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Arthur Josef Schreck 15 August 1878 in Baden Baden 3 Oktober 1963 in Pfullendorf war ein deutscher Psychiater Direktor der Pflegeanstalt Rastatt und als T4 Gutachter sowie stellvertretender Direktor der Heil und Pflegeanstalt Wiesloch und Leiter der dortigen Kinderfachabteilung an der Kinder und Erwachsenen Euthanasie im Dritten Reich beteiligt Inhaltsverzeichnis 1 Herkunft und Studium 2 Berufliche Anfange 3 Arzt in der Heil und Pflegeanstalt Illenau 4 Leiter der Pflegeanstalt Rastatt 5 Aktion T4 6 T4 Gutachter 7 Wiesloch 8 Verhaftung und Verurteilung 9 Literatur 10 EinzelnachweiseHerkunft und Studium BearbeitenArthur Schreck wurde als uneheliches Kind der damals 22 jahrigen Karoline Epp geboren Zwei Monate nach seiner Geburt erkannte ihn der praktische Arzt Josef Schreck der im Gegensatz zur Mutter katholischer Konfession war als seinen Sohn an Gleichwohl heiratete sein Vater in Pfullendorf nicht Karoline Epp sondern eine beguterte Burgerstochter und liess sich 1882 dort mit einer Arztpraxis nieder Arthur Schreck besuchte die Volksschule in Freiburg und drei Jahre die Realschule in Uberlingen Nach dem Tod seiner Frau 1891 heiratete Josef Schreck schliesslich in Freiburg Karoline Epp so dass Arthur Schreck mit 14 Jahren der alteste und damit der Stammhalter neben seinen vier Halbgeschwistern war Nach der mittleren Reife trat Schreck eine Ausbildung als Apothekerlehrling an wurde aber 1898 in die Oberprima des Humanistischen Gymnasiums von Konstanz aufgenommen nachdem er sich gegen den Widerstand seines Vaters im Selbststudium von Latein Griechisch und Mathematik auf das Abitur vorbereitet hatte Im Alter von 22 Jahren bestand er 1902 die Reifeprufung und studierte in Wurzburg Heidelberg Munchen und Freiburg Medizin Sein Studium finanzierte er teilweise mit Vertretungen praktischer Arzte und geriet in der Kreispflegeanstalt Weinheim auch mit geistig Behinderten in Beruhrung 1905 erhielt Schreck die Approbation und wurde 1906 mit dem Thema Beitrage zur Serumtherapie der Basedowschen Krankheit promoviert Im selben Jahr starb seine Mutter Berufliche Anfange BearbeitenSchreck half zunachst in der vaterlichen Praxis aus arbeitete als chirurgischer Assistent am Stadtischen Krankenhaus Konstanz und war vom 14 Dezember 1908 bis 14 Marz 1909 in der Heilanstalt Schussenried sowie vom 1 Juli 1909 bis 1 Oktober 1909 in der Psychiatrischen Universitatsklinik Heidelberg volontararztlich tatig 1910 heiratete sein Vater der in Pfullendorf zur Ortsprominenz zahlte und im Vereins und kulturellen Leben sehr engagiert war zum dritten Mal Mit seiner zwolf Jahre jungeren Frau zog er nach Dresden um dort als Medizinalrat die Leitung des Physiatrisch Diatetischen Sanatoriums in Weisser Hirsch zu ubernehmen Bereits vor seiner erneuten Heirat hatte er einen Grossteil seiner arztlichen Tatigkeiten an seinen altesten Sohn abgegeben Arthur Schreck dem dies zunachst widerstrebte fuhrte 1909 dann doch die vaterliche Praxis in alleiniger Verantwortung weiter und heiratete im Oktober dieses Jahres ebenfalls eine Tochter aus einer gutsituierten burgerlichen Familie Es stellten sich in kurzer Folge zwei Kinder ein Schon im Jahre 1912 in dem sein Vater zum dritten Ehrenburger von Pfullendorf ernannt wurde bewarb sich Schreck um eine Arztstelle in der Heil und Pflegeanstalt Illenau in Achern In seinem Bewerbungsschreiben legte er seine Motive fur diesen uberraschenden Schritt fur den vor allem sein Vater nicht das geringste Verstandnis aufbringen konnte dar Ich hatte stets reges Interesse fur Psychiatrie und beabsichtigte schon 1905 mich diesem Fache zuzuwenden allein ich stiess auf den hartnackigsten Widerstand von seiten meines Vaters der das unter keinen Umstanden zuliess Ich war wegen des leidenden Gesundheitszustandes meines Vaters gezwungen die vaterliche Praxis zu ubernehmen Ich tat dies sehr ungern allein es geschah meinem Vater zuliebe Da ich ferner der Psychiatrie ein reges Interesse bewahrt habe so komme ich heute nach sieben Jahren abermals zu dem Entschluss mich definitiv diesem Fache zuzuwenden 1 Arzt in der Heil und Pflegeanstalt Illenau BearbeitenSchreck erhielt vom Direktor der Illenau Heinrich Schule eine Zusage und trat am 16 Mai 1913 als ausserplanmassiger beamteter Hilfsarzt in den badischen Staatsdienst ein Im Februar 1915 wurde er zum planmassigen und im August 1924 zum Anstaltsoberarzt ernannt Seit Beginn des Ersten Weltkrieges leitete er selbstandig die mannliche Heilabteilung der Heil und Pflegeanstalt Illenau und war zudem als Gutachter in forensischen zivilrechtlichen und militarischen Fallen tatig Vom Kriegsdienst blieb er aufgrund einer bereits in der Kindheit erworbenen Schwerhorigkeit verschont 1914 war Schreck fur die Leitung eines Kriegslazaretts fur Verwundete sowie fur die Anstaltsapotheke zustandig 1916 wurde er hierfur mit dem Kriegsverdienstkreuz ausgezeichnet In der Illenau wurde Schreck als hochgeschatzter College und hervorragende Arbeitskraft wahrgenommen der auch bei seinen Patienten beliebt war In einer Aussage gab ein ehemaliger Arztkollege 1948 zu Protokoll dass Schrecks Spitzname in der Illenau bezeichnenderweise Vati lautete Im August 1928 wurde ihm der Titel eines Medizinalrates verliehen Wie die meisten seiner Arztkollegen und der Direktor der Illenau Hans Roemer trat Schreck am 1 Mai 1933 der NSDAP bei Mitgliedsnummer 3 089 934 Weiterhin war er Mitglied des NS Arzte und NS Luftschutzbundes sowie seit Marz 1936 Zellenleiter der NSV Leiter der Pflegeanstalt Rastatt BearbeitenAm 17 April 1934 trat Schreck als vorlaufiger kommissarischer Leiter sein Amt in der neugegrundeten Pflegeanstalt Rastatt an Diese im ehemaligen Garnisonslazarett der Festung Rastatt eingerichtete Anstalt sollte als besondere Verwahrungsanstalt fur dauernde anstaltsbedurftige Geisteskranke die vier uberfullten badischen Heil und Pflegeanstalten von den als nicht heilbar geltenden Patienten entlasten und zudem dem Gesetz zur Verhutung erbkranken Nachwuchses vom 14 Juli 1933 zur Durchsetzung verhelfen Seine Aufgabe bestand zunachst in der Einrichtung und Ausstattung der neuen Anstalt in kurzester Zeit und mit minimalem finanziellen Aufwand Schreck war unter anderem fur bis zu 580 Anstalts sowie 450 Fursorgepfleglingen in vier umliegenden Anstalten die Anstaltsapotheke Uberwachung der Krankenpflege und versorgung und die Verwaltung verantwortlich Daneben erstellte er jahrlich bis zu 100 Gutachten Aufbau und Betrieb der Anstalt fuhrten zu einer dauernden Uberlastung Schrecks Auch seine Patienten bekamen die Folgen ihrer Einstufung als reine Pflegepatienten ohne Heilungsmassnahmen zu spuren Schreck beschrieb die Situation in seiner Vernehmung nach dem Krieg Ich war in Rastatt gewissermassen gezwungen in bezug auf die Mehrzahl der Kranken von der aktiven und positiven zur passiven und negativen Psychiatrie uberzugehen Der unendlich traurige Aspekt meiner Kranken bei der Visite die Unmoglichkeit ihnen therapeutisch helfen zu konnen sowie der Umstand dass ich mich in Rastatt finanziell ganz erheblich schlechter stellte wie in Illenau stimmten mich sehr unglucklich Ich weiss nicht ob ich in Rastatt ausgehalten hatte wenn mich nicht die Betreuung von vier Fursorgeheimen mit 450 jugendlichen Zoglingen von dieser Misere etwas abgelenkt hatten 2 Trotz aller Unzulanglichkeiten ausserte sich Schreck in einem Schreiben vom Dezember 1934 prinzipiell einverstanden mit dem neuen Sparkurs Die Primitivitat einer Anstalt fur Geisteskranke ist in heutiger Zeit zweifellos durchaus gerechtfertigt 3 Er zeigte sich als ausserst korrekter und in finanziellen Angelegenheiten geradezu als penibler Anstaltsleiter Mit einem praktischen Pflegeschlussel von einem Pfleger auf 25 Pfleglinge im Gegensatz zu den Heil und Pflegeanstalten mit durchschnittlich 1 3 gelang es ihm im Rechnungsjahr 1936 den Pflegesatz auf 1 60 RM zu senken ublich waren 3 05 RM Schreck hatte durch einen ausserordentlichen Einsatz von Energie und Zeit mit der Pflegeanstalt Rastatt den Prototyp einer geschlossenen reinen Pflegeeinrichtung geschaffen Nachdem immer weiteres Pflegepersonal zum Militardienst einberufen wurde waren schliesslich nur noch sechs Pflegekrafte fur etwa 650 Kranke vorhanden Somit kundigte sich bereits Anfang 1939 das Ende der Anstalt an Am 5 September 1939 wurden die 579 Kranken in die Heilanstalt Zwiefalten evakuiert wo Schreck mit seinem Rastatter Personal weiterhin als selbstandiger Leiter seiner Pflegeanstalt fungierte Unzufrieden mit seiner personlichen Situation und der vollig unzulanglichen Unterbringung seiner Kranken in Zwiefalten erschien Schreck haufig angetrunken zum Dienst so dass er vom Leiter der Heil und Pflegeanstalt Illenau Hans Romer als dem Alkohol verfallen bezeichnet wurde der als Anstaltsleiter unmoglich ware Aktion T4 BearbeitenIm Herbst 1939 begannen mit der meldebogenmassigen Erfassung der potentiellen Opfer die NS Krankenmorde bekannt als Aktion T4 Die Direktoren der badischen Anstalten wurden im Dezember 1939 vom Leiter der Gesundheitsabteilung im badischen Innenministerium Ministerialrat Ludwig Sprauer uber Sinn und Zweck sowie die Durchfuhrung der anlaufenden Aktion unterrichtet Schreck wurde im Februar 1940 in Berlin offiziell eingeweiht Am 27 Februar 1940 erfolgte ein erster Transport seiner Patienten in die NS Totungsanstalt Grafeneck Seinen Mitarbeitern erklarte er die Verlegung mit planwirtschaftlichen Grunden aus Anlass des Krieges die von oben angeordnet worden sei und strengster Geheimhaltung unterliege So endeten fast alle seiner 500 Patienten in der Gaskammer von Grafeneck Auf seinen eigenen Wunsch hin durfte er im Mai 1940 den Betrieb der Gaskammer und des Verbrennungsofens in Grafeneck besichtigen Kritisch ausserte er sich nur uber die primitiven Anlagen der Totungseinrichtung Der als Euthanasie verbramte Krankenmord wurde von ihm nicht in Frage gestellt Am 14 August 1947 sagte Schreck hierzu aus In die Gaskammer habe ich durch die offene Ture hineingesehen Es lagen etwa 50 60 tote Leute darin die alle moglichen Stellungen einnahmen teils auf Stuhlen und Banken sitzend teils auf dem Boden liegend Es waren Manner Ich kam zu einer Zeit in der gerade Verbrennungen stattfanden Etwa 30 Meter von dem Gasraum entfernt stand ein grosser Verbrennungsofen im Freien Der Ofen hatte die Grosse eines Zimmers und wurde mit Koks geheizt Warter trugen jeweils zwei Tote aus dem Gasraum und schoben die Leichen in den Ofen Die Leichenverbrennung dauerte etwa eine Viertelstunde ich ging aber vorzeitig wieder weg und habe Dr Schumann vorgehalten dass die Art der Verbrennung mir primitiv vorkomme Ich hatte mir eine Art Krematorium vorgestellt Dr Schumann versicherte mir sie hatten den Verbrennungsofen anfanglich unter Dach untergebracht die Hitze ware aber so gross gewesen dass das Dach beinahe Feuer gefangen hatte Der Ofen hatte deshalb im Freien aufgestellt werden mussen Ausserdem werde die Anstalt Grafeneck in einigen Wochen aufgelost in anderen Anstalten seien bereits Krematorien errichtet 4 Nachdem mit wenigen Ausnahmen alle Patienten an die Totungsanstalten der Aktion T4 ausgeliefert worden waren wurde die Anstalt Rastatt mit Sitz in Zwiefalten am 15 Juni 1940 aufgelost In der Zentraldienststelle T4 in Berlin wurde Schreck am 3 Juli 1940 auf Veranlassung des badischen Gesundheitsreferenten Ludwig Sprauer statt des vorgesehenen Eintritts in die Reichsarbeitsgemeinschaft Heil und Pflegeanstalten die Alternative angeboten bei einer sogenannten fliegenden Arztekommission mitzuwirken die in den Anstalten die Ausfullung der Meldebogen ubernahm wenn dort Schwierigkeiten oder Verzogerungen auftraten oder die kommissarische Leitung der Heil und Pflegeanstalt Illenau zu ubernehmen Dort hatte sich Direktor Hans Roemer krankgemeldet um sich der weiteren Teilnahme an der Auslieferung seiner Kranken an die Totungsanstalten zu entziehen Auch sein Stellvertreter Hoffer fiel aus Krankheitsgrunden aus So kam Schreck an seine fruhere Wirkungsstatte zuruck und liess dort auftragsgemass 280 von 600 Patienten in die Heil und Pflegeanstalten Konstanz Emmendingen und Wiesloch verlegen wahrend der Rest sukzessive und teilweise uber Zwischenanstalten in die Totungsanstalten transportiert wurde 5 Dabei meldete Schreck von sich aus vier Patienten fur die Euthanasie Transporte die er als Ballastexistenzen beurteilte die in Zeiten in denen Millionen wertvoller geistig gesunder Menschen in einem Krieg hingeopfert wurden kein Recht mehr hatten von der Allgemeinheit durchgefuttert zu werden 6 Nach Ruckkehr des stellvertretenden Direktors Hoffer vollendete dieser die Raumung der Illenau so dass diese am 19 Dezember 1940 als Heil und Pflegeanstalt aufgelost wurde T4 Gutachter BearbeitenBereits ab dem 28 Februar 1940 war Schreck auch als sogenannter T4 Gutachter tatig mit der Aufgabe anhand von Meldebogen mit den Daten der potenziellen Opfer der Aktion zu entscheiden welche Kranken und Behinderten in den speziell dafur eingerichteten Totungsanstalten vergast werden sollten Die Oberflachlichkeit mit der uber Leben und Tod der Kranken die die Gutachter nicht zu Gesicht bekamen entschieden wurde wird auch am Beispiel von Schrecks arztlicher Gutachter Tatigkeit deutlich In der Zeit von April bis Ende Dezember 1940 wurden mir dann nach Zwiefalten von Berlin aus in eingeschriebenen Paketen Fragebogen zugeschickt Es kamen jeweils 200 Fotokopien von Fragebogen Die Pakete kamen etwa jede Woche einmal gelegentlich auch in Abstanden von zwei bis drei Wochen Die erste Sendung umfasste im wesentlichen Falle aus badischen Anstalten so von Emmendingen Reichenau Hub und einige Kinderfalle von Herten Ich habe nach Berlin geschrieben man moge mir in Zukunft Falle ausserbadischer Anstalten zuweisen Diesem Wunsche kam Berlin nach Ich wollte deshalb keine badischen Falle haben weil schon unter der ersten Sendung einige dabei waren die ich personlich gekannt habe Ich bin der Uberzeugung dass man objektiver urteilen kann wenn man einen Kranken nicht kennt Die ersten 200 Meldebogen habe ich neben meiner sonstigen Anstaltstatigkeit begutachtet Ich verwandte hierzu vornehmlich meine freien Abende habe aber auch nachts gearbeitet Die Begutachtung der Fragebogen nahm ich sehr gewissenhaft vor In der oben angegebenen Zeit von April bis Ende Dezember habe ich schatzungsweise 15000 Fragebogen begutachtet Ich bemerke dazu dass ich ofters in der Woche zwei Pakete zu je 200 Fragebogen erhalten habe Ich berichtige meine eben gemachte Aussagen dahin dass jedes Paket Meldebogen vier Mappen enthielt jede Mappe vermutlich mit 100 Meldebogen Das einzelne Paket enthielt dann 400 Meldebogen und nicht wie ich eben angegeben habe 200 7 Otto Mauthe Obermedizinalrat 1936 Sachbearbeiter fur Irrenwesen im wurttembergischen Innenministerium gab in diesem Zusammenhang folgende Aussage ab Wie Dr Romer Direktor der Heil und Pflegeanstalt Illenau mir erzahlte war Dr Schreck bei dieser Gutachtertatigkeit so leichtfertig dass er diese Meldebogen teilweise sogar in einer offentlichen Wirtschaft wahrend er Wein trank bearbeitet hat 8 Mittlerweile hatte sich der Spitzname Schrecks von ursprunglich Vati in Schreck der Heilanstalten gewandelt 9 Wiesloch BearbeitenSchreck wurde am 21 Oktober 1940 vom badischen Innenminister zur Heil und Pflegeanstalt Wiesloch versetzt die bereits seit 1938 als Zwischenanstalt fur die Aktion T4 diente und zum stellvertretenden Direktor ernannt Im gleichen Monat trat er aus nicht mehr nachvollziehbaren Grunden aus der katholischen Kirche aus 10 Als auf Veranlassung von Ministerialrat Herbert Linden dem Referatsleiter fur die Heil und Pflegeanstalten im Reichsinnenministerium der badische Gesundheitsreferent Sprauer die Einrichtung einer sogenannten Kinderfachabteilung in Wiesloch forderte lehnte der dortige Direktor Wilhelm Mockel deren Leitung ab da er sich einer aktiven Teilnahme an der Euthanasie grundsatzlich verweigerte Er schlug jedoch seinen Stellvertreter Schreck fur diese Funktion vor worauf Sprauer ein Informationsgesprach mit Schreck und zwei fremden Herren durchfuhrte Mitte Dezember wurde ich auf die Direktion der Anstalt Wiesloch gerufen dort eroffnete mir Ministerialrat Dr Sprauer ich solle in Wiesloch eine kleine Kinderstation errichten Dr Sprauer erklarte weiter es kamen nur besonders ausgesuchte Kinder die ich zu untersuchen und zu liquidieren hatte Es gebrauchte das Wort liquidieren mindestens dem Sinne nach Ich habe zwei Kinder wohl im Februar 1941 durch Einspritzung mit Luminal oder Morphium Skopolamin getotet Die Namen beider Kinder weiss ich nicht mehr Ich weiss auch nicht mehr ob es Madchen oder Knaben waren Die von mir vorgenommenen beiden Totungen hatten sich in der Anstalt herumgesprochen Auch in anderen Anstalten war dies bekannt geworden Ich hielt solche Totungen in Anstalten fur ungeeignet und habe deshalb nach Berlin berichtet dass ich weitere Behandlungen ablehne Nachdem ich weitere Totungen abgelehnt hatte kam von der Kinderklinik in Munchen ein Dr Kuhnke Er kam alle drei Wochen und hat im ganzen acht bis zehn Kinder getotet Ich erganze meine Aussage dahin dass ich moglicherweise nicht zwei sondern drei Kinder getotet habe Die getoteten Kinder habe ich in allen Fallen seziert Im Juni 1941 habe ich meine Mitwirkung an dieser Sache verweigert 11 Bei einer weiteren Besprechung in Berlin beim Reichsausschuss zur wissenschaftlichen Erfassung von erb und anlagebedingten schweren Leiden unter Vorsitz von Richard von Hegener erfuhr Schreck nochmals den Zweck der Fachabteilungen und seine Aufgaben Nach der Totung von drei Kindern durch Luminalinjektionen teilte Scheck dem Reichsausschuss mit dass er diese Tatigkeit nicht mehr fortsetzen konne Die Kinderfachabteilung blieb jedoch unter der Leitung Schrecks bis Ende Juni 1941 bestehen Fur die Totung von acht bis zehn weiteren Kindern reiste in mehrwochigen Abstanden aus Munchen der Kinderarzt Fritz Kuhnke an Schreck leitete von April 1942 an eine Abteilung fur psychisch kranke Straftater und Sicherungsverwahrte Auch nach Erreichen der Altersgrenze von 65 im August 1943 war Schreck in Wiesloch tatig und wurde am 1 September 1943 mit dem Kriegsverdienstkreuz II Klasse ohne Schwerter ausgezeichnet Seinem Ruhestandsgesuch vom 26 Mai 1944 wurde schliesslich stattgegeben Verhaftung und Verurteilung BearbeitenIm Oktober 1945 wurde er in Haft genommen und am 16 November 1948 vom Schwurgericht Freiburg wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit rechtlich zusammentreffend mit tateinheitlich begangener Beihilfe zum Mord an Anstaltsinsassen zu lebenslanglichem Zuchthaus und wegen Totschlags in drei Fallen zu einer Gesamtstrafe von zehn Jahren Zuchthaus verurteilt 12 Im gleichen Verfahren wurde auch der ehemalige Gesundheitsreferent im badischen Innenministerium Ludwig Sprauer verurteilt und als dieser im Gegensatz zu Schreck in Revision ging wurde dessen Strafmass 1950 auf elf Jahre reduziert Schliesslich setzte das Gericht im April 1951 den Vollzug der Strafe wegen Haftunfahigkeit aus Schreck kehrte nach Pfullendorf zuruck und fand Aufnahme im Hause seiner Schwiegereltern Seine Begnadigung durch Erlass der Reststrafe erfolgte durch den baden wurttembergischen Ministerprasidenten Gebhard Muller im Marz 1958 nachdem dieser bereits 1954 die Zuchthaus in eine gleich lange Gefangnisstrafe gewandelt hatte Auch die burgerlichen Ehrenrechte wurden Schreck vom 1 August 1954 an wieder zuerkannt Zwar blieben die beamtenrechtlichen Konsequenzen seiner Verurteilung bestehen jedoch wurde Schreck ab dem 1 Juli 1954 ein Unterhaltsbeitrag in Hohe von 450 DM je Monat gewahrt Am 3 Oktober 1963 ist Arthur Schreck in Pfullendorf verstorben Begraben wurde er in der dortigen Grabstelle seiner Schwiegereltern Auch sein einziger bereits verstorbener Sohn Werner Schreck wurde Medizinalrat Arthur Schreck war einer der ganz seltenen Beteiligten an der nationalsozialistischen Krankenmordaktion der auch nach Ende des Dritten Reiches zu seiner Auffassung stand dass der Staat das Recht habe unwertes Leben auch ohne Einverstandnis der Betroffenen im Interesse der Gesellschaft zu beenden Hierzu ausserte er sich 1947 Zum Schlusse kommend wiederhole ich dass ich meine aktive Beteiligung an der E euthanasie Aktion schon 1000 und uber 1000 mal bedauert habe nicht der E Kranken wegen sondern des Anstaltspersonals und des Odiums wegen das ich mir in kirchlichen Kreisen durch meine positive Stellungnahme zur Euthanasie unbewusst zugezogen habe hatten wir in Baden seit Kriegsende noch 4000 bis 5000 Geisteskranke durchzufuttern gehabt so ware das ein schwieriges fast unlosbares Problem gewesen in einer Zeit in der sich ein grosser Teil der geistesgesunden Bevolkerung in einem Zustand erheblicher Unterernahrung befindet und in der wir nicht einmal in der Lage sind unsere korperlich Kranken ausreichend zu betreuen weil uns noch wichtige Medikamente fehlen und weil I klassige Krankenhauser mit ihren wertvollen fast unersetzlichen Einrichtungen in Trummern liegen die nur nach und nach langsam wieder aufgebaut werden konnen Bedenkt man dass im Kriege tausende ja Millionen bluhender Menschenleben um ein paar wirklicher oder eingebildeter wirtschaftlicher Interessen halber meist einer Minderheit um egoistischer Herrschafts und Machtgeluste Einzelner ja sogar um mehr oder minder wertloser Ideen willen hingemordet werden so ist analog damit auch die Sittlichkeit der E bewiesen bei welcher es sich um humane Gewahrung eines schmerzlosen Todes an die Armsten unserer Mitmenschen handelt 13 Literatur BearbeitenFranz Peschke Schreck s Anstalt Eine Dokumentation zur Psychiatrie und Euthanasie am Beispiel der Pflegeanstalt Rastatt Herausgeber Stadt Rastatt Stadtmuseum und Stadtarchiv Rastatt 1992 Franz Peschke Splitter zur Biographie und Psychodynamik Joseph Arthur Schrecks in Rastatt 1933 bis 1945 Katalog zur Ausstellung des Stadtmuseums Stadtarchivs vom 5 November 1993 bis 31 Januar 1994 S 133 142 Hermann Middelhoff Peschke Arthur Schreck Versuch einer Annaherung in Schriftenreihe des Arbeitskreises Die Heil und Pflegeanstalt Wiesloch in der Zeit des Nationalsozialismus Heft 3 Wiesloch 1995 online http www pzn wiesloch de uploads media Schriftenreihe AK NS Heft 3 pdf Franz Peschke Das Menetekel nationalsozialistischer Sparpsychiatrie am Beispiel der Pflegeanstalt Rastatt in Schriftenreihe des Arbeitskreises Die Heil und Pflegeanstalt Wiesloch in der Zeit des Nationalsozialismus Heft 3 Wiesloch 1995 online http www pzn wiesloch de uploads media Schriftenreihe AK NS Heft 3 pdf Franz Peschke Schreck s Abteilung Die Wieslocher Kinderfachabteilung im Zweiten Weltkrieg in Schriftenreihe des Arbeitskreises Die Heil und Pflegeanstalt Wiesloch in der Zeit des Nationalsozialismus Heft 2 Wiesloch 1993 online http www pzn wiesloch de uploads media Schriftenreihe AK NS Heft 2 pdf Ernst Klee Euthanasie im NS Staat 11 Auflage Fischer Taschenbuch Frankfurt M 2004 ISBN 3 596 24326 2 Ernst Klee Was sie taten Was sie wurden Arzte Juristen und andere Beteiligte am Kranken oder Judenmord 12 Auflage Fischer TB Frankfurt M 2004 ISBN 3 596 24364 5 Ernst Klee Dokumente zur Euthanasie Fischer Taschenbuch Frankfurt am Main 1985 ISBN 3 596 24327 0 Ernst Klee Arthur Schreck Eintrag in ders Das Personenlexikon zum Dritten Reich Wer war was vor und nach 1945 Aktualisierte Ausgabe Fischer Taschenbuch Frankfurt am Main 2005 ISBN 3 596 16048 0 Listen mit roten Kreuzen In Der Spiegel Nr 20 1950 online 18 Mai 1950 LG Freiburg i Br 2 Mai 1950 In Justiz und NS Verbrechen Sammlung deutscher Strafurteile wegen nationalsozialistischer Totungsverbrechen 1945 1966 Bd VI bearbeitet von Adelheid L Ruter Ehlermann H H Fuchs C F Ruter Amsterdam University Press 1971 Nr 211 S 477 541 Mitwirkung am Euthanasieprogramm in Baden durch vorbereitende Verwaltungsmassnahmen durch Instruktion der Anstaltsleiter Begutachtung von Meldebogen Selektion der Geisteskranken und ihre Verlegung in die Totungsanstalt Grafeneck Leitung einer Kinderfachabteilung und Totung dort verwahrter Reichsausschusskinder durch Luminalinjektionen Eva Maria Eberle Dr Arthur Schreck Ubereifriger T4 Gutachter und Kindermorder In Wolfgang Proske Hrsg Tater Helfer Trittbrettfahrer Band 8 NS Belastete aus dem Norden des heutigen Baden Wurttemberg Gerstetten Kugelberg 2018 ISBN 978 3 945893 09 8 S 326 341Einzelnachweise Bearbeiten Personalakte Dr Schreck Arthur Generallandesarchiv Karlsruhe Abt 466 Nr 6625 2 S 4 5 zit nach Hermann Middelhoff Peschke Arthur Schreck Versuch einer Annaherung S 50 Staatsarchiv Freiburg F 176 15 Nr 27 Schreck Faust S 251 ff zit nach Hermann Middelhoff Peschke Arthur Schreck Versuch einer Annaherung S 53 Akten der Pflegeanstalt Rastatt I Bausachen Brief vom 4 Dezember 1934 zit nach Hermann Middelhoff Peschke Arthur Schreck Versuch einer Annaherung S 52 Aussage Dr Schreck am 14 August 1947 Staatsanwaltschaft beim Landgericht Freiburg gegen Dr Schreck 1 Ks 5 48 zit nach Ernst Klee Euthanasie im NS Staat S 164 165 Alexander Mitscherlich und Fred Mielke Medizin ohne Menschlichkeit Frankfurt 1978 ISBN 3 596 22003 3 S 230 Staatsanwaltschaft Freiburg F 176 15 Nr 27 Schreck Faust S 247 ff zit nach Hermann Middelhoff Peschke Arthur Schreck Versuch einer Annaherung S 53 Aussage Dr Schreck am 8 August 1947 Staatsanwaltschaft beim Landgericht Freiburg gegen Dr Schreck 1 Ks 5 48 zit nach Ernst Klee Euthanasie im NS Staat S 121 Aussage Otto Mauthe vom 18 Oktober 1948 Staatsanwaltschaft Freiburg 4 AR 428 zit nach Ernst Klee Dokumente zur Euthanasie S 101 Ernst Klee Euthanasie im NS Staat S 120 Klaus Billmaier Selektion der Unbrauchbaren Psychiatrie und Euthanasie in der NS Zeit am Beispiel der Heil und Pflegeanstalt Wiesloch Baden S 38 Aussage Dr Schreck am 14 August 1947 Staatsanwaltschaft beim Landgericht Freiburg gegen Dr Schreck 1 Ks 5 48 zit nach Ernst Klee Euthanasie im NS Staat S 302 Urteil des Landgerichts Freiburg vom 16 November 1948 Az 1 Ks 5 48 zit nach Hermann Middelhoff Peschke Arthur Schreck Versuch einer Annaherung S 45 Briefe Schrecks an den Untersuchungsrichter Dr Rappenecker aus dem Jahr 1947 Staatsarchiv Freiburg Nr 27 Schreck Faust S 142 ff und S 273 zit nach Hermann Middelhoff Peschke Arthur Schreck Versuch einer Annaherung in Schriftenreihe des Arbeitskreises Die Heil und Pflegeanstalt Wiesloch in der Zeit des Nationalsozialismus S 65 66Normdaten Person GND 120640899 lobid OGND AKS VIAF 5767640 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Schreck ArthurALTERNATIVNAMEN Schreck Arthur Josef vollstandiger Name KURZBESCHREIBUNG deutscher Psychiater Gutachter bei den nationalsozialistischen KrankenmordenGEBURTSDATUM 15 August 1878GEBURTSORT Baden BadenSTERBEDATUM 3 Oktober 1963STERBEORT Pfullendorf Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Arthur Schreck amp oldid 234800212