritze Johannes Schildhauer Hrsg Hansische Stadtgeschichte brandenburgische Landesgeschichte Abhandlungen zur Handels und Sozialgeschichte Bd 26 Bohlau Berlin 1989 ISBN 3 7400 0071 6 Michael Borgolte Kontinuitat und Neuaufbau Ostberliner Mediavisten nach der Wende In Sven Fund Hrsg Klaus G Saur Die Berliner Jahre De Gruyter Berlin u a 2009 ISBN 978 3 11 021627 1 S 55 67 abgerufen uber De Gruyter Online Michael Borgolte Nekrolog Eckhard Muller Mertens 1923 2015 In Historische Zeitschrift 301 2015 S 580 585 Michael Borgolte Eine Generation marxistische Mittelalterforschung in Deutschland Erbe und Tradition aus der Sicht eines Neu Humboldtianers In Ders Hrsg Mittelalterforschung nach der Wende 1989 Oldenbourg Munchen 1995 ISBN 3 486 64420 3 S 3 26 Rolf Hammel Kiesow Eckhard Muller Mertens 28 08 1923 14 01 2015 In Hansische Geschichtsblatter 134 2016 S VII XI Susanne Konig Leben in aussergewohnlichen Zeiten Die Mittelalterliche Forschung und ihre Vertreter an der Humboldt Universitat zu Berlin in der DDR Geschichte Bd 161 Lit Berlin 2018 ISBN 978 3 643 14129 3 Olaf B Rader Hrsg Turbata per aequora mundi Dankesgabe an Eckhard Muller Mertens Monumenta Germaniae historica Bd 29 Hahn Hannover 2001 ISBN 3 7752 5729 2 Rudolf Schieffer Nachruf Eckhard Muller Mertens In Deutsches Archiv fur Erforschung des Mittelalters 71 2015 S 205 207 Digitalisat Eckhard Muller Mertens In Lothar Mertens Lexikon der DDR Historiker Biographien und Bibliographien zu den Geschichtswissenschaftlern aus der Deutschen Demokratischen Republik Saur Munchen 2006 ISBN 3 598 11673 X S 444 f Eckhard Muller Mertens 65 Jahre In Zeitschrift fur Geschichtswissenschaft 36 1988 S 734 Eckhard Muller Mertens 60 Jahre In Zeitschrift fur Geschichtswissenschaft 31 1983 S 656 Ilko Sascha Kowalczuk Muller Mertens Eckhard In Wer war wer in der DDR 5 Ausgabe Band 2 Ch Links Berlin 2010 ISBN 978 3 86153 561 4 Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Eckhard Muller Mertens Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien Literatur von und uber Eckhard Muller Mertens im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek Veroffentlichungen von Eckhard Muller Mertens im Opac der Regesta Imperii Eckhard Muller Mertens Seite bei den Monumenta Germaniae HistoricaAnmerkungen Bearbeiten Eckhard Muller Mertens Existenz zwischen den Fronten Analytische Memoiren oder Report zur Weltanschauung und geistig politischen Einstellung Leipzig 2011 S 33 ff Eckhard Muller Mertens Existenz zwischen den Fronten Analytische Memoiren oder Report zur Weltanschauung und geistig politischen Einstellung Leipzig 2011 S 22 ff Rezension von Michael Borgolte in Frankfurter Allgemeine Zeitung 8 Februar 2012 Nr 33 S 28 Michael Borgolte Nekrolog Eckhard Muller Mertens 1923 2015 In Historische Zeitschrift 301 2015 S 580 585 hier S 581 Rezension von Michael Borgolte in Frankfurter Allgemeine Zeitung 8 Februar 2012 Nr 33 S 28 Eckhard Muller Mertens Eroffnungsrede und Schlusswort zur 35 letzten Jahrestagung der Hansischen Arbeitsgemeinschaft in der DDR zugleich der ersten gesamtdeutschen Historikertagung nach dem Fall von Mauer und Grenzen In Hansische Geschichtsblatter 110 1992 S V IX Michael Borgolte Sozialgeschichte des Mittelalters Eine Forschungsbilanz nach der deutschen Einheit Munchen 1996 S 25 27 Olaf B Rader Hrsg Turbata per aequora mundi Dankesgabe an Eckhard Muller Mertens Hannover 2001 Michael Borgolte Kontinuitat und Neuaufbau Ostberliner Mediavisten nach der Wende In Sven Fund Hrsg Klaus G Saur Die Berliner Jahre Berlin u a 2009 S 55 67 hier S 59 abgerufen uber De Gruyter Online Hans Werner Goetz Moderne Mediavistik Stand und Perspektiven der Mittelalterforschung Darmstadt 1999 S 156 Carlrichard Bruhl Die Herrscheritinerare In Popoli e paesi nella cultura altomedie vale Settimane di studio del centro italiano di studi sull alto medioevo 29 Spoleto 1985 S 615 645 hier S 625 Michael Borgolte Geschichte als Wirklichkeitswissenschaft im Dunkel der Uberlieferung In Gottingische Gelehrte Anzeigen 246 1994 S 96 110 bes 108 f Vgl dazu die Besprechung von Hermann Krause in Zeitschrift der Savigny Stiftung fur Rechtsgeschichte Germanistische Abteilung 90 1973 S 296 300 Eckhard Muller Mertens Regnum Teutonicum Aufkommen und Verbreitung der deutschen Reichs und Konigsauffassung im fruheren Mittelalter Berlin 1970 S 8 Eckhard Muller Mertens Regnum Teutonicum Aufkommen und Verbreitung der deutschen Reichs und Konigsauffassung im fruheren Mittelalter Berlin 1970 bes S 145 181 Eckhard Muller Mertens Romisches Reich im Fruhmittelalter Kaiserlich papstliches Kondominat salischer Herrschaftsverband In Historische Zeitschrift 288 2009 S 51 92 bes S 88 f Eckhard Muller Mertens Regnum Teutonicum Aufkommen und Verbreitung der deutschen Reichs und Konigsauffassung im fruheren Mittelalter Berlin 1970 S 121 Eckhard Muller Mertens Existenz zwischen den Fronten Analytische Memoiren oder Report zur Weltanschauung und geistig politischen Einstellung Leipzig 2011 Rezensionen von Michael Borgolte in Frankfurter Allgemeine Zeitung 8 Februar 2012 Nr 33 S 28 Herwig Wolfram in Mitteilungen des Instituts fur Osterreichische Geschichtsforschung 121 2013 S 227 229 online Normdaten Person GND 118877925 lobid OGND AKS LCCN n82083574 VIAF 92236557 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Muller Mertens EckhardKURZBESCHREIBUNG deutscher HistorikerGEBURTSDATUM 28 August 1923GEBURTSORT BerlinSTERBEDATUM 14 Januar 2015STERBEORT Berlin Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Eckhard Muller Mertens amp oldid 236831951