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Der Bund fur Mutterschutz und Sexualreform Mutterschutzbund war ein 1904 05 gegrundeter deutscher Verein mit dem Ziel die Stellung der Frau als Mutter in rechtlicher wirtschaftlicher und sozialer Hinsicht zu verbessern Inhaltsverzeichnis 1 Zweck und Ziel 2 Geschichte 3 Internationale Bedeutung 4 Zeitschriften des Mutterschutzbundes 5 Mitgliedschaft 6 Literatur 7 EinzelnachweiseZweck und Ziel BearbeitenIm 1 der Satzung des Bundes fur Mutterschutz und Sexualreform heisst es Zweck des Bundes ist es die Stellung der Frau als Mutter in rechtlicher wirtschaftlicher und sozialer Hinsicht zu verbessern insbesondere unverheiratete Mutter und deren Kinder vor wirtschaftlicher und sittlicher Gefahrdung zu bewahren und herrschende Vorurteile gegen sie zu beseitigen 1 Der Bund setzte sich insbesondere fur unverheiratete Frauen und deren Kinder ein und vertrat eine Sexualreform die gegen die herrschende Luge und Heuchelei in Fragen des sexuellen Lebens gerichtet war Die sowohl praktisch caritative wie sozial ethische Arbeit hatte das Ziel die Stellung der Frau zu verbessern und eine Gesundung der sexuellen Beziehungen herbeizufuhren Im Jahr 1912 unterhielt der Verein insgesamt 36 Heime fur ledige Mutter Man muss es nur einmal recht erfassen welcher Widersinn darin liegt Die grosse Bedeutung der Frau fur die Menschheit liegt in der Mutterschaft Und doch hat man sich nicht gescheut jede Mutterschaft der Frau ausserhalb der Vaterrechts Ehe ihr als ein Verbrechen anzurechnen Helene Stocker 2 Daruber hinaus setzte sich der Verein insbesondere fur die Einfuhrung einer Mutterschaftsversicherung die heute in Form des Mutterschaftsgeldes verwirklicht ist ein 2 3 4 Der Bund fur Mutterschutz lasst sich nicht nur der Frauenbewegung zuordnen sondern mindestens ebenso der Reformbewegung um 1900 die das Wilhelminische Kaiserreich stark pragte 5 Geschichte BearbeitenAm 12 November 1904 wurde in Leipzig ein Bund fur Mutterschutz gegrundet Deren Erstunterzeichnende waren die Dichterin Ruth Bre Elisabeth Bouness die bald nach der Grundung wieder ausschied der Arzt und Lebensreformer Friedrich Landmann aus Eisenach und der Munchener Gutsbesitzer Heinrich Meyer Am 26 Februar 1905 kam es in Berlin zu einer Neugrundung im Architektenhaus Massgebliche Initiatorin war dabei die Feministin Helene Stocker die den Bund in besonderer Weise pragte An der Grundungsversammlung und am Grundungsaufruf beteiligten sich zahlreiche bekannte Personlichkeiten wie die Feministin Lily Braun die schwedische Schriftstellerin Ellen Key der Nationalokonom und Bodenreformer Adolf Damaschke der Philosoph Christian von Ehrenfels der Gynakologe Alfred Hegar die Frauenrechtlerin Hedwig Dohm der freisinnige Politiker Friedrich Naumann der Nationalokonom und Soziologe Werner Sombart der Nationalokonom und Soziologe Max Weber und der Arzt Philosoph und Eugeniker Ludwig Woltmann 6 7 In den Bundesvorstand wurden folgende Mitglieder gewahlt Lily Braun Walter Borgius Heinrich Finkelstein Carl Galli Agnes Hacker Albert Kohn Maria Lischnewska Max Marcuse Bruno Meyer und Adele Schreiber Krieger 8 Seit 1908 nannte sich die Vereinigung um in Deutscher Bund fur Mutterschutz und Sexualreform 9 1909 hatte der Bund 4000 Mitglieder Er organisierte alle zwei Jahre offentliche Generalversammlungen 1907 in Berlin Thema Reform der konventionellen Geschlechtsmoral 1909 in Frankfurt am Main Die Frau und die Geschlechtskrankheiten 1911 in Breslau Mutterschutz durch Erziehung und Aufklarung und 1913 erneut in Berlin Geburtenpolitik und Prostitutionsproblem 10 Der Mutterschutzbund beteiligte sich am Weimarer Kartell zu dem mehrere freidenkerische und freigeistige Organisationen zusammenfanden Helene Stocker die auch engen Kontakt zum Deutschen Monistenbund hielt und regelmassig in monistischen Zeitschriften schrieb begrundete die Teilnahme am Weimarer Kartell 1912 im Vereinsorgan des Mutterschutzbundes Wenn wir Sexualreformer wirklich Erfolge erzielen wollen so bedarf es wie eines politischen Grossblocks der Linken so auch eines Kulturblocks der freiheitlichen Kulturbestrebungen 11 In der Weimarer Republik gelang es dem Bund nicht an die alte Mitgliederstarke anzuknupfen Er blieb aber weiterhin hoch aktiv und verlagerte den Schwerpunkt von Mutterschutz zu Menschenschutz In enger Kooperation mit dem Magnus Hirschfeld Institut kampfte ein Bund fur die Entkriminalisierung der Homosexualitat 1925 schloss sich der BfM einem Kartell fur Strafrechtsreformen an 12 Internationale Bedeutung Bearbeiten1911 organisierte der BfM parallel zur Internationalen Hygiene Ausstellung in Dresden den ersten Internationalen Kongress fur Mutterschutz und Sexualreform auf dem unter anderem Magnus Hirschfeld und Helene Stocker referierten Die Teilnehmer kamen aus den USA aus Belgien Frankreich den Niederlanden aus Italien Norwegen Osterreich Ungarn Russland und aus Schweden 13 Dort wurde eine Internationale Vereinigung der Bewegung fur Mutterschutz und Sexualreform gegrundet Helene Stocker notierte dazu Einstimmig war man der Meinung dass die deutsche Gruppe in der Internationale die Fuhrung haben musse da in keinem anderen Lande die geistige Bewegung so weit fortgeschritten und die Behandlung der Probleme so entwickelt sei wie damals bei uns in Deutschland 14 Vorsitzender wurde Max Rosenthal in den Beirat wurde unter anderen der Politiker Eduard David berufen 15 Zeitschriften des Mutterschutzbundes BearbeitenDas Organ des Bundes war die Monatsschrift Die Neue Generation die von 1905 bis 1907 Mutterschutz Zeitschrift zur Reform der sexuellen Ethik hiess Herausgeberin war bis 1933 Helene Stocker Mitgliedschaft BearbeitenDem Bund gehorten uberwiegend Vertreterinnen des radikalen Flugels der burgerlichen Frauenbewegung an Es engagierte sich aber auch andere Richtungen etwa Henriette Furth als Vertreterin der proletarischen an der SPD orientierten Frauenbewegung freidenkerisch gepragte Personen oder Pfarrer die teilweise der freireligiosen Bewegung angehorten Rund ein Drittel der Mitglieder waren Manner womit sich der Mutterschutzbund von allen damaligen Frauenorganisationen unterschied die nur Frauen in ihren Reihen zahlten Helene Stocker schrieb dazu Obwohl es oberflachlich betrachtet um Probleme der Frau ging waren wir uns vollig klar daruber dass es eine solche Trennung in der Wirklichkeit gar nicht gibt Wir waren im Gegenteil davon uberzeugt dass die Probleme der Liebe der Ehe der Elternschaft nur durch beide Geschlechter gemeinsam gelost werden konnen Uns schien es sinnlos in der Art der bisherigen alten Frauenbewegung eine Trennung nach Geschlechtern vorzunehmen 16 Zu den Mitgliedern zahlten Frauenarzte Sozialwissenschaftler und Hebammen Bekannte Mitglieder Auguste Forel Schweizer Psychiater Eugeniker Monist Mitglied der Ethischen Bewegung Henriette Furth SPD Frauenpolitikerin und Publizistin 17 Ernst Haeckel Franz von Liszt Alfred Ploetz Arzt Eugeniker Heinz Pothoff Bruno Wille August Bebel Beitritt 1906 Grete Meisel Hess Beitritt 1908 Literatur BearbeitenHorst Groschopp Dissidenten Freidenkerei und Kultur in Deutschland Dietz Verlag Berlin 1997 ISBN 3 320 01936 8 Gudrun Hamelmann Helene Stocker der Bund fur Mutterschutz und Die Neue Generation Haag und Herchen Frankfurt am Main 1992 ISBN 3 89228 945 X Frank Simon Ritz Die Organisation einer Weltanschauung Die freigeistige Bewegung im Wilhelminischen Deutschland Religiose Kulturen der Moderne Band 5 Gutersloh 1997 ISBN 3 579 02604 6 Diss Univ Bielefeld 1994 1995 Fakultat fur Geschichtswissenschaft und Philosophie B Nowacki Der Bund fur Mutterschutz 1905 1933 Abhandlungen zur Geschichte der Medizin und der Naturwissenschaft Heft 48 Matthiesen Husum 1983 ISBN 3 7868 4048 2 Einzelnachweise Bearbeiten Deutschlandradio Berlin 100 Jahre Mutterschutzbund Memento vom 13 April 2005 im Internet Archive a b Regina Kusch Helene Stocker attackierte die sexuellen Tabus ihrer Zeit In Kalenderblatt Rundfunksendung auf DLF 13 November 2019 abgerufen am 13 November 2019 Meyers Grosses Konversations Lexikon 6 Auflage Bibliographisches Institut Leipzig Wien 1909 zeno org abgerufen am 13 November 2019 Lexikoneintrag Mutterschutz Meyers Grosses Konversations Lexikon 6 Auflage Bibliographisches Institut Leipzig Wien 1909 zeno org abgerufen am 13 November 2019 Lexikoneintrag Mutterschaftsversicherung Bernd Nowacki Der Bund fur Mutterschutz 1905 1933 Husum 1983 S 124 Horst Groschopp Dissidenten 1997 S 231 Helene Stocker Lebenserinnerungen hrsg von Reinhold Lutgemeier Davin und Kerstin Wolff Bohlau Koln 2015 S 113 115 Am 26 Mai 1905 grundete sich die Berliner Ortsgruppe Die in Berlin ansassigen Mitglieder des Bundesvorstandes waren zugleich Mitglieder des Vorstandes der Berliner Ortsgruppe Entgegen der vorherrschenden Meinung in der Sekundarliteratur schreibt hierzu Gudrun Hamelmann dass sich der Mutterschutzbund erst seit der Generalversammlung den Namen Bund fur Mutterschutz und Sexualreform gegeben hatte um mit dem Namenszusatz Sexualreform die schon bisher praktizierte Sexualreform zu unterstreichen G Hamelmann Helene Stocker 1992 S 49 Helene Stocker Lebenserinnerungen Bohlau Koln 2015 S 302 Frank Simon Ritz Die Organisation einer Weltanschauung 1997 S 162 Helene Stocker Lebenserinnerungen Bohlau Koln 2015 S 303 Helene Stocker Lebenserinnerungen Bohlau Koln 2015 S 156 u 302 304 Helene Stocker Lebenserinnerungen Bohlau Koln 2015 S 156 Bernd Nowacki Der Bund fur Mutterschutz 1905 1933 In Abhandlungen zur Geschichte der Medizin und der Naturwissenschaft Heft 48 Matthiesen Husum 1983 S 76 Helene Stocker Lebenserinnerungen Bohlau Koln 2015 S 114 Michael Schwartz Sozialistische Eugenik 1995 S 66 ff Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Deutscher Bund fur Mutterschutz und Sexualreform amp oldid 230291255