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Otto Mauthe 9 November 1892 in Derdingen 22 Mai 1974 in Stuttgart war ein deutscher Gynakologe 1 S 201 und Beamter Als Obermedizinalrat im Wurttembergischen Innenministerium wahrend der Zeit des Nationalsozialismus war er in verantwortlicher Position 2 an den Krankenmorden Aktion T4 und der systematischen Ermordung von Sinti und Roma beteiligt Mauthe hat Anordnungen im Rahmen der NS Krankenmorde bearbeitet oder auch selbst getroffen und war massgeblich fur die Erfassung und Verlegung von Geisteskranken und Kindern verantwortlich 3 S 103 Inhaltsverzeichnis 1 Leben und Wirken 2 Nachkriegszeit und Grafeneck Prozess 3 Schriften Auswahl 4 Literatur 5 Weblinks 6 EinzelnachweiseLeben und Wirken BearbeitenOtto Mauthe wurde in Derdingen heute Oberderdingen als Sohn eines Forstmeisters geboren 4 S 65 Er studierte von 1911 bis 1920 Medizin in Tubingen und Kiel 5 Zunachst war er Amtsarzt in Herrenberg 1934 trat er der NSDAP bei 2 Mauthe war Obermedizinalrat im Wurttembergischen Innenministerium und seit 1936 Berichterstatter fur das Irrenwesen sowie Ehe und Erbgesundheitsfragen 4 S 60 Er war Stellvertreter von Ministerialrat Eugen Stahle im Geschaftsteil X Medizinalabteilung 6 S 12 und diesem unmittelbar unterstellt 4 S 65 Die Euthanasie Aktion lag direkt in seinem Zustandigkeitsbereich er war in grossem Umfang an ihrer Organisation und Durchfuhrung beteiligt 4 S 65Mauthe und Karl Mailander der Leiter der Wurttembergischen Landesfursorgebehorde begutachteten gemeinsam mit einem badischen Beamten am 24 Mai 1939 die Totungsanstalt Grafeneck 7 8 S 18 Grafeneck wurde spater zur Durchfuhrung der Euthanasie Morde beschlagnahmt Am 7 Marz 1940 begaffte Mauthe zusammen mit Stahle und anderen in der Totungsanstalt Grafeneck die Vergasung einer Gruppe weiblicher Opfer 2 9 Nachdem mehrere konfessionelle und privat gefuhrte Anstalten zunachst das Ausfullen von Meldebogen verweigerten 6 S 75 f 10 die den T4 Gutachtern der Zentraldienststelle T4 zur Auswahl der zu totenden Werner Kirchert 11 dienten setzten sich Mauthe und der Landesjugendarzt Max Eyrich vor Ort mit besonderer Hartnackigkeit ein 6 fullten Meldebogen teilweise eigenhandig aus 3 S 103 6 S 76 f und unternahmen regelrechte Patientenselektionen 4 S 65 In der Liste der Staatspfleglinge habe ich alle diejenigen mit blauem Winkel bezeichnet die nicht oder ganz wenig arbeiten meist schon langer in der Anstalt sind und nicht aus der Umgebung stammen Otto Mauthe am 19 Marz 1940 12 In Zusammenarbeit mit dem Reichsausschuss zur wissenschaftlichen Erfassung von erb und anlagebedingten schweren Leiden errichteten Stahle und Mauthe auch eine euphemistisch benannte Kinderfachabteilung 1 S 52 bei den Stadtischen Kinderheimen und Kinderkrankenhausern in Stuttgart 13 Dort wurden unter der Leitung von Karl Lempp 14 Kinder und Neugeborene ermordet Kinder Euthanasie 3 S 114Nachkriegszeit und Grafeneck Prozess BearbeitenIm sogenannten Grafeneck Prozess der am 8 Juni 1949 auf Schloss Hohentubingen begann wurde Mauthe wegen Beteiligung an der Ermordung von 10 654 Geisteskranken im Zuge der Euthanasie Aktion angeklagt 15 Mit ihm vor Gericht standen Max Eyrich Alfons Stegmann Martha Fauser sowie zwei Kriminalbeamte und zwei ehemalige Pfleger Alle anderen Beteiligten waren unauffindbar Die Angeklagten ausser Fauser wurden nicht der Taterschaft sondern nur der Beihilfe angeklagt 3 S 102Mauthe behauptete in der Verhandlung er habe die Euthanasie entschieden abgelehnt und zu sabotieren versucht und belastete hauptsachlich den vor Prozessbeginn verstorbenen Stahle 3 S 105Am 5 Juli 1949 verurteilte das Schwurgericht Tubingen Mauthe wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit in Form der Beihilfe zu einer funfjahrigen Haftstrafe Das Gericht folgte dabei in zahlreichen Fallen den Perspektiven der beschuldigten Tater 3 S 79 Keinem der Angeklagten wurden die burgerlichen Ehrenrechte abgesprochen 3 S 115 In der Urteilsbegrundung hiess es Mauthe sei insbesondere fur den sogenannten Sperrerlass vom 9 September 1940 verantwortlich gewesen der die Entlassung von Kranken aus den Heilanstalten nur nach Genehmigung des Innenministeriums gestattete entsprechende Entlassungsantrage habe er abgelehnt Das Gericht stellte uberdies fest Mauthe habe Angehorige die um Auskunft uber in Grafeneck Ermordete baten arglistig getauscht sowie die Verlegung einiger Kinder in Kinderfachabteilungen angewiesen 3 S 106Mauthe und Stegmann gingen 1950 gegen das Urteil in Berufung ebenso wie die Staatsanwaltschaft die hartere Strafen nach dem neuen deutschen Strafgesetz forderte 3 S 116 Die Berufung vor dem Oberlandesgericht Tubingen wurde jedoch abgelehnt 16 17 Otto Mauthe trat die Haftstrafe nie an 2 aus gesundheitlichen Grunden sah die Justiz 1958 endgultig von einer weiteren Strafverfolgung ab 4 S 66 Er starb am 22 Mai 1974 in Stuttgart Schriften Auswahl BearbeitenOtto Mauthe Beitrag zur Gesichtslage aus der Universitatsfrauenklinik Tubingen Dissertation Universitat Tubingen 1920 Tubingen 1920 OCLC 313991679 Familien in Neuenstadt am Kocher 1558 1860 Stuttgart Degerloch 1959 OCLC 866786376 Literatur BearbeitenVerena Christ Tater von Grafeneck Vier Arzte als Angeklagte im Tubinger Euthanasie Prozess 1949 Contubernium Bd 88 Franz Steiner Stuttgart 2020 ISBN 978 3 515 12516 1 insbes S 138 188 Thomas Stockle Eugen Stahle und Otto Mauthe der Massenmord in Grafeneck und die Beamten des Innenministeriums In Hermann Abmayr Hrsg Stuttgarter NS Tater Schmetterling Verlag Stuttgart 2009 ISBN 978 3 89657 136 6 S 58 67 LG Tubingen 5 Juli 1949 In Justiz und NS Verbrechen Sammlung deutscher Strafurteile wegen nationalsozialistischer Totungsverbrechen 1945 1966 Bd V bearbeitet von Adelheid L Ruter Ehlermann C F Ruter University Press Amsterdam 1970 Nr 155 S 87 123 Grafeneck ProzessWeblinks BearbeitenOtto MautheLink zum Bild Bitte Urheberrechte beachten Otto Mauthe bei LEO BW Bestand zu Otto Mauthe beim Landesarchiv Baden WurttembergEinzelnachweise Bearbeiten a b Henry Friedlander The Origins of Nazi Genocide From Euthanasia to the Final Solution The University of North Carolina Press Chapel Hill 1995 ISBN 0 8078 2208 6 a b c d Ernst Klee Das Personenlexikon zum Dritten Reich Wer war was vor und nach 1945 3 Auflage Fischer Taschenbuch Verlag Frankfurt 2011 ISBN 978 3 596 16048 8 Eintrag Mauthe Otto a b c d e f g h i Stefanie Westermann Richard Kuhl Tim Ohnhauser Hrsg NS Euthanasie und Erinnerung Vergangenheitsaufarbeitung Gedenkformen Betroffenenperspektiven Medizin und Nationalsozialismus 3 Lit Verlag Berlin 2011 ISBN 978 3 643 10608 7 a b c d e f Thomas Stockle Eugen Stahle und Otto Mauthe Otto Mauthe in der Deutschen Digitalen Bibliothek a b c d Thomas Stockle Grafeneck 1940 Die Euthanasie Verbrechen in Sudwestdeutschland Silberburg Verlag Tubingen 2002 ISBN 3 87407 507 9 Thomas Stockle Die historische Bedeutung des Innenministeriums fur die Durchfuhrung der Euthanasie Morde in Wurttemberg bzw Baden Digitalisat Hermann Pretsch Hrsg Euthanasie Krankenmorde in Sudwestdeutschland Die nationalsozialistische Aktion T4 in Wurttemberg 1940 bis 1945 Verlag Psychiatrie und Geschichte der Munsterklinik Zwiefalten 1996 ISBN 3 931200 01 9 Ernst Klee Euthanasie im Dritten Reich Die Vernichtung lebensunwerten Lebens Fischer Frankfurt 2010 ISBN 978 3 596 18674 7 S 141 Thomas Stockle Die Vernichtung lebensunwerten Lebens in den Jahren 1940 41 und die Heilanstalt Christophsbad in Goppingen Digitalisat Bundesarchiv Aussenstelle Ludwigsburg Ordner Euthanasie Zitiert nach Thomas Stockle Grafeneck 1940 S 53 f Hauptstaatsarchiv Stuttgart E 151 53 Bu 626 Lutz Kaelber Stuttgart Stadtische Kinderkrankenhauser und Kinderheime Stuttgart Auf uvm edu Karl Horst Marquart Karl Lempp Verantwortlich fur Zwangssterilisierungen und Kindereuthanasie In Hermann Abmayr Hrsg Stuttgarter NS Tater Schmetterling Verlag Stuttgart 2009 ISBN 978 3 89657 136 6 S 100 107 Grafeneckprozess zur Euthanasie digitalisiert Staatsarchiv Sigmaringen Urteil des OLG Tubingen vom 14 Marz 1950 Staatsarchiv Sigmaringen Wu 29 3 Nr 1752 Jorg Kinzig Der Grafeneck Prozess vor dem Landgericht Tubingen Anmerkungen aus strafrechtlicher Sicht Beitrag zum 51 bundesweiten Gedenkstattenseminar Juni 2009 Bad Urach Digitalisat Normdaten Person GND 141367458 lobid OGND AKS VIAF 120957193 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Mauthe OttoKURZBESCHREIBUNG deutscher Gynakologe und Beteiligter an der Aktion T4GEBURTSDATUM 9 November 1892GEBURTSORT OberderdingenSTERBEDATUM 22 Mai 1974STERBEORT Stuttgart Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Otto Mauthe amp oldid 236830552