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Caenorhabditis elegans ist ein Fadenwurm aus der Gruppe der Rhabditiden der vor allem in der Entwicklungsbiologie und der Genetik als Modellorganismus erforscht wird Der Name ist griechisch lateinischer Herkunft und bedeutet eleganter neuer Stab griechisch kainos neu rabdos Stab Rute 1 lateinisch elegans elegant Caenorhabditis elegansVideoschleife mit Caenorhabditis elegans unter einem Durchlichtmikroskop Differential Interferenz Kontrast SystematikStamm Fadenwurmer Nematoda Klasse SecernenteaOrdnung RhabditidaFamilie RhabditidaeGattung CaenorhabditisArt Caenorhabditis elegansWissenschaftlicher NameCaenorhabditis elegans Maupas 1900 Inhaltsverzeichnis 1 Merkmale 1 1 Anatomie 1 2 Lebensraum 1 3 Lebenszyklus 1 4 Dauerstadium 2 Modellorganismus 3 Siehe auch 4 Literatur 5 Weblinks 6 EinzelnachweiseMerkmale BearbeitenAnatomie Bearbeiten nbsp Schematische Darstellung der Anatomie eines ausgewachsenen zwittrigen Individuums von C elegans mit Schwerpunkt auf den Fortpflanzungs und VerdauungsorganenAdulte Individuen sind nur etwa einen Millimeter lang und haben einen Durchmesser von 65 µm 0 065 mm Ein Teil der Artpopulation besteht aus Zwittern Hermaphroditen die sich durch Selbstbefruchtung fortpflanzen konnen Es handelt sich dabei um sogenannte Konsekutivzwitter das heisst diese Tiere produzieren in ihren Keimdrusen Gonaden zunachst Spermien die in einer Spermathek gespeichert werden und nachfolgend bilden sie Oozyten Der andere Teil der Artpopulation besteht aus reinen Mannchen die mit den Hermaphroditen kopulieren und so sexuell neuen Nachwuchs produzieren konnen Ausserdem besitzt die Art ein relativ einfach gebautes Nervensystem dessen Hauptelemente ein circumpharyngealer um den Isthmus des Pharynx geschlungener Nervenring ein ventral an der Bauchseite und ein dorsal an der Ruckenseite verlaufender Nervenstrang sowie mehrere Nervenknoten Ganglien in der Kopf und Schwanzregion sind Es besteht aus 302 Nervenzellen bei adulten Hermaphroditen 2 Bis zum Jahr 2015 waren bei adulten Mannchen 383 Nervenzellen bekannt 2 bevor noch ein weiteres Neuronenpaar unter der Bezeichnung MCMs von englisch mystery cells of the male beschrieben worden ist 3 Die Anzahl der Nervenzellen bei Mannchen betragt folglich insgesamt 385 Die im Vergleich zu den Hermaphroditen uberzahligen Neuronen der Mannchen liegen vorwiegend in der Region des spezialisierten Schwanzes eine Ausnahme bilden u a die MCMs die in der Kopfregion liegen und steuern das Paarungsverhalten Das Phanomen der Zellkonstanz Eutelie das bei C elegans nicht nur bei den Zellen des Nervensystems auftritt ist nicht zuletzt ausschlaggebend fur die Nutzung der Art als Modellorganismus in der biologischen und medizinischen Forschung siehe unten Jeder adulte Hermaphrodit besitzt immer genau 959 jedes adulte Mannchen genau 1031 somatische Zellkerne Lebensraum Bearbeiten C elegans lebt normalerweise im Boden gemassigter Klimazonen das Temperaturoptimum liegt zwischen 4 C und 30 C Dort ernahrt der Wurm sich von Bakterien die totes organisches Material abbauen Lebenszyklus Bearbeiten Der Hermaphrodit legt wahrend seines Lebens etwa 300 Eier aus denen die L1 Larven schlupfen Es folgen 3 weitere Larvenstadien L2 L3 und L4 die aus Hautungen hervorgehen Nach etwa 8 Stunden bei einer Raumtemperatur von 25 C ist das adulte Stadium erreicht Das adulte Stadium ist optisch von den anderen Stadien durch den Besitz einer Vulva gekennzeichnet Man muss anmerken dass es sich nicht um eigentliche Larvenstadien sondern um Juvenilstadien handelt Dauerstadium Bearbeiten Unter ungunstigen Bedingungen zum Beispiel bei hoher Populationsdichte oder bei Futterknappheit entwickelt sich aus der L2 Larve eine Dauerlarve Diese ahnelt anfangs einem Tier im L2 Stadium und anschliessend einer L3 L4 Das Dauerstadium wird durch das Dauerpheromon ein Cholesterol Derivat Steroid induziert und kann drei Monate anhalten Die Dauerlarve weicht morphologisch von den normalen Larven ab Ihre Gestalt ist dunner als die der normalen L2 Die Dauerlarve besitzt eine dickere dreilagige Cuticula und eine kleinere Mundoffnung wodurch sie vor dem Austrocknen geschutzt ist Anatomie und Stoffwechsel unterscheiden sich erheblich von den anderen Stadien Wahrend die fruhen Dauerstadien sehr aktiv sind und nach Futter suchen verhalten sich die spateren Dauerstadien passiv und liegen auf den Agarplatten nebeneinander Ihr passives Verhalten verhindert dass sie zu viel der eingelagerten Ressourcen verbrennen Durch Beruhrungsreize konnen sie jedoch wieder zu Fluchtbewegungen animiert werden Kommt ein Tier des Dauerstadiums in Kontakt mit Futter entwickelt es sich zur L4 Larve Modellorganismus Bearbeiten nbsp Fluoreszenzmikroskopische Aufnahme eines Hermaphroditen des Wildtyps von C elegans behandelt mit einem fluoreszierenden DNA Farbemittel zur Hervorhebung der ZellkerneIn den 1960er Jahren wurde Caenorhabditis elegans durch den Entwicklungsbiologen Sydney Brenner Nobelpreis fur Physiologie oder Medizin 2002 in die Wissenschaft als Beobachtungsobjekt fur die Zellbiologie und die Entwicklungsbiologie eingefuhrt Caenorhabditis elegans zeichnet sich durch die so genannte Eutelie aus Das Entwicklungsschicksal der einzelnen Zellen ist im Allgemeinen zu Beginn der Furchung festgelegt Mosaikentwicklung Allerdings ist die Entwicklung von C elegans kein Musterbeispiel fur eine deterministische zellautonome Entwicklung Dabei wird das Entwicklungsschicksal jeder Zelle durch bestimmte Vorgangerzellen eindeutig gesteuert Mosaikentwicklung Brenner erforschte die zellulare Regulation dieser Determination H Robert Horvitz untersuchte damit zusammenhangend den programmierten Zelltod Die Ergebnisse der Grundlagenforschung an Caenorhabditis elegans lassen sich auf ein breites Organismenspektrum ubertragen inklusive der Wirbeltiere und damit auch des Menschen Siehe in diesem Zusammenhang auch Let 7 Seitdem ist seine Beliebtheit als Modellorganismus immer weiter gestiegen Die einfache Handhabung der Tiere auf Agarplatten mit Bakterien als Nahrung E coli Stamme OP50 und HB101 und seine entwicklungsbiologischen Eigenschaften unter anderem Eutelie einfache Strukturbildung Durchsichtigkeit haben seinen Siegeszug im Labor begunstigt Heute stellt er neben dem Bakterium Escherichia coli der Taufliege Drosophila melanogaster und der Ackerschmalwand Arabidopsis thaliana einen der am besten erforschten Organismen der Welt dar Es ist nicht mehr allein die Entwicklungsbiologie die Erkenntnisse aus der Erforschung des Wurmes zieht auch viele andere Bereiche der Biologie wie Physiologie Okologie Genomik Neurobiologie Evolutionsbiologie und Zellbiologie nutzen den Modellorganismus Oft erfolgt diese Forschung interdisziplinar sowie auch im Hinblick auf medizinischen Erkenntnisgewinn Caenorhabditis elegans war 1998 der erste vollstandig sequenzierte Vielzeller Metazoon uberhaupt Die sechs Chromosomen und das Genom des Mitochondriums enthalten zusammen 100 281 426 Basenpaare und 23 217 Gene 2003 wurde auch das Erbgut der nahe verwandten Art Caenorhabditis briggsae vollstandig entschlusselt um Vergleichsmoglichkeiten nahe verwandter Arten zu schaffen 4 5 6 Im Jahre 2006 erhielt der US amerikanische Biologe Andrew Z Fire ein Schuler von Sydney Brenner zusammen mit Craig C Mello den Nobelpreis fur Medizin fur die Erforschung von RNA Interferenz ein Verfahren mit dem sich Gene gezielt stummschalten lassen Diese Arbeiten wurden an Caenorhabditis elegans durchgefuhrt Der dritte mit Caenorhabditis elegans verbundene Nobelpreis wurde im Jahre 2008 vergeben als der US amerikanische Biologe Martin Chalfie zusammen mit Osamu Shimomura und Roger Y Tsien den Nobelpreis fur Chemie fur die Einfuhrung des grun fluoreszierenden Proteins GFP in die biomedizinische Grundlagenforschung erhielt Die Arbeiten von Martin Chalfie wurden an Caenorhabditis elegans durchgefuhrt Chalfie war 1977 ebenfalls zu dem Team um Sydney Brenner an der Universitat Cambridge gestossen Studien an C elegans lieferten ferner zahlreiche Erkenntnisse zum Zusammenhang zwischen bestimmten externen Reizen den rezipierenden Nervenzellen den dadurch ausgelosten Verhaltensweisen und der zugrundeliegenden genetischen Ausstattung der entsprechenden Populationen oder Individuen So wurde beispielsweise experimentell ermittelt dass das Phanomen dass Vertreter bestimmter Zuchtlinien und wilder Populationen von C elegans dazu neigen bei der Nahrungsaufnahme Aggregationen zu bilden englisch social feeding wahrend andere dies nicht tun solitary feeding unter anderem von der Aktivitat bestimmter Gene abhangt die den Aufbau von Ionenkanalen sogenannter TRP Kanale in bestimmten Sinneszellen sogenannten Nozizeptorneuronen codieren die fur die Wahrnehmung potenziell schadlicher Substanzen zustandig sind die von der Nahrung der Wurmer Bakterien wie E coli produziert werden 7 Auch einige bedeutende Fortschritte bei der Erforschung der Entstehung der Parkinson Krankheit auf Zellebene konnten durch Experimente mit C elegans erzielt werden 8 Caenorhabditis elegans ist ausserdem ein prominenter Modellorganismus in der Alternsforschung 9 Neben der Lebensspanne verlangernden Wirkung von Kalorienrestriktionen welche wahrscheinlich uber den Insulin IGF 1 Signalweg wirken 10 ist die Rolle der Telomere und Telomerase im Alterungsprozess von Caenorhabditis elegans ein intensives Forschungsfeld Caenorhabditis elegans ist der erste eukaryotische Organismus welcher seine Telomere auf kanonische Art und Weise mittels Telomerase saniert aber bei dem in einem Telomerase Knock out Stamm Alternative Lengthening of Telomeres ALT beobachtet wurde 11 ALT war zuvor nur in erster Linie in Drosophila melanogaster 12 aber auch in etwa 10 15 der klinischen Krebzzelllinien des Menschen bekannt 13 Bayat et al berichtete von dem paradoxen Phanomen in Caenorhabditis elegans bei dem es trotz der Uberexpression der katalytischen Einheit der Reversen Transkriptase der Telomerase zu einer Telomerlangenverkurzung kam ohne dass die Lebensspanne beeintrachtigt wurde 14 Fadenwurmer und insbesondere ihre Larven sind sehr widerstandsfahig gegen Detergentien Saure Salze Kalte oder Hitze Aus den Trummern des beim im Wiedereintritt in die Atmosphare 2003 zerstorten Space Shuttle Columbia konnten Behalter mit Caenorhabditis elegans geborgen und auch nach mehreren Monaten uberlebende Nachkommen der Wurmer nachgewiesen werden 15 Siehe auch BearbeitenEntwicklungsbiologie Zur Entwicklung des FadenwurmsLiteratur BearbeitenWilliam B Wood The Nematode Caenorhabditis elegans Cold Spring Harbor Laboratory Press 1988 ISBN 978 0 879 69307 7 Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Caenorhabditis elegans Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien Caenorhabditis elegans im National Center for Biotechnology Information NCBI The Wormbase Wormatlas A database of behavioral and structural anatomy of Caenorhabditis elegans WormBook The online review of C elegans biology Caenorhabditis Genome Sequencing Project mit Links Einzelnachweise Bearbeiten Heinz F Wendt Langenscheidts Taschenworterbuch der Neugriechischen und deutschen Sprache Langenscheidt Berlin Munchen Wien Zurich 17 1990 a b Travis A Jarrell Yi Wang Adam E Bloniarz Christopher A Brittin Meng Xu J Nichol Thomson Donna G Albertson David H Hall Scott W Emmons The Connectome of a Decision Making Neural Network In Science Band 337 Nr 6093 2012 S 437 444 doi 10 1126 science 1221762 alternativer Volltextzugriff wormwiring org Michele Sammut Steven J Cook Ken C Q Nguyen Terry Felton David H Hall Scott W Emmons Richard J Poole Arantza Barrios Glia derived neurons are required for sex specific learning inC elegans In Nature Band 526 Nr 7573 2015 S 385 390 doi 10 1038 nature15700 PMC 4650210 freier Volltext MapView Eintrag Proteom bei UniProt C elegans Sequencing Consortium Genome sequence of the nematode C elegans a platform for investigating biology In Science Band 282 Nr 5396 1998 S 2012 2018 doi 10 1126 science 282 5396 2012 PMID 9851916 Mario de Bono David M Tobin M Wayne Davis Leon Avery Cornelia I Bargmann Social feeding in Caenorhabditis elegans is induced by neurons that detect aversive stimuli In Nature Band 419 Nr 6910 2002 S 899 903 doi 10 1038 nature01169 PMC 3955269 freier Volltext Anthony L Gaeta Kim A Caldwell Guy A Caldwell Found in Translation The Utility of C elegans Alpha Synuclein Models of Parkinson s Disease In Brain Sciences Band 9 Nr 4 2019 73 doi 10 3390 brainsci9040073 Cynthia Kenyon The first long lived mutants discovery of the insulin IGF 1 pathway for ageing In Philosophical Transactions of the Royal Society of London Series B Biological Sciences Band 366 Nr 1561 12 Januar 2011 ISSN 1471 2970 S 9 16 doi 10 1098 rstb 2010 0276 PMID 21115525 PMC 3001308 freier Volltext Mark Lucanic Theo Garrett Ivan Yu Fernando Calahorro Azar Asadi Shahmirzadi Chemical activation of a food deprivation signal extends lifespan In Aging Cell Band 15 Nr 5 Oktober 2016 ISSN 1474 9726 S 832 841 doi 10 1111 acel 12492 PMID 27220516 PMC 5013014 freier Volltext Bettina Meier Iuval Clejan Yan Liu Mia Lowden Anton Gartner trt 1 is the Caenorhabditis elegans catalytic subunit of telomerase In PLoS genetics Band 2 Nr 2 Februar 2006 ISSN 1553 7404 S e18 doi 10 1371 journal pgen 0020018 PMID 16477310 PMC 1361356 freier Volltext Mary Lou Pardue P G DeBaryshe Retrotransposons that maintain chromosome ends In Proceedings of the National Academy of Sciences of the United States of America Band 108 Nr 51 20 Dezember 2011 ISSN 1091 6490 S 20317 20324 doi 10 1073 pnas 1100278108 PMID 21821789 PMC 3251079 freier Volltext Anthony J Cesare Roger R Reddel Alternative lengthening of telomeres models mechanisms and implications In Nature Reviews Genetics Band 11 Nr 5 Mai 2010 ISSN 1471 0064 S 319 330 doi 10 1038 nrg2763 PMID 20351727 Melih Bayat Robyn E Tanny Ye Wang Carla Herden Jens Daniel Effects of telomerase overexpression in the model organism Caenorhabditis elegans In Gene Band 732 30 Marz 2020 ISSN 1879 0038 S 144367 doi 10 1016 j gene 2020 144367 PMID 31954861 Christoph Seidler Jahrestag der Columbia Katastrophe Wie Fadenwurmer die Feuerholle uberlebten In Spiegel Online 30 Januar 2013 abgerufen am 31 Januar 2021 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Caenorhabditis elegans amp oldid 236019614